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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 16.05.2008, RV/1767-W/07

Anrechnung von Lohnsteuer, welche dem Arbeitgeber im Haftungsweg vorgeschrieben worden ist, wobei ein Regress gegenüber dem Arbeitnehmer nicht erfolgt ist

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1211/08 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Judith Leodolter und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Wolfgang Ryda, Mag. Harald Österreicher und Mag. Gertraud Lunzer im Beisein der Schriftführerin FOI Andrea Newrkla über die Berufung des Bw., vertreten durch Intertreu Steuerberatungs- GmbH, 1130 Wien, Lainzerstraße 11/4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2000 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsatz vom wurde dem, den Beruf eines Fußballprofis ausübenden Bw. eine Arbeitnehmererklärung für das Jahr 2000 übermittelt.

Hierbei führte die Abgabenbehörde erster Instanz ergänzend aus, dass angesichts der Tatsache, dass der Bw. in vorgenanntem Zeitraum neben seinen nichtselbständigen Einkünften beim x Krankengeld bezogen habe, nach den Bestimmungen des EStG 1988 zwingend eine Arbeitnehmerveranlagung durchzuführen sei.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. zur Einkommensteuer 2000 veranlagt, wobei dieser auf einen Abgabennachforderung im Ausmaß von 42.382 € lautete.

Mit Schriftsatz vom wurde innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und hierbei seitens des vormaligen steuerlichen Vertreters des Bw. begründend ausgeführt, dass derzeit ein Gerichtsverfahren des Bw. gegen seinen früheren Arbeitgeber anhängig sei, wobei aus einem sich etwaig ergebenden Vergleich die Ausstellung eines geänderten Lohnzettels mit einer betragsmäßig höheren anrechenbaren Lohnsteuer resultieren werde.

In diesem Zusammenhang sei erwähnenswert, dass seitens des Bw. angedacht sei, dem ehemaligen Arbeitgeber die auf Grund einer Lohnsteuerprüfung vorgeschriebene Lohnsteuer zu ersetzen.

Demzufolge werde der Antrag auf entsprechende Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2000 gestellt.

Mit Vorhalt vom wurde der Bw. vom Finanzamt aufgefordert, diesem den Verfahrensstand des Arbeitsprozesses, respektive den Zeitpunkt dessen Beendigung bekannt zu geben.

In den per Telekopierer übermittelten Antwortschriftsätzen vom bzw. vom gab der steuerliche Vertreter unter Bezugnahme auf die mit dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw. geführte Korrespondenz bekannt, dass der Arbeitsprozess wider Erwarten im Mai 2004 nicht zum Abschluss gebracht haben werden könne, respektive die mündliche Streitverhandlung vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien auf den vertagt worden sei.

Mit Schriftsatz vom wurde der Bw. vom Finanzamt neuerlich um Bekanntgabe des Verfahrensstandes des Arbeitprozesses ersucht.

Mit Schriftsatz vom übermittelte der steuerliche Vertreter eine Ablichtung eines 52 Seiten umfassenden (Berufungs-) Urteils des OLG Wien vom , wobei ergänzend ausgeführt wurde, dass auf den (steuerrechtlich relevanten) Seiten 50 und 51 auf die bereits geleistete Abzugssteuer von 20% hingewiesen worden sei.

Wie aus dem vorgenannten Urteil ersichtlich sei im Zuge einer beim x durchgeführten Lohnsteuerprüfung festgestellt worden, dass die vom Verein an die in P domizilierte Agentur A, (einem Unternehmen, welchem der Bw. die Verwertung seiner "geldwerten Persönlichkeits- und Werberechte" übertragen hat) geleisteten Zahlungen - entgegen der Absicht der Vertragsparteien, wonach diese der polnischen Besteuerung zu unterziehen seien, - tatsächlich einen, im der Lohnbesteuerung zu unterziehenden Gehaltsbestandteil des Bw. dargestellt haben.

