Ratenbewilligung bei sehr beengten finanziellen Verhältnissen.
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1 in der Finanzstrafsache gegen HE, geb. X, Adresse, vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Rechtsanwalt, 4910 Ried, Bahnhofstraße 35a, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 041/2007/00000-001, betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens
zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, dass zur Entrichtung der mit Erkenntnis des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom verhängten, noch aushaftenden Geldstrafe sowie der auferlegten Verfahrenskosten einschließlich der Nebengebühren, beginnend ab Juni 2008, monatliche Raten in Höhe von 80,00 €, jeweils fällig am 25. des Monats, gewährt werden.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Finanzamtes Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf) schuldig erkannt, sie habe vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate 05-12/2005 in Höhe von 6.310,23 €, für die Monate 01-11/2006 in Höhe von 8.524,93 € und für die Monate 01-04/2007 in Höhe von 1.507,22 € (insgesamt daher 16.342,88 €) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Sie habe dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2°lit. a°FinStrG begangen. Über die Bf wurde eine Geldstrafe von 2.500,00 €, im Nichteinbringungsfall zehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Da die Bf die Geldstrafe nicht bis zum Fälligkeitstag am entrichtete, erging an sie am eine Zahlungsaufforderung.
In der Folge brachte der Vertreter der Bf am einen Antrag auf Bewilligung einer Zahlungserleichterung ein. Die Bf habe kürzlich ein Insolvenzverfahren mit einem Zahlungsplan abgeschlossen; ein Auszug aus der Insolvenzdatei liege bei. Sie beziehe das Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 436,00 € monatlich, habe zwei Kinder im Alter von zwei und acht Jahren und erwarte im Mai 2008 ihr drittes Kind. Auf Grund der Insolvenz habe die Bf kein Vermögen und verfüge über kein weiteres Einkommen. Sie habe auch die entsprechenden Zahlungsplanquoten zu erfüllen, sodass die Bezahlung der Strafe auf einmal nicht möglich sei. Sie sei nur in der Lage, von ihrem monatlichen Einkommen einen geringen Betrag zur Verfügung zu stellen, um die Strafe in Raten bezahlen zu können; maximal könne sie 50,00 € monatlich, beginnend mit April 2008, bezahlen.
Die Erstbehörde gab dem Ansuchen mit Bescheid vom teilweise statt und gewährte monatliche Ratenzahlungen zu je 100,00 €, beginnend ab . Begründend wurde ausgeführt, dass es dem Wesen einer Strafe entspreche, dass sie als solche empfunden werde, sodass nur die besagte Zahlungserleichterung gewährt worden sei.
Nachdem die Bf die erste Rate nicht entrichtet hatte, erging an sie am eine Aufforderung zum Strafantritt.
Mit Telefax vom erhob der Vertreter der Bf gegen den teilweise stattgebenden Bescheid vom eine irrtümlich als Berufung bezeichnete Beschwerde. Die Situation der Bf sei dergestalt, dass sie auf Grund der Unternehmensinsolvenz mit den Gläubigern einen Zahlungsplan abgeschlossen habe, sie für zwei Kinder im Alter von zwei und acht Jahren sorgepflichtig sei und im Mai 2008 ihr drittes Kind erwarte. Bei ihrem Einkommen - Kinderbetreuungsgeld von 436,00 € - sei für sie ein Betrag von 50,00 € kaum finanzierbar, geschweige denn ein Betrag von 100,00 €. Die Bewilligung monatlicher Ratenzahlungen zu je 50,00 € werde daher beantragt.
Ein Auszug aus der Insolvenzdatei zeigt, dass über das Vermögen der Bf mit Beschluss des LG A vom das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
Mit Beschluss vom wurde der Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt und der Konkurs aufgehoben. Wesentlicher Inhalt des Zahlungsplans ist eine Quote von 10 %, zahlbar innerhalb von sieben Jahren ab rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans, wobei die erste Teilquote von 0,5 % am und die fünf weiteren Teilquoten zu je 1,9 % ebenfalls jeweils am 21. November der Folgejahre zahlbar sind.
Aus der Insolvenzdatei ergibt sich ferner, dass am auch über das Vermögen des AE, des Gatten der Bf, das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden ist. In diesem Verfahren wurde der Zahlungsplan nicht angenommen und am das Abschöpfungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom wurde das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben.
