Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Vorsitzender), UFSG vom 23.05.2005, FSRV/0011-G/05

Beschwerde einer Abgabenhinterziehungen verdächtigen Geschäftsführerin gegen Hausdurchsuchungsbescheide

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0011-G/05-RS1
Erhebt ein von einer Hausdurchsuchung Betroffener in einer Beschwerde gegen den Hausdurchsuchungsbescheid den Vorwurf, dass die vorgenommene Durchsuchung bzw. die Beschlagnahme über die im Hausdurchsuchungsbefehl enthaltene Durchsuchungsanordnung hinausgehe, so stellte dies nicht einen Vollzug des Hausdurchsuchungsbefehles dar, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Ein solches Überschreiten der Durchsuchungsanordnung wäre als Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit einer eigenen Maßnahmenbeschwerde gemäß § 152 Abs.1 Satz 1 FinStrG, zweite Alt, zu bekämpfen (vgl. ua. - ARD 4699/50/95 = ÖStZB 1996, 42).

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Vorsitzende des Finanzstrafsenates Graz 1 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat über die Beschwerde der GW, vertreten durch die Brunner & Kohlbacher Advokatur GmbH, Radeztzkystraße 9/II, 8010 Graz, im Schriftsatz vom in der Finanzstrafsache gegen GW wegen Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs.1 und 2 lit.a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), StrNr. 2005/00094-001, gegen den Bescheid des Vorsitzenden eines Spruchsenates beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz (dieses vertreten durch OR Mag. Josef Weber als Amtsbeauftragter) vom , gerichtet an die Beschuldigte, mit welchem Durchsuchungen der Räumlichkeiten X der GW in D und der Wohnräumlichkeiten der GW in BA durch Organe der genannten Finanzstrafbehörde angeordnet worden waren,

zu Recht erkannt: I. Der Beschwerde gegen den Hausdurchsuchungsbescheid vom wird teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid, soweit damit eine Durchsuchung der Räumlichkeiten X der GW in D durch Organe der Finanzstrafbehörde Graz-Stadt angeordnet wurde, aufgehoben.

II. Im Übrigen (soweit mit dem Bescheid eine Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten der GW in BA durch Organe der Finanzstrafbehörde Graz-Stadt angeordnet wurde) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Laut den dem Berufungssenatsvorsitzenden vorgelegten Unterlagen sprach am AE bei der Finanzstrafbehörde Graz-Stadt vor und erstattete dahingehend Anzeige bzw. Selbstanzeige, er habe im Zeitraum März 2003 bis November 2003 nebenberuflich (ohne Anmeldung zur Sozialversicherung) und im Zeitraum Dezember 2003 [gemeint vermutlich: 2003] bis Februar 2005 im Angestelltenverhältnis für die JS GmbH gearbeitet. Über Auftrag der [Geschäftsführerin der JS GmbH, der] GW (damals noch GS) habe er das X in D geführt und deshalb Einblick in die Geschäftsbücher. Die Umsätze des Cafes würden um rund 50 % [ergänze: im steuerlichen Rechenwerk] gekürzt, was er deshalb so genau wisse, weil er sowohl für den Wareneinkauf als auch für die Abrechnungen verantwortlich gewesen wäre. Über Auftrag der GS (GW) habe er auch den Getränkeeinkauf entsprechend manipuliert, wofür ihm Rechnungen mit einem um Rund die Hälfte verkürzten Wareneinkauf zur Verfügung gestanden wären. Ua wären Daten von manipulierten Umsätzen auf externen Festplatten zu finden, die seit längerem im X gelagert würden. Weitere Daten über manipulierte Umsätze befänden sich auf dem privaten Notebook von GS, welches sie bei sich führt oder sich im X befinde.

Der mit den weiteren Erhebungen betrauten Prüfungsabteilung Strafsachen beim Finanzamt Graz-Stadt (PASt Graz) wurde im Zuge von Recherchen von einem Informanten mitgeteilt, dass sich Buchhaltungsunterlagen und Standlisten der JS GmbH im Geschäftslokal Y in BÜ befinden.

Im Zuge von weiteren Recherchen der PASt Graz gelangte diese in den Besitz einer Accessdatenbank mit den monatlichen Erlösdaten der JS GmbH für den Zeitraum Jänner 1999 bis Februar 2005, welche zu Sicherungszwecken angelegt worden war. Laut Auskunft eines Informanten bietet das angewendete Accessprogramm die Möglichkeit, die erfassten Tageserlöse im nachhinein unter dem Menüpunkt "Service" zu verkürzen. Nach einem derartigen "Service" werden die manipulierten Umsätze aus dem Ordner "ZIP, SMALL Brother" in den Ordner "BIG BROTHER" exportiert, werden somit die Originaldaten überschrieben und können nicht wieder hergestellt werden. Die vorgelegten Erlösdaten ab April 2004 seien aber von der Geschäftsführerin offenbar noch nicht "serviciert" worden, weil diese Erlösdaten nach wie vor im ZIP-Ordner abgelegt seien.

