Berufungsentscheidung - Zoll (Referent), UFSZ3K vom 30.05.2008, ZRV/0050-Z3K/08

Zahlung der Ausfuhrerstattung bei Verendung von Tieren während des Transports

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
ZRV/0050-Z3K/08-RS1
Verenden Tiere während eines längeren Transports oder unmittelbar im Anschluss daran an einer Erkrankung, so ist dies weder ungewöhnlich noch unvorhersehbar und stellt keinen Fall höherer Gewalt dar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf, vom gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Zollamtes Salzburg vom , GZ. 600000/AE/0000/2/2007, betreffend Ausfuhrerstattung entschieden:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass gemäß § 2 Ausfuhrerstattungsgesetz - AEG, BGBl. Nr. 660/1994 idgF, in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 zu Ausfuhranmeldung CRN 07AT vom eine Ausfuhrerstattung in Höhe von EUR 4.354,73 gewährt wird.


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Berechnungsgrundlagen:
Warennummer:
0102 10 10 9140
Vorausfestsetzung:
laut Ausfuhrlizenz AT
Festsetzungsverordnung:
Verordnung (EG) Nr. 1501/2006, ABl. L 279 vom
Erstattungssatz:
EUR 25,9/100 kg Lebendgewicht
Menge:
16.813,64 kg

Zahlungshinweis

Die Überweisung des Ausfuhrerstattungsbetrages in Höhe von EUR 4.354,73 auf das von der Bf, bekannt gegebene Girokonto erfolgt durch das Zollamt Salzburg.

Entscheidungsgründe

Am hat die nunmehrige Beschwerdeführerin (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) 33 Stück reinrassige lebende Zuchtrinder des Produktcodes 0102 10 10 9140 mit einem Gesamtgewicht von 18.495,00 kg unter CRN 07AT zur Ausfuhr angemeldet und dafür durch entsprechende Eintragungen im Feld 9 der Zollanmeldung die Zahlung einer Ausfuhrerstattung beantragt.

Der amtliche Tierarzt bei der polnischen Ausgangszollstelle hat am eine Kontrolle nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates hinsichtlich des Schutzes lebender Rinder beim Transport als Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen, ABl. L 93 vom , durchgeführt und in Feld J des Kontrollexemplars T5 durch seinen Stempel und seine Unterschrift bestätigt, dass die Ergebnisse dieser Kontrolle zufriedenstellend waren.

Laut der vorliegenden "Bescheinigung über die Durchführung einer Entladekontrolle am ersten Ort der Entladung im Endbestimmungsland" Nr. 5 der zugelassenen internationalen Überwachungsgesellschaft sind die Tiere mit den Ohrmarken 1, 2 und 3 am verendet und wurden am Bestimmungsort in der Russischen Föderation entsorgt.

Mit Bescheid vom hat das Zollamt Salzburg den Antrag auf Gewährung einer Ausfuhrerstattung abgewiesen. Die Abweisung wurde einerseits mit einer Überschreitung der zulässigen Beförderungsdauer (Dauer der letzten Etappe über 15,5 Stunden) und andererseits mit Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 begründet, zumal die Bf nicht nachgewiesen habe, dass das Verenden der drei Tiere nicht auf Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zurückzuführen ist.

In der dagegen erhobenen Berufung vom bringt die Bf zusammenfassend vor, die betreffenden drei Tiere seien nicht wegen Verstößen gegen die Richtlinie 91/628/EWG, sondern auf Grund einer Virusinfektion verendet. Bezüglich der Transportzeit liege keine Übertretung vor, da in der Bescheinigung Nr. 5 jeweils die Ortszeit und nicht die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) angegeben sei. Tatsächlich betrage der Zeitraum von der letzten Versorgung der Tiere bis zum Ende der Entladung 13 Stunden und 35 Minuten. Es werde daher beantragt, die Ausfuhrerstattung zu CRN 07AT abzüglich der drei verendeten Tiere zu gewähren. Mit Ergänzungsschreiben vom wurden dem Zollamt bezüglich der Erkrankung der drei Tiere eine Bestätigungen eines russischen Veterinärs und zum Nachweis der Fahrzeiten eine Tachoscheibe vorgelegt.

Von der Rechtsmittelbehörde erster Instanz wurde die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar keine Überschreitung der Beförderungsdauer vorliege, die Erkrankung der Tiere an einer Virusinfektion jedoch keinen Fall von höherer Gewalt im Sinne von Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 darstelle.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung hat die Bf als Rechtsbehelf der zweiten Stufe Beschwerde eingebracht. Im Schreiben vom wird die Gewährung der Ausfuhrerstattung mit der Begründung beantragt, dass man beim Transport alle Vorschriften eingehalten habe und durch nicht vorhersehbare Umstände drei Zuchttiere an einer Virusinfektion gestorben seien. Dieses Ereignis sei weder bei Vertragsabschluss noch bei der Verladung vorhersehbar gewesen und als höhere Gewalt anzusehen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Artikel 33 Absatz 9 zweiter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch, ABl. L 160 vom , wird die Zahlung der Ausfuhrerstattung für lebende Tiere unter anderem von der Einhaltung der gemeinschaftlichen Tierschutzvorschriften und insbesondere der Vorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport abhängig gemacht.

