Rückzahlungsansuchen nach Konkursaufhebung, keine Aufrechnung ohne offene Zahlungsplanquote
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung von Frau G.H., vertreten durch Dr. Viktor Igali-Igalffy, Rechtsanwalt, 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 34, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk vom über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages entschieden:
Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20 vom wurde das Rückzahlungsansuchen der Berufungswerberin (Bw.), eingebracht am , in der um Überweisung des Guthabens aus dem Einkommensteuerbescheid 2003 in Höhe von € 340,49 ersucht wurde, mit der Begründung abgewiesen, dass das Abgabenkonto derzeit einen Rückstand aufgewiesen habe.
In der dagegen eingebrachten Berufung vom wurde ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Die Bw. habe im Verfahren zu GZ. 1xy des Handelsgerichtes am mit ihren Gläubigern einen Zahlungsplan abgeschlossen, wobei die Quote 5 % betragen habe. Die erste Quote von 1 % sei mit Fälligkeit bezahlt worden; weitere Quoten seien nicht fällig. Der Konkurs sei seit rechtskräftig aufgehoben.
Eine Verrechnung des Abgabenguthabens aus der Zeit nach Konkurseröffnung mit derzeit nicht fälligen Zahlungsplanquoten sei nicht statthaft. Es werde daher der Antrag gestellt, dem Rückzahlungsantrag Folge zu geben, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Wien 2/20 vom wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, dass die Aufrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 1 erster Satz KO nur während der Dauer des Konkursverfahrens gelte. Werde das Konkursverfahren nach der rechtskräftigen Einleitung des Abschöpfungsverfahrens aufgehoben, so sei die auf § 215 Abs. 1 BAO gestützte Verrechnung eines später entstandenen (Einkommensteuer-)Guthabens mit einer Konkursforderung zulässig.
In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom wird ausgeführt, dass die Berufungsvorentscheidung rechtswidrig sei. Festgehalten werde, dass es sich im ehemaligen Schuldenregulierungsverfahren nicht wie in der Berufungsvorentscheidung behauptet, um ein Abschöpfungsverfahren, sondern richtigerweise um ein Zahlungsplanverfahren gehandelt habe. Dies bedeute, dass das Finanzamt 2/20 lediglich Anspruch auf die im Zahlungsplan mit den dort festgehaltenen Fälligkeiten festgesetzte Zahlungsplanquote besitze. Keinesfalls sei das Finanzamt 2/20 berechtigt, über die Quote hinaus Abgabengutschriften für Abgabenzeiträume nach Konkurseröffnung zusätzlich zur Verminderung des Abgabenrückstandes zu verrechnen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
Nach § 239 Abs. 2 BAO kann die Abgabenbehörde den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.
§ 215 Abs. 1 BAO: Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 2 BAO: Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist
§ 215 Abs. 3 BAO: Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
§ 215 Abs. 4 BAO: Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Gemäß § 20 Abs. 1 KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner die Gegenforderung zwar vor der Konkurseröffnung erworben hat, jedoch zur Zeit des Erwerbes von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners Kenntnis hatte oder Kenntnis haben mußte.
Gemäß § 193 Abs. 1 KO kann der Schuldner im Lauf des Konkursverfahrens den Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans stellen. Soweit nichts anderes angeordnet ist, gelten hiefür die Bestimmungen über den Zwangsausgleich.
Zunächst ist festzuhalten, dass einem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO der Erfolg zu versagen ist, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint (). Dazu ist dem Abgabenkonto zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung am (eingebracht am ) ein Guthaben von € 340,49 aufscheint, welches jedoch noch am selben Tag von der Abgabenbehörde mit der Umsatzsteuer April 2001 - nach Wiederaufnahme der Einbringung - verrechnet wurde und am Tagesende der Saldo mit Null ausgewiesen wurde. Der entsprechende Begründungsteil des erstinstanzlichen Bescheides des Finanzamtes Wien 2/20 vom , wonach das Abgabenkonto damals einen Rückstand aufgewiesen habe, ist nicht nachvollziehbar.
