Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch Mag. Peter Zivic, 1010 Wien, Weihburggasse 20, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 1999 bis 2004 entschieden:
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) war im Streitzeitraum in Österreich beschäftigt und hat als Werbungskosten Aufwendungen für Familienheimfahrten sowie für doppelte Haushaltsführung geltend gemacht.
Vom Finanzamt wurden die Kosten für Familienheimfahrten nicht anerkannt und in der Begründung ausgeführt, die doppelte Haushaltsführung sei nicht beruflich veranlasst.
In der frist- und formgerechten Berufung wendet der Bw ein, er fuhr und fahre regelmäßig (durchschnittlich zweimal im Monat, wobei die einfache Strecke zwischen Beschäftigungsort und dem Familienwohnsitz in Serbien ca. 460 Kilometer betrage) von seinem inländischen Arbeitsort in Wien zu seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern an seinen Familienwohnsitz in Serbien, womit für den Bw zumindest die geltend gemachten Aufwendungen für die Hin- und Rückfahrt verbunden seien.
Die Ehefrau müsse für die Dauer der beschäftigungsbedingten Abwesenheit des Bw in Österreich den landwirtschaftlich genutzten Grundbesitz am Familienwohnsitz in Serbien bewirtschaften. Es stelle einen wirtschaftlichen Vorteil dar, der zur Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes führe, wenn landwirtschaftliche Produkte der Eigenversorgung der Familie dienten und dadurch eine Grundversorgung mit Lebensmitteln als Ernährungsbasis für die Familie sichergestellt werde.
Die Unterhaltsverpflichtung für Kinder reiche als alleiniges Kriterium für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familiewohnsitzes nicht aus. Im gegenständlichen Fall komme zur Unterhaltsverpflichtung für Kinder der landwirtschaftliche Grundbesitz und der Umstand hinzu, dass die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft für großjährige Kinder nach den Bestimmungen des FremdenG 1997 nicht möglich.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Hingegen dürfen nach § 20 EStG 1988 bei den einzelnen Einkunftsarten nicht abgezogen werden:
Abs. 1 Z. 1 Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familie aufgewendeten Beträge,
Abs. 1 Z. 2 lit. e Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-) Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen.
Abs. 2 Aufwendungen oder Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen.
Für die Frage der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Hausahltsführung ist die Frage zu prüfen, ob es dem Bw zumutbar gewesen wäre, den Familienwohnsitz nach Österreich zu verlegen.
Lt. Aktenlage ist der Bw zumindest seit dem Jahr 1994 nichtselbständig in Österreich tätig.
In der Berufung führt der Bw aus, es sei ihm deshalb bis heute nicht möglich gewesen, den Familiewohnsitz nach Österreich zu verlegen, da die Gattin in Serbien die Landwirtschaft bewirtschaften müsse, während der Bw in Österreich arbeite. Diese Angaben des Bw können auf Grund der im Akt aufliegenden Unterlagen nicht widerlegt werden.
Aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in Erkenntnissen im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Familienheimfahrten (vgl. etwa vom , 2005/14/0046, , 2005/14/0039, , 2005/14/0127, , 2004/15/0138 und 26.7..2007, 2006/15/0111), lt. denen die Gattinnen der jeweiligen Beschwerdeführer durchwegs eine Kleinstlandwirtschaft für den persönlichen Bedarf betrieben und die minderjährigen Kinder erzogen, kann geschlossen werden, dass in vergleichbaren Fällen von der Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung - auch nach Jahren - an den Ort der Arbeitsstätte ausgegangen werden muss.
Es ist somit davon auszugehen, dass dem Bw die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich nicht zumutbar ist und sowohl die Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst sind.
Die Anzahl der Familieneimfahrten wurde mit 2 mal monatlich angenommen. Dies deckt sich mit den Angaben des Bw in seiner Eingabe vom .
