Begräbniskosten bei überschuldetem Nachlass Bewertung des Nachlassvermögens
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer 2009 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) beantragte in seiner Einkommensteuererklärung die Berücksichtigung von Begräbniskosten im Gesamtbetrag von 3.504,39 Euro als außergewöhnliche Belastung.
Vom Finanzamt wurden die geltend gemachte Begräbniskosten mit der Begründung nicht anerkannt, dass diese nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können.
In seiner dagegen gerichteten Berufung führte der Bw. aus:
Entsprechend der geltenden Lohnsteuerrichtlinien idgF. sind laut Randzahl 890 die Begräbniskosten dann zwangsläufig und berücksichtigungswürdig, wenn diese aus dem Nachlass nicht gedeckt werden konnten. Da es sich beim Nachlass meiner Mutter gänzlich um eine Überschuldung handelt, sind diese als außergewöhnliche Belastung ansatzfähig.
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen. Darin führte das Finanzamt aus, dass sich die Überschuldung durch den Ansatz der Begräbniskosten als Nachlassverbindlichkeiten ergeben hätte. Es sei dabei jedoch ein forstwirtschaftliches Grundvermögen im Ausmaß von ca. 1 Hektar nur mit dem dreifachen Hektarsatz als Gebührenbemessungsgrundlage angesetzt worden. Als Vermögensansatz sei jedoch der Verkehrwert iHv. ca. 0,50 Euro bis 1,50 Euro pro m² anzusetzen. Somit bestehe ein verwertbares Nachlassvermögen, welches die Nachlassverbindlichkeiten übersteige.
Dagegen wandte sich der Bw. mit seinem Antrag auf Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte vor, dass das Waldgrundstück zu 50% im Miteigentum seiner Mutter gestanden sei. Aufgrund seiner Beschaffenheit sei es nur von einer Richtung befahrbar. Die Geländeeigenschaften verunmöglichen es, eine weitere Zufahrt mit vertretbarem Aufwand zu errichten. Aus rechtlichen Gründen der seinem Vater gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht und nicht zuletzt aus sittlichen Gründen als ihm nahe stehende Person, seien diese Kosten von ihm übernommen worden, somit sei auch bei ihm eine Zwangsläufigkeit der Begräbnisausgaben gegeben. Zudem stehe ihm nach Erbverzicht auch kein heranziehbares forstwirtschaftliches Grundvermögen, welches weiters wie oben dargelegt, nur einen erheblich eingeschränkten Verkehrswert besitze, zur Verfügung.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Die Belastung erwächst nach Abs. 3 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Die Abzugsfähigkeit von Begräbniskosten einschließlich der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Grabstätte als außergewöhnliche Belastung ist im § 34 EStG 1988 nicht explizit geregelt. Nach herrschender Lehre, Judikatur und Verwaltungspraxis können Begräbniskosten jedoch eine außergewöhnliche Belastung darstellen, die unter Berücksichtigung des in § 34 Abs. 4 und 5 EStG 1988 dargestellten Selbstbehaltes anzuerkennen sind.
Begräbniskosten einschließlich der Kosten für die Errichtung eines Grabmals können insoweit eine außergewöhnliche Belastung sein, als sie durch das zum Verkehrswert bewertete Nachlassvermögen nicht gedeckt sind ( und Doralt, EStG4, § 34, Tz 78).
Eine sittliche Verpflichtung zur Tragung der Begräbniskosten kann auch eine dem Erblasser näher stehende Person als die gesetzlichen Erben treffen (Jakom/Baldauf, EStG 2011, § 34, Rz 90).
Für die Begräbniskosten haftet jedoch in erster Linie der Nachlass. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 549 ABGB, wonach "zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten (Nachlassverbindlichkeiten) auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und Vermögen des verstorbenen angemessene Begräbnis gehören". Die Begräbniskosten gehören daher zu den sogenannten bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten. Diese werden vom Gesetz so behandelt, als ob sie vom Erblasser selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten ().
Steht eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen und findet die Erbgangsbelastung (ua. Begräbniskosten) im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung, kann von keiner Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gesprochen werden ().
Der Reinnachlass ist anhand der Verkehrswerte zu ermitteln. Die (wesentlich unter dem Verkehrswert liegenden) Einheitswerte von Liegenschaften sind nicht maßgeblich (; Wiesener/Grabner/Wanke, ESt Kommentar, § 34, Anm. 78, Stichwort "Begräbniskosten").
Im vorliegenden Fall sind laut Beschluss des Bezirksgerichtes Aktiva in Form des Hälfte-Anteiles an der Liegenschaft X, bestehend aus dem Grundstück 615 Wald, vorhanden. Dieser Anteil wurde dem Ehegatten als Erben einverleibt.
Aus dem Grundbuchsauszug ist ersichtlich, dass das Grundstück nach Einantwortung eine Fläche von 9.438 m2 hat.
Die Ermittlungen des Finanzamtes haben ergeben, dass nach der amtlichen Kaufpreissammlung von einem m2-Preis von 0,50 Euro bis 1,50 Euro für die Ermittlung des Verkehrswertes auszugehen ist.
Zur Ermittlung des Verkehrswertes kann die Auswertung der amtlichen Kaufpreissammlung herangezogen werden ().
Da das Grundstück mit keinem Belastungs- und Veräußerungsverbot behaftet ist, kam es vorliegendenfalls durch den Erbantritt zu einem verwertbaren Vermögenszuwachs. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bw., dass sich die Zufahrt zu diesem Waldgrundstück als schwierig erweist, geht der Unabhängige Finanzsenat nur von einem Durchschnittswert der objektiv zu erzielenden Kaufpreise nach der Kaufpreissammlung für den ½-Anteil aus. Der sich daraus ergebende Verkehrswert übersteigt jedoch die beantragten Begräbniskosten.
Erst wenn diese aus dem Nachlass nicht bestritten werden können, weil ein solcher überhaupt nicht oder nicht ausreichend vorhanden ist, wird eine sittliche Verpflichtung der Erben für diese Kosten aus eigenem aufzukommen, gegeben sein (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer Handbuch, § 34, Tz 38, Stichwort "Begräbniskosten").
Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at