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Berufungsentscheidung - Zoll (Referent), UFSZ1W vom 08.03.2010, ZRV/0093-Z1W/08

Entstehung der Mineralölsteuerschuld bei Entnahme von Testbenzin aus einem Steuerlager, wenn der Freischein des Verwenders bereits erloschen ist.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
ZRV/0093-Z1W/08-RS1
Übergibt der Inhaber eines Freischeins zur steuerbefreiten Verwendung von Testbenzin den Verwendungsbetrieb, so hat der Freischein keine automatische Gültigkeit auch für den Übernehmer des Betriebes in Form einer am Betrieb hängenden "dinglichen Wirkung". Gemäß § 17 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z.4 MinStG erlischt in einem solchen Fall der Freischein und wäre durch den Übernehmer des Betriebes neu zu beantragen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf., Adr., vertreten durch RA.., xxx, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zl. X, betreffend Mineralölsteuer entschieden:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt für die Bf. (Beschwerdeführerin, im Folgenden: Bf.) für die Jahre 2004, 2005 und 2006 gemäß § 201 BAO und §§ 21 Abs.1 Z.1 und 22 Z.1 MinStG Mineralölsteuer in Höhe von 106.419,71 € fest. Begründend wurde ausgeführt, dass am durch das Zollamt W. der Firma X. der Freischein Nr. zum Bezug von steuerfreiem Testbenzin ausgestellt worden war. Am erfolgte ein Zusammenschluss des Teilbetriebs X1 der X. mit der X2 im Sinne des Art. IV Umgründungssteuergesetz rückwirkend auf den Ablauf des . Der für die Firma X. ausgestellte Freischein konnte nicht der Firma X2 zugerechnet werden, da keine Gesamtrechtsnachfolge mit Übernahme aller Rechtspositionen vorliege, sondern eine Einzelrechtsnachfolge und die Beantragung und Ausstellung eines Freischeins für die X2 nicht erfolgt war. Damit sei auch die Einbringung eines Mitunternehmeranteiles an der X2 an die X3 unerheblich. Da sohin Mineralöl aus einem Steuerlager weggebracht worden sei, ohne dass sich ein Steueraussetzungsverfahren angeschlossen hat, sei jeweils gemäß § 21 Abs.1 Z.1 iVm § 22 Z.1 MinStG die Steuerschuld für den Inhaber des Steuerlagers, die Firma Bf. , entstanden. Da dazu keine Selbstberechnungen vorlagen, war gemäß § 201 BAO ein Nachforderungsbescheid zu erlassen. Gemäß der Anlage 1 des Bescheides ergab sich aus der auf die Jahre 2004, 2005 und 2006 aufgeschlüsselten Berechnung eine Mineralölsteuerschuld in Gesamthöhe von 106.419,71 €.

Gegen den am zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Darin wurde der Bescheid zur Gänze angefochten und zum Sachverhalt ausgeführt, dass die Bf. seit Jahren an die X. Testbenzin mineralölsteuerfrei liefere, die dieses Testbenzin als Gleitmittel bei der Erzeugung von Folien und Dichtschmieren in ihrem Verwendungsbetrieb in A. verwende. Genau für diesen Verwendungszweck besitze sie einen vom Zollamt W. am unbefristet ausgestellten Freischein, der sie zum mineralölsteuerfreien Bezug dieses Testbenzins berechtige. Am wurde durch Zusammenschlussvertrag vom genau dieser Teilbetrieb F. der Firma X. an die neu gegründete X2 übertragen. In weiterer Folge erfolgten die Lieferungen der Bf. wie bisher an diesen Standort. Die X2 hatte es in weiterer Folge verabsäumt, den Freischein auf sich umschreiben zu lassen und es erfolgten die Lieferungen der Bf. weiterhin unter Steueraussetzung auf der Grundlage des Freischeins vom .

Von diesem Sachverhalt ausgehend sei es evident, dass die Voraussetzungen zur steuerfreien Lieferung des Testbenzins in den Verwendungsbetrieb "Hauptlager" zum begünstigten Verwendungszweck laut Freischein vom erfüllt waren, es habe lediglich den Formalfehler gegeben, dass als Adressat des Freischeins noch immer die X. und nicht deren Betriebsnachfolger X2 angeführt war. Die Grunderfordernisse der Steueraufsicht über den Betrieb gemäß § 12 Abs.3 MinStG waren jederzeit gegeben. Das MinStG stelle gemäß dessen §§ 11 ff und 28 für die ausnahmsweise steuerfreie Lieferung auf einen Betrieb bzw. den Verwendungszweck, nicht aber auf die Person ab. Die Person des Betriebsinhabers spielt nur für die Antragstellung und als Adressat des Freischeins eine Rolle. In diesem Sinn sei der Freischein im Gesetz als "dinglicher Bescheid" ausgestaltet, der am Verwendungsbetrieb haftet und bei dessen Übertragung auch auf den Nachfolger übergehe. Es sei dann eine Berichtigung hinsichtlich des Adressaten des Freischeins vorzunehmen, eine materiell-rechtliche Auswirkung habe dies nicht. Auch § 28 Abs.1 Z.4 MinStG würde mit der Regelung, dass das Recht zur Führung eines begünstigten Betriebes bei dessen Übergang auf eine andere Person oder Personenvereinigung erlischt, dem nicht widersprechen. Diese Gesetzesstelle wolle vorbeugen, dass bei Verkauf eines Betriebs oder Umstrukturierung eines ganzen Unternehmens der Freischein in unbeabsichtigten Besitz gelange. Die Gesetzesintention sei, dass der Freischein an den von ihm profitierenden Betrieb gebunden bleibt, eine bloß formelle Änderung des Betriebsnamens bzw. der Parteibezeichnung sei hierbei nicht schädlich. Daher war der Freischein vom im Zeitraum 2004 bis 2006 nach wie vor gültig gewesen.

