Gebührenpflicht eines Ansuchens um Ausstellung eines Befähigungsnachweises nach §19 Gewerbeordnung.
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Miterledigte GZ: |
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RV/0511-W/07 |
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/0510-W/07-RS1 | Ein Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung zur Ausübung eines Gewerbes unterliegt der Gebühr, auch wenn der Gewerbeschein letztendlich nicht benötigt wird. |
RV/0510-W/07-RS2 | Der Gebührenpflicht unterliegen auch Beilagen, die im Zusammenhang mit einer gebührenpflichtigen Eingabe nachgereicht werden. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der J, gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom , xxx, betreffend Gebühren und Erhöhung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Formblatt vom , beim Magistrat der Stadt X, Magistratsabteilung Y, eingelangt am stellte die Berufungswerberin (Bw) den "Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung des Gewerbes
1) Kosmetik eingeschränkt auf Permanent Make-Up
2) Visagistin und Make Up Artist".
Im Zuge der Bearbeitung wurden 15 Beilagen beigebracht.
Am wurde von der Magistratsabteilung Y zur Zahl zzzz der gewünschte Bescheid, betreffend "die individuelle Befähigung für das Gewerbe Kosmetik (Schönheitspflege) eingeschränkt auf Visagist", ausgestellt.
Auf Grund des Befundes des Magistrates der Stadt X vom , setzte das Finanzamt A mit Bescheid vom hinsichtlich der Eingabe vom sowie der 15 Beilagen die Eingabengebühr gemäß §14 TP6 Abs.1 Gebührengesetz 1957 (GebG) und die Beilagengebühr gemäß §14 TP5 Abs.1 GebG für die fehlenden Gebührenbeträge fest. Gleichzeitig erging ein Bescheid über eine Gebührenerhöhung gemäß §9 Abs.1 GebG im Ausmaß von 50% der nicht vorschriftsmäßig entrichteten Gebühr in Höhe von 78,80 Euro, d.s. 39,40 Euro. 1,20 Euro an Gebühren waren entrichtet worden.
Mit Schreiben vom , zur Post gegeben am , erhob die Bw Berufung.
Die Bw wendet ein, sie habe seinerzeit bei der MA Y einen Antrag auf Ausstellung eines Gewerbescheines zur Ausübung als Visagistin und ebenso für Permanent Make-Up gestellt, um sich selbständig machen zu können. Sie sei damals arbeitslos gemeldet gewesen und habe damit ein Einzelunternehmen gründen wollen. Von Seiten der MA Y habe man jedoch den Gewerbeschein für Permanent Make-Up nicht ausgestellt, womit für die Bw dieses Vorhaben hinfällig gewesen sei und sie auch den Gewerbeschein für Visagismus nicht mehr benötigt habe. Weiters habe sie bis dato keine Rechnung des Magistrates erhalten, geschweige denn einen Gewerbeschein. Die Bw ersuchte daher um Aufhebung der Gebühr und teilte weiters mit, dass ein Antrag für zwei Gewerbescheine für Arbeitslose kostenlos gewesen sei.
Im Zuge der Ermittlungen durch das Finanzamt A teilte die MA Y mit Schreiben vom mit, dass der Bescheid am persönlich mit Rechtsmittelverzicht übernommen worden und die Gebühr daher zu entrichten sei. Das Finanzamt A ließ die Berufung als rechtzeitig gelten und wies diese nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren mit der Begründung, die in der Berufung angeführten Umstände (Gewerbeschein nicht benötigt) könnten nichts an der bereits entstandenen Gebührenschuld ändern, eine gesetzliche Grundlage für eine Befreiung von der Gebühr für einen Antrag auf zwei Gewerbescheine für Arbeitslose, wie in der Berufung angeführt, sei im Gebührengesetz nicht gegeben, mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.
Fristgerecht wurde der Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.