Laut dem Informanten und AE gäbe es im X keine Registrierkassen und führten die Kellnerinnen händische Bestandslisten. Im Zuge der Abrechnung mit den Kellnerinnen erfasste GS (GW) täglich die tatsächlichen Veränderungen (die Verkäufe) je Verkaufssparte an Hand von Bestandslisten im Accessprogramm. Nach der Abrechnung mit den Kellnerinnen würden diese Originalerlösdaten von der Geschäftsführerin "serviciert".

Aus vorgelegten Getränkebestellungen sei laut AE und dem Informanten die jeweilige Menge der Schwarzbestellungen ersichtlich.

Laut AE halte sich GW nach ihrer Verehelichung mit GYW häufig im Lokal Y in BÜ auf. Auch sollen Bestellungen für dieses Lokal über die UID-Nummer der JS GmbH laufen.

Als Ergebnis der finanzstrafrechtlichen Vorerhebungen erstattete die PASt Graz am Bericht, wobei im Wesentlichen ergänzend ausgeführt wurde (Sachverhaltdarstellung, Finanzstrafakt Bl. 1 ff):

Die JS GmbH betreibe an der Adresse D das Lokal X. Geschäftsführerin sei GW (vormals GS); Eigentümer der JS GmbH sei der Bruder der GW, nämlich Mag. JS (siehe auch den Firmenbuchauszug vom , Finanzstrafakt Bl. 5 f).

Seit August 2004 sei bei der JS GmbH eine Betriebsprüfung und Umsatzsteuernachschau anhängig, wobei sich laut Auskunft des Prüfers die Erhebungen sehr schwierig gestalteten, da die Geschäftsführerin kaum erreichbar sei, Vereinbarungen hinsichtlich der Unterlagenvorlage nicht eingehalten würden, die Unterlagen nur lückenhaft und mit Verspätung vorgelegt würden. Die Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis Dezember 2003, welche - offenbar für den Prüfer bemerkenswert - großteils Vorsteuerüberhänge ausweisen, seien dem Prüfer erst im Jänner 2005 ausgefolgt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt seien lediglich für Jänner und Februar 2003 Voranmeldungen eingereicht bzw. Zahllasten entrichtet worden. Für den Zeitraum ab Jänner 2004 sei lediglich für März 2004 eine Zahllast entrichtet worden. Die Voranmeldungen sowie die bezughabenden Buchhaltungsunterlagen für 2004 seien dem Prüfer trotz mehrmaliger Aufforderungen nicht vorgelegt worden.

Laut den Angaben von AE seien also rund 50 % des Wareneinkaufes auf Barverkauf erworben und Erlösverkürzungen in entsprechender Höhe vorgenommen worden.

Laut AE erhielten die Kellnerinnen im X den Großteil ihrer Löhne "schwarz" ausbezahlt. Die JS GmbH wende im Monat ca. € 6.000,-- für Schwarzeinkäufe und Schwarzlohnzahlungen an nicht bzw. nur geringfügig angemeldete Kellnerinnen auf. Täglich seien vier Personen im X beschäftigt. Der jeweilige Tageslohn werde ohne Beleg aus der Kellnerbrieftasche entnommen und bei Schichtende bar ausbezahlt.

GW halte sich überwiegend bei ihrem Ehemann im Y in BÜ auf. In diesem Lokal befänden laut AE Buchhaltungsunterlagen und Bestandslisten der X, weil GW dort die Abrechnungen erledige.

Die Daten der vorgelegten Datenbank seien offenbar "korrekt" [gemeint offenbar: mit dem steuerlichen Rechenwerk der JS GmbH für 2003 übereinstimmend], da es zu den vorgelegten Voranmeldungen für 2003 kaum Abweichungen gebe. Anhand der Originalumsätze für den Zeitraum April 2004 bis Februar 2005 sei davon auszugehen, dass GW in den Vorjahren monatliche Erlösverkürzungen in Höhe von € 7.000,-- bis 10.000,-- vorgenommen habe.

Mit Bescheid vom leitete die Finanzstrafbehörde Graz-Stadt daher gegen GW unter der StrNr. 2005/00094-001 ein Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, die Genannte habe als Geschäftsführerin der JS GmbH vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die genannte GmbH eine Verkürzung an Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer in noch festzustellender Höhe für die Veranlagungsjahre 2000 und 2001 bewirkt bzw. für das Veranlagungsjahr 2002 zu bewirken versucht, sowie unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume Jänner 2003 bis laufend eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in noch festzustellender Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs.1 und 2 lit.a FinStrg begangen.

Mit Bescheid vom ordnete ein Spruchsenatsvorsitzender als Organ des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz in diesem Finanzstrafverfahren gegen GW eine Durchsuchung der Wohnung und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie in den Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen der Beschuldigten in D und BA nach Beweismitteln an.

