Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.04.2009, RV/2632-W/08

Pensionistenabsetzbetrag bei in Pension befindlichen Steuerpflichtigen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2006 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.), welche seit Pensionsbezieherin ist, bezog für das Jahr 2006 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit folgende steuerpflichtige Bezüge von zwei bezugsauszahlenden Stellen (Lohnzettelauskunft im Abgabeninformationssystem):


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Bezugsauszahlende Stelle
Bezugszeitraum
Stellung
Pensionsversicherungsanstalt
01.01. bis
ASVG-Pensionistin
Beträge in
EUR
Bruttobezüge
14.767,20
Steuerpflichtige Bezüge
12.031,08
GmbH
01.09. bis
Angestellte - Teilbeschäftigung
Beträge in
EUR
Bruttobezüge
1.548,00
Steuerpflichtige Bezüge
1.327,50

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 wurde bei Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von diesen steuerpflichtigen Bezügen der Pauschbetrag für Werbungskosten mit € 132,00 abgezogen. Bei Berechnung der Einkommensteuer gelangten der Verkehrsabsetzbetrag und der Arbeitnehmerabsetzbetrag zum Abzug. Nach Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer (- € 131,64) von der rechnerischen Einkommensteuer (€ 708,95) ergab sich die festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von € 577,31 (Nachforderung).

Die Bw. brachte Berufung ein und begründete diese wie folgt:

"Seit besteht mein Einkommen im Wesentlichen aus meiner Alterspension. Daneben habe ich einige Monate bei meinem früheren Arbeitgeber als ,Geringfügig Beschäftigte' ausgeholfen.

Auf Grund dieser kurzen Tätigkeit wurden bei der Berechnung der Verkehrsabsetz- und der Arbeitnehmerabsetzbetrag (insgesamt € 345,-) in Abzug gebracht. Der meiner Pension, und auch dem gesamten Einkommen, entsprechende Pensionistenabsetzbetrag ergäbe jedoch € 400,--. Wie Sie aus den Berechnungsunterlagen ersehen, bestreite ich meinen Lebensunterhalt überwiegendst aus der Alterspension. Der Einkommensanteil als Arbeitnehmer war wirklich geringfügig, und ich ersuche daher höflichst, mir bei der Steuervorschreibung den Differenzbetrag von € 55,-- nachzusehen und gutzuschreiben."

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Die Bescheidbegründung lautet:

"Allen lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern steht auf Grund eines bestehenden Dienstverhältnisses ein Arbeitnehmer- und der Verkehrsabsetzbetrag zu. Arbeitnehmer- und Verkehrsabsetzbetrag schließen den Pensionistenabsetzbetrag aus. Bei Durchführung der Veranlagung steht vorrangig der Arbeitnehmer- u. Verkehrsabsetzbetrag zu. Dies gilt auch bei gleichzeitigen Aktiv- und Pensionsbezügen. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen."

Daraufhin stellte die Bw. den Vorlageantrag und begründete diesen wie folgt:

"Die in der Berufungsvorentscheidung angeführte Begründung entspricht gewiss den gesetzlichen Vorgaben, doch ist hier offensichtlich eine wesentliche Benachteiligung der Pensionisten mit geringen Bezügen entstanden. Gerade dieser Personenkreis muss versuchen, durch weitere kleine Arbeiten seine finanzielle Situation ein wenig zu verbessern. In meinem Fall betrug 2006 die Brutto-Jahres-Pension € 12.031,08 und der Zuverdienst lediglich brutto € 1.327,50, also rund 11 %. Dieser wurde korrekt mit 38 % Steuer belastet.

