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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 20.04.2009, RV/0685-I/08

Altersbedingter Aufenthalt in einem Altenwohnheim keine außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0685-I/08-RS1
Der altersbedingte Aufenthalt in einem Altenwohnheim stellt keine außergewöhnliche Belastung dar, selbst wenn Grund der Übersiedlung ein vorangegangener Krankenhausaufenthalt war.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2007 machte die damals 93-jährige Steuerpflichtige einen Betrag von 10.163,58 € an Kosten für den Aufenthalt in einem Altenwohnheim als außergewöhnliche Belastung geltend.

Im nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurden diese Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, da Ermittlungen des Finanzamtes ergaben, dass die Unterbringung im Wohnheim lediglich aus Altersgründen erfolgte. In der Berufung wurde begründend ausgeführt, dass sie im Jahre 2006 in ihrer Wohnung einen Kollaps erlitten hätte und nach der Reanimation und einem Aufenthalt im Krankenhaus von den Ärzten am ohne ihr Wissen direkt ins Altersheim überstellt worden sei, zumal ein Aufenthalt in ihrer Wohnung medizinisch nicht mehr vertretbar gewesen wäre. Dies wurde mit einem ärztlichen Attest, wonach der Aufenthalt im Altenwohnheim K. medizinisch notwendig sei, untermauert.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass aufgrund der geschilderten gesundheitlichen Probleme die Unterbringung im Altenwohnheim zweifellos zweckmäßig gewesen sei, Pflegebedürftigkeit aber erst ab dem Jahre 2008 bestanden habe. Für 2007 seien auch lediglich die Kosten für den Aufenthalt und keine Pflegekosten vorgeschrieben bzw. bezahlt worden.

Daraufhin beantragte die Abgabepflichtige die Vorlage ihrer Berufung zur Entscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat. Nach ihrem Zusammenbruch im Jahre 2006 habe sie nicht mehr allein in ihrer Wohnung bleiben können und sei von den Ärzten ins Altenwohnheim überstellt worden. Die Schwestern dort seien informiert, was sie bei Bedarf medizinisch tun müssten und hätten auch schon öfters eingreifen müssen. Weil die Bw. nie als Pflegefall gelten wollte, habe sie zunächst keinen Antrag auf Pflegegeld gestellt. Da sie bei gutem Kreislauf mit ihrer Gehhilfe im Zimmer noch alles selbst tun wollte und konnte, seien auch keine Pflegestunden angefallen. Sie habe jedoch Aufwendungen für Krankheitskosten in Höhe von 2.649,93 € gehabt, die bis auf einen geringen Selbstbehalt von der Krankenkasse retourniert worden seien. Daraus ergebe sich, dass sie nur aus Krankheitsgründen im Altersheim sein müsse.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Kosten der Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim sind keine außergewöhnliche Belastung, wenn die Unterbringung lediglich aus Altersgründen erfolgt. Eine außergewöhnliche Belastung kann aber gegeben sein, wenn Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besondere Betreuungsbedürftigkeit Aufwendungen verursachen (, ). Ist aus einem dieser Gründe die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten, so sind auch die Kosten der Unterbringung absetzbar, ansonsten sind nur die tatsächlichen Krankheits- und Pflegekosten - und nicht auch die Unterbringungskosten - abzugsfähig (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm 78; Doralt, EStG11, § 34 Tz 78).

Die Bw. vermeint, dass aufgrund der Tatsache, dass sie direkt vom Krankenhaus "ohne ihr Wissen" (Anm.: gemeint wohl "gegen ihren Willen") von den Ärzten ins Altersheim "überstellt" worden sei, bei ihr die Voraussetzungen für einen krankheitsbedingten Aufenthalt vorlägen. Faktum ist jedoch, dass die Bw. im Berufungsjahr keine krankheits- bzw. pflegebedingten Mehraufwendungen im Altenwohnheim verursacht bzw. beansprucht hat, sondern dass es sich bei den monatlichen Zahlungen laut Bestätigung des Altenwohnheimes K. vom um den "normalen" Tarif bei Pflegestufe "Null" handelt.

