Unterliegt die Einräumung eines Wohnrechtes zu Gunsten des Stiefvaters an einer Liegenschaft, hinsichtlich der bereits ein Wohnrecht zu Gunsten der Mutter grundbücherlich sichergestellt ist, der Schenkungssteuer? (Stattgabe)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Mag. Bw, vertreten durch Dr. Herbert Handl, Rechtsanwalt, 2700 Wiener Neustadt, Domplatz 16, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Am schloss der Berufungswerber (Bw), geb. Februar 1935 als Dienstbarkeitsnehmer einen Dienstbarkeitsvertrag folgenden Inhaltes mit Frau Dipl. Ing. CF ab: "I. Zweck des Vertrages:1. In der der Dienstbarkeitsgeberin alleine gehörigen Liegenschaft EZ 16 ist im Lastenblatte sub C-LNr. 1a das Wohnungsrecht gem. Punkt VI. des Schenkungsvertrages vom für HH, geb. September 1948, einverleibt;2. HH, geb. September 1948, ist die leibliche Mutter der Dienstbarkeitsgeberin und hatte jene dieser mit Schenkungsvertrag vom die Liegenschaft EZ 16x schenkungsweise ins Eigentum übertragen und sich dabei in Vertragspunkt VI. das Wohnungsrecht an den Räumlichkeiten eingeräumt, welche in dem an den Bach bzw. an die Straße angrenzenden Grundstück Nr. 4 befindlichen alten Bauwerken (Lagerräumen) neu errichteten Bauwerk (y) entstanden waren.3. HH, geb. September 1948, beabsichtigt, mit dem Dienstbarkeitsnehmer im August 2004 die Ehe zu schließen.4. Die eheliche Wohnung soll in den vom Wohnungsrecht gemäß Punkt VI. des Schenkungsvertrages vom , oben beschriebenen Räumlichkeiten des Gebäudes y, bestehen.5. Zweck dieses Vertrages ist es daher, die Rechte des künftigen Ehegatten der Mutter der Dienstbarkeitsgeberin, HH, geb. September 1948 auf dessen Lebenszeit abzusichern.
II. Vereinbarung:1. Die Dienstbarkeitsgeberin Dipl. Ing. CF , geb. Juli 1971 räumt somit dem Dienstbarkeitsnehmer Mag. BW., geb. Februar 1935, das lebenslange und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an sämtlichen in dem Gebäude y , au er Liegenschaft EZ 16x bestehenden Räumlichkeiten als Dienstbarkeit ein und erklärt der Dienstbarkeitsnehmer Mag. BW., geb. Februar 1935, diesbezüglich die vollinhaltliche Vertragsannahme.Ausdrücklich festgehalten wird, dass der Dienstbarkeitsnehmer die Ausübung diese Dienstbarkeit nur im Einvernehmen und mit Einverständnis der Dienstbarkeitsberechtigten HH ausüben darf und kann.2. Ausdrücklich bekräftigt wird, dass es sich dabei um ein höchstpersönliches Recht des Dienstbarkeitsnehmers handelt, welches er selbst auf Lebensdauer - auch nach Ableben seiner künftigen Gattin, der Mutter der Dienstbarkeitsgeberin - ausüben darf, jedoch nicht berechtigt ist, dieses auf dritte Personen - wie immer ihr Verhältnis zum Dienstbarkeitsnehmer auch sein sollte - auszudehnen.3. Die Dienstbarkeitsberechtigte HH, geb. September 1948, zeichnet zum Zeichen ihres Einverständnisses den gegenständlichen Dienstbarkeitsvertrag mit.4. Wie die im Dienstbarkeitsobjekt anfallenden Verbrauchergebühren, sowie die Kosten von dessen Instandhaltung und Erhaltung - welche gemäß Vertragspunkt VI. des Schenkungsvertrages vom zu Lasten der Dienstbarkeitsberechtigten HH, geb. September 1948, gehen - zwischen dieser und dem nunmehr gemeinsam mit ihr Wohnungsgebrauchsberechtigten Mag. BW., geb. Februar 1935, im Innenverhältnis aufzuteilen sind, obliegt den Wohnungsgebrauchsberechtigten selbst; sie verpflichten sich jedenfalls zur ungeteilten Hand, die Dienstbarkeitsgeberin diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten.
III. Grundbuchshandlungen:................
IV. Kosten:.................
V. Aufschiebende Bedingung:Die Rechtswirksamkeit dieses Dienstbarkeitsvertrages ist aufschiebend bedingt durch die Eheschließung des Dienstbarkeitsberechtigten Mag. BW., geb. Februar 1935, mit HH, geb. September 1948.
VI. Allgemeine Feststellungen:1. Für Zwecke der Gebührenbemessung wird festgestellt, dass der Dienstbarkeitsnehmer mit Rechtswirksamkeit dieses Dienstbarkeitsvertrages Stiefvater der Dienstbarkeitsgeberin ist; im Hinblick darauf, dass der Dienstbarkeitsnehmer die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes nur gemeinsam und mit Übereinstimmung seiner bereits wohnungsberechtigten, künftigen Ehegattin HH, geb. September 1948, und in Übereinstimmung mit dieser ausüben kann und darf bewerten die Vertragsparteien den Jahreswert des vertragsgegenständlichen Wohnungsgebrauchsrechtes mit € 400,00 (in Worten Euro vierhundert) daher aufgrund der Bestimmungen des Bewertungsgesetzes auf Grund des Alters des Dienstbarkeitsberechtigten mit dem siebenfachen Jahresbetrag, sohin € 33.600,00 (in Worten Euro dreiunddreißigtausendsechshundert).2. Einvernehmlich festgestellt wird, dass zwischen den Vertragsteilen innerhalb der letzten 10 Jahre keinerlei schenkungssteuerpflichtigen Rechtsvorgänge stattgefunden haben.