Im Übrigen habe die Bf. für jede Lieferung die Anzeige gemäß § 51 MinStG vorgenommen. Die nunmehrige Nachforderung an Mineralölsteuer könne nicht mehr auf die Kunden der X2 weitergewälzt werden und stelle daher für sie eine enorme finanzielle Belastung dar. Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , B 916/02 zum umsatzsteuerlichen Buchnachweis ausgeführt, dass die Versagung der Steuerbefreiung nicht allein darauf gestützt werden kann, dass eine im Gesetz verlangte formelle Voraussetzung nicht erbracht werden kann, wenn auf andere Weise erweislich ist, dass ansonsten die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Lieferung vorlagen. Dieser Gedanke sei auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem für den gegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit unzweifelhaft vorlagen und lediglich der Formalfehler bestand, dass der Adressat des Freischeins nicht korrigiert worden war, wofür lediglich eine Berichtigung durch Datenumstellung vonnöten sei. Letztlich sei die Bf. als Lieferant in einer Position, in der sie mangels näheren Wissens über die Verhältnisse ihrer Kunden auf die Gültigkeit von deren Freischeinen vertrauen muss. Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufung stattzugeben und den Mineralölsteuerbetrag von 106.419,71 € zu streichen. Angefügt war dem Berufungsschreiben eine Aufstellung der im Zeitraum bis gelieferten Mengen an Testbenzin.

In der Berufung wurde auch der Antrag auf die Aussetzung der Einhebung dieses Betrages nach § 212a BAO gestellt, dem mit Bescheid des Zollamtes vom stattgegeben worden war.

Mit einem weiteren Schreiben vom wurde dem Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt ein seinerzeitiges Schreiben des für die X2 zuständigen Zollamtes W. vom an die H. vorgelegt, in dem es aufgrund einer Anfrage die Auskunft erteilt hatte, die Änderung des Firmennamens auf einem Freischein sei nicht erforderlich. Eine Berichtigung des Freischeins sei auch dann nicht erforderlich, wenn der auf dem Freischein enthaltene Adressat nicht mit dem Rechnungs(empfangs)adressaten übereinstimme. Genau das liege beim belieferten Verwendungsbetrieb und dem weiterhin gegebenen begünstigten Zweck vor. Auch aus diesem Grund sei der Berufung stattzugeben, da die Abgabenbehörden gemäß § 114 BAO und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an den Grundsatz von Treu und Glauben gebunden sind.

