Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 27.05.2008, RV/1081-L/06

Haftung bei Übereignung eines lebensfähigen Betriebes.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HE, geb. X, Adresse, vertreten durch Hackl-Fattinger-Premm, Rechtsanwaltskanzlei, 4020 Linz, Hauptplatz 23, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Haftung gemäß § 14 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise dahin gehend Folge gegeben, dass die Haftung auf den Betrag von 2.252,11 € eingeschränkt wird.

Das Mehrbegehren wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Einem zwischen Frau IW als Verkäuferin und dem Berufungswerber (Bw) als Käufer am abgeschlossenen Kaufvertrag ist ua. zu entnehmen, dass erstere bisher am Standort "Adresse1" in L ein Café geführt und dieses Einzelunternehmen mit Wirkung vom eingestellt hat. Kaufgegenstand war das Inventar, das der Bw zu einem Kaufpreis von 40.000,00 € zuzüglich 8.000,00 € MwSt erwarb.

In Punkt IV. des Kaufvertrages ist neben der Bestimmung des Kaufpreises ua. festgehalten, dass durch den Kauf dieses Inventars keine Betriebsübergabe erfolge und den Vertragsparteien die gesetzlichen Bestimmungen des ABGB und HGB betreffend Betriebsübergabe mitgeteilt worden seien.

Mit Ergänzungsersuchen vom teilte das Finanzamt dem Bw mit, dass laut den vorliegenden Unterlagen IW bis an der gleichen Adresse und im gleichen Geschäftslokal ebenfalls ein Café betrieben habe. Nach Darlegung der gesetzlichen Bestimmungen des § 14 BAO forderte es den Bw auf, bekannt zu geben, ob er in den bestehenden Bestandsvertrag oder sonstige Verträge seiner Vorgängerin eingetreten sei bzw. deren Mitarbeiter übernommen habe. Er möge weiters bekannt geben, ob er Warenvorräte, Mobiliar udgl. von IW angekauft und ob er sich im Zuge des Erwerbes über den Stand der Passiva informiert habe. Seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seien an Hand des beiliegenden Fragebogens darzulegen.

Der Bw teilte dazu mit, dass er weder in den bestehenden Mietvertrag eingetreten sei, noch sonstige Verträge oder Mitarbeiter übernommen habe. Er habe sämtliche Verträge, wie beispielsweise den Bierbezugsvertrag, neu abgeschlossen. Der Kauf des Anlagevermögens und der dafür entrichtete Kaufpreis seien dem Kaufvertrag zu entnehmen. Der Bw habe kein bestehendes Einzelunternehmen erworben, sodass er keine Veranlassung gesehen habe, sich über den Stand der Passiva zu informieren. Die Grundlagen für die Geltendmachung einer Erwerberhaftung seien nicht erfüllt, sodass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dazulegen seien.

Dem Schreiben beigefügt wurden folgende Unterlagen:

  • Ein zwischen dem Bw als Untermieter und Dr. W als Untervermieter abgeschlossener Untermietvertrag, den der Bw und der Untervermieter am 15. November und die Eigentümerin am unterfertigt hatten;

  • der Kaufvertrag vom samt einem Anhang zum Vertrag, der die von der Inventarliste ausgeschlossenen Gegenstände aufzählt (ua. Bierhahn, Kaffeemaschine und Mühle);

  • ein an den Bw gerichtetes E-Mail der Fa. P GmbH vom , mit welchem diese sich für die Anfrage des Bw das Café betreffend bedankte und ihm die näheren Daten bekannt gab;

  • ein Mietanbot der Fa. P GmbH vom ;

  • einen Kassaeingangsbeleg mit im Wesentlichen unleserlichen Daten sowie

  • eine Rechnung der Fa. P an den Bw betreffend das vereinbarte Provisionspauschale von insgesamt 2.400,00 €.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Bw gemäß § 14 BAO für aushaftende Abgabenschulden - nämlich Umsatzsteuer 3-12/2005 in Höhe von 8.000,00 € - der IW in Anspruch.

