TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.12.2012, RV/1879-W/12

Aufhebung einer Gegenstandsloserklärung einer Berufung, die sich auf einen Nichtbescheid bezieht

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/1879-W/12-RS2
Eine an den Gemeinschulder "zu Handen" des Massververwalters gerichtete Erledigung vermag keine Bescheidwirkung zu entfalten. Die Erledigung wäre an den Masseverwalter und nicht an den Gemeinschuldner zu richten gewesen.
Folgerechtssätze
RV/1879-W/12-RS1
wie RV/1878-W/12-RS1
Eine mangelhafte Berufung, die jedenfalls unzulässig ist, ist a limine zurückzuweisen, ohne dass ein Mängelbehebungsverfahren betreffend inhaltlicher Mängel durchzuführen ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der GmbH, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Gegenstandsloserklärung einer Berufung vom gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen für Kapitalertragsteuer 2006 und 2007 vom entschieden:

Der angefochtene Bescheid betreffend Gegenstandsloserklärung betreffend Berufung vom gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen für Kapitalertragsteuer 2006 und 2007 vom wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Laut Aktenlage erging an die GmbH (in weiterer Folge: Bw.) zu Handen der Masseverwalterin ein mit datierter Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart betreffend Kapitalertragsteuer 1-12/2006 und 1-12/2007 sowie über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 von € 81.69 und 2007 von € 94,28.

Mit Eingabe vom erhob die Masseverwalterin für die Bw. Berufung gegen die oben bezeichneten Bescheide und beantragte Fristverlängerung für eine Berufung bis , die auch vom Finanzamt bewilligt wurde.

Aufgrund der Berufungsausführungen der Masseverwalterin vom erließ das Finanzamt am einen Mängelbehebungsauftrag zur Nachreichung einer Begründung für die Umsatzsteuer und den Haftungsbescheid bis . Die Säumniszuschläge wurden darin nicht erwähnt.

Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Gegenstandsloserklärung aus, wonach "Ihre Berufung vom gegen die Umsatzsteuerbescheide 2006-2008 v. u. Haftungsbescheide sowie SZ-Bescheide v. gemäß § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen gelten", mit der Begründung, dass dem Auftrag, die Mängel der Berufung bis zum zu beheben, nicht entsprochen worden sei.

Mit Eingabe vom wurde dagegen Berufung erhoben und um Erstreckung der Berufungsfrist bis zum ersucht.

Mit Bescheid vom wurde dieser Berufung Folge gegeben und der Zurücknahmebescheid vom aufgehoben.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde ein neuerlicher Mängelbehebungsauftrag auch zu den Bescheiden über die Festsetzung eines Säumniszuschlages 2006-2008 erlassen mit Frist zur Beantwortung bis zum .

Nach mehreren Fristverlängerungsansuchen gab das Finanzamt mit Bescheid vom dem letzten Ansuchen vom nicht statt.

Ebenfalls mit Bescheid vom erklärte das Finanzamt die Berufung vom hinsichtlich KESt 2006 und 2007 sowie Säumniszuschlag 2006 bis 2008 gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos, da dem Auftrag zur Mängelbehebung nicht nachgekommen worden sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom verwies die Bw. darauf, dass die Berufung mit allem bisher Mitgeteilten als Begründung aufrecht erhalten werden und angeregt werde, die skandalös gelaufene Betriebsprüfung amtswegig zu überprüfen.

Diese Berufung wurde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrages richtete, mit Bescheid vom zurückgewiesen.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass bereits am ein Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der genannten Bescheid mit Frist bis ergangen sei; diese Frist sei am letztmalig bis zum verlängert worden. Gleichzeitig sei die Bw. auf die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der Mängelbehebungsfrist, nämlich dem Ergehen eines Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheides belehrt worden.

Ein neuerlicher Fristverlängerungsantrag vom sei mit Bescheid vom aus den dort genannten Gründen abgewiesen worden, sodass in der Folge der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen sei.

