Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSI vom 31.05.2006, RV/0457-I/05

Schenkung zur Abwehr einer existenzbedrohenden Notlage des Sohnes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Baldauf und die weiteren Mitglieder Mag. Bergmann, Dr. Reinhold Lexer und Mag. Gerhard Auer im Beisein der Schriftführerin Angelika Ganser über die Berufung des Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes A betreffend Einkommensteuer 1999 und 2000 nach der am in 6021 Innsbruck, Innrain 32, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind der Beilage zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruchs.

Entscheidungsgründe

In der Berufung gegen die am ausgefertigten Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000 wurde neben einem weiteren, nicht mehr strittigen Punkt erstmals der Antrag gestellt, bei der Festsetzung der Einkommensteuer außergewöhnliche Belastungen von 281.319,93 S (1999) bzw. 269.765,53 S (2000) zu berücksichtigen. Der Abgabepflichtige habe sich zur Abwendung der ansonsten drohenden Zwangsversteigerung des Wohn- und Betriebsgebäudes und damit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz seines Sohnes genötigt gesehen, diesem einen Betrag von 1,2 Mio. S zur Verfügung zu stellen, wofür er wiederum einen Kredit in entsprechender Höhe habe aufnehmen müssen. Die genannten Aufwendungen seien zur Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage des Sohnes getätigt worden.

Zu den in diesem Punkt abweisenden Berufungsvorentscheidungen vom führte das Finanzamt aus: In der Berufung sowie im Zuge des folgenden Verfahrens sei vorgebracht worden, dass sich der Steuerpflichtige aus sittlichen und moralischen Gründen der Aufnahme eines Darlehens zwecks Schenkung eines Geldbetrags an den Sohn nicht habe entziehen können. Eine existenzbedrohende Notlage liege nicht schon dann vor, wenn nur die Fortführung einer selbständigen Betätigung ohne die Übernahme einer Bürgschaft bzw. im vorliegenden Fall der Teilübernahme eines Darlehens nicht mehr möglich erscheine, sondern erst dann, wenn die wirtschaftliche Existenz des nahen Angehörigen überhaupt verloren zu gehen drohe, dieser also seine berufliche Existenz nicht auch auf andere ihm zumutbare Weise habe erhalten können. Laut Aktenlage des Sohnes habe gar keine existenzbedrohende Notlage vorgelegen, da dieser durch Einkünfte aus B und nichtselbständiger Arbeit durchaus in der Lage gewesen sei, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Bereits am sei der Umschuldung des Kredites bei der Bank zugestimmt worden. Als Mitverpflichtete sei die Gattin des Unternehmers in die Kreditzusage mit eingebunden worden. Der Bw. und seine Gattin schienen in dieser Vereinbarung nicht auf.

Nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen sei grundsätzlich niemand verpflichtet, einem Angehörigen das von diesem eingegangene Unternehmerrisiko, zu dem auch die Insolvenzgefahr gehöre, abzunehmen. In gleicher Weise bestehe keine sittliche Verpflichtung zur unmittelbaren Hingabe von Geldmitteln zur Abwendung einer solchen Gefahr. Auch eine rechtliche Verpflichtung bestehe nicht. Die Verschuldung aus einer betrieblichen Tätigkeit entstehe im Rahmen des mit dieser verbundenen Wagnisses, das der Unternehmer freiwillig auf sich genommen habe. Die steuerliche Absetzbarkeit von Bürgschaftszahlungen (Darlehensrückzahlungen) als außergewöhnliche Belastung sei durch das Gesetz auf seltene Fälle beschränkt, weil § 34 EStG 1988 nicht zu dem Zweck geschaffen worden sei, wirtschaftliche Misserfolge, die die verschiedensten Ursachen haben können, mit der Ermäßigung der Einkommensteuer zu berücksichtigen und auf diese Weise auf die Allgemeinheit abzuwälzen (; ; siehe auch ; ).

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde dagegen eingewendet:

a) Grundsätzliches zum Sachverhalt: Der Sohn des Bw. habe sich im Jahr 1998 mit dem Ansinnen seiner Hausbank konfrontiert gesehen, sämtliche Kredite fällig zu stellen und in der Folge die Zwangsverwertung seines Wohn- und Betriebsgebäudes zu betreiben. Als einzige Alternative habe die Hausbank einen "Sanierungsvorschlag" folgenden Inhalts unterbreitet: das mit ca. 13 Mio. S aushaftende Obligo sei durch tatsächliche Eigenmittel von mindestens zwei Mio. S zu reduzieren. Vorrangige (dh. vor der Hausbank gereihte) Hypothekargläubiger (Bausparkassen), aushaftend mit ca. 800.000 S, seien ebenfalls durch tatsächliche Eigenmittel zu befriedigen. Falls die Eigenmittelaufbringung gewährleistet sei, verzichte die Hausbank ihrerseits auf ca. 1 Mio. S und nehme des Weiteren eine Umschuldung des dann noch verbleibenden Restobligos von ca. 10 Mio. S auf einen Neukredit mit bedienbarer Rückzahlungsbelastung vor.

