Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 02.03.2010, RV/0939-G/09

Bei landwirtschaftlichen Grundstücken wird die Grunderwerbsteuer vom (einfachen) Einheitswert erhoben.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt, 1100 Wien, Buchengasse 47/19, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Grunderwerbsteuer wird mit € 528,74 festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom übergaben dieEltern ihrer Tochter, PHW (Berufungswerberin) die ihnen jeweils zur Hälfte gehörigen Liegenschaften der EZ x mit einem Gesamtausmaß von 12 ha 31 ar 28 m², die EZ y im Ausmaß von 11 ha 30 ar 96 m² sowie die EZ z. Mit Ausnahme eines Mähdreschers und einiger Einrichtungsgegenstände übernahm die Berufungswerberin die Liegenschaften mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör (sämtlichen landwirtschaftliche Maschinen und Geräte). Die Übergabe und Übernahme galt mit Unterfertigung als erfolgt.

Für die gegenständliche Übergabe räumte die Übernehmerin den Übergebern das lebenslängliche, unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht bei freier Beheizung und Stromkostenübernahme ein. Weiters wurden die Übergeber berechtigt, Keller, Dachboden und Stiegenhaus mitzubenützen. Im Alter und bei Krankheit der Übergeber verpflichtete sich die Übernehmerin diese zu pflegen. Neben freiem Zutritt zu den Lebensmittel- und Getränkevorräten wurden die Übergeber berechtigt, Gäste zu empfangen und in Haus und Hof mitzuarbeiten. Die Reinigung der Wäsche und Kleidung durch die Berufungswerberin wurde ebenfalls vereinbart.

Neben Schenkungssteuer wurde der Berufungswerberin für den Erwerb von derMutter mit Bescheid vom Grunderwerbsteuer in Höhe von € 629,96 vorgeschrieben. Die Bemessungsgrundlage wurde mit € 31.497,85 von der anteiligen Gegenleistung ermittelt.

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung eingewendet. Der Einheitswert der mit Übergabsvertrag vom von der Mutter an die Berufungswerberin übergebenen Liegenschaftshälften betrage zusammen € 11.096,40. Der dreifache Einheitswert betrage daher € 33.289,20. Wegen der von der Berufungswerberin laut Punkt 9 des Vertrages zu erbringenden Gegenleistungen liege keine Schenkung vor. Für die Räumlichkeiten, in welchen das Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt worden wäre, sei bei der Größe von 85 m² ein angemessener Mietzins von € 340 monatlich zu entrichten. Samt den Betriebskosten sei dieses Recht daher mit € 440 monatlich zu bewerten. Unter Berücksichtigung des Lebensalters der Übergeber sei das Wohnungsgebrauchsrecht für beide mit € 52.878,60 zu bewerten. Bei Abzug der Hälfte des Wertes für das Wohnrecht und des Freibetrages vom anteiligen dreifachen Einheitswert der Liegenschaftsanteile würde nach Berechnung des steuerlichen Vertreters ein steuerpflichtiger Erwerb von € 4.649,90 verbleiben, wovon schließlich Schenkungssteuer im Betrag von € 186 zu entrichten wäre. Die Grunderwerbsteuer wäre schließlich von € 4.649,90 in Höhe von € 93 festzusetzen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Bei der gleichteiligen Übergabe eines Grundstücks durch die Eltern an die Tochter lägen 2 Erwerbsvorgänge vor. Die Gegenleistung sei für jeden dieser Erwerbsvorgänge zu ermitteln. § 16 BewG ordne die Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze an um Renten auch steuerlich nach der tatsächlich zu erwartenden Lebensdauer der Begünstigten zu bewerten. Der ermittelte Barwert von € 53.697 der verbundenen Rente sei auf die einzelnen Berechtigten (davon entfielen € 31.497 auf Mutter) aufzuteilen. Die bloße Halbierung des Wertes der Rente sei unrichtig. Dagegen wurde rechtzeitig der Vorlageantrag eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu ermitteln.

Nach Abs. 2 Z 2 dieser Bestimmung ist die Steuer jedoch vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn - unter gewissen Voraussetzungen - ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück überlassen wird.

In seinem Erkenntnis vom , 2002/16/0246, hat der VwGH zu diesem Thema ausgeführt, Tatbestandsmerkmal der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG sei unter anderem, dass das land- und forstwirtschaftliche Grundstück gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers überlassen werde. Dies bedeute, dass in allen Fällen des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG auch eine Gegenleistung vorhanden sei und dennoch die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstückes zu ermitteln sei. Die Auffassung, die Anwendung dieser Bestimmung sei auf vollkommen entgeltliche Verträge beschränkt, sei im Gesetz daher nicht gedeckt.

Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a) Grunderwerbsteuergesetz 1987 ist als Wert des Grundstückes im Falle des § 4 Abs. 2 Z 2 der Einheitswert anzusetzen.

Werden land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke gleichzeitig mit einem Grundstück anderer Art übergeben, so werden zwei verschiedene Grundstücke übergeben. Für das landwirtschaftliche Grundstück wird daher die Steuer vom (einfachen) Einheitswert, für das andere von der Gegenleistung erhoben (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Rz 21 zu § 4 GrEStG 1987).

Nicht erfüllt werden die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z. 2 GrEStG jedoch für das übergebene Wohnhaus. Bei diesem Vermögen handelt es sich nicht um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück.

Das Bewertungsrecht geht davon aus, dass die Wohnung privat ist, weshalb eben der Wert privat genutzter Räumlichkeiten gesondert als Wohnungswert (§ 33 BewG) bewertet wird: Im Sinne des § 30 Abs. 1 BewG besteht der landwirtschaftliche Betrieb aus all jenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dienen. Gemäß Abs. 2 Z 4 dieser Bestimmung gilt hingegen nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes der den Vergleichswert übersteigende Teil des Wohnungswertes.

Dieser ist gemäß § 33 Abs. 2 BewG als sonstiges bebautes Grundstück gemäß § 54 Abs. 1 Z 5 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen und nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken zu bewerten. Lediglich ein pauschaler Betrag von € 2.180,185 bleibt gemäß der Fiktion des § 33 Abs. 1 und 2 BewG bei landwirtschaftlichen Betrieben Bestandteil des (betrieblichen) Vergleichswertes.

Dieses Vermögen ist als sonstiges bebautes Grundstück dem Grundvermögen zuzurechnen. Für dieses Grundvermögen kann nicht die Begünstigungsbestimmung des § 4 Abs. 2 Z. 2 GrEStG greifen, da es sich bei diesem Vermögen nicht um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt.

Bei gleichzeitiger Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen und sonstigen Grundstücken wird die Gesamtgegenleistung im Verhältnis der jeweiligen Verkehrswerte aufgeteilt. Die auf das sonstig bebaute Grundstück entfallende Gegenleistung ist daher mittels einer Proportionalrechnung zu ermitteln, weil der Einheitswert nur für die Anwendung des Sondertatbestandes des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 herangezogen werden kann, im übrigen aber Verkehrswerte zum Ansatz zu bringen sind (vgl. , 0072).

Aufgrund der eindeutigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im gegenständlichen Fall für das land- und forstwirtschaftliche Grundstück der einfache Einheitswert und für das Grundvermögen incl. Wohnungswert die anteilige Gegenleistung der Besteuerung zu unterziehen.


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Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer:

Einheitswert Land- und Forstwirtschaft davon die Hälfte
11.096,41
anteilige Gegenleistung Wohnungswert (39,15%) von 39.185,29
15.341,04
Summe
26.437,45
Davon 2% Grunderwerbsteuer
528,74

Im Rahmen der anzustellenden Verhältnisrechnung ist nach Erfahrungswerten der Verkehrswert der Hälfteanteile der landwirtschaftlichen Grundstücke mit dem 20 fachen Einheitswert, das sind € 221.920 und der Verkehrswert des sonstig bebauten Grundstückes (Wohnungswert) mit dem 10fachen des Einheitswertes, das sind € 142.802 anzusetzen. Die Übertragung der verschiedenen Grundstücke erfolgte daher im Verhältnis : landwirtschaftliche Grundstücke 60,84% sonstige Grundstücke im Ausmaß von 39,15%.

Im vorliegenden Fall wurden beiden Übergebern im Punkt 9 des Übergabsvertrages das lebenslängliche, unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt. Demzufolge erhält nach dem Ableben des Erstversterbenden der Zweitversterbende bis zu dessen Ableben die "Rente" in anteiliger Höhe. Bei der Bewertung des Wohnungsgebrauchsrechtes wurde antragsgemäß ein monatlicher Betrag von € 440 berücksichtigt.

Der Berufung war daher teilweise stattzugeben.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
landwirtschaftliche Übergabe gemischte Schenkung?

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at