Am Formular NeuFö 1 fehlt Unterschrift des Betriebsinhabers: es liegt kein behebbarer Formmangel vor, sondern materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung wurde nicht erfüllt
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M-GmbH, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gesellschaftsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Notariatsakt vom wurde die Fa. M-GmbH (= Berufungswerberin, Bw) errichtet. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt € 35.000 und wird zur Gänze vom Alleingesellschafter D gehalten; Geschäftsführer ist laut Firmenbuchauszug Herr N. Es erfolgte eine Selbstberechnung der Gesellschaftsteuer im Betrag von Null €, weil laut Vermerk die Begünstigung nach § 4 NeuFöG in Anspruch genommen wurde.
Am wurde dem Finanzamt eine Erklärung der Neugründung, Formular NeuFö 1, übermittelt, worin ua. die Nichterhebung der Gesellschaftsteuer beansprucht wurde. Das Formblatt ist lediglich seitens der Wirtschaftskammer Wien am , jedoch nicht vom Betriebsinhaber unterfertigt.
Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom , StrNr, gemäß § 2 Z 1 Kapitalverkehrsteuergesetz vom (KVG), DRGBl 1, S 1058, idgF, die 1%ige Gesellschaftsteuer im Betrag von € 350 vorgeschrieben. Begründend wird ausgeführt: Da zum Zeitpunkt der Selbstberechnung kein vom Betriebsinhaber unterschriebener Antrag (NeuFö 1) vorgelegen wäre, sei die Gesellschaftsteuer gemäß § 201 BAO festzusetzen.
In der dagegen erhobenen Berufung wird eingewendet, die fehlende Unterschrift stelle einen verbesserungsfähigen Formmangel dar, jedoch keinen, die Gesellschaftsteuer auslösenden Umstand. Das Finanzamt hätte richtigerweise unter Fristsetzung die Unterschriftsleistung nachfordern müssen. Dazu wurde nochmals das Formular NeuFö 1 nachgereicht, welches nunmehr vom Geschäftsführer N unterfertigt ist; die Unterschriftsleistung erfolgte am . Der Bescheid sei daher ersatzlos aufzuheben.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde dahin begründet, dass der ordnungsgemäß ausgefüllte und unterfertigte amtliche Vordruck kein nachträglich sanierbares Formerfordernis, sondern materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung der Befreiung von der Gesellschaftsteuer sei. Diese Voraussetzung müsse zum Zeitpunkt der Selbstberechnung erfüllt sein; eine spätere Vorlage des Vordruckes könne den Befreiungstatbestand nicht mehr erfüllen.
Im Vorlageantrag wird auf die Berufungsausführungen verwiesen und ergänzt, dass das von der Wirtschaftskammer unterfertigte Formular NeuFö 1 im Zeitpunkt der Selbstberechnung wohl vorgelegen wäre, jedoch versehentlich nicht vom Geschäftsführer unterfertigt worden sei. Es könne nicht angehen, dass infolge Fehlens einer ohne Weiteres nachzubringenden Unterschrift der Sinn und Zweck einer Neugründungsförderung hintangehalten werde.
Über die Berufung wurde erwogen:
1.) Neugründung einer GmbH:
Gemäß § 2 Z 1 Kapitalverkehrsteuergesetz vom (KVG), DRGBl 1, S 1058, idgF, unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.
Zu den Kapitalgesellschaften zählen nach § 4 Abs. 1 Z 2 KVG die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Steuerschuldner ist gemäß
§ 9 Abs. 1 KVG die Kapitalgesellschaft
(= Bw); die Steuer bemißt sich mit 1 % vom gesamten Nennkapital.
2.) Begünstigung nach NeuFöG:
Laut Vermerk hatte der Vertragsverfasser (Notar) zum Gesellschaftsvertrag eine Selbstbemessung der Gesellschaftsteuer mit Euro Null bei Errichtung der GmbH am vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt lag die "Erklärung der Neugründung" der Bw, Formular NeuFö 1, unterfertigt lediglich von der beratenden Wirtschaftskammer am , "versehentlich" nicht aber vom Betriebsinhaber, vor.
Selbiges Formular wurde nachträglich zusammen mit der Berufungsschrift nochmals übermittelt, nunmehr unterfertigt vom Geschäftsführer der GmbH, Herrn N am .
Das Finanzamt hatte mit dem angefochtenen Bescheid die Gesellschaftsteuer gemäß § 201 BAO festgesetzt, weil sich im Sinne dieser Bestimmung die bekannt gegebene Selbstberechnung aus folgendem Grund als nicht richtig erwiesen habe: Zum Zeitpunkt der Selbstberechnung sei kein vom Betriebsinhaber unterfertigter Antrag (NeuFö 1) vorgelegen.
Die bezughabenden Bestimmungen des Neugründungs-Förderungsgesetzes (NeuFöG), BGBl I 1999/106 idgF, lauten:
"§ 1. Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben: ...
Z 5. Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber; ...
§ 4. Die Wirkungen nach § 1 treten unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.
(1) Die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird. Auf dem amtlichen Vordruck sind zu erklären:
1. das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2,
2. der Kalendermonat nach § 3,
3. jene Abgaben, Gebühren und Beiträge, bei denen die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 eintreten sollen."
Laut § 2 Abs. 2 der Verordnung BGBl II 1999/278 idF BGBl II 1008/288 betr. die Förderung der Neugründung ist Betriebsinhaber die die Betriebsführung beherrschende natürliche oder juristische Person. Betriebsinhaber des § 2 Z 2 NeuFöG sind ungeachtet allfälliger gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmungen ua.: die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind oder wenn sie zu mehr als 25 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt sind.
Nach der geltenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erklärung der Neugründung nach § 4 NeuFöG formgebunden. Es ist ein bestimmter amtlicher Vordruck zu verwenden und eine Bestätigung der Berufsvertretung einzuholen. Die Vorlage dieses formgebundenen Antrages ist die materielle Voraussetzung für die Begünstigung (siehe ; ; ; ). In seinem Erkenntnis vom , 2003/16/0472, führt der VwGH u. a. aus, das NeuFöG lasse in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gessetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl. etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten.
Die ordnungsgemäß und iSd § 4 Abs. 1 NeuFöG vollständig ausgefüllte Erklärung ist damit materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung. Es handelt sich sohin hiebei - entgegen dem Dafürhalten der Bw - nicht um einen bloßen, sanierbaren Formmangel.
Im Gegenstandsfalle stellt sich die Sachlage nunmehr so dar, dass
1. zum maßgeblichen Zeitpunkt der Selbstberechnung kein von Seiten des Unternehmens unterfertigtes amtliches Formular NeuFö 1 vorgelegen war;
2. das als verspätet zu betrachtende Formular NeuFö 1, welches zusammen mit der Berufung nachgereicht wurde, zwar vom Geschäftsführer im Nachhinein unterschrieben worden war. Allerdings liegt diesfalls wiederum keine Unterfertigung "durch den Betriebsinhaber" vor, da als solcher nur der Alleingesellschafter D zu qualifizieren ist.
Fehlt es daher aufgrund dieser Umstände an der als materiell-rechtliche Voraussetzung zu qualifizierenden Vorlage eines ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllten Vordruckes NeuFö 1 durch den Betriebsinhaber, dann war die Gewährung der Begünstigung nach NeuFöG hinsichtlich der Gesellschaftsteuer zu Recht versagt worden.
In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 4 Abs. 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 § 2 Abs. 2 NeugründungsVO, BGBl. II Nr. 278/1999 |
Schlagworte | Neugründung NeuFö 1 Betriebsinhaber materielle Voraussetzung Formmangel |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at