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OGH vom 12.07.2010, 1Nc43/10d

OGH vom 12.07.2010, 1Nc43/10d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann als weitere Richter in der beim Landesgericht Klagenfurt zu AZ 25 Cg 135/09f anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ingrid L*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 19, wegen 30.000 EUR sA den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei wird das Oberlandesgericht Wien bestimmt.

Text

Begründung:

Die Klägerin macht beim Landesgericht Klagenfurt Haftentschädigung wegen ungerechtfertigter Haft iSd § 2 Abs 1 Z 2 StEG 2005 geltend. Sie bringt vor, das gegen sie vorerst beim Landesgericht Linz und nach Delegation beim Landesgericht Klagenfurt geführte Strafverfahren wegen § 92 Abs 2 und 3 StGB habe nach 952 Tagen Unterbringung mit einer Zurückziehung des Unterbringungsantrags geendet; dies nachdem der Oberste Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , GZ 13 Os 5/08x, das erstinstanzliche Verfahren und das gegen sie ergangene Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht mit der Begründung als nichtig aufgehoben habe, die Unterbringungsvoraussetzungen seien von Anfang an nicht vorgelegen.

Das Landesgericht Klagenfurt wies die Klage ab. Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Berufung.

Das Oberlandesgericht Graz, dem die Berufung vorgelegt wurde, regte an, gemäß § 9 Abs 4 AHG ein anderes Oberlandesgericht zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel zu bestimmen. Das Oberlandesgericht Graz habe mit Beschluss vom den Beschwerden der Klägerin gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Klagenfurt vom und jeweils nicht Folge gegeben und ausgesprochen, dass die vorläufige Anhaltung wegen Fortdauer des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr fortzusetzen sei. Da die Klägerin die erlittene Haft in ihrer Gesamtheit als Anspruchsgrundlage heranziehe, somit ihre Ansprüche auch aus Entscheidungen von Richtern des Oberlandesgerichts Graz ableite, seien die Voraussetzungen für eine Delegierung gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 9 Abs 4 AHG hier in Verbindung mit § 12 Abs 1 StEG 2005 ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch (auch) aus der Entscheidung eines Gerichtshofs abgeleitet wird, der nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre. Richter eines Gerichtshofs sollen nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben. Im vorliegenden Fall ist die Bestimmung eines anderen Landesgerichts, also eines Gerichtshofs erster Instanz nicht mehr möglich, weil das Landesgericht Klagenfurt bereits entschieden hat und die Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof zur Beschlussfassung gemäß § 9 Abs 4 AHG erst im Rechtsmittelverfahren erfolgte. Hat bereits ein ausgeschlossenes Gericht in erster Instanz entschieden, ist zumindest dafür Sorge zu tragen, dass ein nicht vom Ausschließungsgrund des § 9 Abs 4 AHG betroffenes Rechtsmittelgericht bestimmt wird (1 Nd 1/84). Nach dem dargelegten Verfahrensverlauf im Strafverfahren hat das Oberlandesgericht Graz die Anhaltung der Klägerin gebilligt.

Zur Erledigung der Berufung ist daher ein anderes Oberlandesgericht zu bestimmen. Die Delegierung an das Oberlandesgericht Wien erscheint zweckmäßig.

Fundstelle(n):
NAAAC-93794