Ein Altersheim (Altenwohnheim, Seniorenresidenz) ist eine Wohneinrichtung zur Betreuung und Pflege alter Menschen, deren Hilfebedarf bei einzelnen Verrichtungen des täglichen Lebens meistens nur schwach ausgeprägt ist. Im Gegensatz zu einem Altenpflege heim, in dem die stationäre Pflege ausgeprägt pflegebedürftiger Menschen in den Einrichtungen rund um die Uhr im Vordergrund steht, besteht bei einem Altersheim eine (noch) geringere Pflegebedürftigkeit, das selbstbestimmte Leben überwiegt. Dienstleistungen wie Säubern und Aufräumen im Zimmer oder Speisenversorgung werden regelmäßig in Anspruch genommen. Es wird kein eigener Haushalt geführt (Quelle: Wikipedia)

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Aufwendungen für die Unterbringung in einem normalen Altersheim übliche Lebenshaltungskosten, welche nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 dEStG berücksichtigt werden können (vgl. BFH , VI R 138/77, BStBl 1981, Teil II, S. 23; , VI R 196/77, BStBl 1981, Teil II, S. 25). Die Regelung des § 33 des deutschen EStG ist jener des § 34 des österreichischen EStG 1988 vergleichbar. Nach dem BFH-Urteil vom , III R 129/86, BStBl 1990, Teil II, S. 418, sind derartige Aufwendungen ihrer Art und dem Grunde nach schon deshalb nicht außergewöhnlich, weil sie anderen in vergleichbaren Verhältnissen lebenden älteren Steuerpflichtigen ebenfalls erwachsen und es insbesondere nichts Außergewöhnliches ist, dass ein älterer Mensch in einem Altersheim lebt, weil er nicht mehr für sich sorgen kann oder will. Die Unterbringung in einem Alterswohn heim, in dem den Appartementbewohnern lediglich eine allgemeine ärztliche Überwachung und eine nicht gesondert zu vergütende Pflege im Krankheitsfall (Grundpflege) zuteil wird, führt zu keinen Aufwendungen infolge Pflegebedürftigkeit. Die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung im Sinne des § 33 dEStG im Falle von Kosten der Heimunterbringung käme nur in Betracht, wenn und soweit der Steuerpflichtigen über die üblichen Lebensführungskosten hinaus zusätzliche krankheitsbedingte Aufwendungen erwachsen. Der Bundesfinanzhof führt in dem angeführten Urteil weiters aus, eine (auch nur teilweise) Berücksichtigung der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung ließe sich auch mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht vereinbaren. Es würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten steuerlichen Besserstellung einer Steuerpflichtigen gegenüber anderen Heimbewohnern führen, wenn die Aufwendungen bei ihr deshalb eine außergewöhnliche Belastung begründen könnten, weil neben die Heimunterbringung aus Altersgründen eine krankheitsbedingte Pflegebedürftigkeit getreten ist, obwohl alle Heimbewohner mit einem gleich hohen Pauschalentgelt belastet sind.

Auf Grund der im Vorlageantrag angeführten Kreislaufprobleme der mit 93 Jahren bereits sehr betagten Berufungswerberin war die Unterbringung der Berufungswerberin im Altenwohnheim zweifellos anstrebenswert und zweckmäßig. Im konkreten Fall ist auch nachvollziehbar, dass die Ärzte anlässlich der Entlassung der Bw. aus dem Krankenhaus eine Rückkehr in die eigene Wohnung ohne entsprechende Betreuung (zunächst) nicht verantworten konnten. Nicht zuletzt erfolgen Übersiedlungen in Altersheim oft gerade aufgrund solcher einschneidender Ereignisse. Dass seitens der Bw. nur deshalb kein Pflegegeld beantragt wurde, weil sie nicht als Pflegefall gelten wollte, widerspricht einerseits den Erfahrungen des täglichen Lebens, andererseits wohl auch den tatsächlichen Verhältnissen. Wie im Vorlageantrag seitens der Bw. nämlich selbst ausgeführt wird, war sie "bei gutem Kreislauf" offensichtlich auf keine fremde Hilfe angewiesen. Auch wurde seitens des Altenwohnheimes auf telefonische Anfrage mitgeteilt, dass sich der monatliche Unterbringungssatz bei Pflegebedürftigkeit je nach Pflegestufe des Bewohners erhöht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Leitung des Altenwohnheimes bei tatsächlicher Pflegebedürftigkeit einen solchen Pflegemehraufwand - unabhängig davon, ob der pflegebedürftige Heimbewohner aus persönlichen Gründen einen Antrag auf Gewährung von Pflegegeld stellt oder nicht - auch in Rechnung gestellt hätte. Da im Berufungsjahr aber nur der "normale" Tarif für Unterbringung und Verpflegung berechnet wurde (wobei auch bei diesem Tarif die Pflege und Hilfestellung bei altersbedingten Problemen - wie den Kreislaufprobleme der Bw. - sichergestellt ist) bedeutet dies im Umkehrschluss, dass der Aufenthalt der Bw. im Altenwohnheim primär aufgrund ihres Alters und nicht durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingt war.

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Altenwohnheim
Unterbringungskosten
außergewöhnliche Belastung
Verweise

BFH , VI R 138/77, BStBl II 1981, 23
Zitiert/besprochen in
SWK 18/2009, K16
SWK 17/2009, K 14

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at