Aufhebung unter Zurückverweisung gem. § 289 Abs. 1 BAO (Fachliteratur, Arbeitsmittel, Reisekosten und Fortbildung einer Lehrerin)
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Robert Oelinger, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 entschieden:
Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Begründung
Die Berufungswerberin (Bw.) erzielte in den Streitjahren als Lehrerin an der HTL Bau und Kunst in A und als Lehrbeauftragte an der Universität A Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben war sie im Rahmen eines zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führenden freien Dienstvertrages für das WIFI A tätig. Mit den am und (elektronisch) eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 machte sie Ausgaben für Arbeitsmittel (KZ 719; 683,01 € bzw. 736,64 €), Fachliteratur (KZ 720; 718,28 € bzw. 1.162,87 €), Reisekosten (KZ 721; 149,56 € bzw. 174,76 €) und Aus-/Fortbildungskosten (KZ 722; 42,87 € bzw. 82,40 €) als Werbungskosten geltend. Mit Erstbescheiden vom und wurde die Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 vom Finanzamt erklärungsgemäß festgesetzt.
Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle für die Jahre 2006 und 2007 wurde die Bw. mit Schreiben vom (für das Jahr 2007) und (für das Jahr 2006) ersucht, Aufstellungen über die geltend gemachten Werbungskosten vorzulegen und diese belegmäßig nachzuweisen. Weiters sollte sie darlegen, in welchem Zusammenhang diese Kosten mit ihrem Beruf (Unterrichtsfächern) stünden. Daraufhin reichte die Bw. am (für das Jahr 2007) und (für das Jahr 2006) Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen ein, aus denen ihre gesamten Einnahmen und Ausgaben ersichtlich sind. Die angefallenen Ausgaben wurden anhand von Rechnungen und Zahlungsbelegen nachgewiesen und dem Einnahmenschlüssel entsprechend als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben den Einkünften aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit zugeordnet.
Ergänzend führte die Bw. aus, dass sie die Ausgaben getätigt habe, um ihre verschiedenen Unterrichtstätigkeiten zu gewährleisten. An der HTL Bau und Kunst (konkret an der Fachschule für Malerei, der Fachschule für Bildhauerei und der Höheren Abteilung für Grafik und Kommunikationsdesign) habe sie folgende Unterrichtsfächer gelehrt:
• Stilkunde: Dieses Unterrichtsfach erfasse die Kunstgeschichte von der Frühzeit bis zur zeitgenössischen Kunst. Dabei werde nicht ausschließlich nach Kunstepochen in chronologischer Reihenfolge, sondern oftmals zu thematischen Fragestellungen gearbeitet, was zu einer Verknüpfung der unterschiedlichsten Epochen bzw. Kunstrichtungen führe. Ausstellungen in A und Umgebung würden zum Anlass genommen werden, um aktuelle Themen bzw. Positionen zeitgenössischer Kunst zu erörtern.
• Design und Kommunikation: In diesem Unterrichtsfach gehe es darum, wie Bilder und visuelles Design (Fotos, Werbungen, Layout-Gestaltung, Schilder, Zeichen) durch ihre Gestaltung, aber auch inhaltlich kommunizieren. Großen Anteil an diesem Unterrichtsfach hätten die Semiotik (Lehre von den Zeichen), Psychologie, Körpersprache und kommunikationstheoretische Themen.
• Technologie und Phänomenologie: In diesem Unterrichtsfach werde der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Techniken (Zeichentechniken, Malstile, Schriften) und ihren unterschiedlichen Wirkungsweisen auf die menschliche Wahrnehmung gelehrt (zB Farbenlehren, Verwendung der verschiedenen Schriften, Gestaltgesetze).
