Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 25.01.2012, RV/0630-S/10

Abnutzbarkeit bzw. Teilwertabschreibung einer Apothekenkonzession

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr._1, vertreten durch Prodinger & Partner WT GmbH & CoKG, 5700 Zell am See, Auerspergstraße 8, gegen die Bescheide des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See, vertreten durch Dr. Hubertus Zobler, betreffend Einkommensteuer 2006 - 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (kurz: Bw.) betreibt seit in Adr._1 eine Apotheke. In den Streitjahren wurde sie in Form eines Einzelunternehmens geführt, wobei die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG erfolgte.

Über die Jahre 2006 - 2008 fand im Betrieb des Bw. eine Außenprüfung statt, bei der u.a. festgestellt wurde, dass im Firmenwert eine nicht abschreibbare Apothekenkonzession enthalten sei. Die jährliche Abschreibung sei daher um den Betrag von € 16.034,- zu kürzen. Das Finanzamt führte eine Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren der Jahre 2006 bis 2008 durch und erließ in der Folge neue geänderte Einkommensteuerbescheide für diese Jahre.

Gegen diese Einkommensteuerbescheide brachte der Bw. durch seinen bevollmächtigten steuerlichen Vertreter Berufung ein, die vom Finanzamt mittels einer sehr umfangreichen Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen wurde. Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, ging aber mit keinem Wort auf die ausführliche Argumentation des Finanzamtes ein und legte auch keine weitere Begründung dar.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Sachverhalt:

Aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten und dem Berufungsvorbringen geht der folgende Sachverhalt hervor, der - sofern nicht anders dargestellt - unstrittig ist:

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bw. das gesamte Anlagevermögen einer bereits bestehenden Apotheke in Adr._1 einschließlich des Good Will und einschließlich der Betriebsliegenschaft. Laut Kaufvertrag wurde als Kaufpreis für das Anlagevermögen einschließlich des Good Will insgesamt ein Betrag von € 1,079.000,- zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart, wobei sich dieses Entgelt folgend aufteilt: Einrichtung und Betriebsausstattung € 110.000,-, Good Will € 969.000,- sowie Betriebsliegenschaft samt Baulichkeiten € 386.600,-.

In der Bilanz zum wurde auf dem Anlagenkonto Geschäfts- und Firmenwert ein Betrag von € 961.579,08 (= Kaufpreis Good Will vermindert um die übernommenen Abfertigungsansprüche) aktiviert und auf eine Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben. Die Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2006 bis 2008 erfolgten vorerst erklärungsgemäß.

Anlässlich einer die Jahre 2006 bis 2008 umfassenden Außenprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass eine Apothekenkonzession ein nicht abnutzbares firmenwertähnliches Wirtschaftsgut darstelle, wobei der nicht abnutzbare Konzessionswert 25% des Kaufpreises der Apotheke (ohne Liegenschaft und ohne Betriebsausstattung) betrage. Im vorliegenden Fall errechne sich der Konzessionswert mit 25% des Kaufpreises für den Good Will abzüglich der übernommenen Abfertigungsansprüche. Die auf den so ermittelten Konzessionswert (€ 240.395,-) entfallende AfA in Höhe von € 16.034,- wurde seitens der Betriebsprüfung als nicht abzugsfähig beurteilt und den erklärten Betriebsergebnissen hinzugerechnet.

In der dagegen eingebrachten Berufung vertritt der Bw. die Ansicht, dass im Kaufpreis kein nichtabschreibbarer "Konzessionswert" enthalten sei. Beim Erwerb der Apotheke sei auch nie von einem "Konzessionserwerb" die Rede gewesen - die Konzession bzw. Berechtigung habe der Bw. ja selbst - es sei ein "Good Will" vereinbart worden. Die Judikatur und auch die EStRL betreffend den "Konzessionswert" von Apotheken seien schon viele Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß, weil sie die marktrechtlichen Entwicklungen der letzten Zeit nicht berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei nämlich jede Regelung, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar zu behindern, nach Artikel 28 des EG-Vertrages verboten. Für den EuGH sei es nicht nachvollziehbar, weshalb nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nur in Apotheken abgegeben werden sollten und so ein Gebietsschutz in unzulässiger Weise den freien Wettbewerb beschränke. Von einem Konzessionswert könne daher überhaupt nicht ausgegangen werden.

