Ankauf von Wirtschaftsgütern aus einer Konkursmasse
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0894-L/07-RS1 | "Neueröffnung iSd § 2 Z 1 NeuFöG ist die Neuschaffung wesentlicher Betriebsgrundlagen. Nach § 3 der VO zum NeuFöG wird der Betrieb neu eröffnet, wenn der Betriebsinhaber erstmals nach außen werbend in Erscheinung tritt und die für den Betrieb typischen Leistungen am Markt angeboten werden. |
RV/0894-L/07-RS2 | Werden aus einer Konkursmasse einzelne Wirtschaftsgüter erworben und betätigt sich der Erwerber in anderen Betriebssparten, als die in Konkurs befindliche Firma, so ist von einem Betriebserwerb nicht auszugehen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der UGN, vertreten durch die UWT, vom gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes BRS vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Sektion A) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2003 bis 2004 entschieden:
(1) Der eingeschränkten Berufung betreffend Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag wird Folge gegeben.
Die Beiträge und Zuschläge werden für 2003 und 2004 mit 0,00 € festgesetzt.
(2) Die eingeschränkte Berufung betreffend die Haftungsbescheide für 2003 und 2004 wird gem. § 273 Abs 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Bw. (UGN GmbH, kurz UGN) wurde mit Vertrag vom errichtet. Mit Schreiben vom bestätigte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Neugründung nach § 4 Neugründungsförderungsgesetz.
2. Bei der UGN wurde im März 2007 eine Außenprüfung nach § 147 Abs. 1 BAO iVm § 86 BAO und eine Nachschau gem. § 144 BAO durchgeführt (Gegenstand der Prüfung waren Lohnsteuer, Sozialversicherung und Kommunalsteuer betreffend 2003 bis 2005). Der Prüfer stellte folgendes fest:
a. Mit Schreiben vom sei die Neugründung der UGN bestätigt worden. Daraufhin seien vom Unternehmen ab diesem und den folgenden elf Kalendermonaten Befreiungen iS des NeuFöG (Unfallversicherung, Wohnbauförderung, Dienstgeberbeiträge, Zuschläge DB) geltend gemacht worden. Diese Befreiungen habe der Prüfer nicht anerkannt, weil es sich um keine Neugründung nach dem NeuFöG handle.
b. Die geprüfte Firma sei seit 2003 operativ tätig. Im Juli 2003 sei das Bauunternehmen PT KG in Konkurs gegangen. Die UGN habe aus der Konkursmasse benötigtes Anlagevermögen (Fuhrpark, Geräte, Requisiten usw.) ersteigert und das Gebäude des Seniorchefs der PT KG (Herr PT, Sonderbetriebsvermögen) angemietet. Der wesentlich beteiligte Gesellschafter und Geschäftsführer der UGN - Herr WF - sei in der PT Prokurist gewesen. Nach Ansicht der prüfenden Behörde sei entscheidend, dass mit den angeschafften Gegenständen aus der Konkursmasse der PT deren Betrieb im Großen und Ganzen weitergeführt hätte werden können. Es liege daher keine Neugründung vor.
c. Aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung erließ das Finanzamt Haftungs- und Abgabenbescheide (vom )
- für 2003 mit 14.535,62 € (DB), 1.227,45 € (DZ) und 290,71 € (SZ),
- für 2004 mit 14.602,38 € (DB), 1.233,09 € (DZ) und 292,05 € (SZ),
- für 2005 mit 66,76 € (DB) und 5,34 € (DZ).
Am wurden die bisherigen Vorschreibungen nach § 293b BAO betreffend DB um 3.001,51 (03) und 2.206,77 (04) und betreffend Zuschlag zum DB um 253,46 (03) und 241,44 (04) berichtigt. Damit verblieben 25.967,46 € wovon 25.823,26 € ausgesetzt wurden (Differenz 2x 66,76 und 2x 5,34).