In der Begründung stützte das Finanzamt sich im Wesentlichen auf das VwGH-Erkenntnis 2004/14/0046 vom .

Gegenständlich habe der Bw bereits am ein Mietanbot für das Café unterzeichnet; der Mietvertrag mit dem Untervermieter sei am unterfertigt worden. Die Erklärung betreffend den Verzicht auf die Kleinunternehmerbefreiung, bei der der Bw bereits die Firmenbezeichnung des Cafés verwendet habe, datiere, wie sich aus dem Veranlagungsakt ergebe, vom .

Einem Bediensteten des Finanzamtes gegenüber habe der Bw anlässlich eines Antrittsbesuches angegeben, das Lokal tatsächlich seit zu betreiben. Als wesentliche Investition sei neben dem Erwerb einer neuen Kaffeemaschine lediglich der Erwerb des Inventars angegeben worden.

Nach der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege der Erwerb eines Unternehmens gemäß § 14 BAO vor, da sowohl das Lokal als auch das Inventar übernommen worden seien, der Name des Cafés weiter geführt werde und keine Investitionen vorgenommen worden seien, die das Erscheinungsbild des Lokals geändert hätten. Die in Punkt IV. des Kaufvertrages enthaltene Feststellung, dass durch den Kauf des Inventars keine Betriebsübergabe erfolgt sei, sei unerheblich, da die Voraussetzungen des § 14 BAO erfüllt seien.

Die Behauptung des Bw, er habe keine Veranlassung gesehen, sich über den Stand der Passiva zu informieren, obwohl er die Geschäftseinrichtung übernommen und das Lokal unter gleichem Namen weitergeführt habe, widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. Vor allem sei nicht glaubhaft, dass ein Gastronomiebetrieb übernommen werde, ohne dass vom Vorgänger weder Umsätze noch Ausgaben bekannt seien und nicht in die vorhandenen Unterlagen Einsicht genommen worden sei. Die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer resultiere aus dem am abgeschlossenen Kaufvertrag und sei dort offen ausgewiesen, sodass davon auszugehen sei, dass der Bw von der Umsatzsteuerzahllast der Primärschuldnerin Kenntnis gehabt habe. Der angeführte Kaufvertrag sei für den Bw zudem Grundlage für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges gewesen.

Die haftungsgegenständliche Abgabenschuld sei bei der Primärschuldnerin uneinbringlich, sodass die Haftung nach § 14 BAO geltend zu machen gewesen sei. Da der Bw trotz schriftlichen Ersuchens zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen keine Angaben gemacht habe, er seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde aber bislang pünktlich nachgekommen sei, könne nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass die Abgaben auch beim Bw uneinbringlich seien. Der Bw habe Aktiva übernommen, deren Wert die Haftungsschuld wesentlich übersteige, sodass die Geltendmachung der Haftung angemessen sei.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung brachte die steuerliche Vertretung des Bw im Wesentlichen vor, dass die Abgabenbehörde von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, nämlich der Übereignung eines Unternehmens im Ganzen und damit dem Übergang eines lebensfähigen Unternehmens, ausgegangen sei. Tatsächlich habe IW den Betrieb schon Monate zuvor geschlossen. Dies müsste sich aus deren Steuerabgaben ergeben, sodass beantragt werde, diese zur Verfügung zu stellen. Auch der Makler, Herr S von der Fa. P GmbH, habe vor Zeugen mitgeteilt, dass das Geschäft stillgelegt sei und zurzeit nicht betrieben werde. Bestätigt sei dies auch durch den Eindruck geworden. Das Lokal sei staubig und nicht gesäubert gewesen und längere Zeit, zumindest einige Wochen, nicht benützt worden. Die Bierhähne und dergleichen seien von der A Brauerei abmontiert worden und sei auch dort bestätigt worden, dass längere Zeit kein Bierbezug mehr gegeben gewesen sei. Aus diesem Grund habe die A Brauerei auch nicht darauf bestanden, dass der Bw in den Bierbezugsvertrag einsteige. Das Gleiche treffe auf den Bezug von B-Kaffee zu. Im letzten Jahr seien nur acht Kilogramm bezogen worden, was ebenfalls dafür spreche, dass der Betrieb nicht mehr aufrecht gewesen sei. Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass der Bw nicht in den B-Vertrag habe einsteigen müssen und eine Kaffeemaschine gekauft habe. Beantragt werde daher die Einvernahme des Maklers zum Beweis dafür, dass das Lokal stillgelegt worden sei, sowie eine Auskunftseinholung von der A Bierbrauerei und von B-Kaffee.