Es bestünde nämlich (siehe oben) der begründete Verdacht, dass GW als Geschäftsführerin der JS GmbH im Rahmen der Führung des Lokales X bei Getränkelieferanten und Großhändler Bareinkäufe ohne Rechnungsbezug für die JS GmbH getätigt und in weiterer Folge die Erlöse aus dem Kaffeehausbetrieb unter Verwendung einer manipulierbaren Accessdatenbank entsprechend diesen Schwarzeinkäufen verkürzt habe. Nach der Sachlage sei davon auszugehen, dass die bei der JS GmbH beschäftigten Kellnerinnen täglich Bestandslisten über den tatsächlichen Wareneinsatz führen und diese Bestandslisten auch die Grundlage für die Abrechnungen der GW mit den Kellnerinnen bilden. Die Abrechnung mit den Kellnerinnen erfolge immer erst nach exakter EDV-mäßiger Erfassung der Warenbestandslisten in der erwähnten Accessdatenbank, welche auch die tatsächlich erzielten Tageslosungen ermittelt. Die Accessdatenbank biete aber die Möglichkeit, die erfassten tatsächlichen Tageslosungen entsprechend den getätigten Schwarzeinkäufen zu kürzen. Es bestehe der begründete Verdacht, dass GW [diese Möglichkeit tatsächlich ergriffen habe] und den Abgabenerklärungen der JS GmbH diese verkürzten Tageslosungen zugrunde liegen.

Ebenso hätte GW die Dienstnehmer der JS GmbH überwiegend ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung beschäftigt und die Löhne bar und unversteuert ausbezahlt. Es bestünde daher der begründete Verdacht, dass die in den Lohnkonten aufscheinenden Beträge nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmten.

Für die Feststellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben und der damit zusammenhängenden Abgabenbeträge kämen alle Unterlagen als Beweismittel für Zwecke eines Finanzstrafverfahrens in Betracht, die sich im Einflussbereich der GW befänden und über die tatsächlichen Verhältnisse Aufschluss geben könnten. Dabei handle es sich im Einzelnen um sämtliche Buchhaltungsunterlagen, Wochendienstpläne und Stundenaufzeichnungen, Bestandslisten, Belege, Aufzeichnungen über die tatsächlichen Einnahmen, Schriftverkehr, Lieferscheine, Vereinbarungen und Verträge, Schmier- und Hilfsaufzeichnungen, Kassenbestätigungen, Kalenderaufzeichnungen, gespeicherte Daten und Datenträger, Hard- und Software, Vermögensaufstellungen, Bankunterlagen, Sparbücher, Wertpapierdepots, sowie sämtliche weitere Belege, die Aufschluss über die wahren wirtschaftlichen Vorgänge der JS GmbH geben.

Da nach der Sachlage mit einer freiwilligen und vollständigen Herausgabe der gesuchten Unterlagen nicht zu rechnen sei, sei zur Beweissicherung eine Hausdurchsuchung anzuordnen gewesen.

Der gegenständliche Hausdurchsuchungsbescheid wurde der GW am anlässlich entsprechender Amtshandlungen, nämlich der Durchsuchung ihrer Wohnung in BA ausgehändigt.

Ebenfalls durchsucht wurden am die Geschäftsräumlichkeiten der JS GmbH in X.

Der Spruchsenatsvorsitzende hatte mit einem an H gerichteten Bescheid eine Durchsuchung der Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräume der H als Inhaberin des Lokales Y in BÜ angeordnet, weil der Verdacht bestünde, dass H in diesen Räumlichkeiten Unterlagen und Aufzeichnungen aufbewahre oder aufbewahren lasse, die als Beweismittel im Finanzstrafverfahren gegen GW in Betracht kämen.

Dieser Hausdurchsuchungsbescheid wurde am an die Bescheidadressatin H ausgehändigt.

Die Vernehmung der H ergab jedoch, dass sie infolge der Übernahme des Lokales Y durch die JS GmbH Anfang Dezember 2004 über die Räumlichkeiten nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen ist (siehe dazu den vorgelegten Mietvertrag vom zwischen der S & W KEG und der JS GmbH), weshalb der Vollzug dieses Hausdurchsuchungsbefehles auch - so aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich - unterblieben ist.

Folgerichtig ordnete aber der darüber von den einschreitenden Beamten in Kenntnis gesetzte Spruchssenatsvorsitzende am offenbar fernmündlich die Durchsuchung des Lokales Y nach den Beweismitteln gegen GW mit der Abänderung an, dass sich der Hausdurchsuchungsbefehl nunmehr gegen die JS GmbH als Betroffene der Amtshandlung gerichtet hat (siehe die diesbezügliche Niederschrift gemäß § 93 Abs.6 FinStrG).

Die schriftliche Ausfertigung dieses mündlich erteilten Hausdurchsuchungsbefehles wurde irrtümlich statt an die JS GmbH an GW "An GW Geschäftsführerin der JS GmbH BA" adressiert und der GW am mittels Übergabe des Schriftstückes zugestellt.

Mit Schriftsatz vom erhob GW Beschwerde ua [und hier von Relevanz] gegen den Hausdurchsuchungsbefehl per Bescheid vom , wobei sie vorbringt:

Der Hausdurchsuchungsbefehl weise keine ausreichende Begründung auf und verweist auf den Einleitungsbescheid. Ziehe man die Begründung dieses Bescheides heran, so stelle man fest, dass sich sämtliche Begründungen auf Behauptungen aus einer Anzeige stützen, welche in keiner Weise belegt worden seinen, sohin bis dato als substanzlos zu qualifizieren seien. Der Finanzstrafbehörde erster Instanz habe nämlich die persönliche Beziehung zwischen dem Anzeiger und GW nicht überprüft. Hätte man das getan, hätte man festgestellt, dass der Anzeiger [gemeint offenbar AE] der ehemalige Lebensgefährte bzw. Liebhaber der Beschuldigten sei und die Anzeige wahrscheinlich aus der Auflösung der Lebensgemeinschaft seitens GW resultiere.