Aus den die Jahre 2000 (2 Stück) und 2001 (4 Stück) vorgelegten Fahrkarten der Firma Lukic Tours kann ersehen werden, dass der Preis für die einfache Fahrt S 280,00 und der Preis für die Hin- und Rückfahrt S 500,00 betragen hat. Da außer diesen Belegen weitere Unterlagen nicht vorgelegt wurden und auch nicht festgestellt werden kann, wie oft der Bw Einzelfahrscheine bzw. Hin- und Rückfahrscheine gelöst hat, wird angenommen, dass die nicht nachgewiesenen Fahrten sich gleichmäßig auf Einzelfahrten und Hin- und Rückfahrten verteilen. Es wird somit für jede Familienheimfahrt das arithmetische Mittel mit S 530,00 in den Jahren 1999, 2000 und 2001 bzw. 38,52 € in den Jahren 2002, 2003 und 2004 angesetzt.
In den Jahren 2000 bis 2003 war der Bw zu folgenden Zeiten arbeitslos und hat Arbeitslosen geld bezogen.
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2000 | 14.12. - 31.12. | 18 Tage |
2001 | 1.1. - 5.3. | 64 Tage |
2002 | 27.2. - 17.3. | 19 Tage |
2003 | 25.8. - 28.9. | 35 Tage |
Da diese Bezüge steuerfrei sind, sind die damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten gem. § 20 Abs. 2 nicht abzugsfähig und sind sowohl die Wohnungskosten als auch die Aufwendungen für Familienheimfahrten und die entsprechenden Beträge zu kürzen. Die jeweils zu kürzenden Beträge sind aus der untenstehenden Aufstellung zu ersehen.
Es war daher der Berufung teilweise Foleg zu geben.
Die Wohnungskosten wurden anhand der vorgelegten Belege ermittelt und stellen sich wie folgt dar:
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1999 ATS | 2000 ATS | 2001 ATS | 2002 € | 2003 € | 2004 € | |
Jänner | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
Februar | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
März | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
April | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
Mai | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
Juni | 3.051,36 | 3.051,36 | 3.136,59 | 233,04 | 226,90 | 225,99 |
Juli | 3.051,36 | 3.084,81 | 3.136,59 | 211,02 | 215,47 | 225,43 |
August | 3.051,36 | 3.007,64 | 2.944,77 | 85,82 | 143,74 | 210,25 |
September | 3.051,36 | 3.084,81 | 3.119,87 | 211,02 | 215,47 | 225,43 |
Oktober | 3.051,36 | 3.084,81 | 3.119,87 | 211,02 | 215,47 | 225,43 |
November | 3.051,36 | 3.084,81 | 3.119,87 | 211,02 | 215,47 | 225,43 |
Dezember | 3.051,36 | 3.084,81 | 3.119,87 | 211,02 | 215,47 | 225,43 |
36.616,32 | 36.739,85 | 37.380,38 | 2.539,16 | 2.582,49 | 2.693,34 | |
Tage arbeitslos | 0 | 18 | 65 | 19 | 35 | 0 |
abzüglich | --- | 1.706,50 | 6.656,78 | 132,18 | 247,64 | --- |
lt. BE | 36.616,32 | 34.932,97 | 30.723,60 | 2.406,98 | 2.334,85 | 2.693,34 |
Die Aufwendungen für Familienheimfahrten errechnen sich wie folgt:
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1999 ATS | 2000 ATS | 2001 ATS | 2002 € | 2003 € | 2004 € | |
arbeitlos | 0 | 18 | 64 | 19 | 34 | 0 |
Anzahl | 24 | 23 | 20 | 23 | 22 | 24 |
530,00 | 530,00 | 530,00 | 38,52 | 38,52 | 38,52 | |
lt. BE | 12.720,00 | 12.190,00 | 10.600,00 | 885,88 | 847,37 | 924,40 |
Die Werbungskosten ergeben sich somit mit:
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1999 ATS | 2000 ATS | 2001 ATS | 2002 € | 2003 € | 2004 € | |
doppelte Haushaltsführung | 36.616,32 | 34.932,97 | 30.723,60 | 2.406,98 | 2.334,85 | 2.693,34 |
Familienheimfahrten | 12.720,00 | 12.190,00 | 10.600,00 | 885,88 | 847,37 | 924,40 |
Werbungskosten lt. BE | 49.336,32 | 47.122,97 | 41.323,60 | 3.292,86 | 3.182,22 | 3.617,74 |
Beilagen : 6 Berechnungsblätter
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at