Im Rahmen des Lehrauftrages an der Universität A sei die Bw. am Institut für Kunstgeschichte tätig gewesen und dabei mit der Lehrveranstaltung "Designtheorie - Designtheorien" beauftragt worden. Schließlich habe sie am WIFI A im Rahmen eines freien Dienstvertrages an der Werbedesignakademie unterrichtet. Im Kunstgeschichteunterricht an der Werbedesignakademie seien vor allem aktuelle Themen und zeitgenössische Kunst behandelt worden, einen wichtigen Anteil stellten die angebotenen Ausstellungen in A dar; eine Auseinandersetzung mit Originalen sei aufgrund der Unmittelbarkeit dem theoretischen Unterricht im Klassenzimmer vorzuziehen.
Die Bw. legte den Vorhaltsbeantwortungen vom und auch Aufstellungen der angefallenen Ausgaben bei, wobei die Ausgaben in die Bereiche "Arbeitsmaterialien", "Fachliteratur", "Reisekosten" und "Fortbildung" untergliedert wurden. Die Ausgaben wurden in chronologischer Reihenfolge mit Angabe der Belegnummer und des Zahlungsbetrages dargestellt. Von der Bw. wurde zu jeder Ausgabe auch festgehalten, worum es sich konkret gehandelt habe, durch welche Unterrichtstätigkeit sie verursacht worden sei, und inwieweit sie in die jeweilige Unterrichtstätigkeit Eingang gefunden habe (Verwendungszweck). Solcherart machte sie in den Jahren 2006 und 2007 im Bereich "Arbeitsmaterialien" 40 bzw. 64, im Bereich "Fachliteratur" 36 bzw. 70, im Bereich "Reisekosten" 2 bzw. 7 und im Bereich "Fortbildung" 4 bzw. 7 Ausgabenpositionen geltend.
Am erließ das Finanzamt - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO von Amts wegen (für das Jahr 2006) bzw. nach Aufhebung des Erstbescheides gemäß § 299 Abs. 1 BAO (für das Jahr 2007) - neue Sachbescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007. Dabei wurden die lt. vorgelegten Aufstellungen als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben für Arbeitsmittel, Fachliteratur, Reisen und Fortbildung zur Gänze nicht anerkannt. Aufwendungen, die sowohl durch die Berufsausübung als auch durch die Lebensführung veranlasst seien, stellten grundsätzlich keine Werbungskosten dar (Aufteilungsverbot). Dies gelte insbesondere für Aufwendungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die typischerweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienten. Im Interesse der Steuergerechtigkeit solle nämlich vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen könne. Die von der Bw. als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben seien daher nicht absetzbar.
Gegen diese Sachbescheide erhob die Bw. am fristgerecht Berufung. Bei den als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben handle es sich nicht um Aufwendungen für die Lebensführung. Das gehe aus den Aufstellungen samt Erläuterungen und Belegen hervor, die dem Finanzamt bereits zur Verfügung gestellt worden seien. In einem ergänzenden Schreiben vom beschrieb die Bw. nochmals ausführlich ihre zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führenden Tätigkeiten. Im Rahmen der Vorhaltsbeantwortungen habe sie alle geltend gemachten Werbungskosten einzeln belegmäßig nachgewiesen und zu jedem Beleg eine detaillierte Stellungnahme abgegeben. Anführen möchte sie, dass die verwendete Literatur antiquarisch und nicht im offenen Buchhandel erhältlich sei, sondern gezielt im Fachbuchhandel bestellt werden müsse und ausschließlich als Unterrichtsmaterial (zB zur Visualisierung von Projekten) Verwendung finde. Im Rahmen von Ausstellungen, die sie mit ihren Schülern besucht habe, seien Fachkataloge über Stilkunde, Designtheorien und Kommunikation, Semiotik und Zeichentechniken erworben worden, die zur Visualisierung und Vertiefung des spezifischen Wissens im Unterricht verwendet würden.
Für die Vorlesungen an der Universität werde als Vortragsmedium ausdrücklich die Diaprojektion empfohlen. Deshalb würden neben Literatur auch antiquarische Ansichtskarten, Postkarten und Ähnliches mit Motiven, die unterrichtet würden, benötigt werden, um daraus Dias, Folien oder Arbeitsblätter zu erstellen (eine CD mit einer Auswahl solcher Dias sei bereits im Rahmen des Ergänzungsersuchens vorgelegt worden). Es sei anzumerken, dass die Bw. privat weder einen Diaprojektor noch einen CD- bzw. DVD-Player besitze und somit eine private Verwendung ausgeschlossen sei.