In der Berufungsvorentscheidung des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom wurde der Spruch des Erstbescheides dahingehend konkretisiert, dass nunmehr die Abgaben jahresweise aufgeschlüsselt wurden, nämlich für das Jahr 2004 mit 46.892,00 €, 2005 mit 50.816,07 € und 2006 mit 8.711,63 €, ansonsten aber wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Zusammenschluss des Teilbetriebes X1 der X. mit der X2 ohne die gemäß § 16 Abs.1 MinStG notwendige Verständigung des Zollamtes erfolgt war. In weiterer Folge habe die X5 durch Vertrag vom ihren Kommanditanteil an der X2 rückwirkend zum in die X3 eingebracht, sodass die Vermögensgegenstände und Schulden der X2 durch Anwachsung auf die X3 übergingen. Am stellte das Zollamt W. für die Firma X3 einen Freischein aus. Aus dem Zusammenschlussvertrag betreffend den Teilbetrieb F. der X. mit der X2 zitierte das Zollamt aus dessen Punkt I, dass sich alle Aktiven und Passiven, Forderungen und Verbindlichkeiten, Rechte und Pflichten aus dem Teilbetrieb im Weg des Zusammenschlusses auf die X2 übertragen sollen und diese die Übertragung annimmt. Aus dieser Formulierung leitet das Zollamt den Willen der Vertragspartner ab, dass sich alle und nicht nur die vermögensbezogenen Rechte und Pflichten, die die X. dem Teilbetrieb X1 zugeordnet hatte, auf die X2 übertragen sollten, somit auch das der X. aus dem gegenständlichen Freischein zustehende Recht. Von einer behördlichen Bewilligung war dabei nicht die Rede. Zur Frage, ob nun diese Übertragung der Rechte aus dem Freischein "geglückt" sei, ob also bei diesem Übertragungsvorgang eine Gesamtrechtsnachfolge oder Einzelrechtsnachfolge der X2 eingetreten sei, stützt sich das Zollamt auf § 25 Abs.1 UmgrStG, wonach die Rechtsnachfolge der übernehmenden Personengesellschaft beschränkt sei auf die Buchwertübertragung, d.h., über den Bereich des Bilanzsteuerrechts hinaus bewirke der Zusammenschluss keine Rechtsnachfolge, insbesondere liege keine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne von § 19 Abs.1 BAO vor. Nur bei einer solchen gingen aber alle sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Auch für das Abgabenverfahrensrecht ergebe sich aus Art. IV UmgrStG keine Rechtsnachfolge. Nicht angesprochen sei im Vertrag der allfällige Übergang von Rechten aus einer Bewilligung einer Abgabenbehörde, z.B. aus dem gegenständlichen Freischein. Wie bei einer Einzelrechtsnachfolge die Vertragsverhältnisse neu zu begründen seien, bedürfe auch das Recht aus einer behördlichen Bewilligung einer neuen Begründung. Der Freischein für die X. habe für die X2 nicht gewirkt bzw. sei von dieser kein neuer Freischein beantragt worden. Daher könne sich auch eine Untersuchung der rechtlichen Folgen der anschließenden Einbringung eines Mitunternehmeranteils an der X2 an die X3 erübrigen. Weder habe die erstere nach dem noch die zweitere bis zum einen Freischein für die steuerfreie Verwendung von dem durch die Bf. gelieferten Testbenzin gehabt. Gemäß § 13 Abs.1 Z.1 MinStG ist im Freischein anzugeben der Name (die Firma) und die Anschrift des zum unversteuerten Bezug und zur steuerfreien Verwendung berechtigten Inhabers des Verwendungsbetriebes. Gemäß § 15 Abs.1 MinStG darf der Lieferant Mineralöl nur dann unversteuert abgeben, wenn im Zeitpunkt der Abgabe ein gültiger Freischein des Empfängers vorliegt. Bei Nichterfüllung dieser Voraussetzungen entstehe nach den §§ 21 Abs.1 und 22 Z.1 MinStG für den Inhaber des Steuerlagers die Mineralölsteuerschuld. Dem Argument der dinglichen Wirkung des Freischeins hielt das Zollamt entgegen, dass dem Mineralölsteuergesetz die Regelung einer solchen dinglichen Wirkung nicht zu entnehmen sei. Es gebe zwar dingliche Wirkungen von Bescheiden, doch handelt es sich dabei um gesetzlich ausdrücklich angeordnete, über den Bescheidadressaten hinausgehende Rechtswirkungen eines Bescheides, wobei das Zollamt zu dieser Rechtsansicht zwei VwGH-Entscheidungen zitiert. Im MinStG sei klar geregelt, dass nur der durch Namen bzw. Firma konkretisierte Inhaber eines Verwendungsbetriebes aus dem Freischein berechtigt sei, was im Gegenteil eine dingliche Wirkung ausschließen würde. Dazu käme, dass die X. während des gesamten Zeitraums weiterexistiert habe und der auf sie ausgestellte Freischein mangels Widerruf oder Erlöschens für diese bis zum rechtswirksam war. Bezüglich der Auskunft des Zollamtes W. einer unschädlichen Namensänderung führt das Zollamt aus, dass es sich hier nicht nur um eine Namensänderung handelte, sondern mit der Umwandlung eines Teilbetriebs der X. in die X2 eine neue Rechtsperson entstanden und nicht bloß eine Namensänderung erfolgt sei. Auch mit dem Hinweis auf ein VfGH-Erkenntnis sei für die Bf. nichts zu gewinnen, weil es dabei nicht um die Versagung einer Steuerbefreiung wegen der mangelhaften Form eines Nachweises, sondern um die Versagung einer Steuerbefreiung wegen Fehlens einer bescheidmäßigen Bewilligung ging. Somit seien die Lieferungen von Testbenzin im Zeitraum bis an die X2 bzw. X3 in der Weise erfolgt, dass diese Benzinmengen aus dem Steuerlager ohne Vorliegen eines gültigen Freischeins für den Empfänger in den freien Verkehr entnommen wurden und damit eine Steuerschuld gemäß § 21 Abs.1 MinStG entstanden sei. Zum Zeitpunkt der Festsetzung der Steuern waren sie für den Zeitraum vor 2004 gemäß § 207 Abs.2 BAO bereits verjährt, für den Zeitraum ab 2004 seien sie gemäß § 201 Abs.2 Z.3 MinStG vorzuschreiben gewesen. In Hinblick auf die Ermessensübung nach § 20 BAO führt das Zollamt aus, dass für Billigkeitserwägungen im vorliegenden Fall kein Platz bliebe, da der Grundsatz von Treu und Glauben nicht zur Anwendung kommen könne und die Bf. in den Jahren 2000 bis 2006 die zu erwartende Sorgfalt bezüglich der Freischeine nicht obwalten ließ, wenn sie in ihrer Berufungseingabe selbst zugesteht, ihre Kunden erst ab Auftreten der strittigen Fragen mit Nachdruck darauf aufmerksam gemacht habe, Freischeine auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Unter Beachtung des Prinzips der Rechtsrichtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erachte es das Zollamt trotz des Umstandes, dass jede einzelne Lieferung von Testbenzin dem Zollamt W. gemäß § 51 MinStG angezeigt worden war, als zweckmäßig, die Mineralölsteuer für die Jahre 2004 bis 2006 unter Heranziehung der unbedenklichen Gewichtsangaben festzusetzen.