Verwunderlich sei, warum nicht auch bei AE eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden sei.

Hausdurchsuchungen seien so schonend wie möglich für den Beschuldigten durchzuführen. Insbesondere sei der Beschuldigte aufzufordern, die gesuchten Gegenstände von sich aus herauszugeben bzw. zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen, zumal dem Beschuldigten vor Beschneidung seiner Privatsphäre die Möglichkeit zu geben ist, die gegen ihn vorliegenden Anschuldigungen zu entkräften. Den Niederschriften bezüglich der Hausdurchsuchungen sei weder eine Aufforderung zur Stellungnahme noch eine der Beschuldigten gewährte Möglichkeit, die verfahrensrelevanten Unterlagen freiwillig herauszugeben, zu entnehmen. Die Hausdurchsuchung sei vielmehr überfallsartig durchgeführt worden.

Wahllos seien Unterlagen, Datenträger und Computer beschlagnahmt worden, obwohl offensichtlich erkennbar gewesen sei, dass diese Unterlagen der Beschuldigten nicht steuerlich zurechenbar seien, sohin ohne Relevanz gewesen wären. So seien Lohn- bzw. Buchhaltungsunterlagen von Drittfirmen beschlagnahmt worden, welche mit der "beschuldigten Firma" weder rechtlich noch wirtschaftlich in irgendeinem Zusammenhang stünden. Die Unterlagen hätten sich bei GW befunden, weil diese als selbständige Buchhalterin für Drittfirmen Buchhaltungs- bzw. Lohnverrechnungsarbeiten durchführte bzw. aus dem Tätigkeitszeitraum der HR GmbH stamme, welche ebenfalls solche Arbeiten für Drittfirmen durchgeführt habe.

Die einschreitende Behörde habe also keinerlei entsprechende Vorerhebungen veranlasst, weshalb nicht vom Gesetz gedeckte Hausdurchsuchungen durchgeführt worden seien, wobei wahllos Unterlagen, die mit der "beschuldigten Firma" weder tatsächlich noch rechtlich in einem steuerlichen Zusammenhang stünden, rechtswidrig beschlagnahmt worden wären. Beantragt werde daher, [hier von Relevanz:] die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz möge den unbegründeten und rechtswidrigen Hausdurchsuchungsbefehl vom ersatzlos aufheben und "sämtliche im Rahmen der Bescheide veranlassten Maßnahmen rückgängig machen, insbesondere" die im Rahmen der Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen, Datenträger, sowie Computerfestplatten restlos und vollständig herausgeben.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Unter einer Hausdurchsuchung ist die Durchsuchung von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen zu dem Zweck zu verstehen, eine eines Finanzvergehens (mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit) verdächtige Person oder verfallsbedrohte oder als Beweismittel in Betracht kommende Gegenstände aufzufinden (siehe dazu ua ; ; - JBl 1983, 478; - ZfVB 1990/355; - ZfVB 1990/377; - ZfVB 1998/953; - JBl 1989, 198 = AnwBl 1989/3074).

§ 93 FinStrG bestimmt hinsichtlich der Voraussetzungen für die Durchführung einer derartigen Hausdurchsuchung wie folgt:

Abs.1: Die Durchführung einer Hausdurchsuchung (Abs. 2) [ ... ] bedarf eines mit Gründen versehenen Befehles des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die schriftliche Ausfertigung dieses Bescheides ist dem anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung zuzustellen. Ist der Betroffene nicht anwesend, so ist der Bescheid nach § 23 des ZustG zu hinterlegen. Wurde jedoch der Befehl vorerst mündlich erteilt, weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung an die mit der Durchsuchung beauftragten Organe wegen Gefahr im Verzug nicht abgewartet werden konnte, so ist die Ausfertigung innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

Abs.2: Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin eine eines Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, verdächtige Person aufhält oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Abs.4: Ist wegen Gefahr im Verzug weder die Einholung eines schriftlichen noch eines mündlichen Befehles gemäß Abs.1 möglich, so stehen die im Abs.2 und 3 geregelten Befugnisse den im § 89 Abs.2 genannten Organen ausnahmsweise auch ohne Befehl zu. In diesem Fall sind dem anwesenden Betroffenen die Gründe für die Durchsuchung und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekannt zu geben und in einer Niederschrift festzuhalten.

Ein schriftlicher Hausdurchsuchungsbefehl ist - insbesondere weil die Rechtslage des Betroffenen der Finanzbehörde gegenüber bindend gestaltet wird - als Bescheid anzusehen. Er unterliegt der Anfechtung mit Beschwerde gemäß § 152 Abs 1 FinStrG (siehe zB - ÖJZ 1983, 587 = SWK A V 38 - ÖStZB 1984, 171 [noch zur alten Fassung des § 93 FinStrG]; - ZfVB 1990/412 [zu § 93 FinStrG idgF] ).

