Beweis einer Abgabenhinterziehung bei Schätzung des Schlachtendgewichtes von Schweinen
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Miterledigte GZ: |
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FSRV/0022-L/06 |
Entscheidungstext
Gemäß § 170 Abs. 1 FinStrG berichtigte
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 2, Dr. Isolde Zellinger, in der Finanzstrafsache gegen FuGG, M, beide vertreten durch Dr. Hans Estermann, Rechtsanwalt, 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufungen der Beschuldigten vom gegen die Erkenntnisse des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom , SN 2003/00055-001 und SN 2003/00056-001,
zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden in ihrem Ausspruch über Schuld und Strafe dahingehend abgeändert, dass das Finanzstrafverfahren wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG im Zweifel zugunsten der Beschuldigten gemäß §§ 157 iVm. 136 FinStrG eingestellt wird.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnissen vom , SN 2003/00055-001 und 2003/00056-001, hat das Finanzamt Braunau Ried Schärding als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Berufungswerber (=Bw.) nach § 33 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt, weil
FG vorsätzlich als Wahrnehmender der Geschäfte des Fleischhauerei- und Gasthausbetriebes FuGG für den Zeitraum 1999 bis zu seiner Pensionierung im April 2000 den Schweineeinkauf unrichtig angegeben und somit unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht für den angeführten Zeitraum eine Verkürzung an Umsatzsteuer von 2.858,-- € bewirkt habe und
EG vorsätzlich für den Zeitraum Mai 2000 bis 2001 den Schweineeinkauf unrichtig angegeben und somit unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht für 2000 und 2001 eine Verkürzung an Umsatzsteuer von 5.119,-- € bewirkt habe.
Aus diesem Grund wurde gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG über
FG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.100,-- € verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen ausgesprochen und über
EG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000,-- € verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen ausgesprochen.
Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG mit 110,-- € bzw. 200,-- € bestimmt.
Gegen diese Erkenntnisse richten sich die fristgerechten Berufungen der Beschuldigten vom , wobei im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Die Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung hätten die Verteidigung der Bw gestützt, dieses Ergebnis der mündlichen Verhandlung sei jedoch im Erkenntnis völlig negiert worden. Im folgenden führen die Bw im Detail aus, warum ihrer Ansicht nach die Schlussfolgerungen, welche von der Finanzstrafbehörde I. Instanz zur Begründung des Schuldspruchs angeführt worden waren, nicht zutreffen und beantragen die neuerliche Einvernahme bereits befragter und weiterer Zeugen. In dubio pro reo müssten die Bw jedenfalls freigesprochen werden.
Im Folgenden wird, nach Einsichtnahme in den Arbeitsbogen über die Betriebsprüfung und den Finanzstrafakt, der zugrunde liegende Sachverhalt noch einmal zusammengefasst wie folgt dargestellt:
Der Fleischhauereibetrieb FuGG (ab : EG ) hat den Schweineeinkauf überwiegend aus der angeschlossenen, eigenen Landwirtschaft der Familie G getätigt.
Über die meist zu Wochenbeginn geschlachteten Schweinepartien von durchschnittlich 20 Stück eigener Schweine wurden von der Landwirtschaft G (unter Angabe von Kilogewicht, Kilopreis und Stückzahl) Rechnungen an die Fleischhauerei G erstellt, welche in der dortigen Buchhaltung als Betriebsausgaben erfasst wurden.
Im Zuge einer Betriebsprüfung bei der Fleischhauerei G hat die Abgabenbehörde die Feststellung gemacht, dass in diesen Rechnungen das Lebendgewicht der von der eigenen Landwirtschaft angekauften Schweine durchschnittlich mit über 140 kg ausgewiesen und damit nicht brachenüblich war (1999: 142,60 kg, 2000: 143,16 kg, 2001: 142,28 kg). Diesbezüglich zum Beweise vorgelegte Wiegescheine haben sich als manipulierbar herausgestellt und wurde ihnen daher keine ausreichende Beweiskraft zuerkannt.