Mit Schreiben vom brachte die Bw. gegen diese Berufungsvorentscheidung Berufung ein mit folgender Begründung:

Die Abgabenbehörde hätte die Berufung nicht abweisen dürfen - explizit keinen Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheid erlassen dürfen, sondern hätte aufgrund der bei der Behörde vorliegenden ausreichenden Berufungsgründe über die Berufung entscheiden müssen.

Es sei zwar richtig, dass die Bw. es bisweilen nicht geschafft habe, die geplante detaillierte Gründung für die ursprüngliche Berufung nachzureichen. Allerdings rechtfertige dies nicht im Geringsten, dass die Abgabenbehörde die im Akt vorliegenden Berufungsgründe einfach ignoriert habe und einen Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheid erlassen habe.

Die Bw. beantrage, dass die Abgabenbehörde die ursprüngliche Berufung mit den im Akt vorliegenden Berufungsgründen entscheide. Insbesondere handle es sich um den Berufungsgrund, dass tatsachenwidrig und fehlerhaft im Jahr 2007 ein vielfach zu hoher Umsatz festgestellt worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 250 Abs. 1 BAO : "Die Berufung muß enthalten: a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet; b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden; d) eine Begründung."

Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Zunächst ist festzuhalten, dass über das Vermögen der Bw. am mit Beschluss des Landesgerichtes, S1, das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwältin Dr. R. zur Masseverwalterin bestellt wurde. Der Konkurs wurde in weiterer Folge mit Beschluss vom , bekannt gemacht am , aufgehoben, nachdem zuvor ein Sanierungsplan angenommen wurde.

Ungeachtet dessen übermittelte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart im Anschluss an die Außenprüfung den diesem Berufungsverfahren zugrunde liegenden Haftungsbescheid samt Säumniszuschlagsbescheiden vom an die Bw. "z.Hdn." der damaligen Masseverwalterin Dr. R. an deren Adresse.

Mit der Konkurseröffnung ändert sich zwar nichts am Steuersubjekt. Steuerschuldner bleibt der Gemeinschuldner. Allerdings verliert der Gemeinschuldner mit Konkurseröffnung alle Verwaltungs- und Verfügungsrechte betreffend die Konkursmasse. Die alleinige Vertretungsbefugnis des Masseverwalters führt abgabenrechtlich zur Stellung des Masseverwalters als zur Vertretung bestimmtes Organ gemäß § 80 BAO (vgl. Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze18, § 46 KO Tz. 86 ff.).

Das abgabenrechtliche Vertretungsmonopol des Masseverwalters bewirkt, dass Bescheidadressat nur der Masseverwalter sein darf und nach Konkurseröffnung an den Gemeinschuldner adressierte Bescheide ein rechtliches Nichts, ein sogenannter Nichtbescheid sind (vgl. Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze18, § 46 KO Tz. 92).

Die als "Haftungsbescheid" bezeichnete Erledigung des Finanzamtes vom entfaltete demzufolge keine Rechtswirksamkeit (siehe etwa auch , , oder mwN).

Die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung ist daher unzulässig.

§ 273 BAO ist gegenüber § 85 Abs. 2 BAO die speziellere Norm. Ist ein Antrag von vornherein zurückzuweisen, kommt ein Mängelbehebungsverfahren nicht in Betracht (vgl. Ritz, BAO4, § 85 Tz. 10). Eine mangelhafte Berufung, die jedenfalls unzulässig ist, ist a limine zurückzuweisen, ohne dass ein Mängelbehebungsverfahren betreffend inhaltlicher Mängel durchzuführen ist ().

Da das Finanzamt keine rechtswirksamen Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 und 2007 erlassen hat, wäre die Berufung insoweit sie sich gegen diese Bescheide richtet, von vornherein gemäß § 273 BAO als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Der angefochtene Bescheid vom , wonach die Berufung gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 und 2007 als gegenstandslos erklärt wurde, ist daher aufzuheben, da insoweit gar kein Mängelbehebungsverfahren durchgeführt werden hätte dürfen.

Bemerkt wird abschließend, dass das Finanzamt laut Kontoabfrage die gegenständlichen Säumniszuschläge bereits am abgeschrieben hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at