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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSS vom 29.04.2009, RV/0589-S/08

Ist das vorzeitige Ausscheiden eines prämienbegünstigten Wirtschaftsgutes (IZP) aus dem Betriebsvermögen ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0589-S/08-RS1
Nur Ereignisse, die nach dem abzuändernden Bescheid liegen, können als rückwirkende Ereignisse in Betracht kommen. Eine Änderung der IZP betreffend Wirtschaftsgüter, deren Verkauf kein rückwirkendes Ereignis darstellt, ist wegen der in § 295a BAO normierten Teilrechtskraft nicht möglich.
RV/0589-S/08-RS2
Ein vorzeitiges Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen vor Ablauf der Hälfte ihrer in Tagen berechneten Nutzungsdauer stellt kein rückwirkendes Ereignis dar, wenn (ohnehin) die Hälfte der Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter im Wege der AfA abgeschrieben wurden.
Folgerechtssätze
RV/0589-S/08-RS3
wie RV/0588-S/08-RS1
§ 108e EStG 1988 enthält keine Behaltefrist. Die von der Verwaltungsübung (EStR 2000 Rz 8217a) angenommene Behaltefrist von 4 Wirtschaftsjahren ist weder gesetzlich noch durch die Rechtsprechung gedeckt.
RV/0589-S/08-RS4
wie RV/0588-S/08-RS2
§ 108e EStG 1988 sieht weder eine Mindestnutzungsdauer noch eine Behaltefrist vor, die sich am Überwiegensgrundsatz orientiert. Wird deshalb ein Wirtschaftsgut als Anlagevermögen angeschafft und in Nutzung genommen, ist dieser Vorgang begünstigt, wenn nicht Hinweise auf eine missbräuchliche Gestaltung vorliegen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Ralf Schatzl und die weiteren Mitglieder Dr. Maria-Luise Wohlmayr, Dr. Walter Zisler und Martina Blaha über die Berufung der Bw., vertreten durch Zobl, Bauer & Partner Wirtschaftsprüfungs GmbH, 5020 Salzburg, Mildenburggasse 6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch Dr. Wolfgang Praxmarer, vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG für 2002 nach der am durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die berufungswerbende GmbH (kurz Bw.) beantragte die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie (IZP) für das Kalenderjahr 2002, die ursprünglich erklärungsgemäß in Höhe von € 590.698,52 auf dem Abgabenkonto der Bw. verbucht wurde. Im Zuge einer Nachschau reduzierte das Finanzamt den gutzuschreibenden Betrag mit Bescheid vom auf € 495.587,06. Eine gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung wurde im Rahmen einer Außenprüfung über die Jahre 2001 bis 2003 vom Finanzamt mittels Berufungsvorentscheidung vom erledigt. Dieser Bescheid (Berufungsvorentscheidung) erwuchs in Rechtskraft.

Im Jahr 2008 fand bei der Bw. eine weitere Außenprüfung statt, nämlich über die Folgejahre 2004 bis 2006. Im Zuge dieser Außenprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass "ein Großteil der Wirtschaftsgüter, für die im Jahr 2002 die IZP in Anspruch genommen worden war, in den Wirtschaftsjahren 2003/04 bis 2005/06 (jeweils endend am 31.3.) verkauft wurde. Die Nutzungsdauer dieser vormals zur Vermietung eingesetzten Wirtschaftsgüter wurde mit 5 bzw. 6 Jahren angenommen. Die Verkäufe erfolgten jeweils vor Ende der Hälfte der angenommenen Nutzungsdauer. Dieses vorzeitige Ausscheiden stellt demnach ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar."

Nach Ansicht der Großbetriebsprüfung steht der Bw. hinsichtlich dieser verkauften Wirtschaftsgüter eine IZP nicht zu. Es wurden daher die Anschaffungskosten der verkauften Wirtschaftsgüter von den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern abgezogen. Der so errechnete Betrag überstieg aber nicht den Durchschnitt der Anschaffungskosten prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre. Das Finanzamt erließ daher am einen Bescheid "gemäß §§ 201 Abs. 2 Z 5 iVm 295a BAO", mit dem die Investitionszuwachsprämie mit € 0 festgesetzt wurde.

