Zurechnung landwirtschaftlich genutzter Flächen zum Grundvermögen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G.M., K., vertreten durch J.T., K. , gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Pölten vom betreffend Einheitswert des Grundvermögens zum entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Teilungsplan vom wurde das Grundstück 2, welches im Eigentum der P.K. steht, in die Grundstücke 2/1 bis 2/12 aufgeteilt. Bei dem im Eigentum der G.M., der Berufungswerberin, stehenden Grundstück Nr. 1 fand keine Aufteilung statt, hier kam es nur zu einer Zuschreibung einer Teilfläche des Grundstückes 2 im Ausmaß von 101 m². Diese Teilfläche wurde von den Bw. mit Kaufvertrag vom von der P.K. erworben.
Das Grundstück Nr. 1 wird von zwei Straßen erschlossen und hatte ursprünglich ein Ausmaß von 2344 m². Nach der Teilung hat dieses Grundstück ein Ausmaß von 2445 m² und ist als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Trotz der Widmung wird das Grundstück weiterhin für die Schafzucht verwendet.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Einheitswert des Grundstückes Nr. 1 im Wege einer Nachfeststellung zum als unbebautes Grundstück mit S 164.000,--, der um 35 % erhöhte Einheitswert mit S 221.000,--, festgestellt und je zur Hälfte den beiden Eigentümern zugerechnet. Die Nachfeststellung wurde wie folgt begründet: "Die Nachfeststellung war erforderlich, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet wurde."
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass das Grundstück Nr. 1 zwar als Bauland-Wohngebiet gewidmet, jedoch vorläufig nicht zu Bauplätzen parzelliert worden sei. Laut einer beigelegten Bestätigung der Marktgemeinde werde dieses Grundstück weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Die Berufung richtet sich auch gegen den Bescheid über die Erhöhung des Einheitswertes und den Grundsteuermessbescheid.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung im Wesentlichen damit, dass das Grundstück als Bauland-Wohngebiet gewidmet sei und von zwei Straßen erschlossen werde.
In dem daraufhin eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde weiter ausgeführt, dass die landwirtschaftliche Nutzung durch Haltung von derzeit 13 Mutterschafen, 1 Widder und nicht gezählte Junge erfolge. Auf dieser Liegenschaft befinde sich auch der Stall und der Futterlagerraum, welcher erst im Jahre 1994 vergrößert wurde, was von der Marktgemeinde mit Baubescheid bewilligt wurde. Die Berufungswerber seien auch Mitglieder des NÖ-Schafzuchtverbandes.
Das Grundstück sei nicht parzelliert und sei auch nicht beabsichtigt, in nächster Zeit eine Parzellierung vorzunehmen. Die bereits längst bestehende Landesstraße führe zu einem Schotterwerk und der Anschluss bzw. die Verbindung der zweiten Straße zur Landesstraße wäre für eine Aufschließung der angrenzenden Grundstücke notwendig gewesen. Das Grundstück liege am äußersten Ortsrand und es seien die notwendigen Anschlüsse nicht vorhanden.
Erhebungen haben ergeben, dass von den neu geschaffenen Bauflächen des Grundstückes 2 bisher lediglich 5 verkauft wurden. 6 der neu gebildeten Grundstücke, welche dem Grundstück Nr. 1 am nächsten liegen, wurden bisher noch nicht verkauft und sind noch immer im Eigentum der P.K..
Mit Berufungsentscheidung vom wurde der Berufung vom Unabhängigen Finanzsenat stattgegeben. Gegen diese Entscheidung wurde vom Finanzamt St. Pölten beim Verwaltungsgerichtshof unter der Zahl 2003/15/0124 eine Beschwerde eingebracht. Vom Verwaltungsgerichtshof wurde die Berufungsentscheidung mit Erkenntnis vom , soweit er den Einheitswert betrifft, wegen Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Nachdem die Berufungsentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde, ist vom Unabhängigen Finanzsenat im fortgesetzten Verfahren neuerlich zu entscheiden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl 2003/15/0124, festgehalten:
"Gemäß § 51 Abs. 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs.
Gemäß § 52 Abs. 1 leg. cit. gehört zum Grundvermögen nicht Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört.
Gemäß § 52 Abs. 2 leg. cit. sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, z.B., wenn sie hiernach als Bauland, Industrieland oder als Land für Verkehrszwecke anzusehen sind.
Die Widmung eines Grundstückes als Bauland rechtfertigt für sich allein noch nicht, ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück ohne weiteres dem Grundvermögen zuzurechnen. Ist jedoch auf Grund hinzutretender objektiver Umstände - insbesondere betreffend die örtliche Lage und Aufschließung des Grundstückes, die bauliche Entwicklung in der Umgebung sowie die zum Bewertungsstichtag gegebene und für die Zukunft zu erwartende Marktlage - aus dem Gesamtbild der Verhältnisse anzunehmen, dass das landwirtschaftlich genutzte Grundstück in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, so rechtfertigt dies, ohne dass es dabei auf die Absicht des Grundeigentümers ankommt, die Zuordnung des Grundstückes zum Grundvermögen. Ein aus objektiven Umständen sich ergebender Wahrscheinlichkeitsschluss für eine Verbauung in absehbarer Zeit ist insbesondere bei einer Flächenwidmung als Bauland, bei einer Aufschließung durch Strom, Wasser und Kanal führende öffentliche Straßen und auf Grund der baulichen Entwicklung angrenzender Grundstück gerechtfertigt. Stellen die zu bewertenden Grundstücke Baulücken in einem sonst besiedelten Gebiet dar, so handelt es sich überhaupt um den typischen Anwendungsfall des § 52 Abs. 2 BewG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0189, mwN).
