zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 22.06.2007, RV/0417-I/06

Inanspruchnahme eines Kommanditisten auf Grund einer Wechselbürgschaft für Schulden der KG nach seinem Ausscheiden aus der KG führt zu "nachträglichen Einlagen"; Berücksichtigung im Wege des § 32 Z 2 EStG.

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0417-I/06-RS1
Leistungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft auf Grund einer Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Gesellschaft sind Einlagen iSd § 4 Abs 1 EStG. Über den Stand des Kapitalkontos wirken sich Einlagen auf den Veräußerungsgewinn oder -verlust aus. Erfolgt die Inanspruchnahme des Gesellschafters erst nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft, liegt eine "nachträgliche Einlage" vor, die auf dem Kapitalkonto nicht berücksichtigt sein konnte. Die deshalb vor­zu­nehmende Korrektur erfolgt durch den Ansatz nachträglicher Betriebsausgaben iSd § 32 Z 2 EStG im Jahr der Inanspruchnahme ( mit Anm. von Quantschnigg in RdW 1985/12 S. 390; ; ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber bezog im Berufungsjahr Lohneinkünfte als Pilot. Daneben war er auch Kommanditist der mit Gesellschaftsvertrag vom (laut Firmenbuch vom ) gegründeten KG. Die Firma betrieb Kaffeehäuser in Innsbruck, Graz und Salzburg. Über ihr Vermögen wurde am das Konkursverfahren eröffnet. Nach Aufhebung des Konkurses mit Beschluss vom wurde die Gesellschaft aufgelöst und die Firma gelöscht.

Die Finanzierung der Adaptierung der Räumlichkeiten und die Eröffnung des Lokales in Graz im August 2002 erfolgte mit einem Kredit der H-Bank AG. Der Kredit scheint in der Bilanz zum der KG unter den Passiva auf. Am nahm die inzwischen in Zahlungsschwierigkeiten geratene KG einen von der kreditgebenden Bank ausgestellten Wechsel über die zu diesem Zeitpunkt noch offene Kreditsumme (69.497 € zzgl. Zinsen) an. Der Berufungswerber unterschrieb den Wechsel als "Bürge für den (die) Annehmer". Er wurde als solcher von der Kreditgeberin in Anspruch genommen. Zur Begleichung der Bürgschaftsschuld traf er mit der Bank eine Ratenvereinbarung, wonach er im November und Dezember 2004 jeweils 1.000 € zu zahlen hatte.

Im Jahr 2004 erklärte der Berufungswerber aus vorgenannter Beteiligung "negative nachträgliche Einkünfte gemäß § 32 Z 2 EStG" in Höhe von -2.000 €. Mit dem am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für 2004 wurden diese Einkünfte nicht berücksichtigt, weil der Berufungswerber "bereits mit aus dem Betrieb ausgeschieden" sei.

In der Berufung vom wendete der Berufungswerber ein, er habe für mehrere Bankkredite der Gesellschaft gebürgt. Im Jahr 2004 sei er auf Grund der eingegangenen Bürgschaften von der H-Bank AG "im Ausmaß von 2.000 € in Anspruch genommen worden". Diese Zahlung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner "früheren Einkunftsquelle" (Hinweis auf die Erkenntnisse , VwSlg 5239 F/1978 und vom , 87/13/0118, VwSlg 6676 F/1992).

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Die Bezahlung der Schulden der Kommanditgesellschaft durch den Berufungswerber stelle bei diesem keine (nachträgliche) Betriebsausgabe dar, weil die Zahlung bereits durch die steuerliche Anerkennung der Verluste bzw. durch die Verlustzuweisungen an die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in den vorangegangenen Perioden berücksichtigt worden sei (Hinweis auf VwGH 83/13/0186 vom ).

Mit Eingabe vom beantragte der Berufungswerber die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und verwies auf sein bisheriges Vorbringen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 32 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit.

Leistungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft auf Grund einer Bürgschaftsverpflichtung für Schulden der Gesellschaft stellen eine Einlage iSd § 4 Abs 1 EStG dar (). Die Inanspruchnahme des Gesellschafters aus der Bürgschaft führt daher nicht zu Betriebsausgaben, sondern zu Einlagen. Die Einlage erhöht den Stand des Kapitalkontos. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes iSd § 24 EStG 1988 aus der Veräußerung der Beteiligung ist dem Veräußerungserlös der Stand des Kapitalkontos gegenüberzustellen. Über den Stand des Kapitalkontos wirken sich Einlagen somit auf den Veräußerungsgewinn oder -verlust aus ().

Erfolgt die Inanspruchnahme des Gesellschafters erst nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft und damit nach Ermittlung seines Veräußerungsgewinnes, muss dies steuerlich als "nachträgliche Einlagenleistung" beurteilt werden. Da auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters diese Einlage noch nicht berücksichtigt sein konnte, hat es zu einer nachträglichen Korrektur des bei Ausscheiden des Gesellschafters ermittelten Veräußerungsgewinnes zu kommen. Diese Korrektur wird durch die Berücksichtigung der Inanspruchnahme des Gesellschafters als nachträgliche Betriebsausgabe iSd § 32 Z 2 EStG bewirkt (s. Glosse von Quantschnigg in RdW 1985/12, Seite 390 zum Erkenntnis ). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 97/15/0122 die Ausführungen Quantschniggs als zutreffend erachtet. Der Umstand, ob der Gesellschafter vor oder nach dem Abtreten des Gesellschaftsanteiles aus der Bürgschaft zur Haftung herangezogen werde, solle nicht zu grundsätzlich unterschiedlichen steuerlichen Folgen führen. Wenn die Heranziehung aus der Bürgschaft für Schulden der Personengesellschaft erst nach der Veräußerung der Beteiligung erfolge, müsse es im Jahr der Heranziehung zu einer nachträglichen Korrektur des Veräußerungsgewinnes kommen.

Im Berufungsfall erscheint zunächst fraglich, wann der Berufungswerber aus der KG ausgeschieden ist. Laut einer notariell beglaubigten Vereinbarung vom , abgeschlossen zwischen der KG und dem Berufungswerber, ist letzterer mit aus der Gesellschaft ausgeschieden. Der Berufungswerber gab dazu an, beim in der Vereinbarung angegebenen Austrittsdatum handle es sich um einen Schreibfehler. Der Notar habe angeregt, die Vereinbarung durch Beifügen des zutreffenden Austrittsdatums und der Unterschrift der ehemaligen Gesellschafter zu berichtigen. Das zutreffende Austrittsdatum sei der Tag der Vereinbarung, somit der . Die Übernahme der Bürgschaft begründete der Berufungswerber mit seinem damaligen Bestreben "aus der Gesellschaft auszusteigen", weil ihm die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft bewußt geworden waren. Ohne seine Haftung hätte die Bank den aushaftenden Kredit fällig gestellt, was Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Folge gehabt hätte. Die Mitgesellschafterin habe auf der Bürgschaftsübernahme bestanden.

Der Gesellschaftsvertrag hält zum "Ausscheiden von Gesellschaftern und Auseinandersetzung" unter Punkt XII fest, dass jeder Gesellschafter berechtigt ist, "das Gesellschaftsverhältnis unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Geschäftsjahres aufzukündigen". Unter Punkt IV des Vertrages verzichteten die Gesellschafter "auf die Dauer von fünf Jahren ab Eintragung der Gesellschaft in das Firmenbuch auf eine Aufkündigung des Vertrages". Im Fall des Austrittes eines Gesellschafters ist der verbleibende Gesellschafter berechtigt "das Geschäft der Gesellschaft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven sowie die Firma zu übernehmen".

