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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.02.2011, RV/3266-W/10

Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines gewerblichen Wertpapierhandels


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Miterledigte GZ:
RV/3267-W/10

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der vormaligen Bw., vertreten durch Böck & Kus Wirtschaftstreuhänder und Steuerberatungsges.m.b.H, Steuerberatungskanzlei, 1130 Wien, Lainzer Straße 53, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien-Umgebung, vertreten durch HR Dr. Eleonore Ortmayr, vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für den Zeitraum 1991 bis 1995 sowie Gewerbesteuer für den Zeitraum 1991 bis 1993 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Bei der Bw. handelt es sich um eine, im Berufungszeitraum aus drei natürlichen Personen bestehende Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, welche auf dem Sektor des Wertpapierhandels tätig ist.

Im Zuge eines die Jahre 1991 bis 1995 umfassenden Betriebsprüfungsverfahrens wurde seitens der Prüferin in der Tz 14 des BP-Berichtes die Auffassung vertreten, dass das Unternehmen der Bw. einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere und aufgrund dieses Umstandes sowie der Tatsache des Betreibens eines Grundhandelsgewerbes gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 HGB Vollkaufmannseigenschaft besitze.

In Ansehung nämlicher Feststellung habe die Bw. ihren Gewinn nach der Bestimmung des § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln, wobei - ungeachtet dessen - anzumerken verbleibe, dass die im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens vorgelegten Unterlagen (beispielsweise EDV Bestands- und Erfolgskonten sowie EDV- Buchungsjournale den Schluss zuließen, dass freiwillig Bücher geführt worden seien.

Korrespondierend damit sei daher - in Abweichung der Abgabenerklärungen - die Gewinnfeststellung für die Jahre 1991 bis 1995 anstatt durch Einnahmen - Ausgabenrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG 1988) durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 vorzunehmen.

In rechnerischer Hinsicht kam es zu Adaptierungen der (bisher erklärten) Verluste aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1991 bis 1995 sowie zur Vorschreibung von Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993.

Die mit datierten Gewinnfeststellungsbescheide 1991 bis 1995 und Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 wurden dem steuerlichen Vertreter der Bw. nachweislich am (Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 sowie der BP- Bericht) und am (Gewinnfeststellungsbescheide 1991 bis 1995) zugestellt.

Am langte beim Finanzamt Wien - Umgebung ein mit Poststempel vom versehenes Schriftstück des steuerlichen Vertreters der Bw. ein, worin betreffend die Gewinnfeststellungsbescheide 1991 bis 1995 sowie die Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 um Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis zum ersucht wurde.

Am langte bei der Abgabenbehörde erster Instanz wiederum ein Schriftstück des steuerlichen Vertreters der Bw. ein, welches einen Rechtsmittelfristverlängerungsantrag bis zum beinhaltete.

In weiterer Folge wurde mit beim Finanzamt am eingelangtem Schriftsatz gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1991 bis 1995 sowie die Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 Berufung erhoben, wobei in der Begründung derselben im wesentlichen auf das Nichtvorliegen der Buchführungspflicht verwiesen wurde.

Für den Fall der Vorlage des Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

Mit Bescheid vom wurde das Rechtsmittel der Bw. als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen obgenannten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben und hierbei begründend ausgeführt, dass die Zustellung der Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 sowie der Gewinnfeststellungsbescheide 1991 bis 1995 am bzw. am erfolgt sei.

In weiterer Folge habe der steuerliche Vertreter nachstehende Ansuchen auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist erstellt.

1. Ansuchen vom mit Frist bis zum

2. Ansuchen vom mit Frist bis zum

3. Ansuchen vom mit Frist bis zum

4. Ansuchen vom mit Frist bis zum

5. Ansuchen vom mit Frist bis zum

Sämtliche, mit dem Kanzleistempel des steuerlichen Vertreters versehene Fristverlängerungsanträge wurden in Kopie beigelegt.

Aufgrund der Vorlage obiger Nachweise wurde die Auffassung vertreten, dass der Berufungsschriftsatz vom als fristgerecht eingebracht anzusehen sei und demzufolge der Zurückweisungsbescheid aufzuheben sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung vom Folge gegeben und der Zurückweisungsbescheid vom aufgehoben.

