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OGH vom 22.01.1953, 1Ob18/53

OGH vom 22.01.1953, 1Ob18/53

Norm

Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung § 2;

Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung § 84;

Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung § 89;

Handelsgesetzbuch § 133;

Handelsgesetzbuch § 145;

Handelsgesetzbuch § 161;

Handelsgesetzbuch § 177;

Umwandlungsgesetz § 4;

Umwandlungsgesetz § 9;

Umwandlungsgesetz § 14;

Kopf

SZ 26/21

Spruch

Zur Anfechtung der Umwandlung einer Ges. m. b. H. in eine Kommanditgesellschaft.

Wenn der Umwandlungsbeschluß mit Erfolg angefochten wird, muß die gelöschte Ges. m. b. H. als werbende (und nicht als liquidierende) Gesellschaft wieder ins Handelsregister eingetragen werden.

Entscheidung vom , 1 Ob 18/53.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Dr. Hans J. und Stefan K. grundeten die "X." Waren Handels-Gesellschaft m. b. H. In der Generalversammlung vom 2. Feber 1952 wurde die Umwandlung in die "X." Waren Handels-Gesellschaft Dr. J. & Co. beschlossen, in der Dr. Hans J. Komplementär und Stefan K. Kommanditist sein sollten. Die Umwandlung wurde ins Handelsregister eingetragen. Das Handelsgericht erkannte am durch Versäumungsurteil auf Grund einer von Dr. Hans J. gegen die "X."

Waren Handels-Gesellschaft m. b. H. zu Handen des Geschäftsführers Eduard G. eingebrachten Klage, der Umwandlungsbeschluß werde für nichtig erklärt.

Dr. Hans J. beantragte nun, die Kommanditgesellschaft zu löschen und hinsichtlich der Gesellschaft m. b. H. den vorigen Registerstand wieder herzustellen.

Das Erstgericht hat den Antrag abgewiesen. Die Gesellschaft m. b. H. sei durch die Eintragung des Umwandlungsbeschlusses aufgelöst und erloschen. Das gegen sie ergangene Urteil sei daher rechtsunwirksam. Wolle man sich nicht auf diesen Standpunkt stellen, so sei zumindest die Wiederherstellung des vorigen Handelsregisterstandes unzulässig. Die Gesellschaft m. b. H. könne nicht wieder zu einer werbenden Gesellschaft werden.

Das Rekursgericht hat die Löschung des Umwandlungsbeschlusses und die Wiederherstellung des vor dieser Eintragung bestehenden Handelsregisterstandes angeordnet.

Der Oberste Gerichtshof gab dem von der Finanzprokuratur gemäß § 102 Abs. 3 GesmbHG. erhobenen Revisionsrekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs ist zulässig. Denn die Wiederherstellung der Eintragung einergelöschten Gesellschaft m. b. H. kommt im Ergebnis der Neueintragung einer Gesellschaft gleich. Das Erstgericht hat es verabsäumt, bei der Übermittlung des Aktes an die Finanzprokuratur für die Feststellung des Tages der Zustellung zu sorgen. Gegen die Behauptung der Finanzprokuratur, die Zustellung sei am erfolgt, bestehen keine Bedenken. Es kann also die Frage, ob der Rekurs der Finanzprokuratur überhaupt an eine Frist gebunden war, ungeprüft bleiben.

Von einer Nichtigkeit des vorliegenden Verfahrens kann jedoch nicht die Rede sein. Denn es hat die Erledigung von Anträgen zum Gegenstand, die Eintragungen in das Handelsregister betreffen und von eigenberechtigten Personen im Handelsregisterverfahren gestellt wurden. Es kommt also nur die Frage in Betracht, ob die Entscheidung des Rekursgerichtes materiell richtig ist.

Die Meinung der Finanzprokuratur, es könne im Handelsregisterverfahren in irgendeiner Weise überprüft werden, ob das Handelsgericht das Versäumungsurteil in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen und die Rechtslage richtig beurteilt hat, ist verfehlt. Es kann also nicht untersucht werden, ob das Handelsgericht in dieser Sache überhaupt mit einem Versäumungsurteil vorgehen durfte, ob es nicht etwa wegen des unschlüssigen Vorbringens oder auf Grund der ihm bereits vorliegenden Beweise die Klage hätte abweisen sollen, und auch nicht, ob die Entscheidung nicht mit den aus den Handelsregisterakten ersichtlichen Tatsachen in kraßem Widerspruch steht. Ja, es konnte nicht einmal geprüft werden, ob die Parteien im Streitverfahren ordnungsgemäß vertreten waren, also insbesondere auch nicht, ob nach Löschung der Gesellschaft m. b. H. im Register der früher eingetragene Geschäftsführer G. die Gesellschaft noch vertreten durfte, ohne in analoger Anwendung des § 93 Abs. 5 GesmbHG. vom Registergericht neu berufen worden zu sein. Es bieten insbesondere auch die Bestimmungen der §§ 142, 143 FGG. nicht eine Handhabe, den Wirkungen des rechtskräftigen Urteils zu entgehen. Entscheidend ist also nur die Frage, ob das Urteil des Handelsgerichtes nicht deswegen als Nichturteil anzusehen ist, weil es gegen eine nicht mehr bestehende Person ergangen ist.