Zum Zeitpunkt des Austrittes des Berufungswerbers aus der Gesellschaft ist festzuhalten, dass ein Austritt im Firmenbuch nie angemerkt wurde. Die für 2003 für die Gesellschaft eingereichten Steuererklärungen samt Beilagen enthalten keinen Hinweis auf das Ausscheiden eines Gesellschafters. Ein Auseinandersetzungsguthaben (laut Gesellschaftsvertrag wären dabei stille Reserven und Firmenwert zu berücksichtigen) wurde nicht festgestellt. Für 2004 liegen Steuererklärungen und Jahresabschluss für die Gesellschaft nicht vor. Eine vom Finanzamt zunächst angeregte Betriebsprüfung der Gesellschaft ist nicht erfolgt, weil der Betrieb als "nicht prüfungswürdig" beurteilt wurde. Auch die Steuererklärungen des Berufungswerbers geben keinen entsprechenden Aufschluss. Laut Gesellschaftsvertrag war ein Austritt frühestens nach fünf Jahren seit Gründung der Gesellschaft im Jahr 2000 möglich. Allerdings lässt der Gesellschaftsvertrag (unter seinem Punkt XIV) auch Änderungen und Nebenabreden zu, sofern sie schriftlich getroffen werden.

Auf Grund dieser Umstände gelangte der Senat zur Ansicht, dass der Austritt des Berufungswerbers aus der KG mit Unterfertigung der vorgelegten notariell beglaubigten Vereinbarung vom erfolgt ist. Es erscheint glaubhaft, dass die Mitgesellschafterin einem früheren Austritt als im Gesellschaftsvertrag vorgesehen nur bei entsprechender Haftungsübernahme zugestimmt hat. Davon abgesehen ist die Datierung des Austrittes mit , ob beabsichtigt oder irrtümlich, als rückwirkende Vereinbarung steuerlich unbeachtlich. Der Wechsel der H-Bank AG wurde am ausgestellt und vom Berufungswerber als "Bürge für den (die) Annehmer" unterschrieben. Auch wenn die Bürgschaftsübernahme somit 9 Tage nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft erfolgte, ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass der Berufungswerber die Bürgschaft noch auf Grund seiner Stellung als Kommanditist der KG und seiner Haftungsverpflichtungen eingegangen ist. Zahlungen leistete er nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft.

Das Finanzamt hat den Abzug der Zahlungen unter Hinweis auf das Erkenntnis des Zl. 83/13/0186 versagt. Die Beschwerdeführerin des genannten Verfahrens war bis Kommanditistin einer KG. Sie wurde anlässlich ihres Austrittes aus der Firma von der Bank als Bürge und Zahlerin für Betriebsschulden in Anspruch genommen. Sie leistete in den Jahren 1979 und 1980 Zahlungen an die Bank. Im Jahr 1982 stellte sie den Antrag, diese Zahlungen als "Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder als außergewöhnliche Belastung" steuerlich zu berücksichtigen. Der VwGH stellte dazu fest, dass ihr die auf sie entfallenden Verlustanteile aus der Kommanditgesellschaft mit abgabenrechtlicher Wirkung stets im vollen Ausmaß zugerechnet wurden. "Soweit die Zahlungsschwierigkeiten der Kommanditgesellschaft und die daraus resultierende Heranziehung der Kommanditistin als Wechselbürge auf Verluste der Kommanditgesellschaft zurückzuführen waren, wurden die Zahlungen bereits durch die steuerliche Anerkennung der Verluste bzw. durch die entsprechenden Verlustzuweisungen an die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft in den vorangegangenen Perioden berücksichtigt. Für eine nochmalige Berücksichtigung durch Anerkennung der Schuldrückzahlungen als (nachträgliche) Betriebsausgaben bei einem oder mehreren Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft bleibt daher kein Raum".

Im Gegensatz dazu haben sich die im November und Dezember 2004 vom Berufungswerber geleisteten Bürgschaftszahlungen im Betrag von zusammen 2.000 € bisher steuerlich nicht ausgewirkt. Sie sind daher nach dem Vorgesagten im Jahr ihrer Bezahlung als Einkünfte iSd § 32 Z 2 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bürgschaft
Einlagen
nachträgliche Einlagen
Betriebsausgaben
Betriebsschulden
Verweise



Quantschnigg, RdW 1985/12, 390

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at