In weiterer Folge war einer gegen die, die Berufung zurückweisende Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1231-W/02, erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshofes Erfolg beschieden und hat das Höchstgericht vorgenannten Bescheid mit Erkenntnis vom . 2005/13/0101 wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im Zuge des fortgesetzten Verfahrens wurde seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz in einem fernmündlichen Gespräch vom dem nunmehrigen steuerlichen Vertreter der Bw. in Anbetracht der Tatsache, dass Punkt I lit. a des mit datierten Gesellschaftsvertrages der Bw. als Geschäftsgegenstand den Handel mit Wertpapieren, Anteilscheine und ähnlichen Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausweist, mitgeteilt, dass die bisherige Qualifikation der Tätigkeit der Bw. als gewerblich mehr als in Frage gestellt erscheine.

Darüber hinaus wurde der steuerliche Vertreter auf die zu diesem Themenbereich ergangene Berufungsentscheidung des -I/02 hingewiesen.

In einem fernmündlichen Gespräch vom gab der steuerliche Vertreter bekannt, dass er nach Studium vorgenannter Berufungsentscheidung die Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz, wonach die Bw. in realiter keine gewerbliche Tätigkeit entfaltet habe zwar durchaus teile, dessen ungeachtet ob nicht absehbare Folgen im Einkommensteuerbereich der - zum Teil zwischenzeitig verstorbenen - Gesellschafter ein Rücknahme der Berufung nicht in Betracht komme.

Auf nochmalige Befragung des Referenten, ob die Bw. nicht auch Wertpapiere im fremden Namen und auf fremde Rechnung, sprich so hin für Dritte gehandelt habe, replizierte der steuerliche Vertreter, dass nämliche Gestionen der Bw. als ausgeschlossen zu betrachten seien.

Vielmehr seien Wertpapiere für die Gesellschaft angeschafft worden, wobei die Fremdkapitalquote auf 90 % gelautet habe.

Am langte bei der Abgabenbehörde ein Schriftsatz des steuerlichen Vertreter der Bw. ein, worin der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Berufungsentscheidung wird folgend festgestellter Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Mit Gesellschaftsvertrag vom schlossen sich die zwischenzeitig verstorbenen Herrn Dkfm. OB, Dkfm. Ing. JS sowie Herr Dr. HJ zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zusammen, wobei der Punkt I lit. a vorgenannten Kontrakts wörtlich nachstehenden Geschäftsgegenstand ausweist:

"Der Handel mit Wertpapieren, Anteilscheinen und ähnlichen Waren, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, ausgenommen sind Geschäfte die aufgrund des Kreditwesengesetzes einer Bankkonzession bedürfen."

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass im Streitzeitraum der in den lit. b und c. des Punktes I verzeichnete Handel mit Antiquitäten (b) sowie Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen und liegenschaftsähnlichen Rechten in Ermangelung eines entsprechenden, vertraglich bedungenen Gesellschafterbeschlusses nicht zum Tragen gekommen ist.

Nach Angaben des steuerlichen Vertreters hat die Bw. im Streitzeitraum unter hohem Fremdkapitaleinsatz Wertpapiere für die Gesellschaft erworben, jedoch keine Veranlagungen für Dritte durchgeführt.

2. Rechtliche Würdigung

In Anbetracht des unter Punkt 1 festgestellten Sachverhaltes hatte der unabhängige Finanzsenat - ungeachtet der bisherigen steuerlichen Behandlung durch das Finanzamt, der Feststellungen der Betriebsprüfung sowie der Replik der Bw. im Rechtsmittel - vorweg die Frage zu klären, ob die Bw. überhaupt einen gewerblichen Wertpapierhandel entfaltet hat und insoweit die Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 188 BAO für den Zeitraum 1991 bis 1995, respektive die Erlassung von Gewerbesteuerbescheiden für den Zeitraum 1991 bis 1993 rechtens erfolgt ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Tätigkeit, die selbständig, nachhaltig, mit Gewinnabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, erst dann gewerblich, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet.

Dies ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, wenn also durch die Marktteilnahme nach Art und Umfang der Tätigkeit ein Bild erzeugt wird, das der privaten Vermögensverwaltung fremd ist.

In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wie sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht.