In der dagegen eingebrachten Berufung wird ausgeführt, dass sich die Nichtanerkennung der IZP auf eine Aussage in den Einkommensteuerrichtlinien, Rz 8217a stütze. Diese wiederum gründe sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/15/0156. Dieser Verweis sei nicht nachvollziehbar, weil aus diesem Erkenntnis nicht hervorgehe, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter mehr als die Hälfte der Nutzungsdauer im Betrieb genützt werden müssten. Auch sehe § 108e EStG keine Behaltefrist für die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor. Das im Gesetz vorgesehene Tatbestandsmerkmal des Anlagevermögens sei jedenfalls erfüllt. Auch der mit der Definition des Anlagevermögens verbundene Begriff "dauernd", nämlich "dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen", sei gegeben. Im übrigen seien dem Finanzamt zum Zeitpunkt der ersten Außenprüfung im Jahr 2005 die Anlagenverkäufe bereits größtenteils bekannt gewesen, daher könne es sich bei den nunmehr festgestellten Verkäufen nicht um Ereignisse im Sinne des § 295a BAO handeln, welche eine Änderung des Bescheides (Berufungsvorentscheidung) vom rechtfertigen würden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag beantragte die Bw. die Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat sowie die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Mit Schriftsatz vom legte der steuerliche Vertreter der Bw. ergänzend zur Berufung einen Artikel von Univ.-Doz. Dr. Peter Quantschnigg in der Österreichischen Steuerzeitung 2003 sowie eine Kopie der Anfrage des Abgeordneten Karl Öllinger vom an den Bundesminister für Finanzen vor und führte dazu aus, aus beiden Schriftstücken sei ersichtlich, dass im Zusammenhang mit der IZP keine Behaltefrist vorgesehen gewesen sei. Dies habe der Herr Finanzminister auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3077/J XXII. GP dezidiert mitgeteilt. Quantschnigg führte im genannten Artikel aus, dass "das Zuwachsvolumen als solches der Förderung zugeführt wird. Es wird also der Investitionszuwachs nicht mit einer konkreten Investition verknüpft. Die Prämie ist per se nicht zuordenbar. Damit sind...Nachversteuerungen aus dem Titel des kurzfristigen Ausscheidens eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen ausgeschlossen...Nach dem erstmaligen funktionalen Einsatz des Anlagevermögens entscheidet sich eindeutig, wem das Wirtschaftsgut als ungebrauchtes Anlagevermögen zuzuordnen ist. Aus dieser Sichtweise lässt auch der konzeptionell bedingte Verzicht auf eine Behaltefrist keine Gestaltungsspielräume in Richtung einer Mehrfachbegünstigung offen".

Zur Nutzungsdauer der Sattelanhänger teilte der steuerliche Vertreter mit, dass die im Vermietungsbereich der Bw. befindlichen ungebrauchten Sattelanhänger in der Vergangenheit über fünf Jahre abgeschrieben worden seien. Bei einer Außenprüfung über die Jahre 1998 bis 2000 habe man sich mit der Großbetriebsprüfung insofern geeinigt, dass ab dem Wirtschaftsjahr 2002/03 bei den ungebrauchten Anhängern des Anlagevermögens eine Nutzungsdauer von sechs Jahren zugrunde gelegt werde. Dies sei erfolgt, obwohl es langjährige Praxis der Bw. sei, die Anhänger nicht über die gesamte Nutzungsdauer zu vermieten. Weiters zog der steuerliche Vertreter der Bw. in diesem Schriftsatz auch den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Sachverhalt:

Den vorgelegten Verwaltungsakten sowie den Ausführungen der Bw. ist der folgende entscheidungsrelevante Sachverhalt zu entnehmen:
Die berufungswerbende GmbH wurde im Jahr 1987 gegründet. Ihr Geschäftsgegenstand sind der Handel von neuen und gebrauchten LKW - Aufliegern, Anhängern, Wechselfahrgestellen und Wechselaufbauten sowie die Vermietung dieser Fahrzeuge. Bilanzstichtag ist der 31.3. eines jeden Kalenderjahres.

Im Kalenderjahr 2002 tauschte die Bw. einen Großteil des vermieteten Fuhrparks aus und beantragte für die neu angeschafften Sattelauflieger bzw. Sattelanhänger die Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG. Die vermieteten Fahrzeuge wurden als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in die Bilanz aufgenommen. Die Nutzungsdauer der Fahrzeuge wurde entsprechend den Feststellungen einer im Jahr 2002 durchgeführten Außenprüfung mit 6 Jahren angenommen. Dazu ist dem diesbezüglichen SB-Protokoll zu entnehmen, dass bei Neuzugängen ab dem (Beginn des WJ 2002/03) eine Nutzungsdauer von sechs Jahren herangezogen wird. Für die vor dem angeschafften Fahrzeuge wurde die Nutzungsdauer gemäß der zuvor gepflogenen Praxis der Bw. mit 5 Jahren angenommen.