Aus den beantragten und dem Finanzamt nachgewiesenen Werbungskosten gehe eindeutig hervor, dass diese nur durch die Berufsausübung veranlasst seien und nicht der Befriedigung privater Bedürfnisse dienten oder Aufwendungen für die Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 darstellten. Die Bw. hielt auch ausdrücklich fest, dass ihr Vorschlag, eventuelle Fragen zu den vorgelegten Unterlagen in einem persönlichen Gespräch zu beantworten, abgelehnt worden sei.
Die Berufung vom wurde der Abgabenbehörde zweiter Instanz unmittelbar - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - zur Entscheidung vorgelegt.
Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273 BAO) noch als zurückgenommen (§§ 85 Abs. 2 und 86 a Abs. 1 BAO) oder als gegenstandslos (§§ 256 Abs. 3 und 274 BAO) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 1 BAO die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Untersuchungsgrundsatz).
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Demgegenüber dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Diese Bestimmung enthält als wesentliche Aussage ein Verbot des Abzuges gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zugrunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (zB ; ; ; ; ). § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 schließt aber die Abzugsfähigkeit dann nicht aus, wenn der betreffende Aufwand (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst ist bzw. das betreffende Wirtschaftsgut (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird (zB ; ; ) oder sich der Teil der Aufwendungen, der auf die ausschließlich berufliche Veranlassung bzw. Nutzung entfällt, einwandfrei von den Ausgaben für die private Lebensführung trennen lässt (zB ).
Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO hat ein Bescheid eine Begründung zu enthalten, wenn ihm ein Anbringen zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird. Die angefochtenen Bescheide vom wurden (nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO bzw. nach Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO) von Amts wegen erlassen.
Die Begründung eines Bescheides hat eine Darstellung der rechtlichen Beurteilung zu enthalten, nach der die Behörde die Verwirklichung eines bestimmten steuerlichen Tatbestandes für gegeben erachtet, vor allem aber - als zentrales Element - die Anführung des Sachverhaltes, den die Behörde (gegebenenfalls als Ergebnis der Überlegungen zur Beweiswürdigung iSd § 167 Abs. 2 BAO) für gegeben erachtet. Der Begründung des Bescheides muss sich weiters entnehmen lassen, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangt ist, dass gerade der festgestellte (und nicht etwa ein anderer ebenso möglicher) Sachverhalt als erwiesen anzunehmen ist.
Das Finanzamt hat den als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben für Arbeitsmittel, Fachliteratur, Reisen und Fortbildung lt. vorgelegten Aufstellungen ausnahmslos die Anerkennung versagt. Das Finanzamt begnügte sich in den angefochtenen Bescheiden vom mit der Darstellung der Rechtslage zu § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, wonach ein sowohl durch die Berufsausübung als auch durch die Lebensführung veranlasster Mischaufwand steuerlich zur Gänze nicht absetzbar sei. In weiterer Folge ging das Finanzamt hinsichtlich der geltend gemachten Ausgaben pauschal vom Vorliegen eines dem Aufteilungsverbot unterliegenden Mischaufwandes aus, ohne im Einzelnen die Kriterien für die Abzugsfähigkeit hinsichtlich jeder einzelnen Ausgabenposition überprüft zu haben.
Die Begründung der angefochtenen Bescheide beschränkte sich somit in sachverhaltsmäßiger Hinsicht - gestützt auf die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 - auf die Behauptung, dass die geltend gemachten Ausgaben die private Lebensführung betreffen. Eine dezidierte Äußerung dazu, aufgrund welcher konkreten Tatsachenfeststellungen diese Ausgaben der privaten Lebensführung zuzuordnen seien, lässt sich der Begründung nicht entnehmen. Die Begründung lässt insbesondere (ungeachtet des Vorbringens der Bw. in den Vorhaltsbeantwortungen vom und , wonach die Ausgaben durch ihre Unterrichtstätigkeiten verursacht worden seien) eine Auseinandersetzung dahingehend vermissen, warum der betreffende Aufwand nicht (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sei bzw. das betreffende Wirtschaftsgut nicht (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt werde. Die konkreten Gründe für die Nichtanerkennung der Ausgaben wurden nicht dargestellt.
Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zur Abzugsfähigkeit jeder einzelnen Ausgabenposition kann der Unabhängige Finanzsenat eine inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz nicht vornehmen. Diesen Versäumnissen des Finanzamtes kommt auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil der Unabhängige Finanzsenat gemäß § 289 Abs. 2 BAO im Fall einer meritorischen Entscheidung berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung (sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten der Bw.) abzuändern. Die angefochtenen Bescheide müssen daher - bezogen auf den Streitfall - für den Unabhängigen Finanzsenat dahingehend überprüfbar sein, auf Basis welcher Beweisergebnisse das Finanzamt zur Ansicht gelangt ist, dass die als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben nicht anzuerkennen seien.
Es ist weiters darauf zu verweisen, dass es Aufgabe des Finanzamtes ist, dem Unabhängigen Finanzsenat all jene Unterlagen (Beweismittel) vorzulegen, die bereits dem Finanzamt zu Beweiszwecken vorgelegt wurden. Zum Nachweis der angefallenen Ausgaben wurden von der Bw. mit Vorhaltsbeantwortungen vom und auch die zugrunde liegenden Rechnungen und Zahlungsbelege vorgelegt. Diese Unterlagen (wie auch eine vorgelegte CD mit einer Auswahl von im Unterricht verwendeten Dias) wurden der Bw. vom Finanzamt offensichtlich wieder retourniert; eine Vorlage dieser Unterlagen an den Unabhängigen Finanzsenat erfolgte jedenfalls nicht. Inwieweit sich das Finanzamt sohin mit den von der Bw. vorgelegten Beweismitteln auseinandergesetzt hat, kann weder dem Akteninhalt noch der Bescheidbegründung entnommen werden. Es ist nicht Aufgabe des Unabhängigen Finanzsenates, dem Finanzamt bereits vorgelegte Beweismittel erstmals einer Prüfung und rechtlichen Würdigung zu unterziehen oder Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Beweisergebnisse für die Beurteilung des Finanzamtes maßgeblich waren, dass die lt. vorgelegten Aufstellungen geltend gemachten Ausgaben ausnahmslos nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien.
Im Vorlagebericht an den Unabhängigen Finanzsenat (Verf 46) brachte das Finanzamt zum Ausdruck, dass eine Abgrenzung zwischen anzuerkennenden Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung "nicht eindeutig getroffen" werden könne. Es hat damit selbst zu erkennen gegeben, dass für eine eindeutige Beurteilung der Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Ausgaben noch weitere Ermittlungen notwendig gewesen wären. Es wäre Aufgabe des Finanzamtes gewesen, diese sehr umfangreichen Ermittlungen zu tätigen.
Die Bw. hat die Bedenkenvorhalte vom und ausführlich und nicht unschlüssig beantwortet. Wenn das Finanzamt an der Abzugsfähigkeit der Ausgaben gezweifelt hat, dann hätte es weitere Ermittlungen über Art und Inhalt der Ausgaben, deren Verwendungszweck und insbesondere deren konkrete (berufliche oder private) Veranlassung durchführen müssen. Bezeichnenderweise ging das Finanzamt auf den Vorschlag der Bw., eventuelle Fragen zu den vorgelegten Unterlagen in einem persönlichen Gespräch zu beantworten, nicht ein (vgl. den Einwand der Bw. im Schreiben vom ); die Berufung wurde vielmehr unmittelbar - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Zu den von der Bw. konkret geltend gemachten Ausgabenbereichen wird Folgendes festgehalten:
Arbeitsmaterial: Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind Werbungskosten auch die Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 leg.cit. anzuwenden. Aufwendungen für Arbeitsmittel sind abzugsfähig, wenn sie mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen; nicht entscheidend ist, ob gleichartige Arbeitsmittel auch vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.
