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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 19.06.2006, RV/0041-G/05

a.) Zeitgerechte Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie b.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0041-G/05-RS1
Investitionszuwachsprämie wurde erst nach Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides des betreffenden Jahres beantragt. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde abgewiesen.
Folgerechtssätze
RV/0041-G/05-RS1
wie RV/0203-F/03-RS1
Wird eine Investitionszuwachsprämie erst nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides geltend gemacht, ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen, in dem die Prämie abweichend von der Selbstberechnung richtig mit Null festgesetzt wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des K, vertreten durch Dr. Binder & Co Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, 8010 Graz, Neufeldweg 93, vom bzw. vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom bzw. vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO sowie betreffend Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bzw. sein steuerlicher Vertreter reichte am die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 beim Finanzamt ein. Die Erklärung trägt neben der Unterschrift des Bw. das Datum . Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2002 erlassen.

1) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO

Mit Schriftsatz vom beantragte der steuerliche Vertreter des Bw. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO betreffend Investitionszuwachsprämie 2002. Die Berechnung der Investitionszuwachsprämie sowie die Erstellung des Antrages auf dem Formular "E 108e" seien zeitgleich mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erfolgt. Auf dem Formular für die Einkommensteuererklärung des Jahres 2002 habe sich keine Möglichkeit befunden auf die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie hinzuweisen. Da der Gewinn mittels Einnahmen/Ausgaben-Rechnung ermittelt werde, habe die Investitionszuwachsprämie auch weder bilanziert noch in einer Mehr/Weniger-Rechnung berücksichtigt werden können. Bei der Einreichung der Steuererklärungen sei leider irrtümlich übersehen worden, das Antragsformular für die Investitionszuwachsprämie miteinzureichen. Dieser Irrtum sei erst im Zuge der Bilanzierungstätigkeit für das Jahr 2003 bemerkt worden. Da ein solches Versehen nur äußerst selten vorkomme, sich im vorliegenden Fall aber ausnahmsweise aufgrund widriger Umstände ergeben habe, sei dieses Versehen nach Ansicht des steuerlichen Vertreters des Bw. als nur leicht fahrlässig im Sinn des § 1332 ABGB einzustufen. Gemäß § 308 Abs. 1 BAO hindere ein minderer Grad des Versehens die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht. Ein minderer Grad des Versehens sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit leichter Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB gleichzusetzen. Weiters werde auf die Stellungnahme des hingewiesen, in der ein ähnlicher Sachverhalt positiv beurteilt worden sei. Gleichzeitig mit diesem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde das Formular "E 108e" eingereicht, mit dem eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von 2.325,00 € beantragt wurde. Dieses Formular trägt weder ein Datum, noch eine Unterschrift.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Finanzamt abgewiesen mit der Begründung, dass im vorliegenden Fall eine Vertretung durch einen rechtskundigen Parteienvertreter vorliege. Es sei daher zu erwarten, dass die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche Sorgfalt nicht außer Acht gelassen werde. Zu den Aufgaben einer berufsmäßigen Kanzleiorganisation gehöre auch die fristgerechte Wahrnehmung von Steuerbegünstigungen. Der Parteienvertreter habe sicherzustellen, dass Steuerbegünstigungen dem Steuerpflichtigen auch zugute kommen und müsse demnach die organisatorischen Überwachungen vornehmen. Er könne sich nicht darauf verlassen, dass die Abgabenbehörde ihn daran erinnere oder dass in den Steuerformularen Hinweise auf Begünstigungen enthalten seien. Somit sei dem steuerlichen Vertreter ein den Grad minderen Versehens übersteigendes Organisationsverschulden anzulasten, welches der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehe. Überdies sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass die fristgerechte Antragstellung wegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses nicht möglich gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben mit der Begründung, ein einem Vertreter widerfahrendes Ereignis stelle dann für die Partei einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unverschuldetermaßen eingetreten sei und für ihn unvorhergesehen und unabwendbar sei. Insofern sich ein Parteienvertreter zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Personen bediene, habe er alle Vorsorgen und Kontrollen zu treffen, die die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben gewährleiste. Andernfalls könne ein Auswahlverschulden hinsichtlich der Personen, deren er sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben bediene, vorliegen. Dem Bw. selbst sei im vorliegenden Fall kein Versehen unterlaufen. Auch seinem steuerlichen Vertreter sei weder ein Auswahlverschulden noch eine Verletzung der Überwachungs- und Aufsichtspflichten gegenüber seinen Kanzleiangestellten zur Last zu legen. Sowohl im Zusammenhang mit der Erstellung von Steuererklärungen als auch bei der Verwaltung von Fristen und ähnlichem seien in der Kanzlei das "Vier-Augen-Prinzip" und weitere Kontrollmechanismen vorgesehen, deren Einhaltung überprüft und dokumentiert werde. Die Wirksamkeit dieser Kontrollmechanismen sowie die Tatsache, dass die Kanzleiangestellten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sehr sorgfältig seien, sei daraus ersichtlich, dass Fristversäumnisse oder irrtümliche Nichteinreichungen von Formularen nur äußerst selten und bei Vorliegen äußerst unglücklicher Umstände passierten. Ein den Grad minderen Versehens übersteigendes Organisationsverschulden der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Bw. liege somit nicht vor. Die Fristversäumung (für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002) sei erst im Zuge der Erstellung der Steuererklärungen für das Jahr 2003 (im August 2004) bekannt geworden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei somit rechtzeitig gestellt worden. Der Bw. sei daher durch ein unvorhergesehenes Ereignis ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Einreichung des Antrages auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie gehindert gewesen.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wurde damit begründet, dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten. Auch wenn kanzleiintern Kontrollmechanismen vorgesehen seien, sei es ohne Einfluss eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses zur Fristversäumnis gekommen. Schwierige Umstände (neue Gesetze, fehlendes Erinnerungsverfahren) sowie die Tatsache, dass derartige Versäumnisse nur selten vorkommen, spielen keine Rolle. Während des Fristversäumnisses seien daher keine außergewöhnlichen Umstände vorgelegen, die andere Steuerpflichtige, die das gleiche Antragsverfahren durchführen mussten, nicht auch betroffen hätten.

