Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. ist Angestellte. Der sie betreffende Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung vom , erstellt für den Zeitraum bis , enthält folgende Angaben (S 9 ff/2002 Arbeitnehmerveranlagungsakt, im Folgenden kurz: ANV-Akt):
- Von bis : Angestellte; Y-AG.
- Von bis : Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung; Y-AG.
- Von bis : Angestellte; Z-AG.
Am langte die Erklärung der Bw. zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2002 beim zuständigen Finanzamt ein. Am erging der Bezug habende Einkommensteuerbescheid, der eine Abgabennachforderung von 150,95 € ergab; dieser Bescheid, der zwei Lohnzettel anführt (einen Lohnzettel der Y-AG, betreffend den Zeitraum 1. Jänner bis , und einen Lohnzettel der Z-AG, betreffend den Zeitraum 15. April bis : S 6/2002 ANV-Akt), enthält folgende Begründung:
"Sie haben während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten. Die Lohnsteuer wurde von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt. Bei der Veranlagung werden Ihre Bezüge zusammengerechnet und so besteuert, als wären sie von einer Stelle ausgezahlt worden. Sie zahlen damit genau so viel Steuer wie jeder andere Steuerpflichtige, der dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen hat."
Gegen den angeführten Einkommensteuerbescheid erhob die Bw. am Berufung:
Ihr Dienstverhältnis bei der Y-AG habe bis zum gedauert, ihr Gehalt habe sie bis zum und Urlaubsersatzleistung bis zum bezogen. Laut angefochtenem Einkommensteuerbescheid habe sie von der Y-AG jedoch bis zum Geldleistungen erhalten; dies sei falsch.
Auf S 8/2002 ANV-Akt befindet sich eine "Bestätigung für den Dienstnehmer" ("Datensammelsystem der Gebietskrankenkassen") der Y-AG betreffend die Bw.: Darin wird das Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses mit und das Ende ihres Entgeltanspruches mit angegeben; außerdem wird bestätigt, dass die Bw. vom bis zum eine Urlaubsentschädigung bzw. -abfindung bezogen hat.
Weiters befindet sich auf S 13/2002 ANV-Akt ein Aktenvermerk (ohne Datum und ohne Handzeichen bzw. Unterschrift) betreffend ein Telefonat mit Frau X, Personalverrechnung Y-AG, wonach die Bw. ihr Gehalt bis zum und Urlaubsersatzleistung bis zum bezogen habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab:
Gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 liege ein Pflichtveranlagungstatbestand ua. dann vor, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert worden seien, bezogen worden seien. Im gegenständlichen Fall habe die Bw. von der Y-AG für den Zeitraum bis eine Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung bezogen. Die Tätigkeit der Bw. bei der Z-AG habe am begonnen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
In ihrem Vorlageantrag vom führte die Bw. aus, im angefochtenen Einkommensteuerbescheid (Erstbescheid) sei der Bezugszeitraum betreffend die Y-AG mit 1. Jänner bis und jener betreffend die Z-AG mit 15. April bis angegeben worden. Aus dem dem Vorlageantrag beiliegenden Schreiben der Y-AG (dabei handelt es sich um die bereits oben angeführte "Bestätigung für den Dienstnehmer" ("Datensammelsystem der Gebietskrankenkassen") betreffend die Bw. (S 8/2002, S 18/2002 ANV-Akt)) sei ersichtlich, dass ihr Beschäftigungsverhältnis am geendet (das heiße, dass sie ihr Gehalt bis zum bezogen habe) und dass sie vom bis zum Urlaubsentschädigung bezogen habe. Dies sei ihr am 13. November telefonisch von Frau X, Personalverrechnung, bestätigt worden. Die Berufungsvorentscheidung vom führe aus, dass die Bw. von der Y-AG für den Zeitraum bis eine Urlaubsabfindung bzw. -entschädigung bezogen habe; die Tätigkeit der Bw. bei der Z-AG habe am begonnen.
