Nachlass mit einer Alleinerbin, sowie ein Legat (ein quadratmetermäßig bestimmter Teil der erbl. Liegenschaft)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Erbschaftssteuer wird mit 3.532,14 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Am verstarb JA unter Hinterlassung eines Testamentes, wonach die erbl. Tochter ME (in der Folge kurz Bw. genannt) zur Alleinerbin eingesetzt wurde und der weiteren Tochter HA ein Teilstück im Ausmaß von 600 m2 der erbl. Liegenschaft vermacht wurde.
Lt. Protokoll vom gab die Bw. die unbedingte Erbantrittserklärung ab und wurde die Vermögenserklärung erstellt. Der erbl. Nachlass bestand dabei im Wesentlichen aus der Liegenschaft EZKG mit einem Einheitswert in Höhe von 27.324,99 €. Das Legatsteilstück aus dieser Liegenschaft wurde mit einem Hilfseinheitswert in Höhe von 4.706,10 € bewertet.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer für die Bw. fest. Dabei wurde für die Bemessung der Steuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG vom dreifachen Einheitswert der Gesamtliegenschaft abzüglich der Nachlasskosten sowie des einfachen Einheitswertes des Legatsteilstückes ausgegangen. Die Steuer gemäß § 8 Abs. 4 wurde vom dreifachen Einheitswert der Gesamtliegenschaft berechnet.
Dagegen wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben mit der Begründung, dass von der Bw. vor ca. 20 Jahren das Dachgeschoß des erbl. Hauses zu einer vollständigen Wohnung ausgebaut worden sei und die Kosten hiefür in Höhe von ca. 700.000,-- S von der Bw. allein getragen worden seien. Diese Kosten mögen bei der Steuerbemessung berücksichtigt werden.
Am erging seitens des Finanzamtes die abweisliche Berufungsvorentscheidung u.a. mit der Begründung, dass in der Vermögenserklärung keine Forderung erklärt sei.
Im daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz wurde dargelegt, dass die Bw. vom Notar nicht darauf hingewiesen worden sei, dass eine Forderung bestehe. Von der Bw. seien nicht nur die Kosten des Ausbaus allein getragen worden, sondern auch während dieser 20 Jahre alle laufend notwendigen Instandhaltungen und Reparaturen bezahlt worden, da ihre Mutter lediglich die Mindestpension erhalten hat.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (kurz: ErbStG) unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz ua. der Erwerb von Todes wegen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen ua. der Erwerb durch Erbanfall.
Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.
Umfang und Zusammensetzung des erworbenen Vermögens sind im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld, im Gegenstandsfall im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin, zu beurteilen (vgl. zB und 98/16/0362).
Der Steuerpflicht unterliegt grundsätzlich jenes Vermögen (Besitzposten abzüglich Schuldposten), das am Stichtag (vgl. § 18 ErbStG) dem Erblasser gehörte.
Bei der Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit (Konfusion) erlischt bürgerlich-rechtlich die Forderung (§ 1445 ABGB). Hievon abweichend wird im § 20 Abs. 2 ErbStG angeordnet, dass die infolge des Anfalles durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse für die Ermittlung der Erbschaftssteuer als nicht erloschen gelten (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III B, Rz 11 zu § 20 ErbStG).
Die Erbin beantragt nun, weitere Forderungen gegen die Erblasserin bei Berechnung der Steuer als Abzugsposten zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom , 95/16/0327, unter Hinweis auf seine Entscheidung vom , 92/15/0177, nachstehenden Rechtssatz aufgestellt:
" Für die Abzugsfähigkeit einer Schuld ist nicht nur der rechtliche Bestand entscheidend, es muss auch eine tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Leistungsverpflichteten vorliegen, weshalb auch eine bürgerlich-rechtlich bestehende Schuld nur dann eine steuerlich zu berücksichtigende Vermögensminderung darstellt, wenn der Abgabepflichtige am Stichtag mit der Geltendmachung der gegenüberstehenden Forderung ernsthaft rechnen muss. "
In § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (kurz: BAO) ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung verankert.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erforderlich, dass die Vereinbarungen
1) nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen
2) eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und
3) auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung. Sie kommen in Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (zB Erkenntnis des ).
Die Bw., welche im erbl. Wohnhaus lebt, bringt lediglich vor, dass in den letzten 20 Jahren von ihr diverseste Kosten allein getragen worden waren und ihre Mutter nur die Mindestpension zur Verfügung hatte.
Nachweise, die das Bestehen der Forderungsrechte belegen könnten - wie etwa eine schriftliche Vereinbarung -, wurden nicht vorgebracht.
Die Forderungen sind in der Vermögenserklärung nicht angeführt, sie treten daher nach außen hin nicht in Erscheinung. Welche Vereinbarungen mit der Erblasserin getroffen wurden, ist unklar. Eine Vereinbarung betreffend eine Rückzahlung dürfte mit der Erblasserin jedoch nicht getroffen worden sein und wird auf eine solche von der Bw. auch gar nicht verwiesen. Dies stellt einen Umstand dar, der einem Fremdvergleich nicht standhält.
Das Finanzamt hat daher den angefochtenen Bescheid insoweit nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, wenn es im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen angenommen hat, dass mit der Geltendmachung der behaupteten Forderungen nicht ernsthaft gerechnet werden musste und diese nicht als Abzugspost berücksichtigte.
Hinsichtlich der durchgeführten Bemessung der Erbschaftssteur ist jedoch Folgendes festzuhalten:
Für die Bemessung der Steuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG ist das Finanzamt vom dreifachen Einheitswert (EW) der Gesamtliegenschaft abzüglich der Nachlasskosten sowie abzüglich des einfachen Einheitswertes des Legatsteilstückes ausgegangen. Das Legatsteilstück hätte jedoch - ebenso wie die Gesamtliegenschaft - mit dem dreifachen EW Berücksichtigung finden müssen.
Weiters wurde bei der Berechnung der Steuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG das Legatsteilstück nicht in Abzug gebracht. Es wurde also nicht beachtet, dass der Bw. nicht die Gesamtliegenschaft angefallen ist, sondern nur die Liegenschaft abzüglich des Legatsteilstückes.
Die Erbschaftssteuer bemisst sich daher wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
81.974.97 €
| 3-facher EW Gesamtliegenschaft |
-11.280,11 €
| Nachlasskosten |
-14.118,30 | 3-facher EW Legatsteilstück |
-2.200,--
€ | Freibetrag gem. § 14 Abs. 1 ErbStG |
54.376,56 €
| steuerpflichtiger Erwerb |
gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG x 4% = 2.175,04 €
zuzüglich gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 2% vom maßgeblichen Wert des Grundstückes in Höhe von 67.855,--€ = 1.357,10 €
ergibt sohin eine Erbschaftssteuer in Höhe von 3.532,14 €.
Der Berufung war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage teilweise stattzugeben. Der Differenzbetrag in Höhe von 1.296,74 € ist abzuschreiben.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 8 Abs. 4 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 20 Abs. 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at