Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0062 eingebracht.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch D-GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO entschieden:
Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 546.566,00 anstatt € 1,418.685,85 eingeschränkt wird.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Berufungswerber (Bw) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der N-GmbH im Ausmaß von € 1,418.685,85 in Anspruch.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Bw aus, dass der berufungsgegenständliche Haftungsbescheid vollumfänglich angefochten und die ersatzlose Aufhebung beantragt werde.
Der Bw sei vom bis alleiniger selbstständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der N-GmbH und von bis gemeinsam mit MK jeweils selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer derN-GmbH gewesen. Am sei der Bw als Geschäftsführer abberufen und Herr NT zum Geschäftsführer bestellt worden.
Vom bis sei der Bw auch alleiniger Gesellschafter gewesen. Am habe der Bw 71% der Anteile an Herrn MK veräußert, sodass er zwischen und nur noch 29% der Anteile an der N-GmbH gehalten habe.
Die Geschäfte der N-GmbH seien weder vom Bw noch von Herrn MK geführt worden. Vielmehr sei Herr NT ab August 2002 faktischer Geschäftsführer der N-GmbH gewesen. Dies sei auch dem Bericht vom über das Ergebnis der Buch-und Betriebsprüfung mit Beginn am bei der N-GmbH klar zu entnehmen. Herr NT sei demnach für Auftraggeber der N-GmbH ab August 2002 als Ansprechpartner und Verhandlungspartner aufgetreten. Für den Bw sei zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht erkennbar gewesen, dass ihm die Kontrolle über die Gesellschaft faktisch entzogen gewesen sei.
Die Haftung des Geschäftsführers nach § 9 BAO sei eine Ausfallshaftung. Gehaftet werde nur für jene Abgaben, die bei der vertretenen GmbH nicht eingebracht werden könnten und bei denen die Uneinbringlichkeit bei der vertretenen GmbH auf eine schuldhafte Verletzung des Vertreters zurückzuführen sei.
Abgabenrechtliche Pflichten des Geschäftsführers seien die Führung von Büchern, die rechtzeitige Abgabe einer vollständigen und richtigen Steuererklärung und die rechtzeitige Entrichtung von fälligen Abgaben. Eine Verletzung dieser abgabenrechtlichen Pflichten durch den Bw liege nicht vor und wäre überdies auch nicht schuldhaft.
Nach einhelliger Lehre und ständiger Rechtsprechung, komme es zu keinen Haftungsfolgen für den Geschäftsführer einer GmbH, wenn er an der Erfüllung seiner Pflichten gehindert werde und diese Behinderung entweder sofort im Rechtsweg abzustellen suche oder seine Funktion niederlege und als Geschäftsführer ausscheide.
Faktum sei, dass Herr NT schon vor der Zeit, in der er im Firmenbuch als Geschäftsführer der N-GmbH eingetragen gewesen sei, faktisch als Geschäftsführer aufgetreten sei. Dies sei jedoch für den Bw keineswegs von Anfang an erkennbar gewesen.
Es habe zwischen dem Bw und Herrn NT die Vereinbarung bestanden, dass jeder im Innenverhältnis eigenverantwortlich einen bestimmten Aufgabenbereich in der Gesellschaft übernehme. Die Gesellschaft sei de facto in zwei Sparten geteilt worden. Einerseits die Sparte "Bauaufsicht", die der Bw selbst geleitet habe und andererseits die Sparte "Bau", die Herr NT übernommen habe.
Für den Bw habe 2002 auch kein Anlass bestanden, daran zu zweifeln, dass Herr NT die Sparte "Bau" ordnungsgemäß geführt habe, seien dem Bw doch immer wieder im Rahmen von Terminen zur Unterzeichnung von Verträgen mit Subunternehmen bestehende Firmen und Personen vorgestellt worden. Auf den (teilweise großen) Baustellen seien vom Bw auch Baufortschritte feststellbar gewesen.