Die Berufung der Bw. beziehe sich nun auf Folgendes: Im Einkommensteuerbescheid vom habe das Finanzamt den Bezugszeitraum bei der Y-AG bis angegeben - dieser sei falsch (siehe beiliegendes Schreiben), und in der Berufungsvorentscheidung vom sei der Zeitraum bei der Y-AG bis angegeben worden - dieser sei richtig. Daher werde um Richtigstellung des Zeitraumes ersucht, da die Bw. von der Y-AG ein Gehalt bzw. eine Urlaubsentschädigung bezogen habe, nämlich vom bis zum , und nicht vom bis zum . Um Herabsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2002 werde ersucht.
Am wurde das Rechtsmittel der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 41 Abs. 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 59/2001, lautet:
"(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn
1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 € übersteigt,
2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind,
3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5 oder 6 zugeflossen sind,
4. in einem Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr berücksichtigte besondere Verhältnisse gemäß § 63 Abs. 1 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen,
5. der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt wurde, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.
§ 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden."
Nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ist eine Pflichtveranlagung durchzuführen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitigzwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind; dadurch wird dem progressiven Einkommensteuertarif Rechnung getragen, der bei Versteuerung des Gesamteinkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) idR eine höhere Einkommensteuerschuld ergibt als bei der getrennten Lohnversteuerung zweier jeweils für sich niedrigerer Einkommen (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG [], § 41 Anm. 16). Lohnsteuerpflichtige Einkünfte liegen vor, wenn es sich der Art nach um Einkünfte handelt, von denen grundsätzlich ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist (nicht entscheidend ist, ob im Einzelfall tatsächlich Lohnsteuer einbehalten wurde: Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, § 41 Anm. 6).
Zwischen den Parteien des gegenständlichen Abgabenverfahrens ist unstrittig, dass die Bw. von der Y-AG im Anschluss an ihre fortlaufenden Gehaltszahlungen vom bis zum eine Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung erhalten hat; dies wird durch den Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung, durch die "Bestätigung für den Dienstnehmer" der Y-AG, die Ausführungen der Bw. im Rechtsmittelverfahren und die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes bestätigt (siehe oben; der im Einkommensteuerbescheid vom enthaltene Bezugszeitraum vom bis zum betreffend die Y-AG wurde von der Abgabenbehörde I. Instanz in der Berufungsvorentscheidung nicht mehr aufrecht erhalten). Ebenso ist zwischen den Parteien unstrittig, dass die Bw. ab bei der Z-AG als Angestellte tätig war und für den Zeitraum bis von dieser Bezüge erhalten hat.
Damit steht freilich fest, dass die Bw. im Kalenderjahr 2002 zumindest zeitweise gleichzeitig(nämlich vom bis zum ) zwei lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen hat, nämlich die Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung von der Y-AG (deren Lohnsteuerpflicht in § 67 Abs. 8 lit. d EStG 1988 ausdrücklich normiert ist) und das Gehalt von der Z-AG; es wurden somit für zumindest einen Lohnzahlungszeitraum (Kalendermonat) Bezüge von mehrals einem Arbeitgeber bezogen.
Damit ist aber das Schicksal der Berufung bereits entschieden, denn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (siehe oben) ist im gegenständlichen Fall ein Pflichtveranlagungstatbestand gegeben, weshalb sich die Vorgangsweise des Finanzamtes als rechtskonform erweist. Entgegen dem Vorbringen der Bw. vermag die - ohnehin im Sinne der Bw. geklärte, siehe oben - Tatfrage, ob die Urlaubsabfindung bzw. -entschädigung vom bis zum oder vom bis zum bezogen wurde, an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da sich bereits unter Zugrundelegung des Zeitraumes 15. April bis eine den Tatbestand der Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 auslösende, zumindest zeitweise zeitliche Überschneidung zweier lohnsteuerpflichtiger Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, ergibt.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Einkommensteuer lohnsteuerpflichtige Einkünfte Lohnsteuerabzug Lohnzahlungszeitraum Bezugszeitraum Arbeitnehmerveranlagung Pflichtveranlagung zeitliche Überschneidung Kalenderjahr Kalendermonat progressiver Einkommensteuertarif Urlaubsabfindung Urlaubsentschädigung |
Verweise | Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG [], § 41 Anm. 6, 16 |
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