Der Bw habe eine nicht mehr funktionierende, verkalkte Gläserwaschmaschine übernommen. Bei der funktionstechnischen Herstellung habe ihm die Firma mitgeteilt, dass die Maschine längere Zeit nicht mehr in Betrieb gewesen und keine Wartung vorgenommen worden sei. Das Lokal habe bei der Übernahme vollständig gesäubert werden müssen, sodass die Eröffnung erst am erfolgt sei.

Der Bw sei nicht davon ausgegangen, dass IW ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei und habe keine Kenntnis der Finanzschuld gehabt, sodass die Aussage des Finanzamtes, das Vorbringen des Bw sei unglaubwürdig, unrichtig sei.

Als Zeugen dafür, dass das Lokal stillgelegt gewesen sei, werde Bezug genommen auf den Makler sowie die Ehegattin DE und Dr. AE, Adresse2.

Im Kaufvertrag vom sei ausdrücklich festgehalten, dass durch den Kauf des Inventars keine Betriebsübergabe erfolge. Über eine Betriebsübergabe sei aus den oa. Gründen nicht gesprochen worden. Der Bw habe gewusst, dass er nur das Inventar des stillgelegten Lokals übernehmen und einen Untermietvertrag abschließen wolle, was auch tatsächlich geschehen sei. Von einer geschlossenen Weiterführung könne daher nicht ausgegangen werden. Wegen der Stilllegung durch IW habe diese auch feuerpolizeiliche Vorschriften nicht eingehalten und habe der Bw diesen vor Betriebsaufnahme nachkommen müssen. Die Umsatzzahlen seien kein Gesprächsthema gewesen, da das Geschäft offenkundig nicht mehr betrieben worden sei und IW den Bw darauf hingewiesen habe, dass sie dieses auch nur kurze Zeit inne gehabt habe.

Zum weiteren Beweis dafür, dass der Geschäftsbetrieb schon Wochen vor der Neueröffnung eingestellt gewesen sei, werde das Schreiben des Dr. W vom vorgelegt. Das Mietverhältnis mit IW sei wegen Nichtbezahlung der Miete beendet worden. Der Betrieb sei mindestens ab September 2005 eingestellt gewesen. IW sei ab diesem Zeitpunkt im Café nicht mehr erreichbar gewesen, sodass die offene Miete habe eingeklagt werden müssen.

Für dieses Beweisthema würden darüber hinaus noch folgende Zeugen bekannt gegeben: KD, Adresse3, JP, Adresse4; HI, Adresse5; HL, Adresse6; Ing. WM, Adresse7; sowie JG, Adresse8.

Vorgelegt werde das Schreiben des Mag. TB (Fa. C, Adresse9), welches bestätige, dass am das letzte Mal eine Rechnung an IW fakturiert worden sei.

Der Berufung wurden das angeführte Schreiben des Mag. TB angeschlossen sowie ein Schreiben des Dr. W vom an Rechtsanwalt Dr. HH, worin ersterer als Leasingnehmer und Vermieter des Geschäftslokales in Adresse1 in L bestätigt, dass das Mietverhältnis mit IW beendet und mit dem Bw ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Der Betrieb der IW sei bereits ab September 2005 eingestellt gewesen. IW sei in dieser Zeit für den Vermieter in keiner Weise mehr erreichbar gewesen, um die offene Miete einzufordern. Der Mietvertrag mit dem Bw und die einvernehmliche Beendigung des Mietvertrages mit IW lägen hier im Büro auf.