Das Finanzamt gewährte die geltend gemachte IZP - wie zuvor ausgeführt - nicht in der beantragten Höhe, sondern im Zuge einer Nachschau bzw. Außenprüfung mittels der genannten Bescheide aus 2004 bzw. 2005 mit einem reduzierten Betrag. Dem Grunde nach wurde die Prämienbegünstigung für die neu angeschafften und vermieteten Fahrzeuge aber zuerkannt. Es handelt sich dabei um ein Investitionsvolumen von € 9.434.340,38.

In den Wirtschaftsjahren 2003/04, 2004/05 und 2005/06 wurde ein Teil dieser Sattelanhänger wieder verkauft. Dazu führte die Bw. in ihrer Berufung aus, dass es langjährige Praxis der Bw. sei, die Anhänger nicht über die gesamte Nutzungsdauer zu vermieten. Der Grund für die vorzeitigen Verkäufe liege darin, dass ab einer Nutzungsdauer von rund 24 Monaten der Reparaturaufwand bei den Fahrzeugen erheblich steige und dass die vom Fahrzeughersteller eingeräumte Gewährleistungsgarantie nach 24 Monaten ende. Die gebrauchten Mietanhänger werden an den jeweiligen Mieter bzw. an Gebrauchtfahrzeughändler oder Dritte verkauft.

Bei der Außenprüfung über die Jahre 2004 bis 2006 ermittelte der Betriebsprüfer bei jedem verkauften Fahrzeug das Datum der Anschaffung und den jeweiligen Stichtag, der 30 Monate (in den Fällen der 5-jährigen Nutzungsdauer) bzw. 36 Monate (bei 6-jähriger Nutzungsdauer) nach dem Anschaffungsdatum liegt (in den Beilagen bezeichnet als A + 50%). Für alle Fahrzeuge, deren Verkaufsdatum vor dem so errechneten Stichtag liegt, die also nicht mindestens die Hälfte ihrer Nutzungsdauer (in Tagen berechnet) im Betriebsvermögen verblieben, verneinte der Prüfer die Begünstigungsfähigkeit und schied die Fahrzeuge aus der "Liste" der IZP-begünstigten Investitionen des Jahres 2002 aus. Es handelt sich dabei um 119 Fahrzeuge, die im WJ 2003/04 verkauft wurden, 78 Stück, die im WJ 2004/05 und 25 Stück, die im WJ 2005/06 verkauft wurden. Eine Aufstellung dieser Verkäufe, zusammengefasst nach dem Verkaufsdatum, findet sich als Beilage (Anlage 1 - 3) zu dieser Berufungsentscheidung.

Hinsichtlich der Nutzungsdauer der Fahrzeuge schloss sich der Betriebsprüfer der Rechtsansicht an, die bei der im Jahr 2002 durchgeführten Außenprüfung vom Finanzamt vertreten wurde und der von der Bw. gefolgt wurde, nämlich die Annahme einer sechsjährigen Nutzungsdauer für alle nach dem angeschafften Anhänger.

Die Anschaffungskosten aller Fahrzeuge wurden im Wege der AfA (zumindest) teilweise abgesetzt. Hinsichtlich der Fahrzeuge, die im WJ 2005/06 verkauft wurden, wird die AfA in der folgenden Tabelle detailliert dargestellt. Aus den unter Pkt. 3) dargestellten Gründen ist eine Darstellung der AfA hinsichtlich aller anderen, bereits vor dem WJ 2005/06 verkauften Fahrzeuge entbehrlich.


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Inventar Nr.
Datum Anschaffung
Datum Inbetriebnahme
Datum Verkauf
Nutzungs-dauer
AfA (Jahre)
1.090
6,00
3,5
1.100
6,00
3,5
1.101
6,00
3,5
1.104
6,00
3,5
1.117
6,00
3,5
1.135
6,00
3,5
1.141
6,00
3,5
1.146
6,00
3,5
1.164
6,00
3,5
1.166
6,00
3,5
1.248
6,00
3,0
1.255
6,00
3,0
1.256
6,00
3,0
1.258
6,00
3,0
1.321
6,00
3,0
1.335
6,00
3,5
1.340
6,00
3,0
1.341
6,00
3,0
1.342
6,00
3,0
1.359
6,00
3,0
1.378
6,00
3,0
1.382
6,00
3,5
1.383
6,00
3,0
1.385
6,00
3,0
1.398
6,00
3,0

2) Rechtliche Grundlagen:

A) Materiellrechtliche Bestimmungen zur IZP:

Nach § 108e EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden (Abs.1).

Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:
- Gebäude.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.
- Personen- und Kombinationskraftwagen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% der gewerblichen Personenbeförderung dienen.
- Wirtschaftsgüter, die nicht in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend im Ausland eingesetzt werden, nicht als in einer inländischen Betriebsstätte verwendet (Abs. 2)

Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem bzw. dem enden (Abs. 3).

Eine explizit ausformulierte Behaltefrist ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen. Darauf wurde auch durch den Bundesminister für Finanzen in der parlamentarischen Anfragebeantwortung vom (eingelangt am , 3037/AB XXII. GP) hingewiesen. Das Gesetz nennt weiters keine Mindestnutzungsdauer der begünstigten Wirtschaftsgüter.

Die parlamentarischen Materialien zur Gesetzwerdung treffen weder zur Behaltefrist noch zu einer Mindestnutzungsdauer Aussagen. Die Regelung wurde in dieser Hinsicht weder in der Regierungsvorlage noch im Ausschussbericht kommentiert [Regierungsvorlage 1277 d.B. (XXI. GP) bzw. Ausschussbericht vom ,1285 d.B. (XXI. GP)].

Die Investitionszuwachsprämie war als Anreiz für Investitionen gedacht (siehe Ausschussbericht 1285 d.B. XXI. GP). Er sollte die Mehrung von Investitionen im Verhältnis zur Vergangenheit fördern. Ziel dieser Förderung war es, die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft in den Jahren 2002 bis 2004 aus konjunkturellen Gründen anzukurbeln (Quantschnigg, ÖStZ 2003/239).

Hödl verneint eine Behaltefrist und kommt im Kern zum Ergebnis, dass es ausreichend sei, wenn das entsprechende Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen zuzurechnen ist (Hödl, SWK 3/2008, S 80). Ähnlich argumentiert Doralt, der unter Verweis auf Quantschnigg, ÖStZ 2003, 140, davon ausgeht, dass der Hinweis auf §§ 7 und 8 EStG 1988 nur verhindern sollte, dass eine IZP auch im Falle einer Gewinnermittlung zusteht, bei der die AfA "abpauschaliert" ist (Doralt, RdW 2005, 125) und eine Behaltefrist generell verneint (Doralt, EStG, § 108e Rz 16).

In seinem Erkenntnis vom , 2005/15/0156 leitete der Verwaltungsgerichtshof aus dem Gesetzestext ab, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein könne. Er führt aus, dass es grundsätzlich auch in diesem Bereich dem Zweck der Bestimmung entspricht, nicht bloß auf den Augenblick der Anschaffung bzw. Herstellung, sondern auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen. Er ließ jedoch die Frage dahingestellt, ob die Verhältnisse während des gesamten Zeitraumes der Abschreibung des betreffenden Wirtschaftsgutes im Wege der AfA unverändert sein müssen.

Zorn geht davon aus, dass zumindest ein Teil der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten über die AfA nach §§ 7 und 8 EStG 1988 abgeschrieben wird, wenn dann auch ein weiterer Teil wegen eines späteren Verkaufes im Wege des "Ausscheidens des Buchwertes verkaufter Anlagen" ausscheiden darf. Aus dem Zweck der Bestimmung ergibt sich seiner Ansicht nach, dass die Prämie aber auch dann zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten (z.B. Schaden aufgrund höherer Gewalt, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb) zum Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen geführt haben (Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 108e Rz 3). Der Autor hält die Auslegung für möglich, dass es sich bei diesem längeren Zeitraum zumindest um die Hälfte der Nutzungsdauer handeln könnte, legt sich aber nicht darauf fest (Zorn, SWK 1/2007, S 22).

Während das Bundesministerium für Finanzen zumindest bis Mitte 2005 davon ausging, dass das Gesetz eine Behaltefrist nicht vorsehe (siehe parlamentarische Anfragebeantwortung vom ), vertritt das Finanzamt nun in Übereinstimmung mit der geänderten Verwaltungsübung die Ansicht, dass die Wirtschaftsgüter mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer oder zumindest vier (volle) Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören müssen (EStR 2000 Rz 8217a).