Der Vorlageantrag enthält keine weiteren Ausführungen.

2) Antrag auf Durchführung des Veranlagungsverfahrens gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO

Gleichzeitig mit der Einbringung der Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde (für den Fall, dass dieser Berufung nicht Folge gegeben werde) der Antrag auf Durchführung des Veranlagungsverfahrens und Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO gestellt. Da das Verzeichnis gemäß § 108e Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 als Abgabenerklärung gegolten habe, habe das Finanzamt auch dann ein Veranlagungsverfahren durchzuführen und die Investitionszuwachsprämie gutzuschreiben gehabt, wenn die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie erst nach dem Ergehen des Einkommensteuerbescheides, jedoch innerhalb der Bemessungsverjährung von fünf Jahren erfolgt sei. § 108e EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 habe zwar vorgesehen, dass das Verzeichnis betreffend Investitionszuwachsprämie der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen sei, eine Rechtsfolge für den Fall der späteren Einreichung des Verzeichnisses sei aber nicht vorgesehen gewesen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Festsetzung der Investitionszuwachsprämie in der beantragten Höhe vom Finanzamt abgewiesen, weil der Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie verspätet eingebracht worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vorgebracht, § 108e Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 verweise ausdrücklich auf § 201 BAO. Geregelt werde weiters, dass sowohl die Prämie als auch eine Prämiennachforderung bzw. Rückforderungsansprüche als Abgabe vom Einkommen im Sinne der BAO gelten und dass auf die Gutschrift jene Bestimmungen der BAO anzuwenden seien, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Daraus ergebe sich, dass § 201 BAO auf die Investitionszuwachsprämie anzuwenden sei. Es werde daher um antragsgemäße Festsetzung der Investitionszuwachsprämie ersucht.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wurde damit begründet, dass die Festsetzung einer Abgabe gemäß § 201 BAO voraussetze, dass der Abgabepflichtige verpflichtet sei, eine selbst zu berechnende Abgabe bekannt zu geben, wobei es zur Festsetzung komme, wenn der Abgabepflichtige diese Verpflichtung nicht erfülle oder die Selbstberechnung nicht richtig sei. Diese Voraussetzungen aber seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Im Vorlageantrag wurde ergänzend vorgebracht, dass die Gutschrift der Investitionszuwachsprämie am Abgabenkonto bereits aufgrund der Einreichung des Formulars E 108e erfolgen müsse, weil dieses Formular (Verzeichnis) als eigene Abgabenerklärung gelte. Im Gesetz (§ 108e Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002) sei zwar vorgesehen gewesen, dass das Verzeichnis der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen sei, eine Rechtsfolge für den Fall der nicht gleichzeitigen Abgabe sei jedoch nicht vorgesehen gewesen. § 108e Abs. 4 EStG 1988 idF StReformG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004 sei erst ab dem Jahr 2004 anzuwenden. Gemäß § 108e Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 sei die sich aus dem Verzeichnis ergebende Investitionszuwachsprämie daher gutzuschreiben.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist. Der behauptete Wiedereinsetzungsgrund muss bereits im Antrag glaubhaft gemacht bzw. müssen bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beigebracht werden (vgl. zB den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, ).