Mit Schreiben vom forderte die Referentin IW auf, als Auskunftsperson im Sinne des § 143 BAO zu nachfolgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1. Waren, als Sie den Betrieb im Oktober 2004 eröffneten, Umbau- bzw. Adaptierungsarbeiten nötig? Wenn ja, welche?

2. Waren Ihrem Wissen nach zu dem Zeitpunkt, als Sie den Betrieb an Herrn HE übergaben, Investitionen erforderlich, um den Betrieb fortführen zu können?

3. Im beiliegenden Kaufvertrag ist in Punkt IV. festgehalten, dass das Inventar genau besichtigt und einvernehmlich aufgenommen worden sei. Bitte um Übermittlung der Inventarliste.

4. Laut Angaben des Herrn HE musste eine Kaffeemaschine angeschafft werden. Aus welchen Gründen befand sich eine Kaffeemaschine nicht im übergebenen Inventar?

5. Ab welchem Zeitpunkt wurde das "Café T" von Ihnen nicht mehr betrieben?

Mit Schreiben vom gab IW dazu Folgendes an:

Zu 1: Die Herren- und Damentoiletten seien ebenso komplett umgebaut worden wie die Küche. Der Gastraum sei vom Estrich bis zur Einrichtung umgebaut worden. Gartenmöbel seien angeschafft worden.

Zu 2: Nein - das Lokal sei betriebsbereit gewesen.

Zu 3: Die Abwicklung wie auch die Verträge hätten das Realbüro P sowie der Hausherr Dr. W über gehabt.

Zu 4: Die Kaffeemaschine sei eine Leasingmaschine aus dem bereits bestehenden Vertrag mit der Fa. B gewesen.

Zu 5: Sie habe das Café ab Mai 2005 nicht mehr betrieben.

Ebenfalls mit Schreiben vom wurde der Bw aufgefordert, nachstehende Fragen zu beantworten.

1. In Punkt IV. des Kaufvertrages vom wurde angeführt, dass das gekaufte Inventar genau besichtigt und einvernehmlich aufgenommen worden sei. Bitte um Vorlage der Auflistung der übernommenen Besitzposten.

2. Aus welchen Gründen blieb trotz Besichtigung des Inventars der Defekt der Gläserwaschmaschine unentdeckt? Belege betreffend Reparaturkosten mögen vorgelegt werden.

3. Im Zusammenhang mit der in der Berufung angeführten Übernahme eines nicht gesäuberten Lokals und der erforderlichen Maßnahmen zur Entsprechung feuerpolizeilicher Vorschriften mögen ebenfalls geeignete Unterlagen zur Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen übermittelt werden.

4. Waren nach der Übernahme des Cafés T Renovierungsarbeiten erforderlich, um den Betrieb fortführen zu können? Wenn ja, welche? Die getätigten Investitionen mögen durch Vorlage geeigneter Unterlagen belegt werden.

5. Um Darlegung Ihrer aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (monatliche Einnahmen und Ausgaben, Bestehen von Sorgepflichten, Höhe der Vermögenswerte und der Schulden) wird ersucht.

Der Bw teilte am telefonisch mit, dass eine Aufstellung der übernommenen Besitzposten nicht existiere (Punkt 1). Er habe die Gläserwaschmaschine vor dem Kauf nicht ausprobiert, sodass ihm nicht aufgefallen sei, dass diese nicht funktioniere und nicht gewartet worden sei. Die Reparaturrechnung werde nachgereicht (Punkt 2). Zu Punkt 3 gab der Bw an, dass er und seine damalige Frau die Säuberung des Lokals selbst vorgenommen hätten. Das Lokal sei einige Wochen zuvor geschlossen worden. Ein Protokoll der Feuerpolizei werde nachgereicht.