Nämliche Feststellung habe beim x zu einer auf der Bestimmung des § 82 EStG 1988 basierenden Lohnsteuernachzahlung von 59.231,99 € geführt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung des Bw. als unbegründet angewiesen, wobei das Finanzamt begründend ausführt, dass die Abgabenfestsetzung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2000 insoweit keine Abänderung erfahre, da der in Aussicht gestellte, die regressierte Lohnsteuer ausweisende Lohnzettel des ehemaligen Arbeitgebers nicht vorgelegt worden sei.

Im übrigen sei die vom Verein ursprünglich berechnete und abgeführte Abzugssteuer in Höhe von 20% diesem wieder gutgeschrieben worden und sei der Jahreslohnzettel des Bw. lediglich um den Nettobetrag (sprich somit ohne Abzugssteuer) erhöht worden, weswegen auch die Anrechnung der Abzugssteuer nicht in Betracht komme.

Mit Schriftsatz vom wurde vom steuerlichen Vertreter des Bw. ein Antrag auf Vorlage des Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz bzw. Erledigung desselben durch den gesamten Berufungssenat unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Im Zuge einer am erfolgten persönlichen Vorsprache bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm die zuständige Sachbearbeiterin des nunmehrigen steuerlichen Vertreters Einsicht in das oben angeführte Urteil des OLG Wien.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der steuerlichen Vertreterin auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z 2 EStG verwiesen, wonach durch Steuerabzug einbehaltene Beträge auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen seien. "Einbehalten" bedeute in diesem Zusammenhang, dass sie der Abgabepflichtige wirtschaftlich tragen muss. Im vorliegenden Fall habe der Bw. mit seinem Arbeitgeber, dem x , eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass ihm ein Nettoentgelt in Höhe von ATS 1,300.000,-- für das Jahr 2000 ausbezahlt werde. Durch die Vereinbarung eines Nettobezuges sei gewährleistet, dass die Lohnsteuer vom Berufungswerber wirtschaftlich getragen werde.

Weiters wurde von der steuerlichen Vertreterin auf den Gesamtschuldcharakter der Lohnsteuer verwiesen und darauf, dass nach § 1358 ABGB bei Zahlung des geschuldeten Betrages durch einen Schuldner schuldbefreiende Wirkung für alle Mitschuldner eintrete. Werde der bereits entrichtete Betrag vom anderen Mitschuldner (noch einmal) eingefordert, komme es de facto zu einer Doppelbesteuerung. In diesem Zusammenhang wurde weiters darauf hingewiesen, dass es bereits kritische Bemerkungen, auch seitens der Finanzverwaltung, zum § 46 Abs. 1 Z. 2 EStG gebe. Ein darauf Bezug nehmender Artikel in der SKW 2002, Heft 14/15, wurde vorgelegt.

Schließlich wurde noch ausgeführt, dass im vorliegenden Fall eine Pflichtveranlagung durchgeführt worden sei, weil der Bw. einen Tag krank war und ihm Krankengeld zugeflossen sei. Wäre er nicht krank geworden, wäre es auch nicht zu einer Pflichtveranlagung gekommen und es hätte keine steuerlichen Auswirkungen gegeben. Daraus sei ersichtlich, dass es sich hier um einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz handle.

Auch Ritz habe im Zusammenhang mit dem Gesamtschuldcharakter der Lohnsteuer dahingehend Stellung genommen, dass im Falle der Nachforderung der Lohnsteuer beim Arbeitgeber diese beim Arbeitnehmer anzurechnen sei, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber keinen Ersatz leiste (Ritz in Doralt, Kommentar zum EStG, § 46, Tz 6).

Seitens des Finanzamtes wurde eingewendet, dass es sich bei dem gegenständlichen Modell der Lizenzzahlungen um ein solches handle, das ausschließlich zu dem Zweck gewählt worden sei, um Lohnabgaben zu sparen. Seitens der Lohnsteuerprüfung sei der an die Spieler ausbezahlte Nettobetrag hinzugerechnet und die entsprechenden Lohnzettel korrigiert worden, wobei die Lohnsteuer nicht als anrechenbar auszuweisen gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen worden, dass die entsprechende Korrektur des Lohnzettels nach Ersatz der Lohnsteuer durch die Spieler durchgeführt werde.

