Keine Zahlungserleichterung nach Eröffnung des Konkursverfahrens
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., eingebracht durch Rechtsanwalt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten vom betreffend Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom brachte der Vertreter der Berufungswerberin (Bw.) hinsichtlich des gesamten am Abgabenkonto aushaftenden Abgabenrückstandes ein Zahlungserleichterungsansuchen ein und führte aus, dass die Bw. monatlich rund € 660,00 Notstandshilfe beziehe. Sie sei noch arbeitssuchend, hätte aber bis jetzt nicht vermittelt werden können.
Der Bw. sei durchaus bewusst, dass eine Erledigung der offenen Abgabenrückstände notwendig sein werde und habe sich nunmehr bemüht von dritter Seite Geld zu finanzieren, wobei folgender unpräjudizeller Vorschlag zur Erledigung der offenen Abgabenschuld unterbreitet werde:
1.) Bis Ende Juli 2005 zahle die Bw. € 1.500,00
2.) Ab August 2005 bis einschließlich Mai 2006 werde ein Betrag von € 100,00 monatlich angeboten.
3.) Ein weiterer Betrag von € 6.000,00 werde bis bezahlt.
4.) Bei Einhaltung der Punkte 1.) bis 3.) wäre dann bis Mai 2006 ein Betrag von € 8.500,00 bezahlt. Ab würde die Bw. weiterhin monatlich € 100,00 bezahlen, sofern es ihr nicht aufgrund einer bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Arbeitstätigkeit möglich sei, einen höheren Betrag anzubieten.
Der Vertreter der Bw. glaube, dass die Eröffnung eines Konkursverfahrens zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv sei, da die von der Bw. angebotenen Beträge von € 1.500,00 und € 6.000,00 von dritter Seite zur Verfügung gestellt würden und dies jedenfalls auszuschließen wäre, wenn es zu keiner Ratenvereinbarung käme.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Zahlungserleichterungsansuchen ab.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde ausgeführt, dass die pauschale Begründung des Bescheides, dass in Anbetracht der laufenden Exekutionsmaßnahmen die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet erscheine, einen wesentlichen Mangel des Bescheides darstelle. In keiner Weise gehe die Behörde auf die Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters vom zur Frage der Einbringlichkeit der Abgabenschuld, sowie zur Notwendigkeit der Eröffnung eines Konkursverfahrens ein.
Es sei daher aus der Begründung nicht ersichtlich, ob und in welcher Weise sich die Behörde mit der Einbringlichkeit der Abgaben im Zusammenhang mit laufenden Exekutionsmaßnahmen - diese würden auch nicht näher präzisiert - beschäftigt habe, sodass ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege, welcher zur Aufhebung des Bescheides führen müsse.
Bei richtiger rechtlicher Würdigung des Vorbringens mit Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters vom wäre die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass die Einbringlichkeit der Abgaben lediglich verzögert, aber nicht gefährdet sei.
Des Weiteren mangle es dem bekämpften Bescheid an einem wesentlichen Bescheidmerkmal, nämlich der Unterschrift des Genehmigenden bzw. der Beglaubigung durch die Kanzlei, dass die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimme und dieses die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweise. Der gegenständliche Bescheid sei daher nichtig.
Des Weiteren werde wie folgt ausgeführt:
Obwohl die Bw. monatlich lediglich rund € 660,00 Notstandshilfe beziehe und nach wie vor arbeitssuchend sei, habe sie im Jul 2005 € 1.150,00, sowie im August 2005 € 700,00 von der bestehenden Abgabenschuld getilgt.
Schon im Schreiben vom sei durch den rechtsfreundlichen Vertreter vorgebracht worden, dass die Bw. von dritter Seite Geldmittel zur Verfügung gestellt bekommen könnte und es wäre ihr auch diesfalls möglich, höhere Raten, als im Schreiben vom unter Punkt 2 angeboten (€ 100,00) zu leisten.
Ungeachtet dessen könne die Bw. trotz ihrer angespannten finanziellen Situation ab September 2005 monatliche Raten in Höhe von € 150,00 überweisen.
Bis würde ein weiterer Betrag von € 6.000,00 bezahlt.
Im Falle eines höheren Monatseinkommens durch Aufnahme eines Dienstverhältnisses würden selbstverständlich die monatlichen Raten erhöht werden.
Durch eine gegenständliche Ratenregelung vorgeschlagenen Inhaltes erscheine die Einbringlichkeit der Abgabenschuld jedenfalls nicht gefährdet im Vergleich zur Eröffnung eines Konkursverfahrens. Diesfalls würden nämlich die der Bw. von dritter Seite angebotenen Darlehen nicht zur Verfügung gestellt werden, da kein Anlass mehr dazu bestehen würde. Durch die Zahlungen im Juli und August 2005 sei jedenfalls glaubhaft gemacht, dass die Einbringlichkeit der Abgaben keinesfalls gefährdet sei.