Ein Arbeitsmittel wird allgemein dann gegeben sein, wenn sein Einsatz nach dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen für eine bestimmte Tätigkeit unzweifelhaft sinnvoll ist (, zur Qualifikation eines Computers als Arbeitsmittel). Der Begriff "Arbeitsmittel" ist nicht eng auszulegen. In diesem Sinn sind darunter nicht nur Arbeitsgeräte für die Verrichtung körperlicher Arbeiten zu verstehen, sondern alle Hilfsmittel, die zur Erbringung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit erforderlich sind und nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2010, § 16 Rz 33). Aufwendungen für die Beschaffung von Arbeitsmitteln sind jedoch nur dann Werbungskosten, wenn die Arbeit ohne diese Hilfsmittel nicht ausgeübt werden kann, wenn also die betreffenden Aufwendungen für die Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Steuerpflichtigen unvermeidlich sind (; ).
Mit den vorgelegten Aufstellungen hat die Bw. glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt, dass die angeschafften Arbeitsmaterialien in ihre jeweilige Unterrichtstätigkeit Eingang gefunden haben und demnach beruflich verwendet wurden. Bei dieser Sachlage wurde vom Finanzamt nicht erhoben, inwieweit diese Ausgaben auch die private Lebensführung der Bw. berührten. Es wäre insbesondere Sache des Finanzamtes gewesen, zu jeder einzelnen Ausgabenposition zu erheben, ob der betreffende Aufwand (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst war bzw. ob die betreffenden Arbeitsmaterialien (nahezu) ausschließlich im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Unterrichtstätigkeit angeschafft und genutzt wurden; dies erscheint zumindest hinsichtlich des geltend gemachten "Büromaterials" nicht ausgeschlossen.
Aufwendungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern, die nicht typischerweise der privaten Bedürfnisbefriedigung dienen, sind mit ihrem beruflichen Anteil zu berücksichtigen (AfA und laufende Aufwendungen bei zB Computer, Telefon, Fax). In diesem Zusammenhang ist nicht ersichtlich, warum die von der Bw. - ohnehin nur anteilig - geltend gemachten Telefonkosten vom Finanzamt nicht als Werbungskosten anerkannt wurden.
Fachliteratur: Zur Frage der steuerlichen Anerkennung von Ausgaben für Fachliteratur hat der VwGH ausgesprochen, dass bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von den Kosten der Lebensführung eine typisierende Betrachtungsweise derart anzuwenden ist, dass nicht die konkrete tatsächliche Nutzung, sondern die typischerweise zu vermutende Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss. Als Ergebnis dieser gebotenen typisierenden Betrachtungsweise hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. die bei Doralt/Kofler, EStG, 11. Lieferung, § 20 Tz 163, Stichwort "Literatur", wiedergegebene Judikatur) daran festgehalten, dass die Anschaffung von Werken der Literatur, die von allgemeinem Interesse oder für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung begründet.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die in den vorgelegten Aufstellungen angeführten Werke ist entscheidend, ob diese derart auf die spezifischen beruflichen Bedürfnisse der Bw. als Lehrerin an der HTL Bau und Kunst (Unterrichtsfächer Stilkunde, Design und Kommunikation, Technologie und Phänomenologie) und Lehrbeauftragte am Institut für Kunstgeschichte abstellen bzw. für einen fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad (mit beruflicher Nahebeziehung zu Grafik und Design bzw. Kunstgeschichte) bestimmt sind, dass ihnen die Eignung fehlt, auch für andere Bevölkerungskreise Interesse zu wecken. Diesbezüglich wurden vom Finanzamt keine Feststellungen getroffen. Dazu hätte es nicht nur einer Überprüfung der Werktitel anhand der vorgelegten Rechnungen und Zahlungsbelege bedurft, sondern auch einer Auseinandersetzung mit den Werken selbst (etwa durch Einsichtnahme in Inhaltsverzeichnisse, Literaturverzeichnisse, Entnahme von Textproben sowie Recherchen zu im Internet abrufbaren Rezensionen und Werksbeschreibungen).