Punkt 4: Renovierungsarbeiten seien nicht durchgeführt worden.

Punkt 5: Das Lokal habe der Bw bis zu seiner Scheidung geführt und dieses Ende Juli 2007 aufgegeben. Den Gewerbeschein habe er am zurückgelegt. Der an sich beabsichtigte Verkauf des Lokals sei nicht möglich gewesen, weil der Vermieter im Gebäude kein Lokal mehr haben wollte. Das Blumengeschäft nebenan habe die Räumlichkeiten übernommen und sein Geschäft dadurch vergrößert.

Der Bw beziehe derzeit Sozialhilfe in Höhe von 662,00 € (ein Beleg werde nachgereicht). Wegen des Lokals habe er Schulden bei seiner Ex-Frau, doch sei die Scheidung einvernehmlich erfolgt und seien wegen der Zahlungen keine Regelungen getroffen worden, sodass er dazu keine Unterlagen vorlegen könne. An Miete, Strom und Sozialversicherung habe er einen Rückstand von rund 3.000,00 €. Er habe weder Sorgepflichten, noch ein Fahrzeug oder sonstiges Vermögen. Für die Miete müsse er monatlich 357,50 € aufbringen, für die Heizung 23,00 €.

Der Bw teilte ferner mit, dass die der Rechtsanwaltskanzlei eingeräumte Vollmacht auch eine Zustellvollmacht umfasse und er das Ersuchen des mit welchem ihm Gelegenheit eingeräumt wurde, sich zu dem an IW gerichteten Auskunftsersuchen sowie deren Antwortschreiben zu äußern, noch nicht erhalten habe.

Bis dato erfolgte weder eine Gegenäußerung, noch wurden die angekündigten Unterlagen nachgereicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen (§ 14 Abs. 1 lit. a BAO). Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

Eine durch die Betriebsveräußerung entstehende Umsatzsteuerschuld ist vom Haftungstatbestand des § 14 Abs. 1 lit. a BAO mit erfasst ().

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zählen bei Gastronomieunternehmen das Grundstück, das Gebäude und die Einrichtung, nicht jedoch das Warenlager, das Personal, der Kundenstock oder Lieferverträge zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens. Hinsichtlich der tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal und Geschäftseinrichtung muss der Erwerber in der Lage sein, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung und ohne bedeutende Investitionen einen dem vorangegangenen gleichwertigen Gewerbebetrieb fortzuführen. Nicht erforderlich ist, dass alle zum Betrieb gehörigen Betriebsmittel erworben werden, sondern nur jene, die die wesentliche Grundlage des Betriebes darstellen und für den Weiterbetrieb unbedingt notwendig sind.

Eine Übereignung im Sinne des § 14 BAO setzt nicht den Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums voraus. Abzustellen ist daher nicht auf die zivilrechtliche Gestaltung, sondern auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Der Umstand, dass der Bw nicht unmittelbar in die Rechte der Veräußerin eingetreten ist, sondern mit demselben Untervermieter wie die Primärschuldnerin einen neuen Untermietvertrag abgeschlossen hat, steht der Annahme eines Unternehmenserwerbes nicht entgegen. Ebenso wenig schadet, dass der Bw nicht in bestehende Liefer- oder sonstige Verträge seiner Vorgängerin eingetreten ist. So erachtete der Verwaltungsgerichtshof () es als nicht wesentlich, ob der Erwerber eines Gastronomiebetriebes in den Bierbezugsvertrag seines Vorgängers eintrete oder nicht, weil es gleichgültig sei, von welcher Brauerei der Betriebserwerber beliefert werde.

Wurde die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Lokal verschafft und kann der Erwerber den Betrieb des Vorgängers in diesen Geschäftsräumen mit dem gekauften Inventar fortführen, kann von einer Übereignung des Unternehmens im Sinne des § 14 Abs. 1 BAO ausgegangen werden.