Vielmehr würde es persönlich unbillig sein, würde der Bw. in Anbetracht ihrer finanziellen Lage und ihres das Existenzminimum nur geringfügig übersteigenden derzeitigen Einkommens die beantragte Zahlungserleichterung nicht gewährt werden.
Schließlich bedürfe es für eine persönliche Unbilligkeit gar keiner Existenzgefährdung; es genüge schon, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich seien, z.B. wenn die Abgabenschuld nur unter Verschleuderung bzw. Verkauf von Vermögenswerten entrichtet werden könnte ().
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für eine positive Erledigung von Zahlungserleichterungsansuchen drei Voraussetzungen erforderlich seien:
Ein Ansuchen mit ausführlicher Begründung, das Vorliegen einer erheblichen Härte und mit dem Aufschub dürfe keine Gefährdung der Einbringlichkeit entstehen. Fehle nur eine dieser Voraussetzungen, dann sei das Ansuchen aus Rechtsgründen abzuweisen und es könne gar nicht zu einer Ermessensentscheidung kommen.
Auf dem Abgabenkonto der Bw. bestehe seit über zwei Jahren ein Abgabenrückstand, in dem auch Selbstbemessungsabgaben enthalten seien. Trotz oftmaliger Einbringungsversuche hätte der Rückstand nicht eingebracht werden können. In diesem Zeitraum seien auch keine nennenswerten Zahlungen auf das Abgabenkonto geleistet worden. Aus diesen Tatsachen ergebe sich, dass nicht mehr von einer vorübergehenden Zahlungsstockung gesprochen werden könne. Wenn jedoch keine vorübergehende Zahlungsstockung vorliege, könne nur mehr auf das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Auch die Nichtzahlung von Selbstbemessungsabgaben lasse auf Zahlungsunfähigkeit schließen. Außerdem gebe die Bw. an, dass sie nur Notstandshilfe beziehe, arbeitssuchend sei und eine angespannte Situation vorliege. Aufgrund aller Tatsachen könne nach Ansicht des Finanzamtes nur mehr von einer Zahlungsunfähigkeit gesprochen werden.
Liege jedoch Zahlungsunfähigkeit vor, dann müsse von einer Gefährdung der Einbringung ausgegangen werden, deren Vorliegen die Abweisung des Ansuchens aus Rechtsgründen erfordere. Die Tatsache, dass nach nunmehr mehr als zwei Jahren von dritter Seite Beträge zur Verfügung gestellt würden - und dies auch nur in einer solchen Höhe, dass die Abstattung wieder nur in zukünftigen Monatsraten erfolgen könnte - sei nicht geeignet, das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit zu entkräften. Im Übrigen werde bemerkt, dass der bekämpfte Abweisungsbescheid keine von der Bw. behaupteten Mängel aufweise, da § 96 BAO unter anderem besage, dass Ausfertigungen, die mittels automatisationsunterstütztender Datenverarbeitung erstellt würden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürften und würden, wenn sie weder Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen würden, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt gelten.
Dagegen beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, dass die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung im Ermessen der Abgabenbehörde liege. Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine solche Ermessensentscheidung ausreichend zu begründen. Im gegenständlichen Fall fehle eine solche Begründung vollständig.
Eine Berufungsvorentscheidung sei nur dann zu erlassen, wenn damit zu rechnen sei, dass hiedurch das Berufungsverfahren beendet werde, somit insbesondere bei voller Stattgabe der Berufung. Im gegenständlichen Fall sei durch die Berufungsvorentscheidung der Berufung nicht einmal zum Teil stattgegeben und der Abgabenrückstand reduziert worden. Auch im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde in der Berufungsvorentscheidung die mangelhafte Bescheidbegründung nachgeholt habe, wäre eine Berufungsvorentscheidung nicht zu treffen gewesen, da es keineswegs wahrscheinlich gewesen sei, dass kein Vorlageantrag gestellt werden würde.
Zur nachgeholten Bescheidbegründung in der Berufungsvorentscheidung werde festgestellt:
a) Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Notlage der Bw. liege in der Abweisung des gegenständlichen Stundungsansuchens jedenfalls eine erhebliche Härte im Sinne des § 212 BAO vor, weil der notdürftige Unterhalt durch die Abgabenentrichtung beeinträchtigt würde.
b) Die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung auf das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung der Einbringlichkeit. Aus dem längeren Bestehen eines Abgabenrückstandes, welcher bislang nicht gänzlich eingebracht hätte werden können, sowie aus der Nichtzahlung von Selbstbemessungsabgaben und der Tatsache, dass die Bw. Notstandshilfe beziehe, schließe die belangte Behörde ohne weitere Erhebungen auf die Uneinbringlichkeit. Ausgehend davon komme sie zu einer bestehenden Gefährdung des Abgabenrückstandes.