Dass der Bw eigentlich an der Geschäftsführung durch Herrn NT gehindert worden sei, sei dem Bw erst im Zuge der notwendigen Jahresabschlussarbeiten für das Jahr 2002 erkennbar geworden. Dem Bw sei erst zu diesem Zeitpunkt klar geworden, dass Herr NT die Sparte "Bau" in einer Weise geführt habe, die für ihn nicht mehr zu überblicken gewesen sei, und dass letztlich die Gesellschaft nicht mehr unter Kontrolle des Bw gewesen sei.
Der Jahresabschluss sei ohne Einbeziehung des Bw erstellt worden und auch die Körperschaftsteuererklärung 2002 sei ohne Kenntnis des Bw am beim zuständigen Finanzamt eingebracht worden. Dies werde auch von der mit der steuerlichen Vertretung der N-GmbH beauftragten P-GmbH in einem E-Mail glaubhaft bestätigt. Dass die Steuererklärungen für 2002 am , ohne Wissen des Bw hinter dessen Rücken eingebracht worden seien, könne dem Bw nicht als schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden.
Der Bw sei davon ausgegangen, dass dieN-GmbH, die durch einen Wirtschaftstreuhänder vertreten gewesen sei, im Rahmen der Quotenregelung ihre Steuererklärung für 2002 bis Ende März 2004 fristwahrend einbringen könne. Es sei dem Bw daher auch nicht als schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten, dass er bis zum noch keine Handlungen zur Erstellung der Steuererklärung 2002 gesetzt habe.
Als der Bw im Spätsommer 2003 für die Vorbereitung der Steuererklärung 2002 habe sorgen wollen, habe er feststellen müssen, dass diese bereits eingebracht gewesen sei.
Im Hinblick auf die Verpflichtung zur Richtigstellung von Steuererklärungen nach § 139 BAO habe der Bw versucht, dann die notwendigen Informationen von Herrn NT zu erhalten. Diese Informationen seien dem Bw jedoch nicht zugänglich gemacht worden.
Nach mehreren Versuchen diese Informationen zu erhalten und dem daraus entstandenen Konflikt zwischen dem Bw und Herrn NT sei dieser dem Rücktritt des Bw als Geschäftsführer zuvorgekommen und der Bw abberufen worden.
Der Bw habe keine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt und sei rechtzeitig bei Erkennen seiner Behinderung durch den faktischen Geschäftsführer aus seiner Positionen des Geschäftsführers ausgeschieden.
Reichten die vorhandenen liquiden Mittel nicht aus, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen, liege in der Nichtbezahlung von Abgabenschulden solange keine Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers, als alle Gläubiger gleich behandelt würden (Gleichbehandlungsgrundsatz), die Finanzverwaltung also nicht weniger erhalte, als ihr bei quotenmäßiger Befriedigung aller Gläubiger zustünde. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und hafte der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit die Abgabengläubiger benachteiligt habe, so erstrecke sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen habe ().
Die Bilanz habe bereits zum ohne Berücksichtigung einer Körperschaftsteuerlast von € 1,310.042,81 ein negatives working capital (kurzfristige Forderungen zuzüglich liquider Mittel abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten) ausgewiesen. Unter Berücksichtigung der Körperschaftsteuerlast von € 1,310.042,81 seien zum kurzfristige Verbindlichkeiten von € 2,164.222,60 kurzfristigen Forderungen und liquiden Mitteln von nur € 831.671,97 gegenüber gestanden. Damit wäre eine Befriedigung der festgesetzten Körperschaftssteuer nur in Höhe von 38,42% möglich gewesen. Der Bw könne also dem Grunde nach lediglich für Körperschaftsteuer in Höhe von € 503.318,44 haften.