Für den Fall, dass diese Rechtsansicht nicht geteilt werde, werde eine jährliche Teilwertabschreibung des "Konzessionswertes" im Ausmaß von € 16.034,--geltend gemacht. Die bisher von der Judikatur ins Treffen geführte "weitgehende Sicherung des Umsatzes" durch das System der Bedarfsprüfung sei mittlerweile auf Grund laufender Entwicklungen nicht mehr in jenem Umfang gegeben, wie dies noch vor einiger Zeit der Fall gewesen sei. Tatsächlich seien die Erträge in letzter Zeit erheblich zurückgegangen, weil Waren wie etwa Vitaminpräparate, Teemischungen, Pflaster und andere Verbandstoffe, die früher ausschließlich über öffentliche Apotheken vertrieben wurden, mittlerweile in vermehrtem Maß auch über andere Absatzkanäle wie Drogeriemärkte oder Ärzte verkauft würden. Darüber hinaus nehme der in Österreich grundsätzlich nicht zulässige Verkauf von Medikamenten über das Internet immer stärker zu. Die diesbezügliche Werbung ausländischer Versandapotheken sei allgemein bekannt.

In Salzburg sei die zwischen der Salzburger Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer für Salzburg abgeschlossene "Vereinbarung über die patientenorientierte und effektive Medikamentenverschreibung"l in Kraft getreten. Aufgrund dieser Vereinbarung sei jeder Arzt verpflichtet, nicht etwa nur das günstigste Medikament mit dem von ihm ausgewählten Wirkstoff zu verschreiben, sondern sogar in der jeweiligen Wirkstoffgruppe das billigste Präparat auszuwählen und zu verordnen. Dieser Umstand führe in öffentlichen Apotheken neben Einbrüchen bei Umsatz und Ertrag dazu, dass Patienten auf andere Wirkstoffe umgestellt werden müssten, was insbesondere einen sehr hohen Beratungsaufwand verursache und dadurch zu erheblichen Mehrkosten führe.

Durch die angespannte Finanzsituation der Krankenkassen seien sämtliche öffentlichen Apotheken verpflichtet worden, einen substantiellen Beitrag zur Kosteneinsparung im Gesundheitswesen zu leisten. Nach laufend verordneten Spannenkürzungen habe jeder einzelne Apotheker nun einen sogenannten "Solidaritätsbeitrag" an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger abzuführen. Auch diese Maßnahme drücke den Gesamtertrag wesentlich nach unten.

Die Entwicklung der Roherträge österreichischer Apotheken sei seit Jahren rückläufig. Aufgrund des durch die Österreichische Arzneitaxe vorgegebenen degressiven Aufschlagssystems, das sinkende Aufschläge vorschreibe, je höher der Preis eines Arzneimittels ist, komme es zu einem kontinuierlichen Verfall der Handelsspanne, weil der Anteil hochpreisiger Arzneimittel am Umsatz der Apotheken laufend ansteige. Während also Umsätze und Roherträge in öffentlichen Apotheken starkem Druck ausgesetzt seien, würden andererseits aber die sonstigen Kosten, vor allem der Personalaufwand steigen.

Im Streitzeitraum hat der Bw. in seiner Apotheke folgende Umsätze erklärt: 2006: € 1.839.792,56 2007: € 2.273.019,74 2008: € 2.368.697,67 Im Jahr 2009 betrugen die Umsätze des bis November tätigen Einzelunternehmens und der seither bestehenden Kommanditgesellschaft zusammen € 2.453.797,76.

2) Rechtliche Würdigung:

Strittig ist, ob eine entgeltlich erworbene Apothekenkonzession abnutzbar bzw. ob eine jährliche lineare Teilwertabschreibung bei einer Apothekenkonzession möglich ist.

a) Abschreibbarkeit einer Apothekenkonzession:

Bei einem entgeltlichen Erwerb eines Betriebes kommt ein Firmenwert zum Ansatz, soweit der Kaufpreis (einschließlich der vom Käufer übernommenen Lasten) den Teilwert der (anderen) erworbenen Aktiva des Betriebes übersteigt. Eine Apothekenkonzession zählt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen (anderen) erworbenen Aktiva (etwa ; , 2004/13/0148). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt bekräftigt, dass der Konzession einer bereits bestehenden Apotheke als immateriellem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung zukomme, die zur Folge habe, dass eine solche Konzession als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen werden könne, das einer vom Firmenwert gesonderten Beurteilung dahingehend zugänglich ist, dass es keiner Abnutzung unterliege (; , 2001/13/0214).