Der Hausdurchsuchungsbescheid richtet sich nach dem Gesetzeswortlaut an den Betroffenen, in dessen Hausrecht eingegriffen wird.

Ein Hausdurchsuchungsbescheid impliziert auch weiters einen Beschlagnahmebefehl, weil es ja geradezu Zweck der Hausdurchsuchung ist, jene Gegenstände aufzufinden, die für die Untersuchung als Beweismittel von Bedeutung sind, um die Möglichkeit ihrer Verwendung im Strafverfahren zu sichern (siehe ua - ÖStZB 1985, 119 = REDOK 8288).

Im Zuge einer derartigen Beschlagnahme hat sich die Behörde nur mit demjenigen auseinander zu setzen, in dessen Gewahrsame die zu beschlagnahmenden Gegenstände vorgefunden werden. Dies muss nicht notwendigerweise der Eigentümer der Gegenstände sein. Wem das Eigentumsrecht an den beschlagnahmten Gegenständen zusteht, ist belanglos (siehe ua , 0160 - ÖStZB 1994, 245 = AnwBl 1994/4759 = HS 24.299; - ÖStZB 1997, 707).

Wurde bescheidlos eine Hausdurchsuchung vorgenommen, liegt eine Ausübung einer unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt vor.

Gemäß diesem § 152 Abs.1 FinStrG ist gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide (außer den Erkenntnissen, so also zB wie im gegenständlichen Fall gegen den an die GW gerichteten Bescheid des Spruchsenatsvorsitzenden über die Anordnung einer Hausdurchsuchung) sowie gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist, als Rechtsmittel die Beschwerde zulässig. [ .... ] Zur Erhebung der Beschwerde ist derjenige berechtigt, an den der angefochtene Bescheid ergangen ist oder der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein sowie bei einem Bescheid [ ..... ] eines Spruchsenatsvorsitzenden auch der Amtsbeauftragte.

Dabei entscheidet gemäß § 62 Abs.1 und 3 FinStrG über derartige Rechtsmittel gegen Hausdurchsuchungsbescheide bzw. über verfahrensfreie Ausübungen unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der laut Geschäftsverteilung zuständige Vorsitzende eines Berufungssenates als Organ des Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, wobei weiters die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt demjenigen Vorsitzenden des Berufungssenates obliegt, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse oder sonstige Bescheide des Spruchsenates zu entscheiden hätte, dem gemäß § 58 Abs.2 FinStrG unter den dort genannten Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde.

Voraussetzung für die Anordnung bzw. Vornahme der gegenständlichen Hausdurchsuchung ist also - so der Inhalt des bekämpften Bescheides - der begründete Verdacht gewesen, dass sich in den zur Durchsuchung vorgesehenen und von der GW innegehabten Wohnräumlichkeiten in BA sowie von der JS GmbH innegehabten Geschäftsräumlichkeiten betreffend X in D Gegenstände befänden, die im Finanzstrafverfahren (hier: gegen GW) als Beweismittel in Betracht kommen (siehe dazu , 93/15/0132 - ÖStZB 1995, 31; - ÖStZB 1997, 707; - ÖStZB 2002/444).

Ein im Sinn des FinStrG ausgestellter Hausdurchsuchungsbefehlist - wie ausgeführt - ein Bescheid im Sinn des Art 144 B-VG (vgl. dazu für viele - VfSlg 3592; - VfSlg 7067; - ÖStZB 1983, 333 = SWK 1982 A V 50; G 24, 50, 51, 52, 89/83, 107/84 - NZ 1985, 128 = REDOK 7543 [noch zur alten Fassung des § 93 FinStrG] ).

Ein Bescheid wird erst mit seiner Zustellung gegenüber dem Bescheidadressaten wirksam (vgl. für viele: B 238a, b/64; - VfSlg 7458; - SWK 1980 A V 49 = ZfVB 1980/1462, 1468 = ÖJZ 1981, 52; A 2/81 - ÖJZ 1983, 529; - VfSlg 14.544; , 2340/75 - JBl 1978, 498; - AnwBl 1980/1286 = ARD-HB 1981, 732, 736 = REDOK 6582 = SWK 1980 A V 47 = StInd 1980/1234 = ÖJZ 1981, 306, 66 F = ÖStZB 1980, 270).

Der Bescheid wäre somit den Betroffenen, nämlich der GW hinsichtlich der Wohnräumlichkeiten in BA (was auch geschehen ist) und der JS GmbH hinsichtlich der Geschäftsräumlichkeiten für die X in D zuzustellen gewesen (was nicht geschehen ist, weil der bezughabende Bescheid irrtümlich ebenfalls an die GW in BA gerichtet gewesen ist).

So gesehen ist also im gegenständlichen Fall der erforderliche schriftliche Hausdurchsuchungsbescheid an die JS GmbH betreffend durch die Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten hinsichtlich X in D tatsächlich nicht ergangen und war die diesbezügliche Durchsuchung der Räumlichkeiten von X offenkundig solcherart eine bescheidlose Ausübung einer unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, welche in das Hausrecht der JS GmbH eingegriffen hat.