VII. Aufsandungserklärung:Es erteilt daher die Dienstbarkeitsgeberin Dipl. Ing. CF, geb. Juli 1971, ihre ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung, dass aufgrund dieses Dienstbarkeitsvertrages sowie über Vorlage der Heiratsurkunde ihrer Mutter HH, geb. September 1948, Wien, und des Dienstbarkeitsberechtigten Mag. BW., geb. Februar 1935, im Lastenblatte der Liegenschaft EZ 16x das Wohnungsgebrauchsrecht gemäß Punkt II. dieses Vertrages als Dienstbarkeit für Mag. BW., geb. Februar 1935, einverleibt werde."
Auf Grund dieses Vertrages erließ das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Bescheid vom und setzte die Schenkungssteuer in Höhe von € 5.776,68 fest, wobei die Bemessungsgrundlage unter Zugrundelegung eines Wertes für das monatliche Wohnungsgebrauchsrecht in Höhe von € 400,- sohin nach Abzug des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG in Höhe von € 440,00 (für die Steuerklasse III) im Gesamtwert von € 48.139,22 ermittelt wurde.
Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben. Diese wendet sich sowohl gegen die Bemessungsgrundlage als auch die Steuerfestsetzung grundsätzlich. Die Berufung führt dazu aus. dass die Bemessungsgrundlage insoferne unrichtig ermittelt wurde, als die Bewertung mit jährlich € 400,00 vorgenommen wurde und zwar im Hinblick darauf, dass ja kein neues Wohnungsgebrauchsrecht begründet wurde, sondern lediglich die Dienstbarkeitsgeberin dem Bw. das Recht einräume, an einem bereits bestehenden Wohnungsgebrauchsrecht einer Wohnung, welche auch die Ehewohnung darstelle, teil zu haben. Demnach wäre die Bemessungsgrundlage richtig € 3.652,54. Auch habe die Ehegattin den Dienstbarkeitsvertrag vom nicht mitunterfertigt, weshalb das diesbezügliche Grundbuchsgesuch auch zurückgezogen werden musste.
Das Finanzamt wies die Berufung als unbegründet ab.
In seinem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz verweist der Bw. wiederum darauf, dass hinsichtlich der belasteten Sache eine neue Dienstbarkeit nicht entstanden sei, sondern nur vorgesehen war, an der bereits bestehenden Dienstbarkeit eine zweite Person teilhaben zu lassen. Eine bloß obligatorische Dienstbarkeit sei für den Berechtigten mehr oder weniger wertlos, da er sein Recht gegen Dritte - etwa im Falle der Veräußerung oder Versteigerung der von der Dienstbarkeit belasteten Liegenschaft nicht durchsetzen könne. ........................
Über die Berufung wurde erwogen:
Fest steht, dass die Ehe zwischen dem Bw. und HH geschlossen wurde und dass die gegenständliche Liegenschaft bereits mit einem Wohnungsrecht zu Gunsten der Ehegattin des Bw., welches grundbücherlich einverleibt wurde, belastet ist.
Nun wird gemäß § 472 ABGB ein Eigentümer durch das Recht der Dienstbarkeit verbunden, zum Vorteile eines Andern in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Das Wohnungsrecht als gesetzlich besonders geregelte Form der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, gewährt dem Berechtigten das Recht, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen.
Wurde hinsichtlich einer Sache bereits eine Dienstbarkeit begründet, so kann der Eigentümer der Sache nicht ohne Weiteres erneut darüber verfügen und einem 3. erneut eine Dienstbarkeit an der Sache im selben Umfang einräumen.
Dass grundsätzlich auch die Einräumung eines Rechts Gegenstand einer Schenkung sein kann, steht außer Streit. Im gegenständlichen Fall kann jedoch nicht (von Anfang an) von einer Bereicherung des Bw. durch seine Stieftochter ausgegangen werden.
Nun haben die Ehegatten B, wie auch in der Berufung ausgeführt, die Ehewohnung auf dieser Liegenschaft gewählt.
Zweck des Vertrages war (lt. Punkt I des Vertrages) festzustellen, dass die eheliche Wohnung in den vom Wohnungsrecht gemäß Punkt VI. des Schenkungsvertrages vom , beschriebenen Räumlichkeiten des Gebäudes, bestehen solle und das Wohnrecht des Bw. auf dessen Lebenszeit abzusichern.
Gemäß § 90 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden, ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen verpflichtet.
Nach der Rechtsprechung des OGH (6 Ob 680/81 vom ) ist die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zur Stätte des den Ehegatten gemäß § 90 ABGB grundsätzlich obliegenden gemeinsamen Wohnens wesentlich.
Das Recht des Bw. die gegenständliche Wohnung gemeinsam mit seiner Gattin zu benützen erfließt aus dem Eherecht und bedarf keiner weiteren vertraglichen Zusicherung der Eigentümerin der Liegenschaft. Somit liegt eine Bereicherung des Bw. durch seine Stieftochter jedenfalls solange nicht vor, solange er die Wohnung gemeinsam mit seiner Gattin bewohnt.
Ob und inwieweit es eventuell nach dem Ableben der Ehegattin zu einer Bereicherung kommen kann, wäre zum entsprechenden Zeitpunkt festzustellen.
Dem Berufungsbegehren war somit zu entsprechen und spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 472 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 90 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAC-94418