Spruch des Haftungsbescheides, Ermessen für die Rangordnung der Inanspruchnahme
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Gebühren und Erhöhung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat von der folgenden Pfandurkunde vom Kenntnis erlangt
I. Parteien: 1. RS und 2. EK (verehelicht EMJ)II. PfandbestellungZur Sicherstellung einer Darlehensforderung von 300.000,00 € samt 10 % Zinsen jährlich verpfändet die Darlehensnehmerin den in ihrem Eigentum stehenden 1/3-ideellen Anteil (B-LNr. 4) der Liegenschaft XY, und erteilt EK die unwiderrufliche Einwilligung, dass das Pfandrecht für die Darlehensforderung des RS im Betrag von 300.000,00 € samt 10 % Zinsen einverleibt wird.Der Darlehensgeber ist in Kenntnis des derzeitigen Grundbuchsstandes und ist somit in Kenntnis, dass die gegenständliche Darlehensforderung im Grundbuch im laufenden Rang sichergestellt wird.III. sonstige Bestimmungen 3. KostenSämtliche mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieser Urkunde sowie der Einräumung und/oder Verwertung dieser Sicherstellung verbundenen Kosten trägt die Pfandbestellerin.
Die Urkunde ist von beiden Parteien unterzeichnet. Das Pfandrecht wurde in das Grundbuch eingetragen. Zum Zwecke der abschließenden gebührenrechtlichen Beurteilung des zugrundeliegenden Sachverhaltes hat das Finanzamt zunächst EMJ mit Ergänzungsvorhalt vom aufgefordert, die bezughabende Darlehensurkunde vorzulegen, woraufhin EMJ bekannt gegeben hat, dass lediglich die Pfandurkunde existiere.
Daraufhin ist an EMJ als Bescheidadressatin ein in seiner Überschrift als Gebührenbescheid bezeichneter Bescheid vom , zugestellt am , mit folgendem Inhalt ergangen:
Betrifft: Kontrollmitteilung - Pfandurkunde vom mit RSSpruch: Gemäß § 30 GebG iVm. § 224 Abs. 1 BAO werden sie als Haftungspflichtige für die nachstehend angeführte Abgabe in Anspruch genommen. Sie werden aufgefordert, diese Abgabe bis zu entrichten. Begründung:Gemäß § 30 GebG haften sie für die angeführte Abgabe als am Rechtsgeschäft beteiligte Person. Rechtsmittelbelehrung zu entrichtende Abgabenschuldigkeit: Gebühr gemäß § 33 TP18 Abs. 1 GebG 1 % vom Wert der sichergestellten Verbindlichkeit in Höhe von 300.000,00 € - Betrag 3.000,00 €.
Dagegen hat EMJ, nunmehrige Berufungswerberin, =Bw, rechtzeitig am berufen, weil der Bescheidspruch mangelhaft und das Ermessen nicht begründet worden sei. Überdies sei nicht untersucht worden, ob der Pfandbestellung überhaupt eine Verbindlichkeit zugrunde liege.
Das Finanzamt hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, weil der Name des Abgabenschuldners, die Art der Abgabe sowie die Zahlungsfrist dem Bescheid zu entnehmen seien. Bei der Ermessensübung seien berechtigte Interessen der Bw nicht verletzt worden, weil sich die Bw vertraglich zum Tragen sämtlicher Kosten verpflichtet habe. In der Pfandurkunde sei die Darlehensforderung zweifelsfrei beurkundet.
Am hat die Bw einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz gestellt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 TP18 Gebührengesetz 1957 (GebG) beträgt die Gebühr für Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird, 1 vH.
Nach § 28 Abs. 1 GebG ist bei einseitig verbindlichen Rechtsgeschäften zur Entrichtung der Gebühren derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Urkunde ausgestellt ist. Nach § 30 GebG haften für die Gebühr neben dem Gebührenschuldner die übrigen am Rechtsgeschäft beteiligten Personen.
Im vorliegenden Berufungsverfahren wird der Bescheidspruch, die Ermessensübung und die zugrundeliegende Verbindlichkeit zu prüfen sein.
1. Spruch
Unstrittig stellt eine Hypothekarverschreibung ein einseitig verbindliches Rechtsgeschäft dar und kommt als Gebührenschuldner alleine RS in Betracht. Die Bw wurde als Haftende in Anspruch genommen.
(Persönliche) Haftungen werden mittels Haftungsbescheid geltend gemacht.