Demgegenüber hat Tierarzt Dr.PS, als Auskunftsperson befragt, das Schlachtendgewicht der von ihm in der Fleischhauerei G beschauten Tiere zwischen 80 und 110 kg geschätzt, woraus sich unter Anwendung eines Faktors für die Schlachtausbeute (lt. Statistik Austria 1999: 80,6 %, 2000-2001: 80,7 %) ein Lebendgewicht von durchschnittlich rund 118 kg ergibt. Dieser Wert entspricht auch dem Lebendgewicht der, von der Fleischhauerei G von fremden Landwirten zugekauften, Schweine.
Letztlich hat die Abgabenbehörde aus der Summe der Anhaltspunkte, welche das umfangreiche Ermittlungsverfahren erbracht hat, geschlossen, dass das anlässlich der Verrechnung zwischen der Landwirtschaft G und der Fleischhauerei G ausgewiesene, höhere und nicht branchenübliche Gewicht der geschlachteten Schweine nicht den Tatsachen entsprochen hat. Im Ergebnis wurde daher das verrechnete Schweinelebendgewicht nicht anerkannt, sondern, untermauert durch diverse amtliche Statistiken, auf geschätzte 118 kg pro Schwein gekürzt und damit der von der Fleischhauerei G erklärte Wareneinkauf dementsprechend verringert.
In der Folge wurde das gegenständliche Finanzstrafverfahren gegen die Bw eingeleitet und die mündliche Verhandlung durchgeführt:
Darin hat der Zeuge Dr.PS seine erste Aussage abgeschwächt. Zunächst musste er zugeben, dass er die Tiere bei G nicht regelmäßig lebend beschaut habe, sondern sei er gelegentlich durch den Stall gegangen und habe er sich lediglich dabei die Tiere angesehen. Dabei sei ihm aufgefallen, dass manchmal auch schwerere Schweine dabei gewesen seien. Sodann gibt er über Vorhalt zu Bedenken, dass die Schätzung des Gewichtes naturgemäß sehr vage sei und man leicht daneben liegen könne. Ansonsten habe er nur die toten Tiere nach der Schlachtung beschaut. Auf die Frage des Verteidigers nach dem Durchschnittsgewicht der Schweine: Ich kann mir über einen Zeitraum von 3 Jahren ein Durchschnittsgewicht der Schweine von 140 kg schwer vorstellen, schließe es aber nicht aus. Außerdem habe ich geglaubt, dass es für G negativ gewesen wäre, Schweine mit so einem hohen Gewicht zu mästen. Über Vorhalt des Beschuldigten: Es kann sein, dass auch ein schwereres Schwein eine gute Fleischqualität hat. Wenn ich jetzt darüber aufgeklärt werde, dass es sich dabei um das Lebendgewicht handelt, dann kann ich mir ein solches durchschnittliches Lebendgewicht sehr wohl vorstellen. Um vom Lebendgewicht auf das Schlachtgewicht zu kommen, muss man davon etwa 23 % abziehen. Das heißt bei einem durchschnittlichen Lebendgewicht von 140 kg kommt man auf ein Schlachtgewicht von 108 kg.
Demgegenüber hat der vom Bw benannte Zeuge Dipl. Ing. HF, ehemaliger Leiter der Bezirksbauernkammer, definitiv zu Gunsten der Bw ausgesagt: Ich war Leiter der Bezirksbauernkammer und hatte mit dem Betrieb G ab 1995 relativ viel zu tun. Ich bin gerichtlich beeideter Sachverständiger und traue mir zu, das Gewicht von Tieren lebend zu schätzen. Ich traue mir zu auch Schweine auf 5 kg genau zu schätzen. Die Schweine im Betrieb des Beschuldigten hatten ein durchschnittliches Lebendgewicht vor der Schlachtung von 140 kg. Das Schlachtgewicht ist um etwa 20 % weniger. Ab 1995 gab es einen vermehrten Futteranfall durch den Zukauf einer Liegenschaft und daher wurden die Schweine auch intensiver gefüttert. Im Jahr 1999 waren die Ferkelpreise hoch und daher wurden die Schweine auf ein höheres Endgewicht gemästet. Die Verwertbarkeit war auch gegeben. Dieses Konzept ist auch aufgegangen. Diese Verhältnisse bestanden bis 2002 oder Anfang 2003, wo ich den Betrieb zuletzt gesehen habe.