Laut Aktenlage ist unstrittig, dass drei der in das Zollverfahren der Ausfuhr übergeführten 33 Zuchtrinder, für welche die Zahlung einer Ausfuhrerstattung beantragt wurde, tot am Bestimmungsort angekommen sind. Die Bf bringt vor, der Tod der drei Tiere sei nicht auf einen Verstoß gegen die Tierschutzvorschriften zurückzuführen und legt als Nachweis neben der Bescheinigung über die durchgeführte Entladekontrolle auch eine Bestätigung eines russischen Veterinärs vor, wonach eine Untersuchung des Veterinärinstituts der Republik K ergeben habe, dass die Rinder mit den Ohrmarken 1, 2 und 3 an einer Virusinfektion gestorben sind. Eine Virusinfektion als Todesursache wird von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen, die Erstattung jedoch mit dem Hinweis, die betreffenden Tiere seien nicht infolge höherer Gewalt verendet, verweigert.

Die Artikel 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 lauten:

"Artikel 4

Zahlung der Ausfuhrerstattungen

(1) Der Ausführer teilt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Ausfuhranmeldung angenommen wird, spätestens bei Einreichung der Ausfuhranmeldung alle erforderlichen Einzelheiten des Transports mit.

Gleichzeitig oder spätestens, wenn er davon Kenntnis erhält, teilt der Ausführer der zuständigen Behörde jeden möglicherweise beabsichtigten Wechsel des Transportmittels mit.

(2) Gemäß Artikel 49 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 gestellte Anträge auf Zahlung von Ausfuhrerstattungen sind innerhalb der dort genannten Frist zu vervollständigen durch:

a) das ordnungsgemäß ausgefüllte Dokument nach Artikel 2 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung und

b) die in Artikel 3 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Berichte.

(3) Konnten die Kontrollen gemäß Artikel 3 Absatz 1 aus vom Ausführer nicht zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt werden, so kann die zuständige Behörde auf begründeten Antrag des Ausführers andere Dokumente akzeptieren, mit denen nachgewiesen wird, dass die Richtlinie 91/628/EWG eingehalten wurde.

Artikel 5

Nichtzahlung der Ausfuhrerstattungen

(1) Die Ausfuhrerstattung wird nicht gezahlt für

a) Tiere, die während des Transports verendet sind, mit Ausnahme der in Absatz 2 genannten Fälle;

b) Kühe, die während des Transports vor ihrer ersten Entladung im Endbestimmungsdrittland gekalbt oder verworfen haben;

c) Tiere, bei denen die zuständige Behörde aufgrund der Unterlagen gemäß Artikel 4 Absatz 2 und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung der vorliegenden Verordnung zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628/EWG nicht eingehalten wurde.

Das Gewicht eines Tieres, für das die Erstattung nicht gezahlt wird, ist pauschal durch Teilung des in der Ausfuhranmeldung angegebenen Gesamtgewichts in kg durch die dort angegebene Gesamtzahl der Tiere zu bestimmen.

(2) Sind die Tiere während des Transports infolge höherer Gewalt nach dem Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft verendet, so wird

a) im Fall einer nicht differenzierten Erstattung die Gesamterstattung gezahlt;

b) im Fall einer differenzierten Erstattung der gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 festgesetzte Teil der Erstattung gezahlt.

Artikel 6

Sanktionen

(1) Die Erstattung wird noch einmal gekürzt um einen Betrag in Höhe des gemäß Artikel 5 Absatz 1 nicht gezahlten Betrags, wenn für die folgende Zahl Tiere keine Erstattung gezahlt wird:

a) mehr als 1 % der in der angenommenen Ausfuhranmeldung bestätigten Zahl, jedoch mindestens zwei Tiere, oder

b) mehr als fünf Tiere.

(2) Die Erstattung wird für alle in der Ausfuhranmeldung angegebenen Tiere verweigert, wenn für die folgende Zahl Tiere gemäß Artikel 5 Absatz 1 keine Erstattung gezahlt wird:

a) mehr als 5 % der in der angenommenen Ausfuhranmeldung bestätigten Zahl, jedoch mindestens drei Tiere, oder

b) mehr als zehn Tiere, jedoch mindestens 2 % der in der angenommenen Ausfuhranmeldung bestätigten Zahl.