3. Mit Schreiben vom wurde gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide für 2003 bis 2005 hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag Berufung eingelegt:
a. Die BP habe angeführt, der Betrieb der PT KG habe im Großen und Ganzen weitergeführt werden können. Genau dies sei nicht der Fall.
b. Wie bereits in den Stellungnahmen vom und (auf die man in keiner Weise eingegangen sei) beschrieben, liege keine Betriebsübertragung vor:
- Der Betriebsgegenstand der UGN sei ein anderer als der der PT. Es würden keine Fenster produziert, keine Kegelbahnen und Fertighäuser gebaut und es werde auch keine Tischlerei betrieben. Die Firma UGN würde sonst zehnmal so viele Mitarbeiter beschäftigen und eine um ein Vielfaches größere Fläche benötigen.
- Unstrittig sei auch, dass geringe Teile des Anlagevermögens lediglich aus dem Baubereich im Zuge einer öffentlichen Versteigerung erworben worden seien. Dabei handle es sich nicht um die wesentlichen Betriebsgrundlagen, zumal überhaupt keine Großgeräte wie Kräne, Mischanlagen oder Abbundanlagen erworben worden seien. Der Wert eines einzigen Großgerätes, das von anderen Unternehmen ersteigert worden sei, übersteige schon den Wert des gesamten (von der Bw.) erworbenen Vermögens.
- Von den zahlreichen Liegenschaften der PT sei lediglich das Baustofflager angemietet worden, welches flächenmäßig einen einstelligen Prozentsatz der gesamten ehemaligen Liegenschaften der PT repräsentiere. Hier komme noch hinzu, dass die Firma UGN gar keinen Baustoffhandel betreibe. Dazu sei das seinerzeitige Baustofflager von der UGN zu einer Zimmereiproduktionshalle vollkommen umgebaut worden.
- Es seien auch keine wesentlichen Betriebsgrundlagen wie Kundenstock, Forderungen oder Vorräte übernommen worden.
- Festzuhalten sei auch, dass man nur einige wenige Dienstnehmer der ehemaligen Firma PT (nachdem diese arbeitslos gewesen seien) eingestellt habe. Andere Firmen in der Umgebung hätten mehr Arbeitnehmer eingestellt.
c. In Anbetracht der Tatsache, dass von der UGN wiederholt ausführliche Stellungnahmen abverlangt worden seien, erscheine es umso verwunderlicher, dass auf die vorgebrachten Argumente, die allesamt unstrittig seien, in keiner Weise eingegangen werde. Das Finanzamt beschränke sich in der Begründung darauf, dass der Betrieb im Großen und Ganzen weitergeführt werden konnte. Es sei aber ersichtlich, dass kein vollständiger Organismus übertragen worden sei, der es ermöglichen würde, den Betrieb im wesentlichen unverändert weiterzuführen.
Es werde daher ersucht, der Berufung stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Man beantrage weiters, dass über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattfinde.
4. Den Stellungnahmen der Bw. vom und ist folgendes zu entnehmen:
(1) Stellungnahme (Auszug):
Sitz der Gesellschaft PT KG sei M, Gegenstand sei der Fertigteilhausbau, die Tischlerei, der Kegelbahnbau, der Hochbau und die Zimmerei gewesen. Als geschäftsführender Gesellschafter sei PT tätig gewesen. Beschäftigt habe man bis zu 200 Mitarbeiter. Anfang Juli 2003 sei ein Konkursverfahren eröffnet worden. Man habe die Betriebsschließung beantragt und die offenen Baustellen nicht weitergeführt. Davon seien rund 100 Mitarbeiter betroffen gewesen. Das Anlage- und Umlaufvermögen sei an das Versteigerungsunternehmen O GmbH verkauft, die Versteigerung sei österreichweit ausgeschrieben worden und habe mehrere Tage gedauert.
Die UGN sei ursprünglich durch den geschäftsführenden Gesellschafter WF gegründet worden. Unternehmensgegenstand sei das Projekt- und Baumanagement gewesen, worunter auch der Hochbau und die Zimmerei falle. Mit Tätigkeiten wie Fertigteilhausbau, Tischlerei, Fensterproduktion oder Kegelbahnbau habe die Gesellschaft überhaupt nichts zu tun.