Eine Beschwerde der JS GmbH wegen Ausübung einer unmittelbaren finanzstrafbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt wurde dem Unabhängigen Finanzsenat aber nicht vorgelegt und ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Ebenfalls nicht Gegenstand dieses Verfahrens über die Beschwerde der GW gegen den Hausdurchsuchungsbescheid vom sind allfällige nicht mehr vom Hausdurchsuchungsbefehl gedeckte Amtshandlungen. Geht nämlich eine Durchsuchung über die im Hausdurchsuchungsbefehl enthaltene Durchsuchungsanordnung und (beinhaltend) Beschlagnahmeanordnung hinaus, weil Gegenstände beschlagnahmt worden wären, die - wie von der Einschreiterin behauptet - bereits augenscheinlich nicht die gesuchten Beweismittel gewesen sind, so stellte dies nicht einen Vollzug des - solcherart nicht erfolgreich bekämpfbaren - Hausdurchsuchungsbefehles dar. Vielmehr wäre ein solches Überschreiten der Durchsuchungsanordnung eine Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und diesem mit einer obgenannten Maßnahmenbeschwerde im Sinne des § 152 Abs.1 Satz 1 FinStrG, zweite Alt., zu begegnen gewesen ( - ARD 4699/50/95 = ÖStZB 1996, 42).

Ein solches Anbringen liegt jedoch in Anbetracht der Textierung des Schriftsatzes, welcher unzweifelhaft gegen den genannten Bescheid gerichtet ist, offensichtlich ebenfalls nicht vor.

Der an die beschuldigte GW gerichtete Bescheid über die Anordnung eines Durchsuchung der Geschäftsräume der JS GmbH hinsichtlich X in D geht jedoch offenkundig ins Leere und wäre nicht zu erlassen gewesen, weil GW offenbar hinsichtlich dieser Räumlichkeiten lediglich insoweit eine Verfügungsgewalt zugekommen ist, als sie Geschäftsführerin der betroffenen JS GmbH gewesen ist, sodass also mit der Amtshandlung nicht ein ihrer Person zuzurechnendes Hausrecht eingegriffen worden ist.

Der Beschwerde der GW kommt also insoweit Berechtigung zu, also dieser Bescheidteil tatsächlich zu Unrecht an sie ergangen ist.

Zur Beschwerde der GW hinsichtlich der bescheidmäßigen Durchsuchung ihrer Wohnung in BA ist auszuführen:

Voraussetzung für die Vornahme einer Hausdurchsuchung ist also nach § 93 Abs 2 FinStrG, dass begründeter Verdacht besteht, dass sich in den Räumlichkeiten Gegenstände befinden, die ua im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen (vgl für viele: , 93/15/0132 - ÖStZB 1995, 31; - ÖStZB 1997, 707; - ÖStZB 2002/444).

Ein Verdachtkann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen ( - JBl 1989, 198 = AnwBl 1989/3074 = ÖStZB 1989, 146; - ÖStZB 1991, 439 = ARD 4337/53/92; - AnwBl 1992/4028 = ARD 4389/18/92 = ÖStZB 1992, 445; , 0060, 0061 - ÖStZB 1994, 360 = SWK 1994 R 95; , 0131, 0132 - ÖStZB 1997, 385; , 0156 - ARD 4834/55/97 = ÖStZB 1997, 382; - ÖStZB 1997, 707; - ÖStZB 2002/566; - ÖStZB 2002/444).

Solche Tatsachen stellen zweifellos die oben ausgeführten übereinstimmenden Angaben des AE und der Informanten, die Angaben des Betriebsprüfers sowie die schlüssige vorläufige Abgleichung der Accessdaten dar, welche nach der allgemeinen Lebenserfahrung für die Finanzstrafbehörde erster Instanz den fast bereits für einen Schuldspruch ausreichenden Verdacht erschlossen haben, BW habe - die lediglich noch in der konkreten Höhe zu ermittelnden - obgenannten Abgaben absichtlich hinterzogen.

Zu prüfen ist, inwiefern sich aus der damaligen Aktenlage auch der begründete Verdacht ergeben hat, dass sich in der Wohnung der BW entsprechende Beweismittel finden lassen würden.

Eine Aussage dazu ist zwar in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides offenkundig nicht enthalten.

In welcher Lebenssituation aber hat sich GW in der Zeit vor der Hausdurchsuchung befunden: Das beständige Andrängen des Betriebsprüfers auf Vorlage der diesbezüglichen Daten bzw. Unterlagen betreffend die JS GmbH konnte der nunmehr massiver Abgabenhinterziehungen Verdächtigen nicht verborgen geblieben sein. Wo würden die Beamten diese Unterlagen im Falle des Falles derartige Unterlagen wohl vorerst suchen? Doch wohl - so die Überlegung der von der Kooperation ihres Tatgehilfen AE mit der Steuerfahndung noch nichts wissenden GW - in den Räumlichkeiten der JS GmbH, weshalb es üblicherweise angezeigt gewesen wäre, die belastenden Gegenstände von dort an einen sicheren Ort zu verbringen. Als solcher möge BW ihre eigene Wohnung erschienen sein.