Entgegen der Ansicht des Bw steht der Annahme eines Betriebserwerbes nicht der Umstand entgegen, dass in Punkt IV. des Kaufvertrages eine Betriebsübergabe ausgeschlossen wurde, weil für die Haftung nicht die subjektive Absicht der Vertragsparteien entscheidend ist. Sind sämtliche in § 14 BAO geforderten Voraussetzungen erfüllt, vermag ein Abgabepflichtiger die Haftung des Erwerbers nicht durch eine Vertragsklausel des Inhaltes, seine Absicht sei lediglich auf den Erwerb des Anlagevermögens gerichtet gewesen, auszuschließen.

Der Bw wandte im Wesentlichen ein, kein lebendes bzw. lebensfähiges Unternehmen erworben zu haben. Der Betrieb sei schon "Monate vorher" geschlossen gewesen bzw. - an anderer Stelle der Berufungsschrift - das Lokal "zumindest einige Wochen nicht benutzt" worden.

Zum Zeitpunkt der Betriebsschließung durch die Vorgängerin ergeben sich aus der Aktenlage unterschiedliche Zeitpunkte:

Der Prüfer, der bei IW eine Außenprüfung durchgeführt hatte (Niederschrift zu ABNr. 1, Tz. 2), ging von einer Betriebsaufgabe im August 2005 aus. IW hatte den Inventarverkauf weder in einer Umsatzsteuervoranmeldung angezeigt, noch eine entsprechende Umsatzsteuerzahlung geleistet (Tz. 3 der Niederschrift).

Die durch den Prüfer festgesetzte Umsatzsteuer 3-12/2005 von insgesamt 9.785,00 € enthält zum Einen die auf den Verkauf des Inventars entfallende Umsatzsteuer von 8.000,00 € (für welche die Haftung geltend gemacht wurde) und zum Anderen die auf Umsätze bis zur Betriebsaufgabe im August 2005 entfallende Umsatzsteuer.

Laut Versicherungsdatenauszug war IW ab als Arbeiterin nichtselbstständig beschäftigt.

Im Kaufvertrag vom ist unter Punkt I. angeführt, dass IW dieses Einzelunternehmen mit Wirkung vom eingestellt habe.

Laut dem der Berufung beigefügten Schreiben des Dr. W habe IW den Betrieb des Café ab September 2005 eingestellt, wogegen ein Vertreter der Fa. C bestätigte, am das letzte Mal eine Rechnung an IW fakturiert zu haben. IW selbst teilte auf Befragen, ab welchem Zeitpunkt sie das Café nicht mehr betrieben habe, mit, dass dies ab Mai 2005 der Fall gewesen sei.

Eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 BAO ist der Erwerb eines lebenden bzw. lebensfähigen Unternehmens. Kriterium eines solchen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht, ob dieses zum Erwerbszeitpunkt tatsächlich noch betrieben wurde oder bereits geschlossen war, sondern vielmehr, dass ein (gleichartiger) Betrieb ohne Vornahme relevanter Änderungen und Investitionen und ohne wesentliche Unterbrechung fortgeführt werden kann.

Der Bw führte am gegenüber einem Organ des Erhebungsdienstes an größeren Investitionen die Inventarablöse von 40.000 € netto sowie die Anschaffung eines Flachbildschirmes um 899,08 € netto und einer Kaffeemaschine um 1.700,00 € netto an; weitere Investitionen wurden nicht genannt.

Zwar stellt eine Kaffeemaschine eine wichtige Geschäftsausstattung in einem Café dar, doch betrugen die Anschaffungskosten für die neue Kaffeemaschine lediglich rund 4 % des übrigen erworbenen Inventars, sodass dieser Anschaffung in Relation zum übrigen Inventar keine entscheidende Bedeutung beizumessen ist.