Dem werde entgegnet: Trotz lediglich eines geringen Einkommens durch Notstandshilfe habe die Bw. im Juli und im August 2005 Zahlungen in Höhe von insgesamt € 1.850,00 vorgenommen und es hätten monatliche Raten in Höhe von € 150,00 überwiesen werden können. Weiters habe die Bw. angeboten, bis einen Betrag in Höhe von € 6.000,00 zu berichtigen. Es sei also unrichtig, dass keine nennenswerten Zahlungen auf den Rückstand geleistet worden wären und mit solchen in Zukunft auch nicht zu rechnen wäre.
c) Voraussetzung für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit wäre die völlige Einkommens- und Vermögenslosigkeit. Von einer solchen sei jedoch, wie in der Berufung ausgeführt, wegen der Zuwendung von Geldmitteln durch Dritte keinesfalls auszugehen. Diese Zuwendungen würden jedenfalls eine Gefährdung der Einbringlichkeit in gleicher Weise wie eine Sicherheitsleistung beseitigen.
d) Die Republik Österreich bzw. die belangte Behörde habe am einen Konkursantrag gestellt. Das Konkursgericht habe festgestellt, dass eine Zahlungsstockung vorliege und auf den Abgabenrückstand von Juli bis September 2005 € 2.500,00 gutgebracht worden seien, derzeit ein monatlicher Dauerauftrag von € 150,00 laufe und bis eine weitere Zahlung von € 6.000,00 angeboten worden sei. Demgemäß sei das Konkursgericht nicht von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen und habe zur Regelung der Verbindlichkeiten eine Frist bis gewährt. Auch die belangte Behörde hätte nicht von einer Zahlungsunfähigkeit, sondern von einer Zahlungsstockung ausgehen dürfen.
e) Die Verweigerung einer gemäß § 212 Abs. 1 BAO begehrten Zahlungserleichterung dürfe nicht auf die Gefährdung der Einbringlichkeit von Abgaben gestützt werden, wenn sich diese Folge der Gefährdung der Einbringlichkeit aus willkürlichen Maßnahmen der Abgabenbehörde ergebe (VwGH 81/15/0101). Im gegenständlichen Fall habe die Abgabenbehörde den Konkursantrag trotz Nichtvorliegens einer Zahlungsunfähigkeit gestellt. Nach der oben zitierten Entscheidung wäre die Berufung auf den Konkursantrag zum Nachweis der Zahlungsunfähigkeit eine willkürliche Maßnahme der Abgabenbehörde und es könne darauf eine Abweisung des Antrages nach § 212 BAO nicht gestützt werden.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 212 Abs. 1 BAO lautet: Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213), erstrecken.
Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob die sofortige (volle) Entrichtung der Abgabe eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Nur wenn alle Voraussetzungen vorliegen, steht es im Ermessen der Behörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern der Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen (vgl. ).
Der Grundgedanke des Gesetzes liegt im unbedingten Vorrang der Sicherung der Einbringlichkeit eines Rückstandes gegenüber der allenfalls durch die Verweigerung der Verschiebung des Zahlungszeitpunktes eintretenden Beschwernis des Schuldners ().
Im Zahlungserleichterungsverfahren hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden.
Eine Abfrage der Insolvenzdatei ergab, dass mit Beschluss des Landesgerichtes X. vom Tag-Monat-Jahr, Aktenzeichen yyzz über das Vermögen der Bw. der Konkurs eröffnet wurde.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt muss zweifelsfrei geschlossen werden, dass die Voraussetzung des § 212 Abs. 1 BAO, wonach die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet werden darf, nicht gegeben ist
Gerade die durch die Eröffnung des Konkursverfahrens dokumentierte Zahlungsunfähigkeit hat die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe durch ein Hinausschieben des Zeitpunktes der Entrichtung klargestellt ().
Am Abgabenrückstand haften derzeit Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 9.494,69 unberichtigt aus. Die Überweisung des Betrages in Höhe von € 6.000,00 bis ist nicht erfolgt.
Der Vollständigkeit halber wird zum Vorbringen, dass der Bescheid vom auf Grund des Fehlens einer Unterschrift mangelhaft sei, auf § 96 BAO verwiesen, wonach Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen und, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt gelten.
Im Übrigen bezieht sich das in der Berufung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/17/0232, auf eine Nachsicht und ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Im Hinblick auf die vorliegende Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Abgaben war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zahlungsunfähigkeit Konkurseröffnung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at