(3) Tiere, die während des Transports verendet sind, und Kühe, die während des Transports vor ihrer ersten Entladung im Endbestimmungsdrittland gekalbt oder verworfen haben, werden für die Zwecke der Absätze 1 und 2 nicht berücksichtigt, wenn der Ausführer der zuständigen Behörde nachweisen kann, dass das Verenden bzw. das Abkalben oder Verwerfen nicht auf Verstöße gegen die Richtlinie 91/628/EWG zurückzuführen ist.

(4) Die Sanktion nach Artikel 51 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 wird auf den nicht gezahlten Betrag und den Betrag der Kürzung gemäß Artikel 5 und gemäß den Absätzen 1 und 2 nicht angewandt."

Die Richtlinie 91/628/EWG wurde mit Wirkung vom aufgehoben. Verweise auf die aufgehobene Richtlinie gelten gemäß Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 vom über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97,ABl. L 3 vom , als Verweise auf diese Verordnung.

Im Berufungsschreiben vom wird die Zahlung der Ausfuhrerstattung nicht für die drei verendeten Tiere beantragt, sondern für die übrigen 30 Zuchtrinder. Die Rechtsmittelbehörde erster Instanz hätte daher nicht beurteilen müssen, ob ein Fall des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 vorliegt, sondern ob die Sanktion nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a) leg cit zu Recht zur Anwendung gekommen ist.

Unter "höherer Gewalt" sind nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse zu verstehen, auf die derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können

Zu unterscheiden ist bei den "ungewöhnlichen Ereignissen" zwischen normalen unternehmerischen Risiken, die bei allen vergleichbaren Geschäften bestehen, und außergewöhnlichen Risiken, die als unvorhersehbar anzusehen sind oder zumindest als derart unwahrscheinlich, dass ein sorgfältiger Kaufmann sie nicht in Rechnung zu stellen braucht. Des Weiteren setzt "höhere Gewalt" voraus, dass der Ausführer keinen Einfluss auf das ungewöhnliche Ereignis gehabt haben darf.

Höhere Gewalt stellt eine Ausnahme von der allgemeinen Regel der strikten Einhaltung der geltenden Regelung dar und ist daher restriktiv auszulegen und anzuwenden.

Verenden Tiere während eines längeren Transports oder unmittelbar im Anschluss daran an einer Erkrankung, so ist dies weder ungewöhnlich noch unvorhersehbar und stellt keinen Fall höherer Gewalt dar. Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 ist daher auf die Zuchtrinder mit den Ohrmarken 1, 2 und 3 nicht anwendbar.

Aus der "Bescheinigung über die Durchführung einer Entladekontrolle am ersten Ort der Entladung im Endbestimmungsland" Nr. 5 geht hervor, dass die durchgeführten Kontrollen ergeben haben, dass die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 hinsichtlich Transportmittel, Ladedichte und Fahrtenbuch eingehalten worden sind. Im Feld 11 der Bescheinigung ist eingetragen:

A) Gesamtzahl der kontrollierten Tiere: 33

B) Kühe die während des Transports gekalbt oder verworfen haben: 0

C) Sonstige Tiere bei denen Vorschriften nicht eingehalten wurden (2): 0

D) Tote Tiere: 3

Laut Anmerkung (2) ist in Unterfeld C die Zahl der Tiere anzugeben, bei denen die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 nicht erfüllt sind.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Verenden der drei Tiere nachweislich nicht auf Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zurückzuführen ist. Die Tiere, die während des verfahrensgegenständlichen Transports verendet sind, werden gemäß Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 für die Zwecke der Absätze 1 und 2 nicht berücksichtigt.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden und für 30 Rinder eine Ausfuhrerstattung zu gewähren. Das Gewicht der verendeten Tiere wurde gemäß Artikel 5 Absatz 1 zweiter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 pauschal mit 1.681,36 kg bestimmt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 33 Abs. 9 VO 1254/1999, ABl. Nr. L 160 vom S. 21
Art. 4 Tierschutz-VO, VO 639/2003, ABl. Nr. L 93 vom S. 10
Art. 5 Abs. 1 Tierschutz-VO, VO 639/2003, ABl. Nr. L 93 vom S. 10
Art. 5 Abs. 2 Tierschutz-VO, VO 639/2003, ABl. Nr. L 93 vom S. 10
Art. 6 Abs. 2 Tierschutz-VO, VO 639/2003, ABl. Nr. L 93 vom S. 10
Art. 6 Abs. 3 Tierschutz-VO, VO 639/2003, ABl. Nr. L 93 vom S. 10
Art. 33 VO 1/2005, ABl. Nr. L 3 vom S. 1
Schlagworte
Ausfuhrerstattung
lebende Rinder
Tierschutzvorschriften
Verendung
Sanktion
höhere Gewalt
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at