Gegen die Berufungsvorentscheidung wurde mit Schriftsatz vom von der Bf., damals vertreten durch die RA , fristgerecht Beschwerde an die Abgabenbehörde II. Instanz erhoben. Darin wurden die schon bisher gegebene Sachverhaltsdarstellung und die rechtlichen Argumente dazu, teilweise mit zusätzlichen Ausführungen, neuerlich vorgebracht. Zum Fragenkreis der dinglichen Wirkung des Freischeins wird hingewiesen auf die Feststellung des Zollamtes, wonach "alle und nicht nur die vermögensbezogenen Rechte und Pflichten", die die X. dem Teilbetrieb X1 zugeordnet hat, auf die X2 übergegangen seien, was auch für das Recht aus dem Freischein gelten müsse. Im Übrigen würden auch in einer Zusammenschlussbilanz allenfalls nicht mit einem eigenen Wertansatz angesetzte Vermögensgegenstände und Rechte vom übertragenen Vermögen umfasst sein. Eines besonderen Übertragungsaktes hinsichtlich von Bescheiden, mit denen dem Rechtsvorgänger ein bestimmtes Recht eingeräumt wurde, bedürfe es bei der Unternehmensübernahme im Weg der Einzelrechtsnachfolge dann nicht, wenn dem Bescheid dingliche Wirkung zukomme. Rechtsprechung und Lehre nehmen solche dingliche Wirkungen von Bescheiden auch dann an, wenn eine ausdrückliche diesbezügliche gesetzliche Anordnung fehlt, wozu die Bf. Literatur- und Judikaturverweise anführt. Im vorliegenden Fall ergebe sich die dingliche Wirkung des Freischeins daraus, dass er durch Nennung des Verwendungsortes und Verwendungszweckes eindeutig betriebsbezogen sei und seine Regelung daher am Betrieb hafte, ungeachtet des Umstandes, dass im Gesetzestext eine solche dingliche Wirkung nicht ausdrücklich genannt werde. Aufgrund des Zusammenschlussvertrages stehe der X2, später der X3 das alleinige Ausübungsrecht für Rechte aus dem übernommenen Betrieb zu. Somit durfte die X2 weiterhin steuerbefreiten Testbenzin beziehen bzw. die Lieferanten an sie steuerfrei liefern, womit die Vorschreibung an Mineralölsteuer zu Unrecht erfolgt sei. Die zollamtliche Aufsicht sei jederzeit möglich gewesen und das Zollamt habe der X3 nach Durchführung der Umgründungvorgänge ohne Weiteres einen neuen Freischein ausgestellt. Zitiert wurde die VwGH - Entscheidung vom , 2002/17/0119, wonach der bloße Wechsel des Inhabers eines Verwendungsbetriebes ohne Dazutreten weiterer Umstände nicht zur Ungültigkeit des Freischeins führt. Es sei auch die Rechtsauffassung der Behörde verfehlt, dass aus § 16 Abs.1 MinStG eine Verpflichtung des Inhabers eines Verwendungsbetriebes herleitbar wäre, solche Umgründungsvorgänge der Behörde bekannt zu geben. Auch sei das Argument verfehlt, dass der Freischein aufgrund von § 17 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z.4 MinStG infolge Übergangs auf eine andere Person oder Personenvereinigung erloschen sei. Das träfe zwar für die X. zu, die keinen Verwendungsbetrieb mehr führt, die Bestimmung sage aber nichts darüber aus, dass der Freischein für den Übernehmer des Betriebes erlöschen würde, sondern stelle nur sicher, dass es nicht zwei Freischeine hinsichtlich nur eines Verwendungsbetriebes geben könnte. Entgegen der Ansicht des Zollamtes sei die zitierte VfGH-Entscheidung vom sehr wohl zur Unterstützung der Rechtsmeinung der Bf. heranziehbar und es stelle überdies eine Verletzung gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Verhältnismäßigkeitsgebot dar, wenn überschießend, um nicht zu sagen willkürlich, aufgrund formeller Mängel eine materiell zustehende Steuerbefreiung nicht gewährt wird. Es sei in Anbetracht der völlig unveränderten Betriebsfortführung auch die Regelung des § 21 BAO zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise von abgabenrechtlichen Fragen heranzuziehen. Auch daraus wäre zu folgern, dass zu keiner Zeit eine Mineralölsteuerschuld entstand. Der Lieferant, also die Bf., darf gemäß § 15 Abs.1 MinStG Mineralöl nur dann unversteuert abgeben, wenn ein gültiger Freischein des Empfängers vorliege. Die Bf. wurde am von der X. in Kenntnis gesetzt, dass der ehemalige Geschäftsbereich F. nunmehr als eigenständiges Unternehmen am Markt firmiert und angewiesen, Fakturen auf den neuen Firmenwortlaut ausstellen zu lassen. Die Bf. hatte aber keinen Anlass am Vorliegen eines gültigen Freischeins zu zweifeln und es kann aus dem Gesetz keine weitergehende Verpflichtung des Lieferanten ersehen werden, Umgründungsmaßnahmen beim Kunden daraufhin zu überprüfen, ob dadurch ein Freischein seine Gültigkeit verloren habe. Es sei daher auch der Vorwurf zurückzuweisen, erst jetzt verspätete Maßnahmen ergriffen zu haben. Vor dem Hintergrund des Schreibens des Zollamtes W. vom erweise sich die Abgabenfestsetzung als willkürlich und nicht sachgerecht. Im Übrigen seien die einzelnen Lieferungen dem Zollamt gemäß § 51 MinStG mit allen relevanten Angaben zur Kenntnis gebracht worden, und zwar auch der Empfänger, die X2 , ohne dass das Zollamt dies beanstandet hätte.

Aus diesen Gründen werde der Antrag gestellt, die vom Zollamt vorgenommene Mineralölsteuerfestsetzung für 2004 bis 2006 zu streichen.

