Zurücknahmebescheid wegen nicht zeitgerechter Mängelbehebung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Zurücknahmeerklärung von Berufungen (§ 275 BAO) entschieden:
Die Berufung gegen den Zurücknahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2000 wird als unbegründet abgewiesen.
Dieser Bescheid bleibt unverändert.
Der Berufung gegen den Zurücknahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2000 wird Folge gegeben.
Dieser Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen für 2000 setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom die Umsatzsteuer und Einkommensteuer für 2000 gemäß § 184 BAO im Schätzungswege fest.
Der Berufungswerber (Bw.) erhob gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für 2000 fristgerecht Berufungen. Er führte in diesen aus, die geschätzten Abgabenbemessungsgrundlagen entsprächen nicht den tatsächlichen Bemessungsgrundlagen. Die Bilanz und die Steuererklärungen für 2000 würden zur Zeit erstellt und als Berufungsergänzung nachgereicht.
Mit Bescheid vom (dem Bw. zugestellt am ) forderte das Finanzamt den Bw. auf, die inhaltlichen Mängel seiner Berufungen (fehlende Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden; fehlende Erklärung, welche Änderungen beantragt werden; fehlende Begründung) bis zum zu beheben.
Der Mängelbehebungsauftrag vom enthielt den Hinweis, dass die Berufungen bei Versäumung der angeführten Frist als zurückgenommen gelten.
Mit Eingabe vom kam der Bw. der Aufforderung des Finanzamtes vom wie folgt nach:
Der Bw. beantragte die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2000 mit Null. Er führte zur Begründung aus, im Jahr 2000 ausschließlich steuerfreie Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994, welche vom Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG 1994 ausgeschlossen sind, erzielt zu haben.
Der Bw. beantragte weiters, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß der beiliegenden Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut Feststellungsbescheid und die sonstigen Einkünfte laut Beilage festzusetzen.
Die vom Bw. angeführten Beilagen betreffend die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. die sonstigen Einkünfte waren dem Schreiben vom jedoch nicht angeschlossen.
Mit Bescheiden vom erklärte das Finanzamt die Berufungen gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für 2000 vom als zurückgenommen.
In den Bescheidbegründungen wurde ausgeführt, der Mängelbehebungsauftrag vom sei nicht in allen Punkten erfüllt worden. Das Begehren, die Umsatzsteuer-Zahllast mit Null festzusetzen, da ausschließlich Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994 erzielt wurden, sei nicht ausreichend. Es fehle weiterhin die Bekanntgabe der beantragten Änderungen in Höhe der tatsächlich getätigten Umsätze. Die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer (Höhe der Einkünfte) seien nicht bekanntgegeben worden. Die Verweise im Schreiben vom auf Beilagen, die im Finanzamt nicht eingelangt seien, seien nicht geeignet, das Berufungsbegehren ausreichend zu konkretisieren.
Gegen die Zurücknahmebescheide vom erhob der Bw. fristgerecht Berufungen. Er ergänzte in diesen seine Mängelbehebung dadurch, dass er die Höhe der steuerfreien Umsätze für 2000 sowie die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die Höhe der Sonderausgaben bekanntgab.
Den Berufungen gegen die Zurücknahmebescheide waren eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 2000 und ein Anlageverzeichnis beigeschlossen.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Berufungen gegen die Zurücknahmebescheide vom als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Mängel seien nicht innerhalb der geforderten Frist behoben worden. Die in den Berufungen gegen die Zurücknahmebescheide ergänzte Mängelbehebung sei verspätet und daher im Berufungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen.
Gegen die Berufungsvorentscheidungen vom stellte der Bw. Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchen er die Stattgabe seiner Berufungen infolge vollinhaltlicher Erfüllung der Mängelbehebungsaufträge beantragte.
Über die Berufungen wurde erwogen:
Gemäß § 250 Abs. 1 BAO muss eine Berufung enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.
Wenn eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 umschriebenen Erfordernissen entspricht, so hat nach § 275 BAO die Abgabenbehörde erster Instanz dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
Wird einem berechtigten Mängelbehebungsauftrag nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen, so ist die Abgabenbehörde verpflichtet, einen Bescheid zu erlassen, mit dem die vom Gesetzgeber vermutete Zurücknahme der Berufung festgestellt wird (vgl. ).
Ein Zurücknahmebescheid ist nur dann gesetzwidrig, wenn kein Mangel im Sinne des § 250 BAO vorlag oder die gesetzte Frist nicht angemessen war (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall sind sowohl Mängel im Sinne des § 250 BAO vorgelegen (es fehlten die Angaben gemäß § 250 Abs. 1 lit. b bis d) als auch war die vom Finanzamt gesetzte Frist (14 Tage ab der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages) angemessen.
Eine erst in der Berufung gegen den Zurücknahmebescheid vorgenommene Mängelbehebung ist nicht mehr rechtzeitig. Nach der Rechtsprechung ist ein Zurücknahmebescheid selbst dann zu erlassen, wenn die Mängelbehebung zwar verspätet, jedoch noch vor Erlassung des Zurücknahmebescheides erfolgt ist (vgl. ). Selbst wenn die Behörde der Meinung ist, es lägen berücksichtigungswürdige Gründe für die Überschreitung der Mängelbehebungsfrist vor, hat ein Zurücknahmebescheid zu ergehen (vgl. ).
Im vorliegenden Fall wurden die Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2000 (Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Sonderausgaben) erst in der Berufung gegen den Zurücknahmebescheid vom - und somit nicht zeitgerecht - bekanntgegeben. Hingegen sind die für die Erledigung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2000 maßgebenden Angaben (dass der Bw. im Jahr 2000 ausschließlich steuerfreie Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a UStG 1994, welche vom Vorsteuerabzug gemäß § 12 UStG 1994 ausgeschlossen sind, erzielt hat) in der Eingabe vom hinreichend bestimmt angeführt worden.
Da die der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2000 anhaftenden inhaltlichen Mängel somit zeitgerecht behoben wurden, war der Berufung gegen den Zurücknahmebescheid betreffend die Umsatzsteuer 2000 stattzugeben und dieser Bescheid aufzuheben.
Die Berufung gegen den Zurücknahmebescheid betreffend die Einkommensteuer 2000 war hingegen auf Grund der obigen Ausführungen abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 275 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Mängelbehebung Mängelbehebungsauftrag inhaltliche Mängel Zurücknahmeerklärung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAC-95995