Die aus dem Einkommensteuerbescheid 2003 resultierende Gutschrift in Höhe von € 340,49 ist gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2003 und somit nach Aufhebung des Konkurses am , somit jedenfalls auch nach der Konkurseröffnung entstanden. Die Bw. hält die Aufrechnung der Umsatzsteuer 2001 mit ihrem Rückforderungsanspruch aus der Einkommensteuerveranlagung für 2003 aus konkursrechtlicher Sicht für unzulässig. Nach der von der Abgabenbehörde im gegenständlichen Fall angesprochenen Bestimmung des § 20 Abs. 1 erster Satz KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist oder die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist. Der Abgabenbehörde erster Instanz ist zu konzedieren, dass diese Sondervorschrift den allgemeinen Vorschriften über die Aufrechnungsbefugnis der Abgabenbehörde vorgeht und diese Einschränkung der Aufrechnung nur während der Dauer des Konkursverfahrens gilt. Nach der Aufhebung des Konkurses kann sich der frühere Gemeinschuldner nicht mehr auf die konkursrechtliche Aufrechnungsbeschränkung berufen (vgl. dazu Fischerlehner in SWK 2002, S 840, mit dem Hinweis auf Schubert in Konecny/Schubert, KO, §§ 19, 20, Rz. 14).
Die Abgabenbehörde hat zwar darauf hingewiesen, dass zwischenzeitig der Konkurs aufgehoben wurde, sie hat jedoch nicht dargelegt, dass laut dem bewilligten Zahlungsplan zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am eine Zahlungsplanquote offen ausgehaftet wäre, mit der allenfalls eine Verrechnung durchgeführt werden hätte können.
Die Bw. bringt zu Recht vor, dass es sich im ehemaligen Schuldenregulierungsverfahren nicht um ein Abschöpfungsverfahren, sondern richtigerweise um ein Zahlungsplanverfahren gehandelt habe. Der Zahlungsplan ist ein Zwangsausgleich besonderer Art, für den die §§ 193 bis 198 KO Sonderbestimmungen enthalten, somit ein Sonderfall des Zwangsausgleiches. § 193 Abs. 1 Satz 2 KO legt die Geltung der Bestimmungen über den Zwangsausgleich für den Fall fest, dass nichts anderes angeordnet ist. Die Bestimmungen über den Zwangsausgleich gelten somit subsidiär, wobei sich die subsidiäre Geltung nicht nur auf den Antrag, sondern auf das gesamte Zahlungsplanverfahren bezieht.
Wird der Zahlungsplan vom Gericht bestätigt, so ist nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses der Konkurs aufzuheben, wobei die Aufhebung des Konkurses anders als beim Zwangsausgleich von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig ist. Weder die Bw. noch die Abgabenbehörde haben vorgebracht und auch dem Akt ist nicht zu entnehmen, dass im Zahlungsplan ausnahmsweise etwas anderes verfügt worden wäre.
Die Rechtswirkungen des Zahlungsplans entsprechen nämlich insofern denjenigen des Zwangsausgleichs, durch den gemäß § 156 Abs. 1 KO der Schuldner von der Verbindlichkeit befreit ist, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Dies gilt auch für denjenigen Gläubiger, der seine Forderung bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet hat. Sein Anspruch ist nach § 197 KO auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote gerichtet. Über diesen rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan hinaus steht ihm keinesfalls ein Anspruch zu, wobei dies sowohl die Quote als auch die im Zahlungsplan festgesetzte Frist trifft ().
Das bedeutet aber, dass die Abgabenbehörde lediglich Anspruch auf die im Zahlungsplan mit den dort festgehaltenen Fälligkeiten festgesetzte Zahlungsplanquote hat. Durch den rechtskräftig bestätigten Zahlungsplan (Zwangsausgleich) wird der Gemeinschuldner von dem die Ausgleichsquote übersteigenden Teil seiner Verbindlichkeiten befreit. Zahlt der Schuldner die im Ausgleich festgesetzte Quote seiner Schulden, so gelten diese als vollständig getilgt.
Von der Abgabenbehörde wird übersehen, dass zwar mit der im Konkurs festgestellten Quote stets aufgerechnet werden kann, denn hier ist bereits die Kürzung des Rechtes des Aufrechnungswerbers durch die Berücksichtigung der anderen Konkursforderungen durchgeführt, nicht jedoch mit einer im Zwangsausgleich (hier die Sonderform des Zahlungsplanverfahrens) vereinbarten Ausgleichsquote. Die Zulassung der Aufrechnung mit der Ausgleichsquote würde bedeuten, dass der Aufrechnungswerber bereits vorzeitig volle Befriedigung für seine Konkursforderungen erlangt, während die übrigen Konkursgläubiger ihre Konkursforderungen erst später geltend machen können.
Damit ist das Finanzamt Wien 2/20 nicht berechtigt, nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes über die Quote hinaus gehende Abgabengutschriften für Abgabenzeiträume nach Konkurseröffnung zusätzlich zur Verminderung des Abgabenrückstandes vor Ablauf der für die Quoten im Zahlungsplan festgesetzten Frist zu verrechnen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 Abs. 1 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 193 Abs. 1 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914 |
Schlagworte | Rückzahlung Zahlungsplanquote Konkursaufhebung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at