Bei der Verwaltung von Wertpapierbesitz gehören Umschichtungen von Wertpapieren, somit Kauf und Verkauf durch Einschaltung von Banken, grundsätzlich noch zur privaten Vermögensverwaltung.

Hierbei liegt es bei Wertpapieren in der Natur der Sache, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren.

Bei der Einschaltung von Banken (als Kommissionäre für den An- und Verkauf von Wertpapieren) ist die für eine allgemeine Handelstätigkeit typische Einflussnahme auf die Höhe des Preises und auf einzelne Kaufkonditionen nur sehr eingeschränkt möglich.

Sie deutet daher für sich allein ebenso wenig auf das Vorliegen eines Gewerbebetriebes wie eine Fremdfinanzierung von Wertpapieranschaffungen (wenngleich es sich dabei um ein Indiz für Gewerblichkeit handeln mag).

Im Bereich der Wertpapiergeschäfte spricht ein Umfang von jährlich (jeweils) unter 30 An- und Verkäufen nicht für einen Gewerbebetrieb.

Auf den Umstand, dass die An- und Verkäufe um den Jahreswechsel konzentriert sind, kommt es in einem solchen Fall nicht mehr an (Erk. v. , 96/14/0115)."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , 96/14/0115, und vom , 98/14/0005, ausgeführt hat, kann der An- und Verkauf von Wertpapieren unter Einschaltung von Banken nur unter besonderen Umständen, insbesondere, wenn Transaktionen auf fremde Rechnung durchgeführt werden und Dritten gegenüber - etwa im Weg der Unterhaltung eines einschlägigen Büros - Händlerdienste angeboten werden, einen Gewerbebetrieb darstellen.

Auch der BFH vertritt die Auffassung, dass ein Handel mit Wertpapieren nur dann als gewerblich anzusehen ist, wenn er nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung (insbes. durch Tätigwerden für fremde Rechnung) jenem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer Vermögensverwaltung fremd ist (z.B. Urteil vom , X R 7/99).

Der Umstand, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und keine Tätigkeit einer Einzelperson handelt, stellt in steuerrechtlicher Hinsicht noch kein Indiz für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes dar, weil selbst Personengesellschaften des Handelsrechts nicht in jedem Fall als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 23 Z. 2 EStG 1988, sondern auch bloß "vermögensverwaltend" tätig werden können.

Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt es sich darüber hinaus um kein eigenständiges Steuersubjekt.

Die im Rahmen einer solchen Tätigkeit erzielten Einkünfte sind einkommensteuerrechtlich unmittelbar den betreffenden Gesellschaftern zuzurechnen. Entscheidend ist sonach nicht die Rechtsform, sondern der Inhalt der entfalteten Tätigkeit (vgl. ).

In Anbetracht vorstehender Ausführungen und der Tatsache, dass im zu beurteilenden Fall die Bw. laut Angaben des steuerlichen Vertreters und korrespondierend mit dem unter Punkt I lit. a des Gesellschaftsvertrag verzeichneten Geschäftsgegenstand evidenter Maßen keine Veranlagungen für Dritte angeboten bzw. durchgeführt hat, kann nach dem Dafürhalten der Abgabenbehörde zweiter Instanz - entgegen der bisherigen steuerlichen Behandlung durch das Finanzamt - von der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit keine Rede sein.

Vice versa bildet die auf dem Gebiet der Vermögensverwaltung entfaltete Tätigkeit, respektive die daraus erzielten Einkünften in Ansehung der Bestimmung des § 188 Abs. 1 BAO nicht den Gegenstand einer Feststellung und waren daher die für den Zeitraum 1991 bis 1995 erlassenen Feststellungsbescheide ersatzlos aufzuheben.

Nach der Bestimmung des § 1 Abs. 1 erster Satz GewStG 1953 unterliegt jeder stehender Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird der Gewerbesteuer.

Der zweite Satz leg. cit. normiert, dass unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen ist.

Ausgehend von der ertragsteuerlichen Beurteilung der Tätigkeit der Bw., aus welcher aber gerade das Nichtvorliegen eines Gewerbetriebes zu folgern ist, erweist sich daher auch die Vorschreibung der Gewerbesteuer für den Zeitraum 1991 bis 1993 als rechtswidrig und waren korrespondierend damit die Bezug habenden Bescheide ersatzlos aufzuheben.

Angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu befinden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at