Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie bei Kauf unter Eigentumsvorbehalt
Rechtssätze
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RV/0441-L/05-RS1 | Bei Kauf eines Wirtschaftsgutes unter Eigentumsvorbehalt ist Anschaffungszeitpunkt und Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums iSd. § 24 Abs.1 lit. d BAO nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern der Zeitpunkt der vollständigen Entrichtung des Kaufpreises. Da die Investitionszuwachsprämie nur im Jahr der Anschaffung geltend gemacht werden kann und hier der Kaufvertrag zwar im Dezember des Berufungsjahres unter Eigentumsvorbehalt abgeschlossen wurde, die Bezahlung des Kaufpreises jedoch erst im Jänner des dem Berufungsjahr folgenden Jahres erfolgt ist, ist die Berücksichtigung der Investitionsprämie im Berufungsjahr gem. § 108e EStG 1988 unzulässig. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Huber Treuhand WT-GmbH & CoKG, 5020 Salzburg, Fürstenallee 1, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2003 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 beantragte der Bw. die Berücksichtigung einer Investitionszuwachsprämie gem. § 108e EStG 1988 iHv. 24.777,62 €, darin enthalten die Investitionszuwachsprämie für einen Kippsattelauflieger iHv. 2.100,00 €.
In der Niederschrift vom stellte der Prüfer fest, dass die geltend gemachte Prämie iHv. 24.777,62 € um 2.100,00 € auf 22.677,62 € zu kürzen sei.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und setzte mit Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie gem. § 108e EStG 1988 mit 22.677,62 € fest. Begründet wurde der Bescheid damit, dass gem. § 108e EStG 1988 eine Investitionszuwachsprämie für gebrauchte Wirtschaftsgüter nicht möglich sei (siehe Niederschrift vom ).
Dagegen erhob der steuerliche Vertreter mit Schreiben vom Berufung und beantragte die Investitionszuwachsprämie für 2003 entsprechend der eingereichten Erklärung mit 24.777,62 € festzusetzen. Bei dem im Jahr 2003 um 21.000,00 € angeschafften Kippsattelauflieger handle es sich um ein ungebrauchtes Wirtschaftsgut iSd. § 108e Abs. 2 EStG 1988 iVm. Rz. 8219 EStRL 2000. Der Auflieger sei direkt vom Hersteller, der Firma X-GmbH.., erworben worden, ohne dass dieser zuvor vom Hersteller anderweitig verwendet worden sei. Die leihweise Zurverfügungstellung an das Unternehmen des Bw. vor der Anschaffung stehe in direktem Zusammenhang mit dem Kauf des Aufliegers. Im Sinne einer Vorbereitungshandlung für den Kauf sei die Überlassung lediglich dazu bestimmt, dem Bw. die Gelegenheit zu bieten, sich von der Eignung des Aufliegers für die konkreten Anforderungen seines Betriebes zu überzeugen. Die Feststellung, dass es sich bei dem Auflieger um ein gebrauchtes Wirtschaftsgut handle, sei somit nicht zutreffend, weil der Auflieger im Unternehmen des Bw. erstmals dem Anlagevermögen zugeführt worden sei. Der Auflieger sei daher in die Bemessungsgrundlage für die Investitionszuwachsprämie für 2003 miteinzubeziehen.
Der Berufung beigelegt wurde eine Kopie der Rechnung vom , ausgestellt von der Firma X-GmbH. ., mit folgendem Inhalt: "Hinsichtlich des am vom Bw. übernommenen Aufliegers ist ein Fixpreis von 21.000,00 € vereinbart. Das Fahrzeug bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum."
