Bindung des UFS an Rechtsanschauung des VwGH bei Erlassung des Ersatzbescheides
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/13/0127 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über den Antrag vom auf Neufestsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer 1992 des LP, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg entschieden:
Der Antrag vom wird bezüglich Neufestsetzung der Einkommensteuer 1992 und Gewerbesteuer 1992 zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Zur Vorgeschichte wird auf den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (FLDWNB) vom , AO 670/8-16/02, verwiesen. Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes zu dem im Spruch angeführten Antrag hatte der Devolutionswerber (Dw) einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Abgabenbehörde 2. Instanz eingebracht, der den Übergang der Zuständigkeit auf die damalige FLDWNB bewirkte.
Mit FLD-Bescheid vom wurde der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht (Devolutionsantrag) als unzulässig zurückgewiesen. Der Spruch lautete:
"Der Antrag des ... auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Devolutionsantrag) gemäß § 311 Abs 2 Bundesabgabenordnung (BAO) vom betreffend die Neufestsetzung der Einkommensteuer 1992 und der Gewerbesteuer 1992 wird zurückgewiesen."
Sowohl das Einkommensteuer- als auch das Gewerbesteuerverfahren 1992 seien durch rechtskräftige Bescheide abgeschlossen, und zwar das Einkommensteuerverfahren mit Berufungsentscheidung vom und der Gewerbesteuerbescheid sei überhaupt unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Eine Unzulässigkeit liege zB bei einer entschiedenen Sache vor.
Dagegen erhob der Dw Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der dieser Folge gab und den FLD-Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob. In seinem Erkenntnis , führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der angefochtene Bescheid wegen des verfehlten Inhalts der in seinem Spruch formulierten Entscheidung nicht Bestand haben könne. Sei ein Anbringen zurückzuweisen und komme die Erstbehörde ihrer diesbezüglichen Entscheidungspflicht nicht nach, so habe die mit Devolutionsantrag angerufene Oberbehörde nicht den Devolutionsantrag, sondern in Stattgebung des Devolutionsantrages den Sachantrag zurückzuweisen. Den Devolutionsantrag habe die belBeh - mit Hinweis auf die "Säumnis" der Behörde erster Instanz in der Begründung als "zulässig" bezeichnet.
In der Folge stellt der VwGH anhand seiner Judikatur Überlegungen an, ob der FLD-Bescheid vom Beschwerdefällen vergleichbar sei, in denen der VwGH auf ein bloßes Vergreifen im Ausdruck der belBeh erkannt hat, was er jedoch schließlich verneint.
Der Dw ist durch eine nunmehr 20 Jahre andauernde Periode von weit überdurchschnittlich intensivem Behördenkontakt bei den Abgabenbehörden auch soweit persönlich bekannt, dass seine Verfahrensschritte voraussehbar werden. Die vom Dw eingereichten Anbringen sind stets unbestimmt und davon gekennzeichnet, sich nicht festzulegen. So hatte der Dw in der gegen den FLD-Bescheid vom erhobenen Beschwerde beispielsweise vorgetragen, die belBeh hätte den Antrag auf Neufestsetzung als Wiederaufnahmsantrag interpretieren müssen, obgleich er gegenüber dem UFS vortrug, seine Neufestsetzungsanträge seien gerade nicht als Wiederaufnahmsanträge anzusehen.
Das fortgesetzte Devolutionsverfahren wurde vom UFS unter der GZ RV/3287-W/09 weitergeführt. Wie aus anderen Verfahren bekannt, hat der Dw in mehreren Fällen Anträge auf Neufestsetzung von Abgaben eingebracht. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist - im Hinblick auf § 115 BAO - die Absicht der Partei zu erforschen (Ritz, BAO4, § 85, Tz 1, mwN).
Der Dw ist daher in einem anderen Verfahren für alle Neufestsetzungsanträge gefragt worden, was er darunter verstehe und auf welche Rechtsgrundlage er diese Anträge stütze. Er gab niederschriftlich an, immer dann einen Antrag auf Neufestsetzung einer Abgabe zu stellen, wenn die Dreimonatsfrist für die Wiederaufnahme auf Antrag abgelaufen sei. Er stütze diesen Antrag gleichermaßen auf die §§ 293, 295 und 299 BAO, die Normen würden hier einander überschneiden.
Der UFS sah in dieser Parteienaussage ein neues Beweismittel, das eine Änderung der rechtserheblichen Sachlage iSd § 63 VwGG bewirke. Konnte die FLDWNB ohne diese Aussage in ihrem Bescheid vom davon ausgehen, über ein zulässiges Anbringen zu entscheiden, quasi ein Antrag auf neuerliche Veranlagung der betreffenden Abgaben in berichtigter Höhe, so erblickte der UFS aufgrund dieser Aussage in dem Neufestsetzungsantrag kein zulässiges Anbringen und keine Säumnis der Behörde I. Instanz mehr.
Zu allen Devolutionsanträgen, die zu Neufestsetzungsanträgen an den UFS herangetragen worden sind, hat der UFS entschieden, dass solche nicht unter eine Norm der Bundesabgabenordnung subsumierbare Anbringen keine Entscheidungspflicht auszulösen vermögen, wodurch sich die Devolutionsanträge als unzulässig erwiesen (zB -W/06).