Erneuert wurde in der Beschwerde auch der Antrag auf Aussetzung der Einhebung des Abgabenbetrages gemäß § 212a BAO.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Dem Abgabenverfahren liegt der Sachverhalt zugrunde, dass die Bf. seit April 1997 aus dem Steuerfreilager Adr. unversteuert Testbenzin Isopar H entnahm und aufgrund des vom Zollamt W. am der Firma X. unbefristet ausgestellten Freischeins Nr. als steuerfreien Testbenzin in Tankwagen zu ihrem Verwendungsbetrieb im Hauptlager in A. lieferte. Als steuerfreier Verwendungszweck nach § 4 Abs.1 Z.9 MinStG 1995 ist im Freischein eingetragen: "Als Gleitmittel bei der Erzeugung von Folien und Dichtschmieren". Zu diesem Betrieb fanden in der Zeit ab 2000 mehrere Umgründungsvorgänge statt, der erste am , "steuerlich und wirtschaftlich rückwirkend auf den Ablauf des ", mit dem die neu gegründete X2 dort die Rechtsnachfolge der X. antrat, die unversteuerten Benzinanlieferungen jedoch weiterhin bis auf Basis des bisherigen Freischeins erfolgten. Für die X2 als neue Inhaberin des Verwendungsbetriebes war nie ein Freischein ausgestellt worden. Im Jahr 2006 wurde dieser Umstand vom Zollamt aufgegriffen, gemäß dem Antrag der nach der zweiten Umgründung nunmehrigen Betriebsinhaberin X3 der Freischein der X. widerrufen und am für die X3 ein neuer Freischein mit der Nr.1 für denselben Verwendungszweck ausgestellt. Am wurde der Verwendungsbetrieb auf die Produktionshalle der X3 abgeändert. In den Jahren 2000 bis April 2006 wurden insgesamt 452.600 kg Testbenzin Isopar H geliefert, davon entfällt auf die Zeit 2004 bis April 2006 eine Gesamtmenge von 194.720 kg. In den Lieferscheinen der Bf. scheint in diesem Zeitraum die X2 auf, ab Ende 2005 die X3 .

Zum Steuerlager an der Adresse Adr. ist auszuführen, dass die Bewilligung nach § 29 MinStG dafür gemäß dem Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom , Zl. 100/VM/0008787/1/95 die Bf. hatte, mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom , Zl. 100/00000/1/2001-16 auf die N. und schließlich mit Bescheid des Zollamtes Y. vom , Zl. 226/00000/1/2004 auf die Firma C übertragen wurde.

Die relevanten abgabenrechtlichen Bestimmungen in der zum Sachverhalt zeitbezogenen Fassung sind (soweit nicht schon in der Berufungsvorentscheidung zitiert):

Aus dem Mineralölsteuergesetz:

§ 17 Abs.1: Für das Erlöschen des Freischeins gilt § 28 Abs.1 und Abs.2 Z.1 und 4 sinngemäß. Weiters ist der Freischein zu widerrufen, wenn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren kein Mineralöl bezogen wurde.

...

Abs.3: Liegt im Zeitpunkt der Abgabe kein gültiger Freischein des Empfängers mehr vor, entsteht die Steuerschuld auch für den Inhaber des erloschenen Freischeins.

§ 21 Abs.1: Soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld dadurch,

Z.1 dass Mineralöl aus einem Steuerlager weggebracht wird, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren oder Zollverfahren gemäß § 30 Abs.1 Z.3 anschließt, oder dadurch, dass es in einem Steuerlager zum Verbrauch entnommen wird (Entnahme in den freien Verkehr);

...

§ 22: Steuerschuldner ist

Z.1 in den Fällen des § 21 Abs.1 Z.1 der Inhaber des Steuerlagers;

...

§ 28 Abs.1: Das Recht zur Führung eines Herstellungsbetriebes erlischt :

Z.1. durch Widerruf der Bewilligung;

...

Z.4. bei einem Übergang des Betriebes im Erbweg auf den Erben mit dem Eintritt der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses oder mit der tatsächlichen Übernahme des Betriebes durch den Erben auf Grund eines vorhergehenden Beschlusses über die Besorgung und Benutzung der Verlassenschaft, bei einem sonstigen Übergang des Betriebes mit dessen tatsächlicher Übernahme durch eine andere Person oder Personenvereinigung;

Z.5. durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Inhabers des Herstellungsbetriebes oder durch die Ablehnung der Eröffnung des Konkurses mangels Masse.

...

Aus der BAO:

§ 20: Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.

§ 6 Abs.1: Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).

Im Mineralölsteuerrecht wird grundsätzlich die Verwendung von Mineralölen als Treibstoff oder zum Verheizen besteuert (§ 1 Abs.1 MinStG), wobei § 4 leg.cit. einen Katalog an Steuerbefreiungen enthält, also gewisse Verwendungen von Mineralölen steuerfrei stellt. Im vorliegenden Fall kann für die Verwendung von Testbenzin als Gleitmittel die Befreiungsbestimmung in § 4 Abs.1 Z.9 lit.a MinStG zur Anwendung kommen. Für die Inanspruchnahme einer solchen begünstigenden Ausnahmebestimmung ist eine Antragstellung und behördliche Bewilligungserteilung notwendig. Im MinStG ist das derart geregelt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Verwendungsbetrieb gemäß § 12 ein Freischein erteilt wird, aufgrund dessen nun die Entnahme des betreffenden Mineralöls aus dem Steuerlager, seine Verbringung und Abgabe an den Begünstigten und schließlich die Verwendung zum privilegierten Zweck steuerfrei ablaufen können, während im Regelfall mit der Entnahme des Mineralöls aus dem Steuerlager die Steuerschuld gemäß § 21 MinStG entsteht. § 13 MinStG regelt den Inhalt eines solchen Freischeins, § 17 die Fälle seines Erlöschens.