Im Wiedereinsetzungsantrag brachte der steuerliche Vertreter des Bw. vor, die Erstellung des Antrages auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie (Verzeichnis) sei zeitgleich mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erfolgt. Lediglich bei der Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2002 sei irrtümlich übersehen worden, das Formular "E 108e" (Verzeichnis) miteinzureichen. Ein solches Versehen komme im Rahmen der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Bw. nur äußerst selten vor, habe sich im vorliegenden Fall aber aufgrund widriger Umstände ausnahmsweise ergeben.

Worin die" widrigen Umstände" gelegen seien wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht ausgeführt. Ausgeführt wurde lediglich, dass das Verschulden der Partei an der Versäumung der Frist gering - nämlich nur leicht fahrlässig - gewesen sei. Der steuerliche Vertreter des Bw. übersieht dabei, dass Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, dass die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbaresEreignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Wenn ein solches Ereignis nicht vorliegt - wobei im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag überhaupt nicht ausgeführt wurde, worin dieses Ereignis bestanden haben sollte -, fehlt es bereits an einer grundlegenden Voraussetzung für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Verschulden an der Fristversäumnis ist in diesem Fall nicht mehr relevant. Die vage Umschreibung, die Frist sei aufgrund "widriger Umstände" versäumt worden, stellt keine Glaubhaftmachung eines konkret zu nennenden unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses im Wiedereinsetzungsantrag dar. Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Finanzamt erfolgte daher bereits aus diesem Grund zu Recht.

In der Berufung wurde ergänzend ausgeführt, die Versäumung der Frist beruhe nicht auf einem Verschulden des Parteienvertreters selbst, das unbestrittenermaßen einem Verschulden des Bw. gleichzuhalten wäre, sondern lediglich auf einem Versehen eines der Kanzleiangestellten des steuerlichen Vertreters des Bw. Da diese im übrigen jedoch alle gut geschult und sehr sorgfältig seien, liege auch kein Auswahl- oder Organisationsverschulden des steuerlichen Vertreters vor, das über den Grad eines minderen Versehens hinausgehe.

Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden eines Kanzleibediensteten stützt, hat schon im Antrag darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft. Dies erfordert ein substanziiertes Vorbringen darüber, dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber oder sein bevollmächtigter Vertreter die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. ). Abgesehen davon, dass die vorhin genannten Ausführungen nicht im Wiedereinsetzungsantrag, sondern erst in der Berufung gegen den Bescheid betreffend die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages enthalten waren, wurde weder der Name des Kanzleiangestellten genannt, dem das Versehen angeblich passiert ist, noch wurden sonst nähere Umstände dargelegt, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise zur Fristversäumnis führten.

Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Fall kein einziges Indiz für die Behauptung des steuerlichen Vertreters gibt, der Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie (Verzeichnis) sei zeitgleich mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erstellt und lediglich aufgrund eines Versehens eines Kanzleiangestellten nicht eingereicht worden. Im Gegensatz zu den Fällen, die nach den Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bw. "positiv beurteilt" worden seien, gibt es im vorliegenden Fall weder in den Steuererklärungen des Jahres 2002 noch in den damit eingereichten Beilagen irgendeinen Hinweis auf die gleichzeitige Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie. Der vorliegende Sachverhalt ist mit jenen, die vom Bundesministerium für Finanzen (vgl. die Ausführungen in SWK 17/2004, S 584) bzw. vom unabhängigen Finanzsenat (vgl. RV/0143-F/04) "positiv beurteilt" wurden daher nicht vergleichbar, weil in den genannten Fällen als erwiesen angesehen werden konnte, dass der Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie tatsächlich gleichzeitig mit der Steuererklärung des betreffenden Jahres erstellt und nur aufgrund eines Versehens (eines Kanzleiangestellten) nicht gleichzeitig eingereicht worden war. Im vorliegenden Fall spricht gegen die gleichzeitige Erstellung von Einkommensteuererklärung und Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie überdies, dass die Einkommensteuererklärung neben der Unterschrift des Bw. das Datum "" trägt, der mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingereichte Antrag zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie hingegen weder ein Datum noch eine Unterschrift aufweist. Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass auf die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie im Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärungen des Jahres 2002 schlicht und einfach vergessen wurde, weshalb kein bloßes Versehen einer Kanzleikraft bei der Abgabe oder Versendung der Erklärungen, sondern ein Verschulden des steuerlichen Vertreters selbst an der Fristversäumnis vorliegt. Die (ganz allgemein gehaltenen) Ausführungen des steuerlichen Vertreters des Bw. hinsichtlich des Nichtvorliegens eines Auswahl- oder Organisationsverschuldens können somit dahingestellt bleiben. Das Vergessen des steuerlichen Vertreters wurde auch in dem Zeitpunkt, in dem ihm die Bescheide für das Jahr 2002 zugestellt wurden, noch nicht bemerkt, weil offensichtlich nicht kontrolliert wurde, ob die - nach Ansicht des steuerlichen Vertreters ohnedies rechtzeitig beantragte - Investitionszuwachsprämie auch gewährt wurde. Damit liegt eine Sorglosigkeit des steuerlichen Vertreters vor, die dazu führt, dass es sich bei diesem Vergessen nicht bloß um einen minderen Grad eines Versehens handelt. Das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumnis aber ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl. nochmals zB ).