Letztendlich hat jedoch auch die Finanzstrafbehörde I. Instanz als erwiesen angenommen, dass die Bw beim Wareneinkauf hinsichtlich der aus der eigenen Landwirtschaft stammenden Schweine ein nicht den Tatsachen entsprechendes Gewicht verrechnet haben.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Sind an derselben Tat mehrere Personen beteiligt, so hat die Finanzstrafbehörde gemäß § 61 Abs. 1 FinStrG die Strafverfahren wegen aller Taten zu verbinden. In diesem Sinn werden zunächst die Strafverfahren gegen FuGG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Wesentlichster Streitpunkt im gegenständlichen Strafverfahren ist die Frage, ob überhaupt eine Abgabenverkürzung bewirkt wurde.
Die Bw beteuern eindringlich, das verrechnete Gewicht der Schweine habe den Tatsachen entsprochen und wären die Schweine aus der eigenen Landwirtschaft bedingt durch gute Fütterung und aufgrund der besseren Verwertbarkeit von fetterem Fleisch beim Selchen eben schwerer als brachenüblich gewesen.
Es wird somit im folgenden zu würdigen sein, ob aufgrund der Beweislage mit der für ein Strafverfahren notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, als erwiesen angenommen werden kann, dass die Bw tatsächlich unrichtige Angaben hinsichtlich des Schweinegewichtes gemacht haben.
Diesbezüglich trifft die Behörde die Beweislast. Nicht die Bw haben nachzuweisen, dass sie keine strafbare Handlung begangen haben, sondern die Behörde hat nachzuweisen, dass die Bw tatsächlich unrichtige Angaben über das Gewicht der aus der eigenen Landwirtschaft angekauften Schweine gemacht und dadurch zu hohe Ausgaben erklärt haben.
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden.
Dieser auch von den Bw angesprochene Zweifelsgrundsatz bedeutet aber nicht, dass bei einander widersprechenden Aussagen jedenfalls der leugnenden Verantwortung des Beschuldigten zu folgen ist. Die Finanzstrafbehörde hat sich vielmehr ihre eigene, den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechende Meinung zu bilden.
In diesem Sinne sind die vorliegenden Beweise gegeneinander abzuwägen:
Die Abgabenbehörde und auch die Finanzstrafbehörde I. Instanz stützen sich hauptsächlich auf die Angaben des Tierarztes Dr.PS , welcher die Fleischbeschauen im Betrieb der Bw durchgeführt hat und am dem Prüfer gegenüber im Wesentlichen ausgesagt hat: Das Schlachtendgewicht bewegte sich zwischen ca. 80 und 110 kg. Mir ist nicht aufgefallen, dass die bei G beschauten Schweine wesentlich schwerer waren, als sie bei anderen Betrieben waren. Das Schlachtendgewicht bei G ist das übliche Gewicht, mit dem die Schweine in Fleischhauereien geschlachtet werden.
Zunächst muss den Bw zugestanden werden, dass Dr.PS in seiner Erstaussage - wohl zum eigenen Schutz - tatsächlich insofern nicht vollkommen wahrheitsgemäß ausgesagt hat, als er die Tiere bei G nicht regelmäßig lebend beschaut hat. Allerdings müssen wegen der Unrichtigkeit einer Zeugenaussage in einem Punkt die übrigen Aussagen noch nicht unglaubwürdig sein ().