Die UGN habe - wie andere Firmen auch - an der öffentlichen Versteigerung teilgenommen und einen kleinen Bruchteil des Anlagevermögens der PT KG erworben. Der Rest des derzeit vorhandenen Anlagevermögen sei neu angeschafft worden. Vom Masseverwalter seien keine Vermögenswerte wie Kundenstock, Forderungen oder offene Baustellen übernommen worden. Einige wenige offene Baustellen seien - so wie von anderen Baufirmen auch - mit Bauherren neu verhandelt und fertiggestellt worden. Dies sei auf Wunsch der Bauherren erfolgt und es sei ein eigenes Auftragsverhältnis mit Angebot und Annahme gewesen. Man habe nur Aufträge angenommen, die wirtschaftlich sinnvoll gewesen seien und aufgrund der betrieblichen Struktur auch abgewickelt werden konnten. Die UGN stelle arbeitslose ehemalige Beschäftigte ein, aber zum Teil in einer völlig anderen Beschäftigungsart. Insgesamt habe man 25 Angestellte der ehemaligen Firma PT KG eingestellt.
Auch die Verwaltungs- und Organisationsstruktur der UGN sei eine völlig andere als die der PT KG. Die UGN sei zwar in einem Bruchteil der ehemaligen Immobilien eingemietet, jedoch habe man diese baulich völlig verändert und die Räumlichkeiten erfüllten einen anderen Zweck als früher (derzeitige Produktionshalle = frühere Lagerhalle).
Es liege daher eine Neugründung aber keine Betriebsübertragung vor.
(2) Stellungnahme (Auszug):
Die von der Finanzverwaltung ins Treffen geführte Entscheidung des sei nicht auf den gegenständlichen Fall anwendbar. Nach dieser Berufungsentscheidung seien Maschinen, Einrichtungen, Kfz sowie Waren- und Materialvorräte, sämtliche Betriebsobjekte sowie der vorhandene Kundenstock übernommen worden. Die UGN habe weder Vorräte, noch einen Kundenstock übernommen.
Die UGN sei hauptsächlich mit der Planung und Errichtung von Gebäuden betraut. Sie werde dabei auch als Dienstleistungsunternehmen tätig. Bereits im Unternehmensgegenstand unterscheide sich die UGN von der ehemaligen PT KG.
Nach dem NeuFöG müssten für den konkreten Betrieb die wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen werden. Dagegen liege ein Betriebserwerb vor, wenn ein vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens übertragen werde. Der Betrieb müsse im Wesentlichen unverändert weitergeführt werden können.
Das Konkursverfahren der PT KG sei vom Masseverwalter abgeführt worden. Nachdem sich niemand gefunden habe, der den Betrieb (oder die Betriebsteile) habe übernehmen wollen, sei eine öffentliche Versteigerung von der Firma O GmbH durchgeführt worden. Diese habe den Auftrag gehabt, das gesamte verwertbare Vermögen bestmöglich zu versteigern. Die Teile des ehemaligen Anlagevermögens seien an viele verschiedene Firmen und Personen verkauft worden. Eine davon sei die Bw. gewesen. Andere Baufirmen in der Umgebung hätten viel größere Posten erworben (zB die Schalungen). Es sei daher kein vollständiger Organismus übertragen worden, der es ermögliche, den Betrieb im Wesentlichen unverändert weiterzuführen.
Die im Wege der Versteigerung erworbenen Wirtschaftsgüter beträfen bestimmte Werkzeuge, Schalungen bzw Container, Computer und Büromöbel sowie einen kleineren Teil der Baustellenfahrzeuge. Dies sei nur ein Teil der versteigerten Wirtschaftsgüter gewesen. Abgesehen davon erscheine es zweifelhaft, dass es sich dabei um wesentliche Betriebsgrundlagen handle. Von den Großgeräten wie Kräne, Mischanlagen oder etwa die Abbundanlage für Holzfertighäuser sei kein einziges ersteigert worden. Der Wert einer solchen Anlage übersteige bereits den Wert der von der UGN erworbenen Wirtschaftsgüter.