Das Vorbringen der als Auskunftsperson befragten IW, Investitionen des Bw seien zur Betriebsfortführung nicht erforderlich gewesen, bestätigte der Bw insoweit, als er im Zuge eines Telefonates angab, keine Renovierungsarbeiten durchgeführt zu haben. Erwarb er aber die tragenden Unternehmensgrundlagen Lokal und Geschäftseinrichtung und war er damit objektiv in der Lage, in den vorhandenen Betriebsräumen einen gleichartigen Betrieb - mag dieser auch einige Wochen oder Monate geschlossen gewesen sein - ohne Renovierungsarbeiten fortzuführen, war von der Übertragung eines lebensfähigen Betriebes auszugehen (vgl. das bereits im Haftungsbescheid zitierte Erkenntnis des Verwaltungs-gerichtshofes vom , 2004/14/0046). Eine tatsächlich eingetretene Unterbrechung schadete demnach ebenso wenig wie der Umstand, dass der Bw einen neuen (Unter)Mietvertrag mit dem Bestandgeber der Geschäftsräumlichkeiten abschloss, nicht in den Bierbezugsvertrag der Vorgängerin eintrat und sonstige Verträge ebenso wenig übernahm wie Mitarbeiter.

Da es somit auf eine Betriebsunterbrechung nicht entscheidend ankam und eine solche im Übrigen als den Tatsachen entsprechend angenommen wurde, konnte von den beantragten Zeugeneinvernahmen Abstand genommen werden.

Die Haftung gem. § 14 BAO besteht nach dem Vorbild des § 1409 ABGB lediglich insoweit, als der Erwerber die in Betracht kommenden Abgabenschulden im Zeitpunkt der Übereignung kannte oder kennen musste.

Im Kaufvertrag vom wurde unter Punkt IV. der Kaufpreis für das Inventar mit 40.000,00 € zuzüglich 8.000,00 € (20 % MwSt.) aufgelistet.

Laut der im Einkommensteuerakt des Bw befindlichen Quittungen wurden am 15.000,00 € und 30.000,00 € an IW bezahlt. Mit der Umsatzsteuervoranmeldung 10/2005 machte der Bw gegenüber dem Finanzamt die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Ein Betrag von 8.018,14 € wurde an ihn refundiert.

Ob der Bw daher gegenständlich in die Geschäftsbücher seiner Vorgängerin Einsicht genommen und sich über den Stand der Passiva Informationen beschafft hat oder nicht, kann dahin gestellt bleiben, weil er ausschließlich für die im erwähnten Kaufvertrag genannte, auf das erworbene Inventar entfallende Umsatzsteuer zur Haftung herangezogen wurde. Zweifellos kannte der Bw aber diese Umsatzsteuer und war dieser Kaufvertrag auch Grundlage für die Geltendmachung des entsprechenden Vorsteuerabzuges.

Die Haftung besteht nach § 14 Abs. 1 BAO nur insoweit, als der Erwerber an haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt. Der Bw hatte für den Erwerb des Inventars einen Preis von 40.000,00 € zu entrichten, sodass der Wert des Unternehmens die Haftungsschuld bei weitem übersteigt.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Heranziehung des Bw zur Haftung nach § 14 BAO waren daher insgesamt erfüllt.

Die Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung ist vor allem der Zweck der Haftungsbestimmung zu berücksichtigen. § 14 BAO dient dem Zweck, die im Unternehmen als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründenden Abgabenschulden durch den Übergang des Unternehmens in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen (vgl. Ritz, BAO³, § 14 Tz 1). Bei der Ermessensübung ist zudem eine gewisse Nachrangigkeit der Haftung im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Hauptschuldners zu beachten. Das bedeutet, dass der Haftende grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden darf, wenn die Einbringung der Abgabe beim Hauptschuldner gefährdet oder wesentlich erschwert ist.

Eine ermessenswidrige Inanspruchnahme des Haftenden läge vor, wenn aushaftende Abgabenschulden vom Primärschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden könnten, die Abgabenbehörde diese Einbringung jedoch zumindest grob fahrlässig unterlässt (vgl. ).

Aus dem IW betreffenden Einbringungsakt ist ersichtlich, dass das Finanzamt mehrfach vergeblich versuchte, die aushaftende Umsatzsteuer einzubringen. Lohnpfändungen blieben mangels ausreichendem Einkommens bzw. wegen bestehender Vorpfändungen ergebnislos.