Im vorliegenden Fall steht im Mittelpunkt die Frage, ob durch den Wechsel des Verwendungsbetriebsinhabers bei unveränderten sonstigen Verhältnissen die im Freischein erteilte Begünstigung aufrecht bleibt, was seitens der Bf. im Wesentlichen mit der Argumentation vorgebracht wurde, dass der Freischein dingliche Wirkung habe, also seine inhaltliche Begünstigung sich auf den Übernehmer des Betriebes überträgt, wenn er nur dieselbe Verwendung fortsetzt.

Bei verwaltungsbehördlichen Bescheiden handelt es sich in den meisten Fällen, insbesondere was das Abgabenrecht anbelangt, um Verwaltungsakte, die nur individuelles Recht schaffen, also nur für den Bescheidadressaten selbst verbindliche Anordnungen oder Begünstigungen bewirken, gegenüber Dritten aber keine Wirkung entfalten. Dennoch gibt es Bescheide mit dinglicher Wirkung, wobei diese Wirkung entweder im Gesetz ausdrücklich formuliert ist (z.B. hat § 119 NÖ BauO 1976 die Überschrift "Dingliche Bescheidwirkung" oder § 150 EO die Überschrift "Übernahme von Lasten") oder - mag eine solche ausdrückliche Anordnung auch fehlen ( Zl. 86/06/0020) - sich sonst aus den Zusammenhängen und der Gesetzessystematik ergibt, etwa beim Denkmalschutz, wo z.B. in § 3 Abs.3 Denkmalschutzgesetz angeordnet wird, dass die Unterschutzstellung unbeweglicher Denkmale durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes über dessen Mitteilung im Grundbuch ersichtlich zu machen ist und gemäß § 27 Abs.2 leg. cit. auch über den momentanen Eigentümer hinaus Wirkung entfaltet. Die mit dem vorliegenden Fall eine gewisse Ähnlichkeit aufweisende Frage des Weitergeltens einer Betriebsanlagengenehmigung für den Übernehmer eines Betriebes hat im Erkenntnis des Zl. 84/04/0202 (insbesondere Rechtssatz Nr.2) eine Rolle gespielt, wobei diesbezüglich eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung in § 80 Abs.4 GewO 1973 bestand : "Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit der Genehmigung nicht berührt."

Hingegen besteht im Mineralölsteuerrecht eine solche dingliche Wirkung des Freischeins nicht, weder durch eine ausdrückliche gesetzliche Festlegung noch im Interpretationsweg. Wenn es um die Inanspruchnahme von Begünstigungen und Ausnahmen geht, sind die Abgabenvorschriften allgemein und die Verbrauchsteuergesetze im Besonderen streng förmlich und auf Personen ausgerichtet, insbesondere wird auf die steuerliche Zuverlässigkeit eines Begünstigungswerbers das Augenmerk gelegt, wie das etwa in § 27 Abs.1 MinStG betreffend die Bewilligungserteilung für einen Herstellungsbetrieb zum Ausdruck kommt. Die amtliche Aufsicht (§ 47 MinStG) muss jederzeit gewährleistet bleiben und der Behörde steht die Möglichkeit des Widerrufs solcher Bewilligungen offen, z.B. wenn aus irgendeinem Grund die steuerliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben ist ( § 28 MinStG). Schon daraus ist die streng personenbezogene Grundlinie des Mineralölsteuergesetzes zu ersehen. Es ist auch zu beachten, dass abgabenbehördliche Bewilligungserteilungen nicht mit privatrechtlichen Verträgen "weitergereicht" werden können, daher insbesondere ein Betriebsübernehmer neuerlich um eine Bewilligung ansuchen muss.