Das Finanzamt hat in seiner Berufungsvorentscheidung vom ausführlich dargelegt, dass die Bestimmung des § 10 Apothekengesetz trotz gewisser Einschränkungen auch in der derzeit geltenden Fassung immer noch einen Gebietsschutz (Existenzschutz) gewährleistet und dass daher kein Grund besteht, von der bisherigen Praxis, einen bestimmten Teil des Firmenwertes als nicht abnutzbaren Konzessionswert zu behandeln, abzuweichen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die diesbezügliche Begründung in der Berufungsvorentscheidung und auf die dort zitierte Literatur und Judikatur verwiesen.

Dass die Höhe des Konzessionswertes falsch ermittelt worden wäre, also aufgrund von Besonderheiten des Einzelfalles eine Bewertungsmethode anzuwenden wäre, die von der des Finanzamtes abweicht, wurde weder in der Berufung noch im Vorlageantrag vorgebracht. Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich daher sowohl in der Frage des Vorliegens einer nicht abschreibbaren Apothekenkonzession als auch in der Ermittlung deren Höhe dem Finanzamt an.

b) Teilwertabschreibung Apothekenkonzession:

Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens sind beim Betriebsvermögens-vergleich gemäß § 6 Z 2 lit a EStG 1988 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Der Teilwert ist nach § 6 Z 1 leg. cit. der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Beim Teilwert im Sinn des § 6 Z 1 und 2 EStG 1988 handelt es sich um einen objektiven Wert, bei dem subjektive Umstände unmaßgeblich sind. Persönliche Verhältnisse sind bei Ermittlung des Teilwertes nicht zu berücksichtigen (vgl. ).

Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung, dass die Anschaffungskosten dem Teilwert entsprechen, weil von einem Kaufmann angenommen werden kann, dass er - Fehlmaßnahmen ausgenommen - grundsätzlich nicht mehr für ein Wirtschaftsgut aufwendet, als dieses für seinen Betrieb tatsächlich wert ist. Die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert ist deshalb grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige dartun kann, dass und in welcher Höhe zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegen oder dass sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen hat. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag ist, desto stärker wirkt die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer sind die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen (vgl. ; , 2002/14/0085).

Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert ist grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige das Absinken des Teilwertes dartun kann. Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, wobei Nachweis oder Glaubhaftmachung auch jener Sachverhalte erforderlich sind, auf Grund derer die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung gerade für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen sein sollte (etwa ; , 2006/15/0213). Eine Verpflichtung der Abgabenbehörde zur amtswegigen Ermittlung des niedrigeren Teilwertes eines Wirtschaftsgutes ist der Rechtsprechung und dem Gesetz nicht zu entnehmen ().

Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich der bereits vom Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung vom ausführlich begründeten Ansicht an, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Teilwertabschreibung der Apothekenkonzession nicht erfüllt sind. Einerseits sind die Ausführungen in der Berufung derart allgemein gehalten, dass diese als Nachweis für die beantragte Wertminderung der Apothekenkonzession gerade in einem bestimmten Wirtschaftsjahr nicht geeignet sind, und andererseits spricht die steigende Umsatzentwicklung gegen das Berufungsvorbringen. Den bereits in der Berufungsvorentscheidung dargelegten Umsätzen der Streitjahre ist noch die wiederum gestiegene Umsatzentwicklung des Jahres 2009 hinzuzufügen mit Umsätzen von € 2.453.797,76 und damit um ca. € 614.000,- mehr als im Jahr 2006.

Angesichts des kurzen Zeitraumes zwischen Anschaffung und behaupteter Wertminderung der Konzession (nämlich 1 bis 3 Jahre) ist im Sinne der vorgenannten Judikatur (vgl. und , 2002/14/0085) von der Teilwertvermutung mit den Anschaffungskosten auszugehen. Der von der Judikatur in derartigen Fällen geforderten erhöhten Nachweispflicht bezüglich konkreter Wertminderungen in den einzelnen Jahren ist mit den allgemein gehaltenen Ausführungen in der Berufung nicht entsprochen worden, zumal die steigende Umsatzentwicklung gegen eine Wertminderung der Apothekenkonzession spricht. Im übrigen wird auch in diesem Punkt auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen.

Aus den dargelegten Gründen war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Salzburg, am

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