Der Unabhängige Finanzsenat äußerte sich zur Frage der Behaltefrist bereits in mehreren Entscheidungen und vertrat dabei kontroverse Ansichten:

● Am war der Unabhängige Finanzsenat der Meinung, dass die Nutzung einer Photovoltaikanlage über einen Zeitraum von nur knapp über zwei Jahren bei einer Gesamtnutzungsdauer von 15 Jahren (17%) begünstigungsschädlich sei. Diese Rechtsansicht wurde zwar beim Höchstgericht bekämpft, von diesem aber aus formalen Gründen nicht beurteilt (-F/05 und ).

● Er verneinte das Recht auf eine IZP auch in einem anderen Fall, in dem ein Betrieb am eröffnet und am wieder aufgegeben wurde. Er begründete dies mit dem Argument, es könne keine Rede davon sein, dass die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter dem Betrieb über einen längeren Zeitraum gedient hätten, sei doch in keinem Fall auch nur die Hälfte der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer überschritten worden ( F/06).

● In der Entscheidung verweigerte die Rechtsmittelbehörde die Zuerkennung der IZP für die Anschaffung eines Mähdreschers am , der im ersten Halbjahr 2005 weiterveräußert wurde. Im vorliegenden Fall habe der Mähdrescher zwei Jahre dem Betrieb der Bw. als Anlagevermögen gedient. Selbst in Bezug auf die von der Berufungswerberin im Anlageverzeichnis mit nur fünf Jahren angesetzten und deshalb zweifelhaften Nutzungsdauer seien zwei Jahre keinesfalls als längerer Zeitraum anzusehen.

● Mit entschied der Unabhängige Finanzsenat, ein prämienbegünstigtes Wirtschaftsgut müsse zumindest mehr als die Hälfte seiner Nutzungsdauer dem Betriebsvermögen angehören. Dies sei bei einem Omnibus nach rund 21 Monaten noch nicht der Fall. Er begründete dies mit der Konformität mit dem in zahlreichen steuerlichen Vorschriften verankerten Überwiegensprinzip und dem Zweck des Anreizes zur Investitionstätigkeit österreichischer Unternehmen, der gebiete, dass Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum beim investierenden Unternehmen in Verwendung stehen sollen (-K/07).

● Kurz davor entschied der Unabhängige Finanzsenat allerdings anders. In seiner Entscheidung vom untersuchte er die IZP für Sattelzugmaschinen und kam zum Schluss, dass diese immer dann zusteht, wenn die Nutzung als Anlagevermögen erfolgt und eine Behaltedauer von mehr als einem Jahr erfüllt ist (-G/05 mwN). Eine darüber hinausgehende Behaltefrist unterstellte er dabei nicht.

● Mit Entscheidung vom , RV/0588-S/08 entschied der Unabhängige Finanzsenat jüngst, dass dem Gesetz keine in absoluten Zahlen bestimmbare Mindestbehaltedauer und auch kein Überwiegensgrundsatz entnommen werden könne. Es sei vielmehr im Regelfall ausreichend, dass die Wirtschaftsgüter als Anlagevermögen angeschafft bzw. hergestellt und tatsächlich in Nutzung genommen werden. Wenn man eine Mindestbehaltefrist unterstellen wollte, wäre diese Einschränkung auch auf die im Vergleichszeitraum angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter anzuwenden, was zu einer Erhöhung des begünstigten Investitionszuwachses führen würde. Außerdem müsste ein Vergleich zwischen Gesamtnutzungsdauer und Abschreibung der Anschaffungskosten im Wege der AfA unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 2 EStG (Halb- und Ganzjahresabschreibung) erfolgen.

B) Verfahrensrechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 295a BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkungen für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Diese mit dem AbgÄG 2003 in die BAO eingefügte Regelung ist nach dem Vorbild der deutschen Abgabenordnung (AO) geschaffen. Sie ist eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung und nimmt in keiner Weise Einfluss auf den Bestand materieller Abgabengesetze. Es ist vielmehr den materiellen Abgabengesetzen zu entnehmen, ob einem nachträglich eingetretenen Ereignis abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit zukommt, ob also ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann ( mwN).