Tatsache bleibt, dass der Zeuge die toten Tiere beschaut und dementsprechend auch in seiner ersten Aussage eine Schätzung des Schlachtendgewichtes vorgenommen hat. Dabei hat der Zeuge festgestellt, dass die Tiere ein übliches Gewicht gehabt hätten. Es ist davon auszugehen, dass dem Zeugen eine hier diskutierte Abweichung von rd. 20 % aufgefallen wäre.
In Anlehnung an die Judikatur des VwGH kann überdies nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Erstaussage infolge der zunächst noch vorhandenen Unbefangenheit des Zeugen ein größerer Wahrheitsgehalt beigemessen werden, als späteren Ausführungen, die nach Darlegung der Hintergründe gemacht werden. Dies trifft im gegenständlichen Fall umso mehr zu, als der Zeuge in seiner zweiten Vernehmung nur ausweichend geantwortet hat. Er hat seine Erstaussage weder widerrufen noch andere Gewichtsangaben gemacht. Insgesamt kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, der Zeuge habe in der mündlichen Verhandlung versucht, "sich herauszureden" und möglichst weder sich noch den Bw zu schaden. Aussagen wie: "manchmal sei ein schwereres Schwein dabei gewesen", oder: er könne sich ein solches durchschnittliches Lebendgewicht sehr wohl vorstellen", reichen für sich alleine nicht aus, die Erstaussage gänzlich zu erschüttern.
In Bezug auf das Schlachtendgewicht erscheint daher, unabhängig davon, ob Dr.PS Lebendbeschauen durchgeführt hat oder nicht, die Erstaussage durchaus plausibel und glaubwürdig.
Soweit die Bw die Schätzgenauigkeit des Zeugen in Zweifel ziehen, ist entgegenzuhalten, dass es einem erfahrenen Beschautierarzt auch anhand der Struktur und des Fettgehaltes des Fleisches möglich ist, Rückschlüsse auf das (Schlachtend) Gewicht der Tiere zu ziehen; selbst wenn diese auf einer Rohrbahn aufgehängt sind. Nicht zuletzt liegt die Schätzung des Dr.PS ohnedies etwas über den amtlichen Angaben betreffend das Normschlachtendgewicht.
Trotzdem hat letztendlich die Finanzstrafbehörde zu beweisen, dass die Bw tatsächlich unrichtige Angaben über das Gewicht der aus der eigenen Landwirtschaft angekauften Schweine gemacht haben. Dieser konkrete Beweis liegt jedoch nicht vor. Die abgabenrechtlich durchaus berechtigte Schätzung basiert wiederum lediglich auf einer Schätzung und statistischen Erfahrungswerten, wobei der Zeuge die Richtigkeit seiner Schätzung später nicht bekräftigen wollte. Wenn auch ein starker Verdacht bestehen bleibt, so fehlt es jedoch an konkreten Fakten und Tatsachen. Die Tatsache, dass die Bw die Zuschätzung im Zuge der Betriebsprüfung akzeptiert haben, kann in finanzstrafrechtlicher Hinsicht nicht als Geständnis gewertet werden, weil dafür auch wirtschaftliche Überlegungen maßgeblich gewesen sein können.
Allerdings haben die Bw für die Schweine der eigenen Landwirtschaft nicht nur ein unüblich hohes Gewicht verrechnet, sondern auch einen unüblich hohen Preis bezahlt. Obwohl im Zuge der Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung von einer Änderung des Schweinepreises Abstand genommen wurde, verbleibt doch der Verdacht, die Bw hätten in jede Richtung versucht einen gewissen argumentativen Spielraum zu ihren Gunsten auszunutzen. Dies bleibt jedoch eine bloße Vermutung.