Das Grundstück der Mitbeteiligten grenzt im Norden an einen Weg, im Osten an die Landesstraße (M-Straße), im Süden an die M- Straße, an deren Südgrenze das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück Nr. 1624/1 liegt, und im Westen an zwei der durch die Parzellierung des Grundstückes Nr. 2088 entstandenen elf Grundstücke. Der angefochtene Bescheid trifft die Feststellung, dass von den durch die Parzellierung des Grundstückes Nr. 2088 entstandenen Bauplätzen (im Westen des Grundstückes der Mitbeteiligten) erst fünf an Bauwerber verkauft worden seien. Das Grundstück der Mitbeteiligten weist eine Größe von ca. 2400 m2 auf.
Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, für die Wahrscheinlichkeit, dass das Grundstück der Mitbeteiligten in absehbarer Zeit als Bauland verwendet werde, spreche die Widmung als "Bauland-Wohngebiet" und die Erschließung durch zwei Straßen. Dagegen sprächen aber das Unterbleiben einer Parzellierung, das Fehlen der Aufschließung mit Strom, Wasser, Gas und Kanal, die auf dem Grundstück befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude (Schafstall und Futtermittelraum) sowie der Umstand, dass eine Nachfrage an weiteren Bauplätzen im betreffenden Gebiet nicht gegeben sei.
In der Beschwerde wird zunächst gerügt, die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass das Grundstück der Mitbeteiligten keine Anschlüsse an Strom, Wasser, Gas und Kanal aufweise. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien Grundstücke bereits erschlossen, wenn sie an eine öffentliche Straße angebunden seien, welche Strom, Wasser und Kanal führe. Die belangte Behörde habe im Beschwerdefall nicht beachtet, dass genau diese Anschlüsse bis zum Grundstück der Mitbeteiligten heranführten, zumal sich auf dem südlichen Nachbargrundstück Nr. 1624/1 ein schon 1970 errichtetes Einfamilienhaus befinde.
Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde in der Gegenschrift entgegen, dass das Grundstück Nr. 1624/1 nicht unmittelbar an jenes der Mitbeteiligten angrenze, weil zwischen diesen beiden Grundstücken die M-Straße verlaufe; die belangte Behörde räumt aber ein, dass die Landesstraße (D-Straße) Anschlüsse für Strom, Wasser und Kanal bis zum Grundstück 1624/1 führt.
Im Hinblick darauf, dass das Grundstück der Mitbeteiligten und das Grundstück Nr. 1624/1 nach Osten hin an die Landesstraße (D-Straße) grenzen und lediglich durch die vom Westen her kommend in die D-Straße einmündende M-Straße voneinander getrennt sind, ist davon auszugehen, dass sich die Anschlüsse für Strom, Wasser und Kanal in unmittelbarer Nähe des Grundstückes der Mitbeteiligten befinden und die Anbindung an diese nur einer kurzen, über das öffentliche Gut verlaufenden Strecke bedarf. Zu Recht führt das beschwerdeführende Finanzamt aus, dass Verhältnisse dieser Art nicht als Umstände gewertet werden können, welche gegen die Nutzung eines Grundstückes als Bauland in absehbarer Zeit sprechen.
In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, das Grundstück der Mitbeteiligten liege am Rand einer als "Bauland-Wohngebiet" gewidmeten Fläche, die belangte Behörde habe angenommen, eine Nachfrage an weiteren Bauplätzen sei in diesem Gebiet nicht gegeben, weil nicht sämtliche der Ende des Jahres 1996 durch Parzellierung des Grundstückes Nr. 2088 gebildeten elf Bauplätze bereits an Bauwerber verkauft worden seien. Nach Ansicht des Beschwerdeführers treffe es nicht zu, dass sämtliche Nachbargrundstücke verkauft seien müssten, bevor ein Anwendungsfall des § 52 Abs. 2 BewG vorliege.
Dem beschwerdeführenden Finanzamt ist zuzustimmen, dass es in keiner Weise gegen die Wahrscheinlichkeit einer in absehbarer Zeit erfolgende Nutzung als Bauland spricht, wenn auf der angrenzenden Grundfläche im Jahre 1996 elf Bauplätze geschaffen worden sind, von denen in der unmittelbaren zeitlichen Folge zwar nicht alle, aber immerhin fünf Bauplätze verkauft werden konnten.
Das Grundstück der Mitbeteiligten ist mit einem Stall für Schafe (den im Verwaltungsakt einliegenden Fotos zufolge ein eingeschossiger Holzstall in Hüttengröße) und einem Futterlagerraum bebaut. Diese Baulichkeiten bringen zwar die bestehende landwirtschaftliche Nutzung zum Ausdruck. Die Anwendung des § 52 Abs. 2 BewG hat aber eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung zum Bewertungsstichtag ohnedies zur tatbestandsmäßigen Voraussetzung (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 2000/14/0189). Eine solche Nutzung spricht nicht gegen die Wahrscheinlichkeit der späteren Verwendung des Grundstückes aus Bauland. Daran ändert auch eine allenfalls im Jahr 1994 erfolgte Vergrößerung der für die Schafzucht verwendeten Baulichkeiten nichts.
Zutreffend zeigt die Beschwerde auch auf, dass bei einem Grundstück im Ausmaß von ca. 2400 m2 das Fehlen einer Parzellierung kein gewichtiges Indiz gegen eine in absehbarer Zeit eintretende Nutzung als Bauland darstellt, zumal außerdem keine Umstände aufgezeigt worden sind, wonach ein solches Grundstück nicht als Ganzes als Bauplatz Verwendung finden kann."
Auf Grund der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 52 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Schlagworte | Grundvermögen Widmung Strom |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at