In der Stellungnahme vom führte der Betriebsprüfer aus, dass der Bw. den gegenständlichen Kippsattelauflieger von Mai 2003 bis zum endgültigen Kauf von der Firma X-GmbH. . angemietet habe. Laut eingeholten Auskünften von Vertretern der Firma des Bw. habe es sich um eine kurzfristige Kaufentscheidung gehandelt, da ein Erwerb ursprünglich nicht geplant gewesen sei. Der Auflieger sei zwar vom Hersteller nicht anderweitig verwendet worden, es müsse jedoch festgehalten werden, dass der gegenständliche Auflieger bereits am von der Firma X-GmbH. . auf eigenen Namen angemeldet worden sei und auch der Kaufpreis erheblich unter dem Neupreis eines neuen gleichwertigen Aufliegers gelegen sei. Die erstmalige Zuordnung zum Betriebsvermögen des Vermieters sei dadurch gegeben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie für 2003 als unbegründet abgewiesen. Nach einer Eintragung der Zulassungsstelle der VersicherungA, sei der Auflieger am auf die Firma X-GmbH. . zugelassen worden und am durch die Zulassungsstelle der VersicherungB, wieder abgemeldet worden. Die Zulassung auf den Bw. sei erst im Jahr 2004 erfolgt. Der Kippsattelauflieger sei nach Auskunft des Betriebsprüfers bzw. der Buchhaltung von Mai bis Dezember 2003 angemietet worden. Gem. § 108e Abs. 2 EStG 1988 seien prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Angeschaffte Wirtschaftsgüter seien jedenfalls dann ungebraucht, wenn sie im Zeitpunkt des Erwerbs fabriksneu seien. Gebraucht sei ein Wirtschaftsgut, wenn es bereits eine wertmindernde Verwendung erfahren habe. Durch die lange Mietdauer (Mai bis Dezember 2003) könne von einer vorhandenen Wertminderung bzw. nicht mehr erstmaligen Zuführung zum Anlagevermögen ausgegangen werden. Eine Vorbereitungshandlung für den Kauf könne ebenfalls nicht erblickt werden, da die Eignung des Aufliegers für die Anforderungen des Betriebes innerhalb eines kürzeren Zeitraumes herauszufinden gewesen wäre. Der Kaufpreis sei nach Auskunft des Betriebsprüfers gegenüber gleichartigen, neuen Aufliegern niedriger, sodass auch dieser Umstand für eine Wertminderung spreche. Der Kippsattelauflieger sei als gebraucht zu qualifizieren und die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie iHv. 2.100,00 € zu versagen.
Der steuerliche Vertreter beantragte mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat. Auf die Begründung in der Berufung vom werde verwiesen. Da das gegenständliche Gerät unbestrittenerweise ausschließlich vom Bw. genutzt worden sei, könne von einer Wertminderung nicht gesprochen werden. Auf Grund des Erwerbes durch den Bw. habe für das Gerät eine Bewertung auf dem Markt stattgefunden. Von einer langen Mietdauer könne keinesfalls gesprochen werden. Beim Erwerb derartiger Geräte sei nicht nur die Eignung der entsprechenden Gerätetype zu überprüfen, sondern auch die Qualität und Funktionsfähigkeit des Gerätes. In einer gewissen Anzahl von Fällen seien nämlich bei vom Bw. erworbenen neuen Geräten nach einiger Zeit Mängel- und Funktionsstörungen aufgetreten, die auf Produktionsfehler zurückzuführen seien und einen wirtschaftlichen Einsatz eines Gerätes unmöglich gemacht hätten. Der Kaufpreis für den Bw. habe sich dadurch ergeben, dass der ursprüngliche Kaufpreis um die im Mietzeitraum entrichteten Mieten vermindert worden sei. Dass der Kaufpreis gegenüber neuen Aufliegern niedriger gewesen sei, sei nicht darauf zurückzuführen, dass es sich um ein gebrauchtes Gerät gehandelt habe, sondern ausschließlich darauf, dass die Mietzahlungen auf den Kaufpreis angerechnet worden seien. Zusammenfassend sei unter Berücksichtigung der Teleologie der gesetzlichen Bestimmung zur Investitionszuwachsprämie anzuführen, dass der vom Gesetzgeber angestrebte Förderungszweck nicht dadurch vereitelt werde, dass ein Wirtschaftsgut vor seiner Anschaffung vom Erwerber bereits genutzt worden sei. Insgesamt liege somit im Fall der Anschaffung durch den Bw. eine förderungswürdige Anschaffung vor. Der Ausschluss gebrauchter Wirtschaftsgüter von der Investitionszuwachsprämie diene ausschließlich dem Zweck eine mehrfache Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie zu vermeiden. Die Gefahr einer mehrfachen Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für den gegenständlichen Sattelauflieger sei im vorliegenden Fall zweifelsfrei nicht gegeben und werde auch vom Finanzamt nicht behauptet.
Der Unabhängige Finanzsenat forderte mit Schreiben vom den Bw. auf, durch Vorlage des Mietvertrages und des nachfolgenden Kaufvertrages nachzuweisen, dass der Kauf des berufungsgegenständlichen Kippsattelaufliegers von allen Anfang an, also bereits im Mai 2003, vereinbart gewesen sei.