Grundsätzlich verändern nach Entstehen des Abgabenanspruches eingetretene Ereignisse nicht den Bestand und Umfang des Abgabenanspruches (vgl. zB Stoll, BAO, 58 ff). Da sich die Rückwirkung von Ereignissen aus den Abgabenvorschriften ergeben muss, ist § 295a BAO nur der Verfahrenstitel zur Durchbrechung der (materiellen) Rechtskraft von vor Eintritt des Ereignisses erlassenen Bescheiden (Ritz, BAO-Kommentar, § 295a Tz. 3). Es ist daher eine Frage des Inhaltes bzw. der Auslegung der Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches) zukommt (Ritz, aaO, Tz. 4).

Das Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat, muss nachträglich eintreten, weil nur dann die Notwendigkeit besteht, die Bestandskraft zu durchbrechen. Folglich darf das Ereignis bei Erlass des ursprünglichen Bescheides noch nicht eingetreten sein (Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 175 Tz. 23).

Die Abänderung gemäß § 295a BAO ist lediglich eingeschränkt zulässig (arg "insoweit"). Durch diese Maßnahme wird die Rechtskraft eines Bescheides nur hinsichtlich der abgabenrechtlichen Folgen rückwirkender Ereignisse durchbrochen. Dem nach § 295a abändernden Bescheid kommt somit die Wirkung einer Berichtigung des abgeänderten Bescheides zu. Der abändernde Bescheid ist kein an die Stelle eines Bescheides tretender Bescheid im Sinne des § 251 und § 274 BAO (Ritz, BAO-Kommentar, § 295a RZ 42). Er ist daher nur hinsichtlich der Abänderung mit Berufung anfechtbar (siehe auch Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO, § 295a, Anm 10).

Unter einem "Ereignis" ist jeder rechtlich relevante Vorgang zu verstehen. Dazu gehören Tatsachen des Lebenssachverhaltes, aber auch rechtliche Vorgänge, wie die Einwirkung auf oder durch Rechtsgeschäfte, Rechtsverhältnisse, Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsakte. Dem Ereignisbegriff unterfallen nur "sachverhaltsändernde" Geschehnisse, nicht jedoch Fälle rückwirkender Gesetze und Gesetzesänderungen (Tipke/Kruse, aaO, Tz. 25).

In ständiger Rechtsprechung stellt der BFH zur deutschen Vorbildbestimmung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO fest, dass sich die Sachverhaltsänderung darüber hinaus steuerlich in die Vergangenheit auswirken muss, und zwar in der Weise, dass anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts nunmehr der veränderte Sachverhalt der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Dabei bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht, ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt (BFH , V R 79/01, unter Hinweis auf den oa. Beschluss des Großen Senats des BFH vom , GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, unter C. II. 1.; mit weiteren Nachweisen).

Generell kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit ist die Änderung der Rechtsprechung, denn der Steuerpflichtige muss grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die Rechtslage gilt, die im Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung existiert. Dies gilt auch für Urteile des EuGH (Ritz, Abänderung nach § 295a BAO, SWK 2003, S 880 unter Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung zu § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO; weiters: Tipke/Kruse, aaO, Tz 45). So führte der BFH im Urteil vom , XI R 36/95, zur deutschen Vorbildbestimmung des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aus, dass im Hinblick auf ein EuGH-Urteil, demzufolge bei Geldspielgeräten ein bestimmter Teil des Spieleinsatzes nicht zur Bemessungsgrundlage gehört, eine Änderung bereits rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheide nicht in Betracht kommt (BStBl. 1996 II 399).

Gleiches gilt für die erstmalige (innerstaatlich) höchstgerichtliche Rechtsprechung, die ebenfalls nur "inter pares" gilt: Eine höchstgerichtliche Entscheidung hat nur Wirkung für den Einzelfall. Eine generelle rückwirkende Anpassung anderer vom Höchstgericht nicht entschiedener Sachverhalte, die andere Abgabepflichtige betreffen, würde die Rechtskraftwirkung aushöhlen und dem im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz der Rechtskraft zuwiderlaufen.

Ebenso wenig sind rückwirkende Änderungen von Steuergesetzen bzw. rückwirkend in Kraft gesetzte DBA Ereignisse mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit. Diese verändern nur den gesetzlichen Tatbestand rückwirkend, nicht aber den Lebenssachverhalt selbst (Tipke/Kruse, aaO, Tz. 42).

