Doppelte Haushaltsführung - nicht berufstätige Ehegattin
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) reichte die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2010 ein und machte folgende Angaben:
Personenstand am : verheiratet x Alleinverdienerabsetzbetrag wird beantragt und ich erkläre, dass meine Partnerin diesen nicht in Anspruch nimmt. 1 Anzahl der Kinder, für die ich oder meine Partnerin für mindestens sieben Monate die Familienbeihilfe bezogen habe/hat.
Unter den Werbungskosten machte der Bw. folgende Positionen geltend:
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Kosten für Familienheimfahrten | 300 | 3.372,-- €
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Kosten für doppelte Haushaltsführung Miete | 723 | 960,-- €
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Im Übrigen beantragte der Bw. den Kinderfreibetrag für sein im Jahr 1990 geborenes Kind (Beilage zur Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2010 zur Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages).
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2010 und berücksichtigte die geltend gemachten Werbungskosten nicht; es gelangte der Pauschbetrag für Werbungskosten in Ansatz. Die Einkommensteuer errechnete sich in Höhe von € 398,16, infolge Berücksichtigung der anrechenbaren Lohnsteuer in Höhe von € 1.257,24 ergab sich eine festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von -€ 859,08 (Gutschrift).
Begründend führte das Finanzamt aus wie folgt:
Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind nur Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübt. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für Familienheimfahrten nur vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen werden können. Da in Ihrem Fall die Voraussetzungen nicht zutreffen, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Das Rechtsmittel der Berufung wurde mit folgender Begründung erstattet:
Ich habe Familienheimfahrten + Miete beantragt; dies wurde mit einer Begründung abgewiesen, die nicht zutreffend ist (lt. Beilage). Ich bitte daher um Berichtigung.
Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und begründete diese wie folgt:
Gem. § 16 (1) EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Demzufolge können Aufwendungen des Steuerpflichtigen in Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung nur dann steuermindernd berücksichtigt werden, wenn das Unterhalten zweier Wohnsitze aus beruflichen Gründen erforderlich ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl.93/15/0244).
Sie beziehen ausschließlich Einkünfte aufgrund Ihrer Erwerbstätigkeit in Österreich, Ihre in Ungarn lebende Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes hat daher überwiegend private Ursachen. Begünstigungen in Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung stehen Ihnen daher nicht zu.
Der Vorlageantrag wurde mit nachstehender Begründung eingebracht:
Ich lege in der Beilage einen Besitznachweis vor, aus dem ersichtlich ist, dass ich im Besitz eines Hauses bin. Meine Gattin ist deshalb nicht berufstätig, weil sie wie auch in Österreich 55 Jahre alt ist und keine Arbeit bekommt. Auf Grund des Zuganges beim AMS war dies bis (keine Bewilligung) auch nicht möglich. Da die Entfernung (Schwechat - Budapest) nicht täglich zumutbar ist, kann von einer überwiegend privaten Ursache keine Rede sein.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Bw., ein ungarischer Staatsbürger, ist zumindest seit dem Jahr 1994 in Österreich als vollbeschäftigter Arbeitnehmer tätig. Seine Ehegattin und die Kinder des Bw. blieben in Budapest; im Jahr 1994 waren die Kinder 11 bzw. 4 Jahre alt.
Für das Jahr 2007 wurden die geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten (wie für die Jahre davor) anerkannt (Bescheid vom ).
Für die Jahre 2008 und 2009 wurden die geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten nicht anerkannt (Bescheide vom ).
Das Finanzamt hatte den Bw. vor Erlassen der Bescheide um Beantwortung von Fragen im Zusammenhang mit den geltend gemachten Kosten und um Nachweisführung ersucht (Schreiben vom ).
Die Bescheidbegründungen entsprechen jener des berufungsgegenständlichen Einkommensteuerbescheides.
Im Jahr 2010 (dem zumindest 17. Jahr der Beschäftigung in Österreich) war das jüngere Kind des Bw. 20 Jahre alt und studierte (Kinderfreibetrag, MIAS). Die im Haus des Bw. in Budapest lebende Ehegattin war im Jahr 2010 ebenso wie in den Jahren davor nicht berufstätig (und war bei den Veranlagungen des Bw. dementsprechend der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt worden).
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei einzelnen Einkünften unter anderem nicht abgezogen werden:
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
2a. Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Unter die obigen Aufwendungen können auch die vom Bw. geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten subsumiert werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom , 88/13/0121, ausführt, gelten solche Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.
Wesentlich ist jedoch nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten haben (siehe auch die Erkenntnisse des , und vom , 95/14/0124).
Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist dann beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz
- vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder
- der Steuerpflichtige oder sein Partner am Familienwohnsitz relevante Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen (mehr als 2.200,00 € jährlich) oder
- aus anderen gewichtigen Gründen die Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes nicht zugemutet werden kann.
Als Gründe für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. anerkannt: - Betreiben einer Landwirtschaft am Familienwohnsitz durch die Ehegattin - besonders gelagerte Pflegebedürftigkeit Angehöriger (z.B. ) - steuerlich relevante Erwerbseinkünfte des Partners (z.B. )
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen aus privaten Gründen (ohne Umstände, die eine Mitübersiedlung des Ehepartners bzw. der Familie unzumutbar machen) außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsplatz, dann können die Aufwendungen für die Wohnung am Arbeitsplatz und die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich nicht berücksichtigt werden ().
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen. Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anschein eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen (, mwN).
Eine tägliche Rückkehr des Steuerpflichtigen ist dann als unzumutbar anzusehen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 120 km entfernt ist.
Die einfache Fahrtstrecke vom österreichischen Wohnort nach Budapest beträgt mehr als 120 km, weshalb diese Voraussetzung gegeben ist.
Die Ehegattin des Bw. erzielte im Jahr 2010 "Andere Einkünfte" in Höhe von lediglich 300,- HUF. Mit Einkünften der Ehegattin kann somit eine beruflich veranlasste Beibehaltung des Familienwohnsitzes nicht begründet werden.
Wenn der Bw. angibt, seine (in Budapest lebende) Ehegattin sei nicht berufstätig, weil sie 55 Jahre alt ist und keine Arbeit bekommt, wird damit eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nicht dargetan. Eine andere Beurteilung hätte sich ergeben, wäre die Ehegattin in Budapest bzw. in Ungarn berufstätig gewesen, dies hätte einen Grund für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Budapest abgegeben.
Es ist daher zu beurteilen, ob der ins Treffen geführte Hausbesitz eine beruflich veranlasste Beibehaltung des Familienwohnsitzes zu begründen vermag oder nicht:
Mit dem bloßen Umstand des Besitzes eines Hauses (in Budapest) wird nicht dargetan, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich (wo der Bw. bereits seit dem Jahr 1994 den Lebensunterhalt aufbrachte (Abgabeninformationssystemabfrage), Anfang des Jahres 2010 nicht zumutbar war bzw. in den Jahren 2008 oder 2009 nicht zumutbar war (vgl. die Begründungen der Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009). Eine Vergleichbarkeit des Besitzes eines Hauses mit den oben wiedergegebenen für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechenden Gründen ist nicht gegeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
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