Dagegen seien bauspezifische Investitionen wie Lizenzen oder Statikprogramme oder Handwerkszeuge für Bauarbeiter neu angeschafft worden.
Dem Gebäude und der Einrichtung komme bei Bauunternehmen keine gravierende Rolle zu. Auch ein bestehender Büroraum - den jedes Unternehmen brauche - sei insoweit unbeachtlich, als es keine Rolle spiele, wo dieser Büroraum oder die Verwaltung geführt werde. Die Unternehmensleitung einer Baufirma könne von jedem beliebigen Standort aus ausgeübt werden. Benötigt werde nur ein geringer Lagerraum.
Die Liegenschaft sei auf Initiative der Oberbank angemietet worden. Das Gebäude entspreche dabei schätzungsweise 10% der ehemaligen Betriebsliegenschaften. Das angemietete Objekt sei von der PT KG auch zu völlig anderen Zwecken verwendet worden. Früher habe sich darin der Baustoffhandel mit Lager befunden, mit diesen Tätigkeiten habe die Bw. nichts zu tun. Im Gebäude befände sich nunmehr die Verwaltung der Bw. Diese sei seinerzeit in einem anderen Gebäude untergebracht gewesen.
Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Bauunternehmens gehöre der Kundenstock. Dieser sei jedoch nicht von der Bw. übernommen worden. Die Kundenstruktur und den Markt habe man neu aufgebaut. Daher habe das Unternehmen in der Anfangszeit geringe Umsätze gemacht. Auch habe man keine Vorräte erworben. Die Bw. betreibe keinen Baustoffhandel.
Die Mitarbeiter hätten sich um neue Arbeitsstellen umgesehen. Zahlreiche Bauarbeiter seien auch bei Baufirmen in der Nähe untergekommen. Die Bw. habe dann einige Mitarbeiter angestellt. Die PT KG sei größer als die Bw. gewesen. Die Bw. trete auch nach außen anders auf. Der jetzige Gesellschafter der Bw. sei in der PT KG nur Prokurist gewesen und habe keine weitreichenden Entscheidungen treffen können.
Die Bw. habe daher die Betriebsgrundlagen neu geschaffen. Auch im Konkursverfahren habe man festgestellt, dass kein Betriebsübergang vorliege.
5. Mit Schreiben vom wurde die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
a. Mit Schreiben vom wurden vom Landesgericht R Unterlagen betreffend die Bw. und die PT KG angefordert, darunter die Bilanzen der Bw. für 2001 und 2002 sowie der Abtretungsvertrag der F GmbH vom und die Neufassung des Gesellschaftsvertrages der F GmbH vom .
b. Am erfolgte beim Landesgericht R eine Einsicht in den Konkursakt der PT KG. Weiters wurden die ehemaligen Betriebsliegenschaften besichtigt und eine Erörterung bei der Bw. durchgeführt.
(1) Aus den Konkursakten der PT KG ergab sich zusammengefasst folgendes:
A. (Antrag auf Konkurseröffnung , Auszüge): Die PT KG wurde 1868 gegründet. Unternehmensgegenstand war die Führung eines Bau- und Zimmereibetriebes, einer Tischlerei, einer Fenster- und Türenerzeugung und eines Kegelbahnbaues. In den besten Zeiten verfügte das Unternehmen über 220 Dienstnehmer.
Ab 1995 wurden nahezu ausschließlich Aufträge aus dem öffentlichen Bereich angenommen, die große Verluste mit sich brachten. Im Jahr 1999 begannen die Zahlungsschwierigkeiten, wobei als Ursachen einerseits die schlechte Baukonjunktur und andererseits verlustträchtige Niederlassungen und ein nicht funktionierendes Controlling zu nennen waren. Die Aufgabe eines Fertigteilwerkes war mit hohen Kosten verbunden. Im Jahr 2000 wurde als neuer Geschäftszweig die Herstellung des Vertriebes von Fertigteilhäusern in Angriff genommen, wobei die Kosten der Vertriebsstelle den Erfolg überstiegen.
