Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 13.06.2007, RV/0353-L/07

Kosten eines ordentlichen Universitätsstudiums als Werbungskosten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des SZ, wh. R, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding, vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2001, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit der (am beim Finanzamt eingelangten) Erklärung vom beantragte der Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw) die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2001. Darin begehrte er Beiträge und Versicherungsprämien iHv ATS 6.227,24, Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen im Zusammenhang mit der Schaffung und Errichtung bzw. Sanierung von Wohnraum iHv ATS 110.520,00 sowie Kirchenbeitrag iHv ATS 1.000,00 als Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt ("Vasektomie", offenbar also Krankheitskosten) iHv ATS 5.000,00 und solche ohne Selbstbehalt (Berufsausbildung von Kindern außerhalb des Wohnortes) iHv ATS 5.435,32 monatlich sowie Werbungskosten iHv zusammen ATS 20.530,34, davon ATS 13.411,70 ("Werbungskosten Krankenhaus") für Dienstreisen und Fortbildung im Rahmen seines Arbeitsplatzes (als Leiter der Personalverwaltung des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Ried), ATS 1.639,20 ("sonstige Werbungskosten") für Fachliteratur und Workshop und ATS 5.479,44 (" Werbungskosten Studium") an Ausbildungskosten (Kosten im Zusammenhang mit dem Fernstudium an der Universität Hagen).

Das Finanzamt führte die Arbeitnehmerveranlagung mit Einkommensteuerbescheid vom durch, wobei es zum einen die geltend gemachten sog. "Topf- Sonderausgaben" (wegen Übersteigens der Grenze von ATS 700.000,00 durch den Gesamtbetrag der vom Bw im Veranlagungsjahr erzielten Einkünfte) und zum anderen außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) iHv 5.000,00 wegen Nichtübersteigens des (ATS 94.382,00 betragenden) Selbstbehaltes nicht berücksichtigte. Berücksichtigt wurden hingegen (als Sonderausgabe) ein Kirchenbeitrag iHv ATS 1.000,00 sowie (als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt) die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes iHv ATS 18.000,00, (also lediglich der gem. § 34 Abs.8 EStG 1988 zustehende Pauschalbetrag von ATS 1.500,00 pro Studienmonat des Kindes).

Zu den geltend gemachten Werbungskosten führte das Finanzamt aus: Unabhängig vom Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit seien die Aufwendungen für ein Studium nicht abzugsfähig. Die Kosten des Fernstudiums könnten daher auch dann nicht abgezogen werden, wenn die durch das Studium gewonnenen Kenntnisse eine wesentliche Grundlage für die Berufsausübung darstellten. Ferner seien Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinem Interesse sind oder grundsätzlich der privaten Lebensführung dienen, nicht abzugsfähig, und zwar auch dann nicht, wenn derartige Kenntnisse für die ausgeübte Tätigkeit verwendet werden können oder von Nutzen sind: Daher hätten die Kosten für den Pantomime-Workshop "Die Magie der Stille" nicht berücksichtigt werden können. Die Audio- CD (samt Handbuch) "Wer gut klingt, der kommt gut an- Stimmtraining" stelle keine Fachliteratur dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw fristgerecht mit Eingabe vom Berufung, in der er sich gegen die Nichtberücksichtigung der Kosten für sein Fernstudium wendet und die er mit dem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 8/04, begründet: Darnach sei der generelle Ausschluss der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein Studium verfassungswidrig. Er beantrage daher, die im Jahr 2001 iHv ATS 11.191,44 (lt. beigeschlossener Aufstellung) aus seinem Studium an der Fern-Universität Hagen ihm erwachsenen Kosten (Portokosten, Kosten für Bibliothek, Studienbeiträge und Aufwendungen für Studienunterlagen) als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das Finanzamt wies am diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung gem. § 276 BAO als unbegründet ab, und zwar im Wesentlichen unter Gründung auf den Wortlaut des § 16 Abs.1 Z.10 EStG 1988 in der für das Streitjahr (= 2001) geltenden Fassung. Ergänzend dazu bemerkte das Finanzamt noch, dass auf Grund der geltenden Gesetzeslage Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium erst ab dem Veranlagungsjahr 2003 berücksichtigt werden könnten.

Daraufhin beantragte der Bw rechtzeitig mit Eingabe vom die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und verwies ergänzend zu seinem bisherigen Berufungsvorbringen auf zwei einschlägige (in Kopie beigeschlossene) Auszüge aus den ARD-Heften Nr.5518 vom und 5472 vom .

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 16 Abs.1 EStG 1988 sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten.

Dazu bestimmt der § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988, und zwar in der ab dem Jahr 2000 geltenden Fassung d. BGBl. I 106/1999, dass Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit Werbungskosten sind. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemein bildenden (höheren) Schule oder einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, allerdings keine Werbungskosten.

Dazu ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ) ordentliche Universitätsstudien (mit Ausnahme eines mit dem abgeschlossenen Erststudium eng verflochtenen Zweitstudium) Ausbildungsmaßnahmen darstellen.