Grundsätzlich muß der Standpunkt eingenommen werden, daß die umgewandelte Gesellschaft nach den §§ 14, 9, 4 Umwandlungsgesetz mit der Eintragung der Umwandlung erlischt. Dieser Grundsatz muß jedoch dann eine Ausnahme erleiden, wenn geltend gemacht werden soll, daß die Gesellschaft durch die Umwandlung nicht betroffen wurde. Dieser Rechtsgedanke findet im § 246 AktG. seinen Ausdruck. Obwohl bei der Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften die übertragende Gesellschaft nach § 240 Abs. 4 AktG. mit der Eintragung der Verschmelzung erlischt, so bleibt doch die Anfechtung der Verschmelzung offen. Insofern bleiben also die alten Rechtsverhältnisse potentiell erhalten. Der gegenteilige Standpunkt würde ja das, was erst geklärt werden soll, bereits vorwegnehmen.

Allerdings legt gerade § 246 AktG. die Frage nahe, ob das Urteil dem richtigen Gegner gegenüber erwirkt wurde. Denn bei der Verschmelzung ist die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses gegen die übernehmende Gesellschaft zu richten, die insoweit die übernommene vertritt. Doch ist zu beachten, daß bei der Verschmelzung zweier Kapitalsgesellschaften die übernommene Gesellschaft ihre Existenz in der übernehmenden Gesellschaft fortsetzt. Bei der Umwandlung einer Kapitalsgesellschaft in die andere aber gilt der Grundsatz des § 259 AktG. Durch die Umwandlung hört weder eine juristische Person zu bestehen auf, noch entsteht eine neue. Ein und dieselbe juristische Person bildet lediglich ihre Organisation um. Anders bei der Umwandlung einer Kapitalsgesellschaft in eine Personengesellschaft. Hier ist die Kapitalsgesellschaft nach § 4 UmwG. aufgelöst und nur ihr Vermögen geht nach § 11 UmwG. auf die zugleich mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses entstehende Personengesellschaft über. Durch die Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses wird hier also sowohl die zu Unrecht gelöschte Kapitalsgesellschaft als auch die Personengesellschaftbetroffen. Der den Umwandlungsbeschluß Anfechtende müßte seine Rechte also sowohl der nur mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses noch bestehenden Kapitalsgesellschaft, als auch der Personengesellschaft gegenüber geltend machen. Allerdings kann das letztere entfallen, wenn die Personengesellschaft sich der Anfechtung unterwirft. Dies ist im vorliegenden Fall insofern geschehen, als eben die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft die Eintragung des Versäumungsurteiles beantragt haben. Die Eintragung des Urteils des Handelsgerichtes konnte also im vorliegenden Fall, da es nicht auch gegen die Kommanditgesellschaft erwirkt wurde, nicht gemäß § 44 GesmbHG. von Amts wegen, wohl aber mit Zustimmung und auf Antrag der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft eingetragen werden.

Das Erstgericht hat sich noch auf die allerdings in der Literatur vertretene Ansicht gestützt, die einmal gelöschte Gesellschaft m. b. H. könnte nicht als werbende, sondern nur als liquidierende Gesellschaft wieder eingetragen werden. Doch kann sich der Oberste Gerichtshof dieser Meinung nicht anschließen. Wenn der Umwandlungsbeschluß mit Erfolg angefochten wird, so muß auch die sich nur aus dem Umwandlungsbeschluß und seiner Eintragung ergebende Auflösung der Gesellschaft unwirksam sein.

Dem Rekurse der Finanzprokuratur war also nicht Folge zu geben.

Es sei noch bemerkt, daß Unzukömmlichkeiten aus der Eintragung des Urteils des Handelsgerichtes nicht zu erwarten sind, auch wenn dieses im Widerspruch zur wirklichen Rechtslage von den Beteiligten einverständlich erwirkt worden sein sollte. Da nicht eine neue Gesellschaft m. b. H. eingetragen, sondern nur eine gelöschte Eintragung wieder hergestellt wird, so können Gläubiger und Geschäftspartner nicht erwarten, daß sich bei diesem Anlasse dieselben Garantien bieten, wie bei der Eintragung einer neu gegrundeten Gesellschaft. Soweit die Gesellschafter ihre unbeschränkte, bzw. beschränkte persönliche Haftung für frühere Schulden der Gesellschaft m. b. H. und die während der Zeit der Eintragung der Kommanditgesellschaft vorgenommenen Geschäfte ablehnen sollten, die sie als Komplementär bzw. als Kommanditisten getroffen hätte, wird ihnen, soweit nicht schon die §§ 5, 6 HGB. Abhilfe bieten, von dritter Seite ohne Bindung an die Rechtskraft des Versäumungsurteils eingewendet werden können, daß dieses nur zur Umgehung ihrer Haftung erwirkt wurde. Soweit dieses Urteil nur zur Ersparung der für eine Neueintragung der Gesellschaft m. b. H. fällig werdenden Gebühren erwirkt worden sein sollte, werden die Finanzbehörden nach § 6 Steueranpassungsgesetz die für eine Neugrundung entfallenden Beträge erheben können.