Dem Bw sei bewusst, dass nach ständiger Rechtsprechung § 9 BAO so ausgelegt werde, dass der Bw Verschuldensentkräftungen glaubhaft zu machen habe. Der Bw gehe davon aus, dass dies mit den oben stehenden Ausführungen zweifelsfrei gelungen sei, mache aber darauf aufmerksam, dass in einer verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmung im konkreten Fall entsprechende Ermittlungsschritte der Behörde geboten seien, da der Bw keinen Zugriff auf die Buchführungsunterlagen mehr habe (er sei seit fast 6 Jahren weder Gesellschafter noch Geschäftsführer).
Der Körperschaftsteueranspruch für das Jahr 2002 sei verjährt. Gemäß § 224 BAO sei die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruchs anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides nach Eintritt der Verjährung des Rechts zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO betrage die Verjährungsfrist zur Festsetzung der Abgabe fünf Jahre. Die Frist beginne nach Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei (§ 208 Abs. 1 BAO). Der Körperschaftsteueranspruch für 2002 sei am entstanden und somit am verjährt. Der Haftungsbescheid sei aber erst am erlassen worden. Der Körperschaftsteueranspruch für 2002 sei somit im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bereits verjährt gewesen.
Der Kapitalertragsteueranspruch entstehe eine Woche nach Zufließen der Kapitalerträge. Den genauen Zuflusszeitpunkt habe die Behörde jedoch unterlassen zu ermitteln und sei der Bescheid insofern unzureichend begründet und damit mangelhaft.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.
In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Bw ergänzend vor, dass der Haftungsbescheid vom auch insofern rechtswidrig sei, als die zur Haftung vorgeschriebenen Beträge von € 546.566,00 (KeSt 2002) und € 872.119,85 (KöSt 2002) nicht mit den auf entsprechenden Antrag übermittelten, dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Bescheiden übereinstimmten.
Auch wenn die in den dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Bescheiden genannten Summen höher seien, seien der Haftungsbescheid sowie die Berufungsvorentscheidung mangels ausreichender Begründung rechtswidrig. Dem Bw sei die Möglichkeit genommen, die von der Behörde herangezogene Anspruchsgrundlage nachzuvollziehen und entsprechend replizieren zu können.
Das Finanzamt setze sich mit dem Vorbringen des Bw nicht auseinander, sondern benütze Textbausteine in der Berufungsvorentscheidung, die am Vorbringen des Bw völlig vorbeigingen. Die Behörde gehe in keiner Weise darauf ein, dass das Vorbringen des Bw im Wesentlichen gewesen sei, dass er umgehend, als ihm die (faktische) Behinderung seiner Geschäftsführungsbefugnis erkennbar geworden sei, die Konsequenz daraus gezogen habe und nicht mehr Geschäftsführer der N-GmbH geblieben sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Unbestritten ist, dass dem Bw als alleinigem selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis und von bis neben einem weiteren ebenfalls selbstständig vertretungsbefugten Geschäftsführer (MK) die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Dass eine Vereinbarung getroffen worden wäre, wonach der andere Geschäftsführer (MK) und nicht der Bw mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut gewesen wäre, wurde vom Bw nicht behauptet und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Vielmehr wurde vom Bw vorgebracht, dass die Geschäfte der N-GmbH weder vom Bw noch von MK geführt worden seien, sondern NT ab August 2002 faktischer Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei. Es habe zwischen dem Bw und NT die Vereinbarung bestanden, dass jeder im Innenverhältnis eigenverantwortlich einen bestimmten Aufgabenbereich in der Gesellschaft übernehme. Die Gesellschaft sei de facto in zwei Sparten geteilt worden. Einerseits die Sparte "Bauaufsicht", die der Bw selbst geleitet habe, und andererseits die Sparte "Bau", die NT übernommen habe.
Diesem Vorbringen ist vorerst entgegenzuhalten, dass NT laut Firmenbuch erst seit und somit ab Löschung der Funktion des Bw als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Dem Vorbringen hinsichtlich des Abschlusses einer Vereinbarung, wonach jeder im Innenverhältnis eigenverantwortlich einen bestimmten Aufgabenbereich in der Gesellschaft übernommen habe, kann somit schon mangels zeitgleicher Geschäftsführungsfunktion nicht gefolgt werden.