Zusätzlich wurden jedoch netto rd. € 55,-- bedingt durch die Überschneidung - Pensionisten-Absetzbetrag muss entfallen und Arbeitnehmer-Freibetrag wird angewendet - angerechnet. Der Gesetzgeber ist in jüngster Zeit bemüht, die Pensionen moderat anzupassen, und so kann ich mir nicht vorstellen, dass so eine Benachteiligung bewusst herbeigeführt wurde und gewünscht ist, denn damit wären Pensionserhöhungen großteils wieder aufgehoben."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 5 EStG 1988 stehen bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis folgende Absetzbeträge zu: 1. Ein Verkehrsabsetzbetrag von 291 Euro jährlich. 2. Ein Arbeitnehmerabsetzbetrag von 54 Euro jährlich, wenn die Einkünfte dem Lohnsteuerabzug unterliegen.

...

§ 33 Abs. 6 EStG 1988 lautet: Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu, hat er Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag bis zu 400 Euro jährlich, wenn er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5 bezieht. Bei Einkünften, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Der Pensionistenabsetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von 17.000 Euro und 25.000 Euro auf Null.

Der Pensionistenabsetzbetrag steht jenen Arbeitnehmern zu, die a) Bezüge oder Vorteile für frühere Dienstverhältnisse vom früheren Arbeitgeber, oder b) Bezüge oder Vorteile von betrieblichen Pensions- oder Unterstützungskassen, oder c) Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung und gleichartige Bezüge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, oder d) Ruhe(Versorgungs)Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 4, oder e) Bezüge aus Pensionskassen beziehen. Bei der Veranlagung steht er jedoch dann nicht zu, wenn auf Grund eines aktiven Dienstverhältnisses der Verkehrsabsetzbetrag und der Arbeitnehmerabsetzbetrag gewährt worden ist.

Verkehrsabsetzbetrag und Arbeitnehmerabsetzbetrag schließen den Pensionistenabsetzbetrag aus. Deshalb steht der Pensionistenabsetzbetrag nicht zu, wenn der Steuerpflichtige auch nur vorübergehend als Dienstnehmer beschäftigt war (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Tz. 59 zu § 33).

Der Verkehrsabsetzbetrag und der Arbeitnehmerabsetzbetrag stehen selbst dann in voller Höhe zu. wenn der Arbeitnehmer nur während eines Teils des Jahres beschäftigt war (vgl. Doralt, aaO, Tz. 54 und 58 § 33).

Im gegenständlichen Fall liegt folgende Besonderheit vor: Die Bw. bezog im Jahr 2006 neben einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung - sie ist seit Pensionsbezieherin - als so genannte geringfügig Beschäftigte auch einen geringfügigen Aktivbezug für eine Teilbeschäftigung bei ihrem Arbeitgeber, bei dem sie bis vollbeschäftigte Angestellte war. Auf Grund der Geringfügigkeit dieser letztgenannten Bezüge kam es seitens des Arbeitgebers zu keinem Lohnsteuerabzug und wurden demgemäß seitens des Arbeitgebers auch kein Verkehrs- und Arbeitnehmerabsetzbetrag abgezogen.

Zur Entwicklung der in Rede stehenden drei Absetzbeträge - des Verkehrsabsetzbetrages und des Arbeitnehmerabsetzbetrages (bzw. des Grenzgängerabsetzbetrages) einerseits und des Pensionistenabsetzbetrages andererseits ist auf Folgendes zu verweisen:

1.

Doralt führt im EStG-Kommentar unter Tz. 59 zu § 33 aus: Der Pensionistenabsetzbetrag beträgt 400 € jährlich. Er entspricht daher dem Verkehrsabsetzbetrag (291 €) zuzüglich Arbeitnehmer- bzw. Grenzgängerabsetzbetrag (54 €) und der erstatteten Lohnsteuer für Beiträge zur Pensionsvorsorge gemäß § 108a (rd. 54 €), vgl. Tz. 57). Tz. 57: Der Arbeitnehmer- und der Grenzgängerabsetzbetrag wurden mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 von 1.500 S (109,01 €) auf 750 S (54.50 €) reduziert. Im Gegenzug erhöhte sich die pauschale Erstattung der Lohnsteuer für Beiträge zur privaten Altersversorgung gem. § 108a. Damit tritt für Arbeitnehmer keine Änderung ein, wenn sie von der Altersvorsorge gem. § 108a Gebrauch machen (EB zum BudgetbegleitG 2001). Die Erhöhung des Prozentsatzes in § 108a Abs. 1 um 5,5% bezogen auf den Höchstbetrag der jährlichen Beiträge von 1000 € (Abs. 2) soll die Verminderung des Absetzbetrages um 54,50 € kompensieren.