Auch hatte AE vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz ja ausgesagt, dass GW das von ihm beschriebene Laptop entweder in X belasse oder mit sich führe, also in ihrer unmittelbaren Nähe habe, wenn es sich nicht in den Räumlichkeiten der JS GmbH befinde. Daraus ergibt sich zwingend der begründete Verdacht, dass bei einem Aufenthalt von GW in ihrer Wohnung auch das gesuchte Beweismittel dort zu finden wäre.

So gesehen, kann dem Spruchsenatsvorsitzenden nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn er den begründeten Verdacht gehegt hat, dass GW in ihrer Wohnung in BA zweckdienliche Beweise aufbewahrt hätte.

Tatsächlich hat sich dieser gehegte diesbezügliche Verdacht auch in der Folge offenkundig bestätigt, als nämlich GW auf die Aufforderung der einschreitenden Beamten vor Beginn der Hausdurchsuchung in BA, die solcherart gesuchten Beweismittel freiwillig [ergänze: aus ihrer Gewahrsame in der Wohnung] herauszugeben, anbot, "sämtliche Buchhaltungsunterlagen" freiwillig zur Verfügung zu stellen (siehe die diesbezügliche Niederschrift vom ) [ergänze offenbar also: und sie ohne Durchsuchung aus ihrer Gewahrsame in der Wohnung herauszugeben] und in der Folge 11 Ordner (davon beispielsweise einer beschriftet mit "ER 04 JS GmbH" [was ohne große Phantasie offenbar bedeutet: "Eingangsrechnungen 2004 JS GmbH" {im Sinne der in der gegenständlichen Entscheidung praktizierten Abkürzung}], ein Plastiksack mit Unterlagen aus der Handtasche der GW, 1 Stofftasche mit diesbezüglichem Schriftverkehr, 2 Nylonsäcke mit Belegen aus dem Papierkorb und mit Abrechnungen, 1 Ikeasack mit losen Wareneingangsrechnungen und sonstigen Belegen [betreffend die JS GmbH], sowie das bedeutungsvolle Laptop samt Tasche und Ladegeräte und 2 CD-Rom (Backup PC und Backup Laptop) bei der Hausdurchsuchung der Wohnung der GW in der Zeit vom 10.00 Uhr bis 11.40 Uhr auch aufgefunden worden sind (siehe die diesbezügliche Niederschrift gemäß § 93 Abs.6 FinStrG vom ).

Keine Entkräftung der Verdachtslage hat sich für den Spruchsenatsvorsitzenden aus dem Umstand - wie vom Beschwerdeführerin eingewendet - ergeben, dass der Anzeiger bzw. - betreffend seine eigene Person - Selbstanzeiger AE der vormalige Lebensgefährte der verdächtigen Geschäftsführerin GW gewesen ist. Gerade weil AE offenbar jahrelang der auch in geschäftlichen Angelegenheiten Vertraute der Geschäftsführerin gewesen ist, konnte er der Behörde - siehe oben - wertvolle Hinweise über die Machenschaften der GW geben. In erhebungstaktischer Hinsicht ist es ein Faktum, dass insbesondere häufig erst aufbrechende private Interessensgegensätze zwischen Mittätern oder zwischen Tätern und ihnen zuvor nahe stehende Mitwisser bei Beendigung einer privaten oder beruflichen Beziehung (die enttäuschte Geliebte, die betrogene Ehefrau, der entlassene Buchhalter, etc) dem Fiskus wertvolle Informationen über deliktisches Handeln von Finanzstraftätern verschaffen, welche zuvor nach außen abgeschottet gewesen waren. Wenngleich es verständlich ist, dass sich Finanzstraftäter über das solcherartige Bekanntwerden ihrer Verfehlungen emotional belastet fühlen, fühlen die redlichen Staatsbürger und Strafverfolgungsbehörden nicht mit ihnen. So ist auch ein allfälliges Verwertungsverbot hinsichtlich der Strafanzeige gegen einen verlassenen vormaligen Lebenspartners wegen dessen finanzstrafrechtlichen Verfehlungen der Rechtsordnung unbekannt.

Im Ergebnis hat daher der Spruchsenatsvorsitzende bei der gegebenen Akten- und Beweissituation völlig korrekt mittels Hausdurchsuchungsbescheid die Durchsuchung der Wohnung der GW in BA nach entsprechenden Beweismittel in dem ihre Person betreffenden Finanzstrafverfahren angeordnet.

Soweit GW bemängelt, dass die Hausdurchsuchung "überfallsartig" und ohne vorherige Einvernahme der Beschuldigten zur Abwendung der Amtshandlung durchgeführt worden sei, genügt es, auf die geforderte vernunftorientierte Vorgangsweise der mit der Hausdurchsuchung beauftragten Beamten zu verweisen: War die JS GmbH bzw. GW als Geschäftsführerin der JS GmbH vom Betriebsprüfer schon beständig vergeblich auf die Herausgabe der diesbezüglichen Buchhaltungsunterlagen gedrängt worden, war nunmehr bekannt, dass sich in einem Laptop die möglicherweise entscheidenden Daten befinden, die aber mit einigen wenigen Mouse-Klicks von der Beschuldigten vernichtet werden könnten, ist wohl eine vorherige Einvernahme der Verdächtigen mit dem Ersuchen, doch wohl die sie überführenden Beweismittel herauszugeben, ohne Ausübung einer deren Beiseiteschaffung oder Vernichtung unmöglich machenden Anwendung finanzstrafbehördlicher Zwangsgewalt, eben einer Hausdurchsuchung, unumgänglich gewesen, da andernfalls wiederum die Befragte, auch ihrerseits vernunftsorientiertes Verhalten vorausgesetzt, sehr wahrscheinlich den erhobenen Verdacht lediglich bestritten und dann - hätte man ihr dazu Gelegenheit gelassen - in aller Ruhe wohl die sie gefährdenden Beweismittel vernichtet haben würde.