Die Bw bringt vor, es sei ihr unverständlich, wieso es keine gesetzliche Grundlage für die Befreiung von Gebühren für einen Antrag auf zwei Gewerbescheine für Arbeitslose gebe, da ihr dies sowohl vom W Wien als auch von der WK mitgeteilt worden sei. Außerdem hätte sie der Magistrat darauf hinweisen können, da es für die Bw nur sinnvoll gewesen wäre ein Einzelunternehmen zu gründen, wenn sei beide Gewerbescheine erhalten hätte. Dies sei ihr damit nicht möglich gewesen. Außerdem habe sie bis heute den Gewerbeschein für Visagismus nicht erhalten und hätte sie diesen auch wieder zurückgelegt, da er für sie sinnlos gewesen wäre.
Über die Berufung wurde erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Gewerbeakt.
Gemäß §14 TP6 Abs.1 Gebührengesetz 1957 idF BGBl. I Nr. 72/2004 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von 13 Euro.
Eine Eingabe im Sinne des §14 TP6 Abs.1 GebG 1957 ist nach der oben wiedergegebenen Begriffsbestimmung des Gesetzes somit ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson zur amtlichen Kenntnis gebracht oder im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung der Behörde innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises veranlasst werden soll ().
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein privates Interesse dann anzunehmen ist, wenn der Einschreiter bei Erfüllung des gestellten Begehrens irgendeinen ideellen oder materiellen Vorteil erreicht oder zu erreichen hofft ().
Gemäß §94 Z 42 der Gewerbeordnung 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002 (GewO) ist Kosmetik (Schönheitspflege) ein sog. "reglementiertes Gewerbe".
Gemäß §18 Abs.1 GewO idF BGBl. I Nr. 111/2002 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im §94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im §94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind.
Kann der nach §18 Abs.1 GewO vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde gemäß §19 GewO unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß §18 Abs.4 leg. cit. das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt.
Dies ist mit Bescheid des Magistrates der Stadt X , Magistratsabteilung Y , vom geschehen, worin gemäß §19 GewO 1994 festgestellt wird, dass die Bw "die individuelle Befähigung für das Gewerbe: Kosmetik (Schönheitspflege) eingeschränkt auf Visagist", besitzt.
Damit sind die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe geschaffen, wenn dieser Bescheid auch noch nicht zur Ausübung des Gewerbes berechtigt. Hiezu bedarf es, laut vorzitiertem Bescheid noch der rechtswirksamen Begründung der Gewerbeberechtigung bei der für den Standort zuständigen Behörde.
Daraus ergibt sich, dass der Antrag der Bw erfolgte, um ein Tätigwerden der Behörde (nämlich die Feststellung der individuellen Befähigung gemäß §19 GewO) zu veranlassen.
Gemäß §14 TP5 Abs.1 GebG idF BGBl. I Nr. 72/2004 beträgt die Gebühr für Beilagen, das sind Schriften und Druckwerke aller Art, wenn sie einer gebührenpflichtigen Eingabe (einem Protokolle) beigelegt werden, von jedem Bogen einer festen Gebühr von 3,60 Euro, jedoch nicht mehr als 21,80 Euro je Beilage. Der Gebührenpflicht unterliegen auch Beilagen, die im Zusammenhang mit einer gebührenpflichtigen Eingabe nachgereicht werden ().
Gemäß §11 Abs.1 Z1GebG idF BGBl. I Nr. 144/2001 entsteht die Gebührenschuld bei Eingaben und Beilagen in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren in einer Instanz schriftlich ergehende abschließende Erledigung über die in der Eingabe enthaltenen Anbringen zugestellt wird.
Wie bereits ausgeführt wurde der Bescheid über den Befähigungsnachweis vom am persönlich übernommen, womit die Gebührenschuld entstanden ist.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß §9 Abs.1 GebG 1957 idF BGBl. I Nr. 144/2001 zwingend eine Erhöhung von 50% der verkürzten Gebühr zu erheben, unabhängig davon, ob die Nichtentrichtung auf ein Verschulden des Abgabepflichtigen zurückzuführen ist oder nicht (). Ermessen besteht hie bei keines.
Hinsichtlich einer allfälligen Befreiung von den Stempelgebühren ist zu sagen, dass ein Nachweis gemäß §4 Neugründungs-Förderungsgesetz nicht erbracht und wurde.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Befähigung zur Ausübung eines Gewerbes Eingabe Gebührenpflicht Befreiung Gewerbeberechtigung |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2007, 248 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at