Am wurde ein Ausgleichsverfahren eingeleitet. Der Ausgleich mit einer Quote von 40% wurde von den Gläubigern angenommen und vom Gericht bestätigt. Die Quoten - eine Million € pro Rate - konnten am und noch bezahlt werden, die dritte Rate vom war nicht mehr finanzierbar. Mit dem Ausgleich trat ein Vertrauensverlust der Kunden ein und es kam zu massiven Auftragsrückgängen. Die Ausgleichsfinanzierung sollte durch den Verkauf von Betriebsliegenschaften erfolgen, wobei dies nur sehr schwer möglich war.
Im Zusammenhang mit dem Ausgleichsverfahren kam es zu Teilbetriebsschließungen und zwar zur Schließung der Tischlerei und der Rückführung und Einschränkung anderer Produktionsbereiche. Aus den Baustellen konnten keine relevanten Mittel erwirtschaftet werden. Die Hausbank gewährte für die Erfüllung des Ausgleichs keine Mittel. Zudem ließen der Gesundheitszustand und das Krankheitsbild des Geschäftsführers eine Weiterführung des Betriebes nicht mehr zu.
Zu Konkursbeginn verblieben aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen im Zuge des Ausgleichsverfahrens nur mehr die Sparten Baubetrieb und Holzbau. Diese wurden mit ca. 90 Dienstnehmern geführt. Vom Unternehmen wurden zu Konkursbeginn 16 mittlere und 10 kleinere Baustellen betrieben, die überwiegend zu nicht kostendeckenden Preisen aquiriert werden konnten.
Die UGN könnte einen Teil der Dienstnehmer einstellen und einen Teil der offenen Baustellen fertigstellen. Dadurch würden der Masse Schadenersatzforderungen erspart bleiben.
B. (Bericht des Masseverwalters vom , Auszug):
Das Unternehmen PT KG hat nunmehr selbst die Schließung des Betriebes beantragt, die auch vom Gericht bewilligt wurde. Die Arbeitnehmer haben alle ihren Austritt erklärt.
Mehrere Liegenschaften konnten verkauft werden, ein Grundstück mit 4.466 m² und eines mit 4.442 m². Das sonstige Umlaufvermögen besteht aus Maschinen und Werkzeugen, Material für Hochbau und Holzbau, Büroeinrichtungen, Material und Einrichtung Schlosserei, Stapler, Regale und Gitterboxen, Kegelbahnen und sonstiges Material im Wert von 187.042,50 €.
Die UGN hat etwa 20 Mitarbeiter übernommen, einen Teil der Bürofläche und der Betriebsstätte gemietet und stellt einige Baustellen fertig. Sie ist am Erwerb von Fahrzeugen, Material und Werkzeugen interessiert, aber nicht in der Lage alles in Bausch und Bogen zu kaufen. Der Masseverwalter verhandelt noch mit Interessenten über den Verkauf des gesamten Umlaufvermögens in Bausch und Bogen, sodass eine Herauslösung der von der UGN gewünschten Fahrnisse derzeit nicht möglich ist.
Der Masseverwalter sammelt derzeit Anbote zum Kauf in Bausch und Bogen, Anbote und Interessentenmeldungen für den Einzelverkauf bzw Verkauf in geringeren Partien.
(2) Die Erörterung bei der UGN ergab folgendes:
Da die PT KG bereits 2001 finanziell angeschlagen war, gründete der Prokurist WF in diesem Jahr eine GmbH, die bei weiterer Verschlechterung der Lage beim Arbeitgeber seiner Zukunftsvorsorge (Projektentwicklung im Baubereich) dienen sollte. Die Annahme des Ausgleichs schien kurzzeitig zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der PT KG zu führen, sodass die von WF gegründete GmbH vorerst nicht eingesetzt wurde. Sie hat zwar in den Jahren 2001 und 2002 Bilanzen erstellt, die V+G-Rechnung weist aber nur geringfügige Bewegungen aus. Geschäftstätigkeiten sind in diesem Zeitraum nicht verzeichnet, es waren auch keine Arbeitnehmer beschäftigt.