Der VwGH lässt einen Werbungskostenabzug auch zu, wenn die fragliche Literatur weit überwiegend berufsspezifischen Aspekten dient, sodass eine allfällige private Mitveranlassung hinsichtlich ihrer Anschaffung nur mehr als völlig untergeordnet zu beurteilen ist (vgl. , zu Werken der Belletristik, der französischen Literatur, über französische Landschaften usw. einer Fremdsprachenlektorin an einer Universität; vgl. auch Doralt/Kofler, EStG, 11. Lieferung, § 20 Tz 163, Stichwort "Literatur"). Gerade diese Berufsbezogenheit der gegenständlichen "Fachliteratur" wurde im Streitfall nicht überprüft. Eine Auseinandersetzung damit, ob die konkrete berufliche Situation der Bw. die Anschaffung dieser Werke erforderte, lässt sich den angefochtenen Bescheiden nicht entnehmen. Aufgrund des Vorbringens der Bw. kann eine (nahezu) ausschließlich für berufliche Zwecke erfolgte Anschaffung der gegenständlichen "Fachliteratur" nicht von vornherein (ohne weitere Überprüfung) ausgeschlossen werden.
Fortbildung: § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, bestimmt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten sind.
Fortbildung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um seinen Beruf besser ausüben zu können (). Fortbildungskosten dienen dazu, im jeweils ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (). Merkmal beruflicher Fortbildung ist es, dass sie der Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten im bisher ausgeübten Beruf dient (). Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen schon aufgrund des allgemeinen Werbungskostenbegriffes des § 16 Abs. 1 EStG 1988 abziehbar (; ).
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass das Finanzamt seiner in § 115 Abs. 1 BAO normierten amtswegigen Ermittlungspflicht im vorliegenden Fall nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen ist. Bei Durchführung der erforderlichen Ermittlungen hätten im Ergebnis anders lautende Bescheide ergehen können, weshalb die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache gemäß § 289 Abs. 1 BAO vorliegen.
Die Bescheidaufhebung nach § 289 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen des Unabhängigen Finanzsenates. Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Aufgabe der Abgabenbehörde zweiter Instanz ist es, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, nicht hingegen Sachverhaltsermittlungen erheblichen Umfangs, deren Vornahme vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides, spätestens aber nach Einbringung der Berufung geboten war, erstmals vorzunehmen. Die im Aufgabenbereich der Abgabenbehörde erster Instanz gelegene Ermittlungstätigkeit würde ansonsten - dem Wesen einer nachprüfenden Tätigkeit der Abgabenbehörde zweiter Instanz zuwiderlaufend - schwerpunktmäßig in das Rechtsmittelverfahren verlagert. Eine solche Sichtweise der Aufgabenverteilung zwischen den Abgabenbehörden erster und zweiter Instanz kann der BAO, insbesondere den Bestimmungen des § 276 Abs. 6 erster Satz BAO sowie des § 279 Abs. 2 BAO (notwendige "Ergänzungen"), nicht entnommen werden. Die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen würde damit zur bloßen Formsache werden.
Für die Durchführung dieser Ermittlungen durch die Abgabenbehörde erster Instanz spricht auch, dass den Parteien gemäß § 115 Abs. 2 BAO Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben ist. Diesem Gebot ist zunächst im Rahmen der Bescheiderlassung durch die Abgabenbehörde erster Instanz zu entsprechen. Es liegt auch im Interesse des Abgabepflichtigen, wenn eine Abklärung des Sachverhaltes bereits vor Bescheiderlassung und nicht erst im Rahmen des Berufungsverfahrens erfolgt. Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates führten zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung, da deren Ergebnisse den Parteien noch vor Erlassung einer Berufungsentscheidung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gebracht werden müssten. Interessen der Abgabenbehörde an der Einbringung der Abgaben stehen der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
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