Für den Freischein besteht in §§ 12 bis 18 MinStG ein solches streng förmliches Reglement. In § 17 Abs.1 MinStG ist das Erlöschen des Freischeins geregelt, wobei diese Bestimmung auf die Regelung des Erlöschens des Rechtes zur Führung eines Herstellungsbetriebes in § 28 Abs.1 MinStG verweist. Nun ergibt sich aus § 28 Abs.1 Z.4 letzter Teilsatz iVm § 17 Abs.1 MinStG, dass der Freischein erlischt, sobald der Übergang des Betriebes auf eine andere Person oder Personenvereinigung erfolgt. Gerade diese Situation liegt aber mit dem Übergang des Betriebes von der Aktiengesellschaft auf eine Kommanditgesellschaft vor und führt zum Erlöschen des Freischeins. Dem Argument in der Beschwerdeschrift, die Kombination von § 17 Abs.1 MinStG und § 28 Abs.1 Z.4 MinStG solle lediglich sicherstellen, dass es nicht womöglich zwei Freischeine für ein und denselben Verwendungsbetrieb gäbe bzw. dass diese Bestimmung zum Ausdruck bringen solle, dass der Freischein zwar für die übergebende X. erloschen, wohl aber für die übernehmende X2 gültig sei, kann nicht zugestimmt werden, da das Erlöschen eines Freischeins gemäß der gesetzlichen Konzeption eine absolute und einmalige Wirkung hat und nicht das Erlöschen des Freischeins gegenüber einer Person mit dem Aufleben gegenüber einer anderen Person koppelt. Der Betriebsübernehmer müsste vielmehr einen neuen Freischein beantragen. Anders als beim Widerruf, der laut § 28 Abs.3 MinStG nicht rückwirkend (also nur mit Wirkung ex nunc) ausgesprochen werden darf, erlischt in der vorliegenden Situation der Freischein schon im Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsübernahme, also mit Wirkung ex tunc, es kommt nicht auf den Zeitpunkt an, in dem dieser veränderte Umstand von der Behörde oder dem Lieferanten bemerkt wird. Daher hat die Bf. ab dem Zeitpunkt der Betriebsübernahme bei den Entnahmen aus dem Steuerlager solche Waren in Verkehr gebracht, die keine Steuerbegünstigung mehr hatten und es wäre aufgrund dieser Überlegungen die nachträgliche Versteuerung gemäß §§ 21 und 22 MinStG rechtmäßig. Da sich die Steuerbelastung des aus dem Steuerlager entnommenen Benzins direkt aus der Anwendung zweier gesetzlicher Bestimmungen ergibt, ist hier keine weiterführende Interpretationsarbeit zu leisten und es kann sich ein weiteres Eingehen auf die von der Bf. angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen und Lehrmeinungen in der Literatur erübrigen. Im VwGH-Erkenntnis vom , 2002/17/0119, das sich u.a. auch mit der Frage des Erlöschens eines Freischeins auseinandersetzt, lag aufgrund eines Konkursverfahrens ein anderer Sachverhalt vor, wobei auch diese Entscheidung keineswegs die Argumentation von der dinglichen Wirkung eines Freischeins unterstützt, sondern das Erlöschen des Freischeins gemäß § 17 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z.5 MinStG mit der Konkurseröffnung anspricht und - drittletzter Absatz des Erkenntnisses - die erneute Zuerkennung einer verbrauchsteuerrechtlichen Begünstigung an den Masseverwalter im Fall einer Unternehmensfortführung (§ 114a KO) nicht ausschließt.

Die Rechtsfolge des Erlöschens des Freischeins tritt unabhängig von subjektiven Elementen ein, es ist also dabei keine Verschuldensfrage aufzuwerfen, etwa, ob dieser Umstand nicht schon früher bemerkt worden sein könnte. Es wäre für die Bf. auch mit dem Argument der Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben nichts zu gewinnen. Dieser in den Abgabenvorschriften nicht direkt erwähnte Grundsatz ist nach ständiger Rechtsprechung (z.B. ; 2001/16/0063) auch im Abgabenrecht anzuwenden. Ein Aspekt dieses Grundsatzes ist, dass durch einen Fehler der Behörde, insbesondere durch eine Fehlauskunft deren Handeln eventuell in bestimmter Richtung determiniert sein könnte oder es zu einem Abgabenerlass unter dem Aspekt der sachlichen Unbilligkeit gemäß § 236 BAO kommen könnte. Im vorliegenden Fall kommt das schon deshalb nicht zur Anwendung, weil die in Rede stehende Auskunft einem anderen Unternehmen erteilt wurde, wovon die Bf. offenbar durch Zufall erfahren hat, jedenfalls aber selbst nicht Empfänger der behördlichen Auskunft war. Aus einer rechtswidrigen oder fehlerhaften Vorgangsweise bei einem anderen Abgabepflichtigen kann die Partei keine Rechte für sich ableiten (z.B. ), es lässt sich derartiges auch aus § 114 BAO nicht ableiten (z.B. ). Es ist im Übrigen zu vermerken, dass die betreffende Auskunft sich nur auf den Fall einer Namensänderung einer Partei bezog und nicht den Fall ansprach, dass sich die Rechtsperson ändert.

Ebenso ist der Umstand, dass dem Zollamt die Versandmeldungen zugingen und die veränderte Adressatenbezeichnung schon früher hätte auffallen können, in Hinblick auf die Abgabenschuldentstehung nicht von Relevanz. Ein Behördenfehler ändert prinzipiell nichts am (abstrakten) Eintreten eines Abgabenanspruchs, wenn der zugehörige materiell-rechtlich umschriebene Sachverhalt verwirklicht ist. Und das war bei allen Benzinlieferungen ab Erlöschen des Freischeins am wegen § 17 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z.4 MinStG der Fall. Ein "nochmaliges" Erlöschen des Freischeins kann nicht erfolgen, insofern hat der 2006 erfolgte Widerruf des Freischeins durch das Zollamt gemäß § 28 Abs.1 Z.1 MinStG nur noch deklaratorische Bedeutung zwecks Herstellung der Rechtssicherheit.

Gemäß § 201 Abs.2 Z.3 BAO kann die Behörde die Selbstberechnungsabgabe mit Bescheid festsetzen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird, es ist ihr also Ermessensübung eingeräumt. Diese hat sich an § 20 BAO zu halten, also die Aspekte der Billigkeit (d.s. die Interessen der Partei) und der Zweckmäßigkeit (d.s. die Interessen des Abgabengläubigers) zu beachten. Das Zollamt führt in der Berufungsvorentscheidung zur Billigkeit aus, dass der Grundsatz von Treu und Glauben zugunsten der Partei nicht zur Anwendung kommen könne und der Bf. auch anzulasten ist, dass sie sich der Frage um die Steuerfreiheit der Benzinmengen bzw. des Vorliegens eines gültigen Freischeins nicht mit ausreichender Sorgfalt gewidmet hat bzw. erst nach Bekanntwerden dieser Umstände ihre Kunden mit Nachdruck darauf hingewiesen habe, die Freischeine auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Zur Zweckmäßigkeit führt das Zollamt aus, dass das Prinzip der Rechtsrichtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung es gebiete, diese noch nicht verjährten Abgaben festzusetzen. Diese Ermessensübung wäre schlüssig. Die Frage der Verjährung wurde vom Zollamt unter Anwendung von § 207 Abs.2 BAO und § 208 Abs.1 lit.a BAO richtig gelöst.