Von der PT KG wurden im Rahmen des Konkurses 2003 vier Baustellen von insgesamt 29 übernommen, wobei eine neue Ausschreibung und Bewerbung erfolgte.
Die ehemaligen Liegenschaften der PT KG wurden an verschiedene Erwerber veräußert, die Gebäude und Hallen wurden bei den Käufern zu anderen Zwecken verwendet, als im Betrieb der KG. Das ehemalige Verwaltungsgebäude wandelte man in Wohnungen um. Das von der Bw. verwendete Betriebsgrundstück wurde von der Frau des Prokuristen WF gekauft und an die Bw. vermietet. Das Lager einer neben der Bw. neu angesiedelten Firma enthielt früher die Zimmerei der PT KG. Die jetzige Lagerhalle der Bw. - als Lager- und Maschinenhalle genutzt - war früher die Baustoffhalle der PT KG.
c. Mit Schreiben vom wurde die Berufung vom auf die Jahre 2003 und 2004 eingeschränkt.
d. Mit Schreiben vom erfolgte ein Verzicht auf die Abhaltung der mündlichen Verhandlung.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Strittig ist ausschließlich die Inanspruchnahme der Begünstigungen des NeuFöG in den Jahren 2003 bis 2004, wobei die Berufung nunmehr auf diese Jahre eingeschränkt wurde.
Nach § 1 Z 7 NeuFöG werden die im Kalendermonat der Neugründung und die in den darauffolgenden elf Kalendermonaten für beschäftigte Arbeitnehmer anfallenden Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds und Kammerumlagen nach § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) nicht erhoben, wenn bestimmte im Gesetz angeführte Voraussetzungen eingehalten werden.
Ob von einer Neugründung auszugehen ist, kann den §§ 2 bis 6 NeuFöG entnommen werden.
Nach § 2 NeuFöG liegt eine Neugründung vor, wenn
- durch Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur ein Betrieb neu eröffnet wurde, der der Erzielung von Einkünften iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG dient,
- die die Betriebsführung innerhalb von zwei Jahren nach der Neugründung beherrschende Person sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat,
- keine bloße Änderung der Rechtsform in Bezug auf einen vorhandenen Betrieb vorliegt,
- kein bloßer Wechsel in der Person des Betriebsinhabers in Bezug auf einen vorhandenen Betrieb (durch entgeltliche oder unentgeltliche) gegeben ist und
- die betriebliche Struktur in den ersten zwölf Kalendermonaten nicht durch Erweiterung um bereits bestehende andere Betriebe oder Teilbetriebe verändert wird.
Nach § 4 Abs. 2 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 Z 7 NeuFöG nur dann ein, wenn ein amtliches Formular iSd Abs. 1 erstellt wird (amtlicher Vordruck).
2. Ein amtlicher Vordruck wurde vorgelegt. Dabei handelt es sich um die Bestätigung der Wirtschaftskammer vom . Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird auch von der Finanzverwaltung nicht bestritten.
3. Die Bw. wurde am errichtet und am im Firmenbuch eingetragen. Fraglich ist daher, ob die Neugründung des Betriebes nicht schon 2001 anzusetzen ist, mit der Konsequenz, dass 2003 keine Begünstigung aus dem NeuFöG mehr zustehen würde.
Der Begriff der "Neueröffnung" in § 2 Z 1 NeuFöG ist daher auszulegen. Abgestellt wird auf die Neueröffnung des Betriebes, nicht der Gesellschaft.