Abgesehen davon, dass das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses, das zur Versäumung der Frist führte, im Wiedereinsetzungsantrag nicht behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht wurde, führte somit nicht ein Versehen eines Kanzleiangestellten, sondern vielmehr ein Verschulden des steuerlichen Vertreters selbst, das über ein Versehen minderen Grades hinausgeht, zur Versäumung der Frist für die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie. Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Finanzamt erfolgte daher zu Recht.

2) Antrag auf Durchführung des Veranlagungsverfahrens gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO (Investitionszuwachsprämie)

Der Bw. bzw. sein steuerlicher Vertreter meinen, dass die Investitionszuwachsprämie - unabhängig vom Ausgang des Berufungsverfahrens betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - jedenfalls in der beantragten Höhe gutzuschreiben sei, weil das entsprechende Verzeichnis rechtzeitig beim Finanzamt eingereicht worden sei. Da das Verzeichnis gemäß § 108e Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 im Streitjahr als Abgabenerklärung gegolten habe, habe das Finanzamt - nach Ansicht des Bw. - auch dann ein Veranlagungsverfahren durchzuführen und die Investitionszuwachsprämie gutzuschreiben, wenn diese erst nach dem Ergehen des Einkommensteuerbescheides, jedoch noch innerhalb der Bemessungsverjährung von fünf Jahren, geltend gemacht worden sei. § 108e EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 habe zwar vorgesehen, dass das Verzeichnis betreffend Investitionszuwachsprämie der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen sei, eine Rechtsfolge für den Fall der späteren Einreichung des Verzeichnisses sei aber nicht vorgesehen gewesen.

Die im Streitjahr geltende Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 lautete: "Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung." § 108e Abs. 5 erster Satz EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 lautete: "Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen."

Daraus geht hervor, dass die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie im Streitjahr an die Abgabe der Steuererklärung gebunden war. Als Folge ergibt sich, dass im Fall einer verspäteten Geltendmachung ein die beantragte Investitionszuwachsprämie abweisender Bescheid im Sinn des § 201 BAO zu ergehen hat (vgl. RV/0203-F/03, sowie BMF in SWK 17/2004, S 584).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie erforderliche Verzeichnis (E 108e) nicht nur erst nach Abgabe der Einkommensteuererklärung, sondern erst nach Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides des Streitjahres eingereicht wurde. Damit erübrigt sich auch die Auseinandersetzung mit der Frage, ob im vorliegenden Fall die in Erlässen kundgemachte "Toleranzregelung", wonach die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie noch bis zum Ergehen (Zustellung) des das jeweilige Jahr betreffenden Einkommensteuerbescheides als rechtzeitig erachtetet wurde, anzuwenden ist. Die - offenbar auf den Ausführungen von Giesinger (vgl. SWK 10/2004, S 389, und SWK 20/21/2004, S 654) beruhende - vom Bw. vertretene Rechtsansicht, wonach jede innerhalb der Bemessungsverjährung von fünf Jahren erfolgte Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie zur antragsgemäßen Gutschrift der Prämie führen müsse, teilt der unabhängige Finanzsenat - wie bereits in zahlreichen Berufungsentscheidungen ausgesprochen wurde (vgl. zB RV/0027-F/04) - nicht. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch der Verfassungsgerichtshof in einem die Behandlung einer Beschwerde ablehnenden Beschluss () keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im Streitjahr geltende Regelung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002, wonach die Investitionszuwachsprämie gleichzeitig mit der Steuererklärung zu beantragen war, hatte, weil es sich - laut Verfassungsgerichtshof - bei der Investitionszuwachsprämie um eine steuerliche Begünstigung gehandelt habe, für deren Erlangung der Gesetzgeber die Einhaltung bestimmter Formerfordernisse verlangen habe dürfen.

Da der Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie somit verspätet eingebracht worden war, war die Selbstberechnung des Bw. objektiv rechtswidrig und damit unrichtig im Sinn des § 201 BAO. Das Finanzamt hatte daher - entgegen der Ansicht des Bw. - die Investitionszuwachsprämie nicht in der von ihm beantragten Höhe, sondern mit 0,00 € festzusetzen. Der auf § 201 fußende, den Antrag auf Festsetzung der beantragten Prämie abweisende Bescheid entspricht inhaltlich einer Festsetzung mit 0,00 € (vgl. ), weshalb wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 108e Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Investitionszuwachsprämie
Zeitpunkt der Einreichung des Verzeichnisses
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at