In der Vorhaltsbeantwortung vom führte der steuerliche Vertreter aus, dass nie behauptet worden sei, dass der Kauf des berufungsgegenständlichen Kippsattelaufliegers von Anfang an, also bereits im Mai 2003, vereinbart gewesen sei. Es sei beabsichtigt gewesen, das Gerät hinsichtlich der Funktionsfähigkeit und sonstiger Eigenschaften, insbesondere der Reparaturanfälligkeit, kennen zu lernen. Mit dem Erzeuger sei vereinbart worden, dass im Falle eines Kaufes die bezahlte Miete auf den Kaufpreis angerechnet werde.
Beigelegt wurde ein Schreiben der Firma X-GmbH. . vom , aus dem hervorgeht, dass der Kippsattelauflieger von der Firma X-GmbH. . an die Firma des Bw. leihweise zum marktüblichen Mietpreis überlassen worden sei. Sollte der Kippsattelauflieger den Anforderungen und Vorstellungen des Bw. entsprechen und vom Bw. angekauft werden, so vermindere sich der Kaufpreis um die bezahlte Miete. Die von der Firma X-GmbH. . vorgenommene Anmeldung des Kippsattelaufliegers sei in Zusammenhang mit der Überlassung an den Bw. vorgenommen worden. Für den gegenständlichen Kippsattelauflieger sei keine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht worden.
Mit Telefonat vom ergänzte der steuerliche Vertreter, dass der vollständige Kaufpreis für den gegenständlichen Kippsattelauflieger am entrichtet wurde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.
Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter iSd § 108e Abs. 2 EStG 1988 sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens....
Die Investitionszuwachsprämie kann nur im Jahr der Anschaffung geltend gemacht werden. Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung (Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums), also der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit iSd faktischen Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut (; ; ).
Für das gegenständliche Verfahren bedarf es der Klärung der Frage, wann der Bw. an dem Auflieger das wirtschaftliche Eigentum erworben hat. Es ist dies der Zeitpunkt, ab dem er entsprechend § 24 Abs.1 lit. d BAO über den Kippsattelauflieger die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausüben konnte. Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung geltend machen kann ().
Die Rechnung über den gegenständlichen Kippsattelauflieger vom weist neben dem vereinbarten Fixpreis von 21.000 € noch den Zusatz aus, dass das Fahrzeug bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Verkäufers, also der Firma X-GmbH.., verbleibt (Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes).
Grundsätzlich erwirbt der Käufer mit der Übergabe auch das Eigentum am Kaufgegenstand, und zwar auch dann, wenn er den Kaufpreis nicht sofort zahlt (§ 1063 ABGB). Bei Kreditgeschäften wird allerdings von den Parteien regelmäßig vereinbart, dass der Verkäufer auch nach Übergabe der Sache bis zur vollständigen Zahlung des Preises Eigentümer bleiben soll: sog. Eigentumsvorbehalt. Der Verkäufer ist hier nur verpflichtet, dem Käufer aufschiebend bedingtes Eigentum zu übertragen; der Käufer erwirbt erst mit Bedingungseintritt, also der Kaufpreiszahlung Eigentum (Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts, 10. Auflage, Bd. I, S. 327).
Zweck des Eigentumsvorbehaltes ist es daher die eigentumsbegründende Wirkung der Übergabe aufzuschieben. Der Eigentumsvorbehalt verpflichtet etwa den Vorbehaltskäufer, die Sache vor Bezahlung des Kaufpreises nicht zu veräußern.
Nach Angabe des steuerlichen Vertreters ist die vollständige Entrichtung des Kaufpreises durch den Bw. am erfolgt.
Der Bw. hat daher das wirtschaftliche Eigentum an dem gegenständlichen Kippsattelauflieger erst im Jahr 2004 erworben. Der Anschaffungszeitpunkt bzw. der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums liegt außerhalb des Berufungsjahres 2003.
Für den gegenständlichen Kippsattelauflieger ist daher im Jahr 2003 die Berücksichtigung einer Investitionszuwachsprämie iHv. 2.100 € nicht zulässig.
Weiters war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Dezember 2003 der Kippsattelauflieger zumindest sechs Monate in Verwendung, laut Angaben des Bw. vollkommen bestimmungsgemäß um diesen auf Qualität und Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Der Kippsattelauflieger war daher nicht mehr als ein "ungebrauchtes" Wirtschaftsgut iSd. § 108e Abs.2 EStG 1988 zu qualifizieren.
Aus den oben angeführten Gründen hat das Finanzamt daher bei der Berechnung der Investitionszuwachsprämie für 2003 völlig korrekt die Prämie iHv. 2.100,00 € nicht gewährt.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 1 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Investitionszuwachsprämie wirtschaftliches Eigentum Eigentumsvorbehalt Anschaffungszeitpunkt ungebraucht |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at