Aus dem Finanzstrafakt ist zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Bf weiters ersichtlich, dass die Bf in A seit 2002 ein Einzelhandelsgeschäft für Textilien betrieben hat. Ihr Gatte sei auf Grund einer Berufskrankheit seit längerer Zeit arbeitslos (Rechtfertigung vom zur Einleitung des Strafverfahrens). Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde Braunau Ried Schärding gab die Bf an, Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe zu beziehen und kein Vermögen zu besitzen. Sie habe Schulden von rund 130.000,00 €.
Auf dem Strafkonto haftet aktuell (Stand: ) ein Betrag von 2.650,00 € (2.350,00 € Geldstrafe, 250,00 € Kosten des Finanzstrafverfahrens und ein Säumniszuschlag von 50,00 €) offen aus.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass gemäß § 151 Abs. 1 FinStrG gegen Erkenntnisse das Rechtsmittel der Berufung zusteht und gemäß § 152 Abs. 1 leg.cit. gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist, als Rechtsmittel die Beschwerde zulässig ist. Die als Berufung bezeichnete Eingabe vom war daher als Beschwerde zu qualifizieren, weshalb im vorliegenden Fall eine Beschwerdeentscheidung zu ergehen hatte.
Gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung von Geldstrafen und Wertersätzen den Finanzstrafbehörden erster Instanz. Hierbei gelten, soweit das Finanzstrafgesetz nichts anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung (BAO) und die Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) sinngemäß.
Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz richtet sich damit nach § 212 BAO.
Nach § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Die nach der Bestimmung des § 172 FinStrG gebotene Anwendbarkeit der Vorschrift des § 212 BAO auf Geldstrafen besteht allerdings mit der Einschränkung, dass die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit jeder Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht, da einer rechtskräftig verhängten Strafe nicht durch die Gewährung großzügiger und langjähriger Zahlungserleichterungen der Pönalcharakter genommen bzw. dieser wesentlich reduziert werden soll (). Folge dieser Beurteilung ist, dass Strafrückstände in Form höherer Ratenzahlungen abzustatten sein werden, als dies bei einer Ratenbewilligung für Abgabenrückstände der Fall sein wird.
Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/14/0019, muss die Abstattung von Strafrückständen in "angemessener Frist" gewährleistet sein, sodass ein mehrjähriger Abstattungszeitraum in aller Regel nur bei hohen Geldstrafen bzw. sehr eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten zulässig sein wird.
Nach § 212 Abs. 1 BAO kann eine Entrichtung in Raten nur dann bewilligt werden, wenn die sofortige Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und gleichzeitig die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Nur bei Vorliegen sämtlicher gesetzlich vorgesehener Bedingungen steht es im Ermessen (§ 20 BAO) der entscheidenden Behörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der im Gesetz taxativ angeführten Voraussetzungen, so besteht für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern hat die Behörde diesfalls den Antrag schon aus Rechtsgründen zwingend abzuweisen.
Mit Erkenntnis vom , 2003/13/0084, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass die Unterstellung der Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz unter das Regelungsregime des § 212 BAO nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 172 Abs. 1 FinStrG nur "sinngemäß" erfolge. Da die Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ohnehin unter der Sanktion des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe stehe, komme dem Umstand der Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Forderung im Falle einer Geldstrafe kein Gewicht zu. Maßgebend für die Entscheidung sei vielmehr allein die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser bestehe in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten solle. Die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand ermöglichen solle, laufe dem Strafzweck jedenfalls zuwider.
Nach der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist somit dem Umstand der Gefährdung der Einbringlichkeit kein Gewicht beizumessen, sondern hat eine Entscheidung unter Bedachtnahme auf die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes zu erfolgen.
Nach der Begründung des o.a. Erkenntnisses vom stehe es der Behörde frei, losgelöst von den Wünschen des Antragstellers Zahlungserleichterungen ohne Bindung an den gestellten Antrag zu gewähren. Der entscheidenden Behörde ist damit die gesetzliche Möglichkeit eröffnet, dem Bestraften die Entrichtung der Geldstrafe in Raten zwar nicht in der von ihm gewünschten, aber doch in solcher Höhe zu gestatten, mit der sowohl das Strafübel wirksam zugefügt, als auch dessen wirtschaftliche Existenz bei Anspannung all seiner Kräfte erhalten bleibt.
Zweifellos leben die Bf und ihr Ehegatte in sehr beschränkten finanziellen Verhältnissen und wurde über das Vermögen beider Ehegatten das Konkursverfahren eröffnet. Der Bf wird es folglich derzeit nicht möglich sein, den gesamten, auf dem Strafkonto aushaftenden Betrag in einem zu begleichen, weshalb die sofortige Entrichtung des Gesamtbetrages für sie eine erhebliche Härte darstellen würde.