Gemäß § 224 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist im Haftungsbescheid der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld für die er haftet binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Der gegenständliche Haftungsbescheid erfüllt diese Erfordernisse dadurch, dass der konkrete Haftungstitel (hier § 30 GebG) und die Frist für die Entrichtung der Abgabe (in konkreto = 1 Monat) angeführt sind. Die Inanspruchnahme zur Zahlung einer (fremden) Abgabe setzt im Sinne des § 224 Abs. 1 BAO schlussendlich die exakte Umschreibung der Abgabe, über die er abspricht, voraus. Im konkreten Fall wird der haftungsbegründende Sachverhalt ausreichend dadurch umschrieben, dass im Spruch des Bescheides dezitiert auf die "nachstehend angeführte Abgabe" verwiesen wird, wodurch die unten angefügte Gebührenberechnung Spruchbestandteil wird, und diese Abgabenschuldigkeit insofern genau beschrieben ist, als der Tatbestand, die Bemessungsgrundlage und die Höhe definiert sind. Überdies wird im Betreff die die Gebührenpflicht auslösende Pfandurkunde vom angeführt und der Gebührenschuldner namentlich genannt, sodass kein Zweifel am normativen Inhalt des Bescheides möglich ist.
Der Spruch des (Haftungs)Bescheides hat anzuführen, für welchen Abgabenschuldner und für welche Abgaben die Haftung in Anspruch genommen wird und innerhalb welcher Frist die Haftungsschuld zu entrichten ist ( 857-860/67).
Die Bw wendet nach Zitierung dieses Erkenntnisses ein, der Spruch des streitgegenständlichen Haftungsbescheides sei mangelhaft. Dem ist entgegenzuhalten, Abgabe (durch Bezugnahme) und Frist sind im Spruch ausdrücklich angeführt. Das Fehlen des Abgabenschuldners im Spruch eines Haftungsbescheides ist aber nach Ansicht der entscheidenden Behörde im Lichte der neueren Judikatur im konkreten Fall unbeachtlich.
Es mag dahingestellt sein, ob zur eindeutigen Bezeichnung der Abgabenschuld die namentliche Angabe des Primärschuldners jedenfalls erforderlich ist. Der erstinstanzliche Bescheid weist neben den Erfordernissen der §§ 93 und 96 BAO auch Angaben über die Abgabenschuld auf. Er ist zweifellos als Rechtsakt anzusehen. Keinesfalls kann die bloße Unterlassung der Angabe des Namens des Primärschuldners zu einer absoluten Nichtigkeit (vgl. dazu zB Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsrechtes5, Rz. 436 ff) des erstinstanzlichen Bescheides führen (). Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe (, vgl. auch Ritz, BAO³, § 224 Tz 8).
Der Spruch als Willenserklärung der Behörde muss vor allem die exakte Umschreibung der Abgabe(n) enthalten, über die er absprechen soll, wofür nach Ansicht des UFS die Bezeichnung des Abgabenschuldners nur dann unverzichtbar notwendig wäre, wenn die Haftung für mehrere Abgaben und insbesondere für mehrere Abgabenschuldner in einem Schriftstück ausgesprochen wird.
2. Ermessen
Wie die Bw in ihrem Rechtsmittel auch zugesteht, setzt eine Haftungsinanspruchnahme nicht voraus, dass die Gebühr dem Abgaben(Erst)schuldner gegenüber bereits mit Abgabenbescheid geltend gemacht worden ist. Der Pfandbesteller kann daher auch vor dem Pfandgläubiger, in dessen Interesse die Pfandurkunde ausgestellt wurde, als Haftender für die Gebühr aus einer Hypothekarverschreibung in Anspruch genommen werden.
Die Rangordnung der Inanspruchnahme des Haftenden liegt im Ermessen der Abgabenbehörde.
Ermessensentscheidungen sind im Sinne des § 20 BAO vor allem nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Billigkeit bedeutet, die Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Steuerpflichtigen. Zweckmäßigkeit bedeutet die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben. Auch wenn die Abgabenbehörde, wie von der Bw eingewendet, im Rahmen dieser Ermessensentscheidung die Subsidiarität der Position des Haftenden zu berücksichtigen hat, ist bei der Ermessensübung daneben auch das vertragliche Innenverhältnis zwischen dem Hauptschuldner und dem Haftenden () zu beachten.
Gegenständlich ergibt sich aus Punkt III 3. der Pfandurkunde, dass die Pfandbestellerin sämtliche mit der Urkundenerrichtung anfallenden Kosten tragen solle. Auf Grund dieser Regelung hat das Finanzamt die Bw in Anspruch genommen und liegt daher ein Ermessensfehler nicht vor. Die Abgabenbehörde hat im Rahmen der Ermessensübung die Umstände gewürdigt und berücksichtigt und ist offenkundig zu dem Schluss gekommen, dass sich die Gebührenvorschreibung nicht an denjenigen richten soll, der nach dem vertraglichen Innenverhältnis entlastet werden sollte. Ein allfälliger Begründungsmangel im erstinstanzlichen Verfahren ist in der Berufungsvorentscheidung saniert worden.
3. Verbindlichkeit
Die Vorschreibung einer Gebühr für eine Hypothekarverschreibung setzt den tatsächlichen Bestand einer der Hypothekarverschreibung zu Grunde liegenden Forderung nicht voraus (, Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, § 33 TP18 Rz 14).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 18 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 30 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at