3) Rechtliche Würdigung:

Aus diesen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Ausführungen ist bezogen auf den vorliegenden Fall Folgendes abzuleiten:

Das Finanzamt stützt seine Rechtsansicht auf eine in den EStR 2000, Rz.8217a getroffene Aussage, der zufolge "prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter entweder mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer oder zumindest vier (volle) Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören müssen. Ist dies nicht der Fall, stellt das vorzeitige Ausscheiden ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, das nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zu einer Änderung der Prämienbegünstigung führt." Diese Verwaltungsübung gründet auf Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , 2005/15/0156, wonach prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssen, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein könne.

Weder eine Gesetzesänderung noch eine geänderte (bzw. erstmalige) höchstgerichtliche Rechtsprechung und selbstverständlich auch nicht in Richtlinien neu aufgenommene Aussagen stellen ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar. Nur sachverhaltsändernde Geschehnisse können unter den Ereignisbegriff subsumiert werden. Der Berufung ist daher Recht zu geben, wenn sie moniert, dass geänderte EStR nicht zu einer Abänderung gemäß § 295a BAO berechtigen.

In Frage kommt somit nur das vorzeitige Ausscheiden der Sattelanhänger aus dem Betriebsvermögen als sachverhaltsänderndes Geschehen. Dazu ist der Berufungssenat zu folgender Ansicht gelangt:

a) Verkäufe der WJ 2003/04 und 2004/05:

Über die Festsetzung der von der Bw. geltend gemachten IZP erging am ein Bescheid gemäß § 201 BAO. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom vom Finanzamt erledigt. Dieser (rechtskräftige) Bescheid wurde mittels des nunmehr angefochtenen Bescheides gemäß § 295a BAO abgeändert, weil das Finanzamt die Auffassung vertrat, dass die in den WJ 2003/04 bis 2005/06 erfolgten Verkäufe der Sattelanhänger rückwirkende Ereignisse wären. Dabei ließ das Finanzamt jedoch den zeitlichen Ablauf der Verkäufe außer Acht. Nur nachträglich eingetretene Ereignisse, also Ereignisse, die nach dem abzuändernden Bescheid liegen, können grundsätzlich als rückwirkende Ereignisse in Betracht kommen. Wenn das Finanzamt daher die Verkäufe von Sattelanhängern als Ereignis im Sinne des § 295a BAO qualifiziert, dann könnten das jedenfalls nur Verkäufe sein, die nach dem erfolgt sind. Damit scheiden aber sämtliche Verkäufe, die in den WJ 2003/04 und 2004/05 getätigt wurden, aus, weil diese Wirtschaftsjahre jeweils zum 31.3. endeten. Eine Beurteilung dieser Verkäufe als rückwirkendes Ereignis geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere.

Die Abänderung eines Bescheides gemäß § 295a BAO kann nur den Bereich betreffen, der die Auswirkungen des rückwirkenden Ereignisses zum Gegenstand hat (siehe Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO, § 295a, Anm 10). Eine Änderung der IZP betreffend Wirtschaftsgüter, deren Verkauf kein rückwirkendes Ereignis darstellt, ist daher wegen der in § 295a BAO normierten Teilrechtskraft nicht möglich. Die Qualifikation der vor dem verkauften Sattelanhänger als nicht prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ist (zumindest) aus dem Titel des § 295a BAO nicht möglich.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass der angefochtene Bescheid in seinem Spruch die §§ 201 Abs. 2 Z 5 und 295a BAO nennt ("die IZP wird für das Kalenderjahr 2002 gemäß § 201 (2) Z 5 iVm 295a BAO festgesetzt"). Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um einen (Erst)bescheid gemäß § 201 BAO, sondern um einen gemäß § 295a BAO abgeänderten Bescheid, der zum Bescheid vom hinzutritt und diesen nur hinsichtlich der Auswirkungen rückwirkender Ereignisse abzuändern vermag.

b) Verkäufe des WJ 2005/06:

Ob das vorzeitige Ausscheiden an sich prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang des Abgabenanspruches hat, muss sich aus den Abgabenvorschriften ergeben. Unstrittig enthält die Bestimmung des § 108e EStG keine Behaltefrist. Es ist daher zu untersuchen, ob die Bestimmung so interpretiert werden muss, dass dem Gesetz hinsichtlich der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter eine bestimmte Behaltedauer beizulegen ist.