Auch wurde der Bw laut Beilage zum Haftungsbescheid im Rahmen der Ermessensübung offensichtlich in Hinblick auf seine alleinige Geschäftsführungsfunktion bis - trotz Geschäftsführungsfunktion im gesamten Jahr - für Abgaben des Jahres 2002 lediglich im Ausmaß von 8 Zwölftel der mit Bescheiden vom festgesetzten Beträge in Anspruch genommen, sodass der Einwand, dass NT ab August 2002 faktischer Geschäftsführer gewesen sei, schon wegen der ohnehin durchgeführten aliquoten Kürzung auf den Zeitraum der alleinigen Geschäftsführung des Bw nicht zielführend ist.
Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht auf Grund der Aufhebung des Konkurses nach Schlussverteilung mit Beschluss des Gs vom 4/8 fest.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.
Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (Tz. 51) laut Bericht über das Ergebnis der Buch- und Betriebsprüfung bei der N-GmbH vom , auf deren Ausführungen verwiesen wird, stellen die unter Tz. 46 angeführten Beträge der Kapitalertragsteuer unterliegende verdeckte Gewinnausschüttungen dar, wobei die daraus resultierende Kapitalertragsteuer mit Bescheiden vom festgesetzt wurde. Auf die Fälligstellung der Kapitalertragsteuer durch diese Bescheide (laut Kontoabfrage) mit (somit nach Eröffnung des Konkursverfahrens) kommt es nicht an, weil die in Rede stehende Kapitalertragsteuer für 2002 als Selbstbemessungsabgabe von der N-GmbH gemäß § 96 EStG 1988 nicht erst im Jahr 2005 einzubehalten und abzuführen gewesen wäre (vgl. ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () muss für das Haftungsverfahren von der Rechtsrichtigkeit der Vorschreibung der haftungsgegenständlichen Kapitalertragsteuer ebenso prüfungslos ausgegangen werden, wie von der Rechtsrichtigkeit der ihrem Entstehen zugrunde gelegten verdeckten Gewinnausschüttung.
Hinsichtlich der dadurch bewirkten Kapitalertragsteuer kann deren Nichtabführung grundsätzlich nicht damit entschuldigt werden, dass die Geldmittel zu deren Entrichtung nicht ausgereicht hätten, da bei der Kapitalertragsteuer der Schuldner der kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge nur eine vom Empfänger der Kapitalerträge geschuldete Steuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG einzubehalten und gemäß § 96 Abs. 1 EStG - binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge (Fälligkeit) - dem Betriebsfinanzamt abzuführen hat, sodass bei der Kapitalertragsteuer genauso wie auch bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen kommt. Wenn daher der Geschäftsführer die Kapitalertragsteuer trotz Ausschüttung von Gewinnanteilen nicht an das Betriebsfinanzamt entrichtet, liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , 91/13/0037, 0038) eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO vor.
Der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten zur Abstattung der Abgaben nachkam und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () somit maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend.
Die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2002 erfolgte laut Aktenlage mit Bescheid vom , wobei die Nachforderung an Körperschaftsteuer 2002 in Höhe von € 1,308.179,77 am fällig wurde.
Da der Bw zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft war und über deren Vermögen zudem bereits mit Beschluss des Gs vom 2/4 das Konkursverfahren eröffnet wurde, erweist sich die Inanspruchnahme des Bw als Haftungspflichtiger für die Einkommensteuer 2002 im Ausmaß von € 872.119,85 als rechtswidrig.
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw für die laut Kontoabfrage vom nach wie vor unberichtigt aushaftende Abgabenschuldigkeit der N-GmbH im Ausmaß von € 546.566,00 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Geschäftsführer schuldhafte Pflichtverletzung Uneinbringlichkeit Kapitalertragsteuer |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at