Wie in der VwGH-Entscheidung vom , 99/16/0398 angeführt wird, ist gemäß § 2 Abs. 1 der VO zum NeuFöG (BGBl II Nr. 278/1999) unter einem Betrieb iSd § 2 Abs. 1 NeuFöG die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Betriebsmittel in einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Ein Betrieb wird neu eröffnet, wenn die für den Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen werden. Nach § 3 der genannten Verordnung tritt der Betriebsinhaber erstmals nach außen werbend in Erscheinung (Zeitpunkt der Neugründung), wenn die für den Betrieb typischen Leistungen am Markt angeboten werden. Dieser Verordnungstext entspricht den Erläuternden Bemerkungen zum NeuFöG.
Die Eintragung ins Firmenbuch stellt damit zwar den Beginn der Rechtspersönlichkeit einer GmbH dar, die Neugründung iSd NeuFöG hängt aber nach der Rspr von einer wirtschaftlichen Betätigung, nämlich vom Anbieten typischer Leistungen am Markt ab. Davon kann im gegenständlichen Fall vor 2003 nicht gesprochen werden. Den Jahresabschlüssen 2001 und 2002 ist zu entnehmen, dass keine Arbeitnehmer beschäftigt waren und keine Geschäftstätigkeit stattgefunden hat. Die Bw. betätigte sich erst ab dem Zeitpunkt geschäftlich, in dem die PT KG in Konkurs gehen musste. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Prokurist der PT KG eine Firma zur Sicherung seiner weiteren Existenz gegründet, dann aber abgewartet hat, ob sich die PT noch einmal wirtschaftlich erholen kann. Erst als aufgrund der finanziellen Lage und der gesundheitlichen Probleme des Gesellschaftergeschäftsführers der PT KG feststand, dass diese Firma nicht mehr weitergeführt werden kann, begann der Aufbau einer eigenen Geschäftstätigkeit. Damit ist aber eine geschäftliche Betätigung und Neugründung im Juli 2003 und nicht im Firmengründungszeitpunkt des Jahres 2001 anzunehmen.
4. Die Betriebsprüfung geht nicht von einer Neugründung, sondern von der Übernahme eines Betriebes (oder Teilbetriebes) aus der Konkursmasse aus und anerkennt die Begünstigung aus diesem Grund nicht.
Die Übernahme eines Betriebes liegt aber nach den beim Konkursgericht und im Betrieb der Bw. erhobenen Umständen aus folgenden Gründen nicht vor:
(1) Der Erwerb eines Betriebes ist immer dann gegeben, wenn der Erwerber ein lebendes Unternehmen mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen übernimmt. Der Erwerber muss objektiv in die Lage versetzt werden, den Betrieb oder die Betätigung fortzuführen. Werden nicht wesentliche Betriebsgrundlagen, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter übertragen, liegt keine Betriebsveräußerung und damit auch keine Betriebsübernahme vor (s Jakom/Kanduth-Kristen, § 24 Rz 14 und 16 ff). Als wesentliche Betriebsgrundlagen wird bei Baubetrieben idR der Standort, das Baustofflager und der Kundenstock, sowie der Fuhrpark angesehen werden müssen.
(2) Im gegenständlichen Fall ergibt sich schon aus der Abwicklung des Konkurses, dass keine Betriebsveräußerung (und damit kein Betriebserwerb) gegeben war: Der Ausgleich mündete in einen Konkurs, weil die Auftragslage in den zuletzt geführten Bausegmenten der PT KG - Wohnhausbau und Holzbau - eingebrochen ist. Aus den bestehenden Baustellen konnten nur geringfügige Erlöse erzielt werden. Eine Weiterführung der Firma PT KG war nicht mehr möglich, sodass die Betriebsschließung beantragt und vom Gericht bestätigt wurde. In der Folge stellte sich heraus, dass auch der Abverkauf sehr schwierig sein würde. Der Masseverwalter verkaufte daher die verwertbaren Teile des Betriebes an eine Konkursverwertungsfirma, welche ihrerseits einen Abverkauf der erwobenen Teile durchführte, wobei sich viele verschiedene Baufirmen und andere Unternehmen an der Versteigerung beteiligten. Die ursprünglichen Betriebsliegenschaften wurden sukzessive an mehrere Erwerber verkauft, ebenso das Umlaufvermögen. Es erfolgte daher seitens der Konkursverwertungsfirma keine Veräußerung eines Betriebes oder Betriebsteiles, sondern der verwertbaren Teile des Anlage- und Umlaufvermögens.