Ein Einblick in das Abgabenkonto von IW zeigt, dass Gutschriften aus der Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagung 2004 in Höhe von 669,00 € und 272,95 €, aus den Einkommensteuerveranlagungen 2002 (453,76 € samt Anspruchszinsen von 58,84 €) und 2003 (364,00 €), aus der Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagung 2005 von 412,71 € (ein anteiliger Betrag von 81,29 € der Gesamtgutschrift von 494,00 € wurde auf einen offenen Barauslagenersatz des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens verrechnet) und 2.641,67 € sowie aus der Einkommensteuerveranlagung 2007 in Höhe von 874,96 € auf die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer verrechnet wurden, sodass sich diese bereits um 5.747,89 € reduzierte.

Dass ein Teil der Haftungsschuld tatsächlich durch Gutschriften, die sich aus Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagungen von IW ergaben, abgedeckt werden konnte, bedeutet zwar, dass insofern nicht von einer Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer bei der Primärschuldnerin auszugehen ist, ändert aber nichts daran, dass die verbleibende haftungsgegenständliche Umsatzsteuer bei der Primärschuldnerin nicht ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden kann (vgl. ), weil bislang sämtliche Einbringungsversuche (insbesondere Lohnpfändungen) erfolglos verliefen und diese über keine Vermögenswerte verfügt, die eine rasche Einhebung des Haftungsbetrages ermöglichen würden.

Die Verminderung der Haftung hatte im Ausmaß der durch die Primärschuldnerin entrichteten Beträge (insgesamt 5.747,89 €) zu erfolgen, sodass der Berufung insoweit teilweise stattzugeben und die Haftung auf einen Betrag von 2.252,11 € einzuschränken war.

Ein weiterer Teil der Haftungsschuld konnte bereits durch Umbuchung von auf dem Abgabenkonto des Bw bestehenden Guthaben in Höhe von 960,08 €, 307,26 €, 111,94 €, 216,63 € und 91,54 € (insgesamt daher 1687,45 €) auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin abgedeckt werden.

In Höhe der genannten Beträge wurde die Haftungsschuld bereits entrichtet, sodass sich der tatsächlich noch zu bezahlende Betrag auf 564,66 € vermindert. Zahlungen des Bw als Haftungsschuldner mindern zwar den von ihm zu entrichtenden Haftungsbetrag, doch ändert dies nichts an der Berechtigung zur Heranziehung zur Haftung. Die Haftungsinanspruchnahme ist insofern nicht um den durch den Bw entrichteten Betrag einzuschränken, da diesfalls der Tilgung durch den Bw nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen würde (vgl. ).

Bei der Ermessensübung sind auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftungspflichtigen zu berücksichtigen. Zwar bezieht der 41 Jahre alte Bw derzeit laut eigenen Angaben lediglich Sozialhilfe, doch schließt eine derzeitige Uneinbringlichkeit nicht aus, dass künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (vgl. )

Insgesamt gesehen - nicht zuletzt auf Grund deren Höhe - erscheint die Einbringlichkeit der Haftungsschuld durchaus realistisch, sodass die Geltendmachung der Haftung zweckmäßig war.

Der Bw brachte keine Billigkeitsgründe vor, die Zweckmäßigkeitsüberlegungen überwiegen und die eine Abstandnahme von der Geltendmachung der Haftung rechtfertigen würden.

Dem Zweck der gesetzlichen Bestimmung des § 14 Abs. 1 BAO und dem öffentlichen Interesse an einem gesicherten Abgabenaufkommen entspricht es, wenn der Bw in Anbetracht des drohenden Ausfalls der Umsatzsteuer, die durch seinen Erwerb angefallen ist, zur Haftung herangezogen wird.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 14 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Haftung
Betriebsübereignung
Betriebsunterbrechung
lebensfähiger Betrieb
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at