Zu Recht haben daher die Fahndungsbeamten, nachdem GW der obgenannte Einleitungsbescheid und der Hausdurchsuchungsbescheid samt Belehrungen zugestellt worden sind und sie vergeblich aufgefordert worden war, die gesuchten Beweismittel (also nicht nur die Buchhaltungsunterlagen der JS GmbH) herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen (beispielsweise durch eine den Sachverhalt vollständig erhellende Aussage, im gegenständlich Fall wohl gleichbedeutend mit einem vollständigen lückenlosem Geständnis), GW aber sich geweigert hatte, zu den ihr bescheidmäßig vorgehaltenen Verdachtsumständen Angaben zu machen und lediglich anbot, sämtliche Buchhaltungsunterlagen für das Prüfungsverfahren zur Verfügung zu stellen (was immer das bedeutet hätte), auch die ihnen aufgetragene Hausdurchsuchung vollzogen.

Weder liegt daher durch den Umstand der erfolgreichen kriminaltaktischen Überraschung der Beschuldigten durch die Zustellung des Hausdurchsuchungsbescheides eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides vor, welche erfolgreich mittels Beschwerde gegen diesen bekämpft werden könnte, noch liegt allenfalls eine Überschreitung des Auftrages des Spruchsenatsvorsitzenden durch eine von den Fahndungsbeamten solcherart ausgeübte rechtswidrige unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt (durch das Unterlassen der Anwendung gelinderer Mittel im Sinne des § 94 Abs.2 FinStrG statt einer Hausdurchsuchung) vor - welche im Übrigen lediglich mit einer im gegenständlichen Fall nicht vorliegenden Maßnahmenbeschwerde bekämpft hätte werden können.

Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Begründung der Bescheidbeschwerde auch nicht, dass der Hausdurchsuchungsbescheid die Anordnung an die Beamten der Finanzstrafbehörde erster Instanz enthalten hätte, andere Gegenstände als die im Finanzstrafverfahren gegen GW gesuchten Beweismittel zu beschlagnahmen.

Die Beschwerdeführerin behauptet im Ergebnis offenkundig lediglich, dass sich die beauftragten Beamten nicht an den Hausdurchsuchungsbescheid gehalten hätten und auch andere Gegenstände beschlagnahmt hätten.

Ginge aber eine Durchsuchung bzw. eine Beschlagnahme über die im Hausdurchsuchungsbefehl enthaltene Durchsuchungsanordnung hinaus, so stellte dies - wie erwähnt - nicht einen Vollzug des Hausdurchsuchungsbefehles dar. Vielmehr wäre ein solches Überschreiten der Durchsuchungsanordnung - wie oben bereits ausgeführt - wiederum eine Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und wäre also mit einer sogenannten Maßnahmenbeschwerde gemäß dem zitierten § 152 Abs 1 Satz 1 FinStrG, zweite Alt, zu bekämpfen gewesen (vgl ua neuerlich - ARD 4699/50/95 = ÖStZB 1996, 42) - eine solche Beschwerde liegt aber nicht vor.

Soweit somit im bekämpften Hausdurchsuchungsbescheid vom Spruchsenatsvorsitzenden die Durchsuchung der Wohnung der GW in BA angeordnet worden war, erweist sich der Bescheid als rechtens, weshalb insoweit spruchgemäß dem Begehren der Beschwerdeführerin auf seine Aufhebung ein Erfolg zu versagen war.

Hinsichtlich ihrer weiteren im Schriftsatz unter Punkt 2 gestellten Anträge ist - soweit diese einer Umsetzung überhaupt zugänglich wären (wie wollte man beispielsweise durchgeführte Einvernahmen der BW und deren Protokollierung wieder rückabwickeln?) - die Beschwerdeführerin auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wobei überdies anzumerken ist, dass der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz schon deshalb ohnehin keine Zuständigkeit zur Herausgabe der beschlagnahmten Beweismittel zukommen hätte können, weil sich diese nicht in deren Gewahrsame befinden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht der Beschwerdeführerin aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten des Finanzamtes Graz-Stadt das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Graz, Der Vorsitzende: Dr. Tannert

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Geschäftsführerin
Abgabenhinterziehung
Umsatzsteuervorauszahlungen
Hausdurchsuchung
dringender Verdacht
Beweismittel
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt
Maßnahmenbeschwerde
Betroffener
Bescheid
Bescheidadressat
Aufforderung zur Herausgabe
Beschlagnahme
Beschlagnahmeexzess
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at