OGH vom 31.01.2012, 1Nc76/11h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter über den Verfahrenshilfeantrag der Ing. D***** G*****, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die von der Antragstellerin als Staatshaftungsklage bezeichnete Eingabe werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin beabsichtigt erkennbar die Inanspruchnahme des Bundes aus dem Titel der Staatshaftung und begehrt mit der direkt an die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs gerichteten Eingabe vom die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Verfolgung von nicht näher bestimmten Entschädigungsansprüchen. Sie macht dabei unter anderem die Verletzung von Unionsrecht durch die Höchstgerichte Österreichs geltend. So habe etwa der Oberste Gerichtshof in einer in Strafsachen ergangenen Entscheidung Unionsrecht nicht angewendet.
Rechtliche Beurteilung
Dem Obersten Gerichtshof kommt nach der österreichischen Rechtsordnung keine Kompetenz zur Beurteilung eines Anspruchs zu, der aus einem Verstoß eines Höchstgerichts gegen das Unionsrecht abgeleitet wird. Damit fehlt es auch an einer funktionellen Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer darauf gestützten Staatshaftungsklage. Ob die Behauptungen der Antragstellerin allenfalls eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs nach Art 137 B-VG begründen könnten (zu den Voraussetzungen vgl A 7/07; VfSlg 17.019/2003 ua), ist schon deshalb nicht zu untersuchen, weil eine Überweisung des Verfahrenshilfeantrags an den Verfassungsgerichtshof mangels entsprechender Überweisungsnormen nicht in Betracht kommt.
Soweit nach dem Inhalt der Eingabe allenfalls auch auf ein Ersatzbegehren nach den österreichischen Vorschriften über das Amtshaftungsrecht geschlossen werden könnte, wäre zwar die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben. Der Oberste Gerichtshof wird aber grundsätzlich nur als Rechtsmittelgericht tätig (s Art 92 Abs 1 B VG; § 9 Abs 1 AHG) und ist daher nicht dazu berufen, außerhalb des Instanzenzugs über Anträge und Klagen als Eingangsgericht zu entscheiden.
Damit ist der Antrag der Einschreiterin zur Gänze wegen mangelnder Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zurückzuweisen, ohne dass im Einzelnen nach den von der Antragstellerin in ihrem Verfahrenshilfegesuch inhaltlich allenfalls angesprochenen Anspruchsgrundlagen differenziert werden müsste. Eine (teilweise) Überweisung des Verfahrenshilfeantrags in Analogie zu § 44 Abs 1 JN ist nicht zu prüfen, weil die Antragstellerin ausdrücklich erklärte, dass die für Amtshaftungsansprüche in erster Instanz ausschließlich zuständigen Landesgerichte zur Beurteilung ihrer Ansprüche nicht berufen seien.
Fundstelle(n):
TAAAC-94926