Soweit die Abgabenbehörde die Richtigkeit der von den Bw zum Beweise vorgelegten Wiegescheine anzweifelt, kann ihr durchaus gefolgt werden:
Die Bw behaupten, die zur Schlachtung vorgesehenen Schweine seien jeweils zu der 10 km entfernten L Mühle in Mf verbracht, dort samt LKW (Brutto) gewogen und sodann zurück in die Fleischhauerei zur Schlachtung gefahren worden. Anschließend sei der LKW noch einmal zur Mühle gefahren, um die Tara zu eruieren. Gegen die behauptete Vorgangsweise sprechen sowohl wirtschaftliche Gesichtspunkte, als auch die allgemeine Lebenserfahrung, da sich Stress bei den Tieren bekanntermaßen negativ auf die Fleischqualität auswirkt und die Bw nach eigenen Angaben besonders auf die Fleischqualität achten. Abgesehen davon hat der Zeuge L anlässlich seiner ersten Befragung durch den Betriebsprüfer anfänglich erklärt, dass kaum mehr Wiegevorgänge stattfänden und niemand regelmäßig zum Wiegen komme.
Der Prüfer hat die Wiegescheine auch deshalb nicht anerkannt, da der Ausführende das abgestempelte Gewicht beeinflussen könne (lt. L könnten Herr G oder Familienangehörige die Waage selbst bedienen) und es absolut unwahrscheinlich sei, dass sich bei dem konkreten Wiegevorgang vermehrt ein durchschnittliches Gewicht pro Schwein mit zwei Nachkomma Nullstellen ergäbe. Zu diesem Resultat gelangt man allerdings, entgegen dem Vorbringen der Bw, nicht bloß in einzelnen Fällen, sondern im Jahr 2000 in 60 % und im Jahr 1999 in 46 % aller Wiegevorgänge. In diesem Zusammenhang ist es auffallend, dass sich bei den von Fremden zugekauften Schweinen wesentlich seltener (1999: 11 %) ein Wert ohne Kommabeträge ergibt. Auch ist unklar, warum bis Oktober 1999 die Einerstelle des Gesamtschweinegewichtes ausschließlich auf 0 oder 5 lautet, wohingegen in weiterer Folge auch jede andere Zahl aufscheint. Besonders ins Auge sticht der Monat August 1999, in dem sich in vier von fünf Wiegevorgängen ein rundes Gewicht pro Schwein errechnet und sich weiters für 13, 24, bzw. 17 Schweine dreimal jeweils genau 145 kg ergibt.
Aufgrund dieser zahlreichen Ungereimtheiten und Auffälligkeiten in den Wiegescheinen und in Zusammenhang mit der von den Bw nicht bestrittenen Tatsache, dass beim Wiegevorgang manipuliert werden kann, bestehen somit vehemente Zweifel an der Beweiskraft dieser Aufzeichnungen, auch wenn der Prüfer in der mündlichen Verhandlung schlussendlich zugeben musste, dass er keine konkreten Hinweise dafür habe, dass beim Wiegevorgang tatsächlich manipuliert wurde.
Allerdings kann allein aus der Tatsache, dass die Wiegescheine nicht plausibel erscheinen, nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Schweine tatsächlich nur ein Durchschnittsgewicht gehabt hätten.
Demgegenüber hat der Zeuge Dipl. Ing. HF ausdrücklich zugunsten der Bw ein Lebendgewicht der Schweine von 140 kg bezeugt.
Diesbezüglich wird im erstinstanzlichen Erkenntnis festgestellt, dass diese Zeugenaussage insoweit nicht schlüssig sei, als sie sich bis Anfang 2003 erstrecke, wohingegen die Wahrnehmungen des Prüfungsorganes (ab März 2003) die Angaben des Zeugen widerlegen. Dagegen wenden die Bw zu Recht ein, aus der Aussage des Dipl. Ing. HF ergäbe sich nicht zwangsläufig eine zeitliche Überschneidung. Allerdings reduzieren die Bw in ihrem Vorlageantrag die Anwesenheit des Zeugen in ihrem Stall auf "einige Male in den Jahren 1999, 2000 und 2001", was wiederum die Beurteilungsfähigkeit des Zeugen einschränkt. Es ist auch zu bedenken, dass bei der Mästung von Schweinen eine grundlegende Änderung der Verhältnisse innerhalb kürzester Zeit nicht anzunehmen sein wird. Nicht zuletzt fehlen konkrete Angaben, bei welchen Gelegenheiten der Zeuge im Betrieb des Bw gewesen ist und welche konkreten Beobachtungen zum Schlacht- bzw. Wiegevorgang er dabei gemacht hat.