(3) Betriebsgegenstand der PT KG war zunächst die Führung eines Bau- und Zimmereibetriebes, in der Folge wurde der Unternehmensgegenstand ausgeweitet auf Tischlerei, Fenster- und Türenerzeugung und Kegelbahnbau sowie den Vertrieb von Fertigteilhäusern. Zudem wurde ein Baustofflager geführt. Nach den während des Ausgleichs durchgeführten Restrukturierungsmaßnahmen verblieben der PT KG nur mehr die Sparten Baubetrieb und Holzbau (mit ca 90 Dienstnehmern und ca. 30 Baustellen, s Antrag auf Konkurseröffnung vom ).
Die Bw. betätigt sich (hauptsächlich) im Geschäftszweig Projekt- und Baumanagement und ist auch kein reiner Baubetrieb. Sie hat - wie andere Firmen auch - Einzelteile der PT KG gekauft, darunter Computer, Büroeinrichtungen, PKW und diverse Requisiten, nachdem der Betrieb bereits eingestellt bzw aufgelöst war. Ein Teil der ehemaligen Liegenschaften wurde von der Bw. zuerst angemietet, später von der Frau des jetzigen Geschäftsführers gekauft und in der Folge an die Bw. vermietet. Es wurde aber dadurch keiner der im Konkurszeitpunkt noch bestehenden beiden Teilbetriebe der PT KG fortgesetzt. Es wurden auch weder größere Geräte von der PT übernommen, noch wurde der Baustoffhandel fortgeführt. Die ehemalige Baustoffhalle ist jetzt eine Maschinenhalle. Die gemieteten Liegenschaften werden in völlig anderer Weise genutzt, als dies beim Vorgängerbetrieb der Fall war. Das Warenlager wurde nicht übernommen, sondern neu eingerichtet. Auch der Kundenstock wurde neu aufgebaut und unterscheidet sich von dem der Vorgängerfirma.
(4) Zusammenfassend wurde die Firma PT nach dem Konkurs in Einzelteile zerschlagen und nach vergeblichen Versuchen einer Betriebsweiterführung von einer Konkursverwertungsfirma sukzessive abverkauft. Keiner von den Käufern hat eine funktionierende Betriebsstruktur übernommen, die unverändert hätte weitergeführt werden können. Übernommen wurden jeweils nur einzelne Teile des Anlage- und Umlaufvermögens, die Bw. hat zudem auch einen Teil des Personals aufgenommen. Die Arbeitnehmer betätigen sich aber großteils in anderen Bereichen, als bei der PT KG.
Der Geschäftsführer der Bw. hat somit im Jahr 2003 erstmals damit begonnen, einen Betrieb bzw eine Betriebsstruktur neu aufzubauen, die Übernahme eines Betriebes oder Teilbetriebes liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Der Berufung war aus den bezeichneten Gründen stattzugeben.
5. Soweit sich die Berufung gegen Haftungsbescheide richtet, ist sie als unzulässig zurückzuweisen. Ein Haftungsbescheid gem. § 82 EStG 1988 kommt nur im Bereich der Lohnsteuer in Betracht. Auf den von der Bw. bekämpften Bescheiden wird aber die Lohnsteuer mit 0,00 € ausgewiesen und nur der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.
Beispiel:
Haftungs- und Abgabenbescheid für 2003.
Gem. § 82 EStG 1988 werden sie als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch genommen.
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Lohnsteuer | 0,00 €
|
Festsetzung des Dienstgeberbeitrages Dienstgeberbeitrag | 14.535,62 €
|
Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag | 1.227,45 €
|
Die Haftungsbescheide gehen daher bezüglich des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag ins Leere.
1 Anonymisierungsblatt
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 § 1 Z 7 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 |
Schlagworte | NeuFöG Wirtschaftsgüter Konkursmasse Betriebsübernahme |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at