Über Befragen gibt die steuerliche Vertreterin bekannt, dass ein Regress nicht stattgefunden habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach der Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge angerechnet, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen.

Der letzte Satz leg. cit. sieht für den Fall , dass die Lohnsteuer im Haftungsweg beim Arbeitgeber (§ 82) nachgefordert wurde, eine oben beschriebene Anrechung nur dann vor, wenn sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde.

In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass obige Ausführungen vice versa bedeuten, dass der Arbeitnehmer Lohnsteuerbeträge, die der Arbeitgeber getragen hat, auf seine Einkommensteuerschuld nicht anrechnen kann.

Nur sofern der Arbeitnehmer die Lohnsteuer persönlich und wirtschaftlich trägt, ist diese anrechnungsfähig ().

In nämliche Richtung wird auch im Schrifttum zum EStG 1988 argumentiert und ausgeführt, dass für den Fall, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber, die im Haftungsweg vorgeschriebene Lohnsteuer nicht ersetzt, diese dem Arbeitnehmer bei der Veranlagung auch nicht angerechnet wird (Quantschnigg/Schuch, § 46 Tz 3.3.)

Des weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 85/14/0009, 0017 die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer, welcher die dem Arbeitgeber im Haftungsweg vorgeschriebene Lohnsteuer bei der Veranlagung anrechnen will, diese auch persönlich tragen muss.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das Höchstgericht in diesem Zusammenhang eine bloß mittelbare Belastung des Arbeitnehmers als nicht ausreichend erachtet hat.

In Ansehung vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass ein Regress des x für die im Haftungsweg vorgeschriebene Lohnsteuer gegenüber dem Bw. evidenter Maßen nicht statt gefunden hat, gelangte der erkennende Senat zur Überzeugung, dass der Bw. die nachgeforderte Lohnsteuer nicht persönlich getragen hat und daher wirtschaftlich belastet worden ist.

Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid 2000 ist somit völlig rechtens erlassen worden.

Soweit sich die steuerliche Vertreterin des Bw. zur Stützung ihrer Ansicht, wonach im zu beurteilenden Fall eine Doppelbesteuerung vorliege, auf die Ausführungen von Ritz in Doralt, Kommentar zum EStG, § 46, Tz 6 bzw. Karbalaei, SWK 2002, 587 hinweist, ist diesem Argument nachstehendes zu entgegnen:

Dem Umstand, dass nach Auffassung obgenannter Autoren der Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z 2 letzter Satz EStG 1988 nicht der Normzweck eines "doppelten Kassierens" desselben Betrages unterstellt werden dürfe, weswegen eine Anrechnung der Lohnsteuer beim Arbeitnehmer, unabhängig vom Regress des in Haftung genommenen Arbeitgebers zu erfolgen habe, konnte seitens des erkennenden Senates - ungeachtet der Tatsache, dass vorgenannten Literaturmeinungen nicht der Charakter einer verbindlichen Rechtsquelle beizumessen ist, - insoweit nicht näher getreten werden, als die von den Autoren gezogenen Schlüsse nicht in Korrelation zum klaren und unmissverständlichen Gesetzeswortlaut des § 46 Abs. 1 Z 2 letzter Satz EStG 1988, welcher die Anrechung der Lohnsteuer beim Arbeitnehmer unabdingbar an einen Regress des in Haftung genommenen Arbeitgebers knüpft, stehen.

Dem Vorwurf der steuerlichen Vertreterin, wonach eine nur auf der Setzung eines Pflichtveranlagungstatbestandes basierende Nichtanrechnung der Lohnsteuer letztendlich in einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz mündet, ist zu entgegnen, dass der UFS in seiner Eigenschaft als Verwaltungsbehörde gemäß Art 18 Abs. 2 B-VG solange an ordnungsgemäß kundgemachte Gesetze, sprich somit auch an die Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z 2 letzter Satz EStG 1988 gebunden ist, als diese nicht vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben werden, gebunden ist.

Demzufolge war wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Anrechnung von Lohnsteuer
Regress

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at