Auch die Aussage des Dipl. Ing. HF lässt daher keinen zweifelsfreien Rückschluss auf das tatsächliche Schweinegewicht zu.
Wenn sich die Bw rechtfertigen, die schwereren Schweine würden sich besser zum Selchen eignen und hätten ihre Schweine trotz des hohen Gewichtes aufgrund der Fütterung mit Getreide eine bessere Fleischqualität, so entspricht dies zwar möglicherweise nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens (die Konsumenten bevorzugen überwiegend fettarmes Fleisch) doch können diese Argumente auch nicht als gänzlich unglaubwürdig abgetan werden, da die Fleischqualität (lt. Agrarmarkt Austria) tatsächlich von verschiedenen Faktoren abhängt, wie etwa von pH-Wert, Fleischfarbe, Wasserhaltevermögen und intramuskulärem Fettgehalt und nicht allein das Gewicht der Schweine ausschlaggebend ist.
Letztendlich stehen sich divergierende Schätzungen gegenüber, welche die leugnende Verantwortung der Bw nicht zweifelsfrei unterstützen oder verwerfen können. Es verbleibt angesichts des gänzlichen Fehlens von überprüfbaren Fakten ein nicht unerheblicher Unsicherheitsfaktor, sodass ungeachtet des massiven Verdachtes auf eine Abgabenhinterziehung, eine solche nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden kann. Eine Abgabenhinterziehung kann aber nur vorgeworfen werden, wenn sich sagen lässt, dass die Verantwortung des Beschuldigten nach menschlichem Ermessen nicht richtig sein kann. Zwar hegt auch die entscheidende Behörde die starke Vermutung, dass die Bw tatsächlich falsche Angaben zum Gewicht ihrer Schweine gemacht haben könnten, doch fehlt diesbezüglich die für ein Strafverfahren notwendige, auf Tatsachen gründende, Sicherheit.
Von der Durchführung der vom Bw beantragten, zusätzlichen Beweise bzw. von der Wiederholung von Beweisaufnahmen wird abgesehen, weil dies voraussichtlich nicht zur weiteren Wahrheitsfindung beitragen würde. Nach der Lebenserfahrung ist nach so langer Zeit von den Zeugen nicht zu erwarten, dass sie zum Schweinegewicht neue stichhaltige Angaben machen können. Die Bw haben in ihrem Beweisantrag auch nicht dargelegt, aufgrund welcher konkreten Kenntnisse die noch nicht vernommenen Zeugen Klarheit hinsichtlich des Schweinegewichtes bringen könnten.
Letztlich ist die entscheidende Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass keinem der vorliegenden Beweismittel ausreichende Überzeugungskraft zukommt, dass es eine der möglichen Varianten - Durchschnittsgewicht oder überhöhtes Gewicht - mit der für ein Strafverfahren notwendigen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit unterstützt. Da somit weiterhin Zweifel bestehen, ob die Bw tatsächlich ihre abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflichten verletzt haben, und diese Tatsache sich nicht zum Nachteil des Beschuldigten auswirken darf, ist die Finanzstrafbehörde II. Instanz unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens und nach freier Überzeugung zu dem Schluss gelangt, dass die Verfahrensergebnisse nicht ausreichen, eine Abgabenhinterziehung zu begründen.
Die Notwendigkeit einer Berichtigung der Berufungsentscheidung vom hat sich aufgrund eines technischen Gebrechens ergeben und sind die berichtigten Textteile kursiv geschrieben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Zweifelsgrundsatz Schätzung Beweislast |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at