Die Bestimmung des § 108a EStG 1988 in der für das Jahr 2000 geltenden Fassung lautete: Abs. 1: Leistet ein unbeschränkt Steuerpflichtiger (§ 1 Abs. 2) Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b Abs. 1), zu einer Pensionskasse oder für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) oder erwirbt er Anteilscheine an einem prämienbegünstigten Investmentfonds (§ 108b Abs. 2), wird ihm auf Antrag Einkommensteuer (Lohnsteuer) erstattet. Von der Erstattung ausgenommen sind Einmalprämien im Sinne des § 108b Abs. 2. Die Erstattung erfolgt mit einem Pauschbetrag, der sich nach einem Prozentsatz der im jeweiligen Kalenderjahr geleisteten Prämie bemisst. Der Prozentsatz entspricht dem nach § 108 Abs. 1 ermittelten Satz. Abs. 2: Die Einkommensteuer (Lohnsteuer) darf dem Steuerpflichtigen jährlich insgesamt nur für Leistungen von Beiträgen bis zu 1.000 Euro ... erstattet werden.

Diese beiden Absätze der Bestimmung wurden durch das BudgetbegleitG 2001, BGBl. I 2000/142, betreffend Abs. 1, letzter Satz, wie folgt ergänzt: Der Prozentsatz beträgt 5,5% zuzüglich des nach § 108 Abs. 1 ermittelten Prozentsatzes.

2.

Mit dem HWG 2002 wurde der Geltungsbereich der Abs.1 bis 4 begrenzt. ... Damit ist § 108a Ende 2003 ausgelaufen, ... . Als Ersatz wurde die ,Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge' in § 108g und ,Einrichtungen der Zukunftsvorsorge' in § 108h geschaffen (Wiesner u.a., EStG, Anm. 3 zu § 108a).

§ 108g Abs. 1 bestimmt: Leistet ein unbeschränkt Steuerpflichtiger (§ 1 Abs. 2) Beiträge zu einer Zukunftsvorsorgeeinrichtung, wird ihm unter den nachstehenden Voraussetzungen auf Antrag Einkommensteuer (Lohnsteuer) erstattet: 1. Der Steuerpflichtige bezieht keine gesetzliche Alterspension.

Im Sinne dieser Ausführungen ist dem Umstand, dass sich die Bw. bereits am ersten Tag des Veranlagungszeitraumes in Pension befunden hat, entscheidungswesentliche Bedeutung beizumessen. In Wahrheit war die Bw. während des gesamten (berufungsgegenständlichen) Jahres 2006 Pensionistin. Handelte es sich bei der Bw. somit tatsächlich am Beginn des Veranlagungszeitraumes um eine Pensionistin, so kam die Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge (wie die oben angeführten Lohnsteuererstattungen für Beiträge zur Pensionsvorsorge) nicht in Betracht. Darüber hinaus sei festgehalten, dass der Arbeitnehmerabsetzbetrag die Nachteile ausgleichen soll, die sich für Arbeitnehmer aus der besonderen Erhebungsform der Lohnsteuer gegenüber der veranlagten Einkommensteuer ergeben (Zinsennachteil durch zeitnahe Entrichtung der Steuer) (vgl. Doralt, aaO, Tz. 57 zu § 33). Bei der Bw. kam dies nicht zum Tragen, weil es, wie bereits ausgeführt, zu einem Lohnsteuerabzug gar nicht gekommen ist.

Waren nun Einkünfte, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen, gegeben, steht, wie aus den obigen Rechtsausführungen ersichtlich, der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 EStG 1988 nicht zu.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at