Die Verwaltungspraxis betrachtet das vorzeitige Ausscheiden als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, wenn die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter nicht entweder mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer oder zumindest vier volle Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören (EStR 2000, Rz. 8217a). Diese Ansicht vertrat der Unabhängige Finanzsenat auch in seiner Entscheidung vom , RV/0410-K/07 mit Hinweis auf das Erkenntnis des . Im dort zu beurteilenden Fall hatte der VwGH aber über einen Bescheid gemäß § 201 BAO in der Fassung vor dem AbgÄG 2005, BGBl I 2005/161 zu entscheiden. Die Problematik des rückwirkenden Ereignisses gemäß § 295a BAO war in dem Fall nicht gegeben.

Der Unabhängige Finanzsenat hat in seiner Entscheidung vom , RV/0588-S/08 überzeugend dargestellt, dass die von der Verwaltungspraxis angenommene Behaltefrist von vier Wirtschaftsjahren weder dem Gesetz noch der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entnommen werden könne. Es sei auch nicht erforderlich, dass die Wirtschaftsgüter mehr als 50% einer in Monaten ausgedrückten Nutzungsdauer als Anlagevermögen genutzt werden. Es gebe keine in absoluten Zahlen bestimmbare Mindestbehaltedauer, wie sie etwa von der Verwaltungsübung angenommen werde. Der Berufungssenat vermochte dem Gesetz keinen Überwiegensgrundsatz zu entnehmen. Ein solcher Aspekt stünde auch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Ziel des Gesetzgebers, Anreize für das Vorziehen von Investitionen in die Jahre 2002 bis 2004 zu schaffen. Da im Gesetz weder eine Mindestnutzungsdauer noch eine Behaltefrist vorgesehen sei, sondern dieses ausschließlich Missbräuche verhindern wollte, seien die Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes vor allem unter diesem Blickwinkel zu interpretieren.

In dieser Entscheidung zeigte der Unabhängige Finanzsenat aber noch einen weiteren Aspekt auf. Selbst wenn man nämlich von einer Mindestnutzungsdauer bzw. einer Behaltefrist ausgehen wolle, wäre diese Beurteilung unter der Prämisse durchzuführen, dass ein Vergleich zwischen der Gesamtnutzungsdauer und der Abschreibung der Anschaffungskosten im Wege der AfA jedenfalls unter Berücksichtigung des Halb- und Ganzjahresabschreibungssystems des § 7 Abs. 2 EStG 1988 erfolgen müsse. Dies sei aus dem im § 108e EStG 1988 angeführten Hinweis auf die §§ 7 und 8 EStG abzuleiten.

Der erkennende Berufungssenat schließt sich diesen Ausführungen vollinhaltlich an. Der Bestimmung des § 108e EStG ist weder expressis verbis noch im Interpretationswege zu entnehmen, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter mehr als die Hälfte ihrer Nutzungsdauer im Betriebsvermögen verbleiben müssen. Die im gegenständlichen Fall gewählte Berechnungsdauer der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen in Tagen findet nach Ansicht des Berufungssenates im Gesetz keine Deckung. Die Betrachtung der nach dem verkauften Sattelanhänger (siehe Tabelle) zeigt, dass die Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter in allen Fällen im Wege der AfA zumindest über die Hälfte der Nutzungsdauer abgeschrieben wurden (3 Ganzjahres AfA-Beträge), in vielen Fällen auch über mehr als die Hälfte der Nutzungsdauer, nämlich mit 3,5 Ganzjahres AfA-Beträgen, abgeschrieben wurden. Die im § 108e EStG normierten Voraussetzungen für das Vorliegen von prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern sind damit jedenfalls erfüllt, nämlich Zugehörigkeit zum abnutzbaren Anlagevermögen und Absetzung im Wege der AfA. Die den Begriffen des "Anlagevermögens" und der "Absetzung für Abnutzung" innewohnende Dauer ist nach Ansicht des erkennenden Berufungssenates ebenfalls gegeben, wenn die Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen so lange angehören, dass eine AfA über die halbe Nutzungsdauer zulässig ist.

Ein vorzeitiges Ausscheiden der Wirtschaftsgüter, also ein Ausscheiden vor Ablauf der Hälfte der - hier in Tagen berechneten - Nutzungsdauer kann im vorliegenden Fall nach Überzeugung des Berufungssenates nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO qualifiziert werden.

Aus diesen Gründen war der Berufung daher schon aus verfahrensrechtlichen Gründen Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Dadurch tritt der Bescheid vom (Berufungsvorentscheidung) wiederum vollinhaltlich in Geltung.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Anmerkung
Abweichend: -K/07, Abweichend: EStR 2000, Rz 8217a
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 6/2009, 221

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at