Diese Entscheidungslinie erschien in casu geboten, weil dem Dw eine besondere Neigung zur Behelligung von Behörden nicht abgesprochen werden kann und auch seine Lebens- und Geschäftspartnerin ihn in seinen Anliegen unterstütze. So haben beide verschieden Anträge erfunden, weil sie mit den gesetzlich vorgesehenen Tatbestände nicht durchdrangen, so zB einen "Antrag auf Ersetzung einer Abgabe" (; RD/0035-W/08) oder ein "Antrag auf Aufhebung, der sich aber nicht explizit auf § 299 BAO stütze" (-W/07).
Durch die Ermittlungshandlung des UFS hat sich der Antrag auf Neufestsetzung einer Einkommen- und Gewerbesteuer als nicht erledigbar erwiesen, sodass der UFS mit Bescheid , wiederum den Devolutionsantrag als unzulässig zurückwies, jedoch aus anderen Gründen.
Der Dw erhob abermals Beschwerde an den VwGH, der mit Erkenntnis , den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob und auf die Bindungswirkung gemäß § 63 VwGG verwies. Das Höchstgericht hat erwogen, dass mit dem Erkenntnis , die erstmalige Zurückweisung des Devolutionsantrages des Bf vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden war, weil die belangte Behörde, wenn sie den Antrag des Beschwerdeführers vom für unzulässig hielt, diesen und nicht den Devolutionsantrag zurückzuweisen gehabt hätte. Diese Aufhebung des damals angefochtenen Zurückweisungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof hätte nicht erfolgen können, wenn ein erledigungsbedürftiger Antrag des Beschwerdeführers gar nicht vorgelegen wäre. Wäre dies der Fall gewesen, so wäre der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung des Devolutionsantrages nicht in Rechten verletzt gewesen.
Das aufhebende Erkenntnis enthält keine Ausführung darüber, ob die rechtliche Beurteilung des Antrages auf Neufestsetzung wegen der neu hervorgekommenen Aussage des Dw als einen nicht erledigbaren Antrag unzutreffend sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
Rechtsgrundlagen:
Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 63 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Auf die weiters in den Bescheiden FLDWNB , AO 670/8-16/2002, und , angeführten Rechtslage wird verwiesen.
rechtliche Beurteilung:
§ 63 Abs. 1 VwGG bindet bei unveränderter Rechts- und Sachlage die Verwaltungsbehörde bei Erlassung des Ersatzbescheides und auch den VwGH im Falle einer neuerlichen Beschwerde. In der Aussage des Dw, wie er seinen Antrag auf Neufestsetzung versteht, ist keine neue Sachlage iSd § 63 Abs. 1 VwGG zu erblicken, denn im Fall einer geänderten Sachlage bestünde die Bindungswirkung im weitergeführten Verfahren für die belBeh nicht (Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Orac, Wien 1987, § 63, 733 bis 737).
Der UFS ist an die Rechtsanschauung des VwGH, dass der Antrag auf Neufestsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer vom ein erledigungsbedürftiger Antrag ist, gebunden.
Die Unzulässigkeit des Antrages auf Neufestsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer 1992 ergibt sich daraus, dass beide Abgabenverfahren formell rechtskräftig abgeschlossen sind und diese Bescheide einer neuerlichen Festsetzung an Einkommen- und Gewerbesteuer 1992 infolge entschiedener Sache entgegenstehen. Nach Eintritt der formellen Rechtskraft ist eine nochmalige Entscheidung nur in den Fällen zulässig, in denen die Bundesabgabenordnung eine Durchbrechung der formellen Rechtskraft zulässt. Ein Antrag, der auf Durchbrechung der formellen Rechtskraft gerichtet ist, muss daher unter eine entsprechende Norm der Bundesabgabenordnung subsumierbar sein. Der im Spruch angeführte Antrag enthält jedoch keine Gründe, die für das Vorliegen solcher Gründe sprechen. Wie der Dw selbst vorträgt, stellt er immer dann einen Antrag auf Neufestsetzung, wenn die Dreimonatsfrist für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag abgelaufen ist. Aufgrund dieser Aussage ist schlüssig anzunehmen, dass der Antrag auf Neufestsetzung nicht als Wiederaufnahmsantrag zu beurteilen ist. Zu weiteren rechtlichen Ausführungen wird auf den Bescheid FLDWNB , AO 670/8-16/2002, verwiesen.
Alternativ ist ein weiterer Unzulässigkeitsgrund darin zu erblicken, dass die abgabenrechtliche Prozessordnung keinen Antrag vorsieht, der - wie der Dw vermeint - sich gleichermaßen auf die §§ 293, 295 und 299 BAO stützt. Wie bereits im vorigen Absatz ausgeführt, ist dieser Antrag jedenfalls nicht als Wiederaufnahmsantrag zu werten. Zu weiteren rechtlichen Ausführungen wird auf den Bescheid , mit der Einschränkung verwiesen, dass die dort angeführten Gründe nunmehr als Unzulässigkeitsgründe des Sachantrages ins Treffen geführt werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 63 Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 63 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at