Dennoch enthält der Bescheid vom und in dessen Fortsetzung die Berufungsvorentscheidung vom in Hinblick auf den in Anspruch genommenen Abgabenschuldner zwei Fehler, die sich in einem Rechtsmittelverfahren nicht sanieren lassen und daher zur spruchgemäßen Aufhebung führen muss.

Das Zollamt subsumiert die Steuerschuldentstehung aufgrund des Sachverhalts richtig unter § 21 Abs.1 Z1. MinStG und erklärt daher gemäß § 22 Z.1 leg.cit. den Inhaber des Steuerlagers zum Steuerschuldner. Gemäß § 22 sind klar zu unterscheiden der Inhaber des Steuerlagers, der Inhaber des (eventuell erloschenen) Freischeins, der Verwender und der Lieferant. Im vorliegenden Fall hatte die Bf. die Rolle des Lieferanten des Testbenzins, sie war aber in der Zeit von 2004 bis 2006 nicht Inhaberin des Steuerlagers an der Adresse Adr. Die Bewilligung für dieses Steuerlager hatte sie inne gemäß den Bescheiden des Hauptzollamtes Wien vom , abgeändert mit Bescheid vom bis zum Ergehen des Bescheides des Hauptzollamtes Wien vom , Zl. X, mit dem die Bewilligung nunmehr auf die N. mit Sitz in B. abgeändert wurde. So ist auch die als Beispiel in den Akt aufgenommene Versandanzeige an das Zollamt W. vom von der N. unterfertigt. Eine neuerliche Änderung in der Bewilligung des Mineralöllagers trat mit Bescheid des Zollamtes Y. vom ein, mit diesem Datum ging die Bewilligung auf die C. über. Die Bf. hatte früher unter der Firmenbuchnummer (FN) Nr.2 agiert, dann gemäß dem Generalversammlungsbeschluss vom (Datum) sich mit der übernehmenden N. (FN Nr.3) mit Sitz in Z. verschmolzen und agierte ab diesem Datum wieder unter dem Namen Bf. mit Sitz in Y. und neuer FN Nr.4 als eigenständiges Unternehmen weiter. Damit konnte die Bf. in der Zeit von 2004 bis 2006 unter Anwendung von § 22 Z.1 MinStG nicht Steuerschuldnerin werden. Die weiteren Z.2 bis Z.6 dieser Bestimmung können nicht zur Anwendung kommen, da sie an Tatbestände aus § 21 anknüpfen, die hier nicht zum Tragen kommen (die steuerbegünstigte Ware wurde gar nicht in den Verwendungsbetrieb aufgenommen; ungeklärter Verbleib der Ware u.a.). Zu vermerken ist, dass bezüglich der Steuerschuldentstehung und der Person des Steuerschuldners die Bestimmungen des MinStG als Spezialregelung die Bestimmungen des Artikels IV des UmgrStG verdrängen. Es ist im Rahmen einer Rechtmittelentscheidung nicht möglich, einen Bescheidadressaten durch den "richtigen" Abgabenschuldner zu ersetzen (z.B. ), sodass schon aus diesem Grund die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben war.

Es gibt noch einen weiteren Punkt betreffend den (die) Abgabenschuldner, zu dem im bisherigen Verfahren ein Mangel zu erblicken ist. Denn gemäß § 17 Abs.3 MinStG entsteht die Steuerschuld auch für den Empfänger, weil gemäß obigen Ausführungen zum Zeitpunkt der Abgabe der unversteuerten Ware der Freischein erloschen war. Hier wahrt das Mineralölsteuergesetz gewissermaßen Symmetrie, denn es soll bei Unregelmäßigkeiten nicht nur in der Sphäre der Abgangsstelle der Ware die Steuerschuld entstehen (hier ist gemäß § 22 Z.1 der Lagerinhaber verantwortlich) , sondern bei Unregelmäßigkeiten auch in der Sphäre des Empfängers, der ja auch durch § 16 MinStG verpflichtet ist. Durch diese Regelung stehen 2 Unternehmen in Form einer Gesamtschuldnerschaft nach § 6 BAO der Behörde gegenüber. Wem sie nun die Abgaben vorschreibt, liegt in ihrem Auswahlermessen, sie kann unter den Gesichtspunkten des § 20 BAO auch nur einem der abstrakten Abgabenschuldner die gesamte Abgabe vorschreiben. Es wäre eine zu begründende Ermessensentscheidung. Dazu lässt das Zollamt aber jegliche Ausführungen vermissen, sodass auch im Fall, dass die Bf. Abgabenschuldnerin wäre, nicht nachvollziehbar wäre, warum nur ihr die (gesamte) Abgabenschuld vorgeschrieben wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 17 Abs. 1 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994
§ 17 Abs. 3 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994
§ 21 Abs. 1 Z 1 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994
§ 22 Z 1 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994
§ 28 Abs. 1 Z 4 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at