Durch die Einfügung des § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988 (mit dem StRefG 2000) sind für Lohnzahlungszeiträume ab dem Aufwendungen für Ausbildungsmaßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten abzugsfähig, ausgenommen hievon sind jedoch explizit die Kosten für ein ordentliches Universitätsstudium.

Bezughabende Bestimmung für die rechtliche Beurteilung der Frage der Abzugsfähigkeit der vom Bw (für das Kalenderjahr 2001, siehe dazu § 19 Abs.2 EStG 1988) beantragten Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium als Werbungskosten ist der § 16 Abs.1 Z 10 EstG 1988, und zwar in seiner im BGBl. I 106/1999 kundgemachten Fassung. Dies ergibt sich eindeutig aus nachstehender, vom Unabhängigen Finanzsenat bei seiner Entscheidung über die vorliegende Berufung jedenfalls zu beachtenden Rechtslage:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G 8-10/04, die Wortfolge "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl I 106/1999 als verfassungswidrig aufgehoben, wobei das Erkenntnis dem Bundeskanzler am zugestellt und die Aufhebung dieser Wortfolge am im BGBl. I 102/2004 veröffentlicht wurde.

Nach Art.140 Abs.5 B-VG tritt die Aufhebung mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt hat. Eine Fristsetzung durch den Verfassungsgerichtshof erfolgte im gegenständlichen Fall nicht, sodass die Aufhebung der in Rede stehenden Wortfolge mit Ablauf des in Kraft getreten ist.

Nach Art.140 Abs.7 B-VG ist das Gesetz jedoch auf alle (mit Ausnahme des Anlassfalls) vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem Erkenntnis anderes ausspricht. Ein Ausspruch betreffend eine rückwirkende Nichtanwendbarkeit der verfassungswidrigen Wortfolge des § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl. I 106/1999 ist im obzitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes indes nicht erfolgt.

Daraus ergibt sich somit für den vorliegenden Berufungsfall, dass § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl. I 106/1999 nur dann nicht anwendbar wäre, wenn dieser als Anlassfall anzusehen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Als Anlassfall gilt nämlich nur jener Fall, anlässlich dessen "das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bereits tatsächlich eingeleitet worden" ist. Diesem Anlassfall im engeren Sinn sind jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren bzw. -im Fall des Unterbleibens einer solchen- im Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig gewesen sind.

Hinsichtlich des berufungsgegenständlichen Einkommensteuerbescheides 2001 war zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahrens (d.w. am ) keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anhängig, sodass kein Anlassfall vorliegt und somit nach Art.140 Abs.7 B-VG der § 16 Abs.1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl. I 106/1999 auf vorliegenden Fall (weiterhin) anzuwenden ist. Nach dieser Gesetzesbestimmung sind, wie oben bereits dargetan, Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium ausdrücklich von der Abzugsfähigkeit als Werbungskosten ausgeschlossen. Dass das in Rede stehende (vom Bw im Oktober 1999 begonnene) "Fernstudium an der Universität Hagen" als ein ordentliches Universitätsstudium iSd zitierten Bestimmungen anzusehen ist, hat der Bw im bisherigen Verlauf des gegenständlichen Rechtsmittelverfahrens zutreffend ohnehin nicht in Frage gestellt.

Der Unabhängige Finanzsenat verweist in diesem Zusammenhang außerdem auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2005/13/10120, welches eine dem vorliegenden Fall vergleichbare (gleich gelagerte) Sach- und Rechtslage zum Gegenstand hat. Darin hat das genannte Höchstgericht ausgeführt: "...Nach § 16 Abs.1 Z 10 letzter Satz EStG 1988 in seiner für die Streitjahre.... 2001 geltenden Fassung (zur Rechtsentwicklung siehe die Darstellung in Hofstätter/Reichl, "Die Einkommensteuer" -Kommentar, § 16 Abs.1 Z 10, Rz 1 und 3, sowie bei Doralt EStG, § 16 Tz 203/1 und 203/5) stellen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit .....einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, keine Werbungskosten dar.....Die Aufhebung der Wortfolge "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 8/04 u. a., hilft dem Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht, weil sie gar nicht behauptet, Anlassfall im Sinne des Art.140 Abs.7 B-VG (zu diesem Begriff siehe insbes. das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0184) gewesen zu sein......Dem begehrten Abzug der mit dem Doktoratsstudium in den Streitjahren ....2001 verbundenen Aufwendungen stand im Beschwerdefall .....der für die betroffenen Jahre unangreifbar gewordene Gesetzesbefehl entgegen, der eine Qualifikation von Aufwendungen im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium als Werbungskosten ausschloss....."

In Anbetracht der oben dargelegten Gesetzeslage war sohin über gegenständliche Berufung spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 140 Abs. 5 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 140 Abs. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Schlagworte
ordentliches Universitätsstudium
Ausbildungskosten
Anlassfall
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at