Eine Einsichtnahme in das Abgabenkonto der Bf zeigt, dass sie mehrfach Ratengesuche an das Finanzamt richtete, um den dort anwachsenden Abgabenrückstand zu begleichen. Diese Ansuchen wurden mit Bescheiden vom , 27. März und jeweils teilweise stattgebend erledigt, doch war die Bf trotz offensichtlichen Bemühens nicht in der Lage, die gewährten Ratenzahlungen von 300,00 € bzw. 600,00 € für die Dauer der Bewilligung einzuhalten, sodass stets nach kurzer Zeit Terminverlust eintrat.
Von der an sich bereits am fällig gewesenen Geldstrafe überwies die Bf bisher am 100,00 € und am 21. Mai einen Betrag von 50,00 €, womit sie ihren Zahlungswillen und ihre - zumindest eingeschränkte - Zahlungsfähigkeit dokumentierte.
Die Gewährung einer Ratenzahlung in der beantragten Höhe von 50,00 € würde - wobei die während der Laufzeit eines Ratengesuchs fällig werdenden Stundungszinsen noch nicht eingerechnet sind und nicht berücksichtigt ist, dass seit Fälligkeit der Geldstrafe ohnedies bereits rund fünf Monate verstrichen sind - einen Abstattungszeitraum von rund viereinhalb Jahren bedeuten. Eine derart lange Abstattungsdauer würde aber selbst bei derart beengten finanziellen Verhältnissen wie denen der Bf die geforderte sachgerechte Verwirklichung des Strafzwecks nicht mehr gewährleisten.
Der Beschwerdeeinwand der Bf, für sie seien monatlich 50,00 € kaum finanzierbar, geschweige denn 100,00 €, steht zwar in Widerspruch dazu, dass die Bf am tatsächlich eine Zahlung von 100,00 € geleistet hat, doch vermag dies noch nichts darüber auszusagen, ob die Bf infolge der dargestellten beengten finanziellen Verhältnisse imstande wäre, regelmäßige monatliche Ratenzahlungen in dieser Höhe zu leisten.
Da gegenständlich, wie o.a., die sofortige Entrichtung der gesamten Geldstrafe für die Bf unstrittig eine erhebliche, über den beabsichtigten Strafzweck hinaus gehende Härte darstellen würde und die Gefährdung der Einbringlichkeit keine entscheidungswesentliche Komponente darstellt, hatte die Rechtsmittelbehörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens und unter Bedachtnahme auf den mit der Bestrafung verfolgten Zweck - nämlich dem Zufügen eines Übels, das die Bestrafte künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll, ohne aber deren wirtschaftliche Existenz zu gefährden - eine Entscheidung zu treffen.
Bei antragsgemäßer Stattgabe und Zuerkennung monatlicher Ratenzahlungen zu je 50,00 € wäre, wie oben dargestellt, die Abstattung der Geldstrafe innerhalb einer als angemessen zu bezeichnenden Frist nicht mehr gewährleistet, sodass einer Ratenzahlung in der von der Bf angestrebten Höhe nicht zugestimmt werden kann.
Zu bedenken ist ferner, dass schon die Finanzstrafbehörde erster Instanz - nicht zuletzt unter Bedachtnahme auf die angespannte finanzielle Lage der Bf - eine äußerst moderat bemessene Geldstrafe im Ausmaß von weniger als 8 % des möglichen Strafrahmens festgesetzt hat und bereits dadurch die mit einer Bestrafung beabsichtigte Härte entscheidend reduziert worden ist.
In Anbetracht des Umstandes, dass die Bf ihren eigenen Angaben zufolge aber lediglich Kindergeld und Familienbeihilfe bezieht und sie seit Mai 2008 für drei Kinder sorgepflichtig ist, erscheint eine monatliche Ratenzahlung von 80,00 € angemessen, zumutbar und gerade noch ausreichend, dem Strafzweck Genüge zu tun. Eine derartige Ratenhöhe ermöglicht darüber hinaus die Begleichung der verhängten Geldstrafe in einem überschaubaren Zeithorizont von rund drei Jahren und ist zudem davon auszugehen, dass die Bf diesen Betrag trotz der beengten finanziellen Verhältnisse bei Anspannung all ihrer Kräfte aufzubringen in der Lage sein wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 172 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Ratenzahlung Strafzweck |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAC-95755