b.) Zum Einwand, es habe eine existenzbedrohende Notlage des Sohnes nicht vorgelegen: Ohne entsprechende Mithilfe des Bw. (Hingabe eines Betrages von 1,2 Mio. S) sei der Sohn niemals in der Lage gewesen, den Sanierungsvorschlag zu erfüllen. Es wäre damit die angedrohte Zwangsverwertung der Liegenschaft unabwendbar gewesen, womit der Sohn aber nicht nur seines Wohn- und Betriebsgebäudes verlustig geworden wäre, sondern dies auch die Vernichtung von dessen wirtschaftlicher Existenz nach sich gezogen hätte. Im Falle der Zwangsverwertung der Liegenschaft hätten neben der Hausbank unweigerlich sämtliche Gläubiger auf sofortige Befriedigung gedrängt und wäre folglich ein Insolvenzverfahren unausweichlich gewesen, zumal mit einem realistisch veranschlagten Verwertungserlös selbst unter Berücksichtigung der Einkünfte des Sohnes aus B und dessen Lohneinkünften eine gänzliche Befriedigung der Gläubiger ausgeschlossen gewesen sei. Es könne wohl nicht ernsthaft bestritten werden, dass eine Insolvenz massivste Auswirkungen auf die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen habe, führe diese doch bereits im günstigsten Fall zur Pfändung jedweden Erwerbseinkommens bis auf das Existenzminimum, in der Regel aber zum Verlust jedweden Erwerbseinkommens, im Konkreten einerseits durch arbeitgeberseitige Kündigung des Dienstverhältnisses bzw. durch Abstandnahme von Dienstverhältnissen durch potentielle Dienstgeber und andererseits durch Ausschluss aus der C (einer GesbR). Ein Bestreiten des Lebensunterhaltes aus nichtselbständiger Arbeit und der B-Tätigkeit sei sohin keineswegs gewährleistet. Vielmehr habe dem Sohn auch der Verlust dieser Einkunftsquellen und somit der gänzliche Verlust seiner wirtschaftlichen Existenz gedroht.

c.) Zur Umschuldungsmaßnahme: der Bw. sei in die Umschuldung sehr wohl eingebunden gewesen, eben durch die teilweise Zurverfügungstellung der seitens der Hausbank eingeforderten Eigenmittel. Die Zustimmung zur Umschuldung sei im Hinblick auf die durch entsprechende Kreditaufnahme des Bw. bei der Hausbank des Sohnes gesicherten Eigenmittel erfolgt. Dass der Bw. in der Umschuldungsvereinbarung nicht "aufscheine", sei in keiner Weise relevant. Sein Zutun sei durch die bereits vorgelegten Unterlagen zweifelsfrei dokumentiert.

d.) Zur Abnahme des Unternehmerrisikos: Es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass der Sohn das Gebäude teils zur Schaffung einer Einkunftsquelle und teils für eigene (Familien-)-Wohnzwecke errichtet habe. Es könne daher von einer "Abnahme eines freiwillig übernommenen Unternehmerrisikos", wenn überhaupt, nur teilweise die Rede sein. Dies könne aber dahingestellt bleiben, zumal das Bestehen oder Nichtbestehen einer sittlichen Verpflichtung, einem nahen Angehörigen in einer existenzbedrohenden Notlage beizustehen, wohl von niemandem - erst recht nicht von billig und gerecht denkenden Menschen - davon abhängig gemacht werde, ob die Notlage nun auf private oder auf betriebliche (unternehmerische) Misserfolge zurückzuführen sei, sofern die Notlage nicht leichtfertig herbeigeführt worden sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Sohn ja nicht alleinstehend gewesen sei. Er habe vielmehr neben seiner Gattin auch noch drei minderjährige Kinder zu versorgen gehabt, deren Unterhalt und Fortkommen durch die drohende Insolvenz gefährdet gewesen sei. Damit müsse aber für den Bw. nicht nur eine sittliche Verpflichtung, sondern sogar eine rechtliche Verpflichtung zur Hilfestellung bejaht werden, zumal Großeltern gemäß § 141 ABGB für den angemessenen Unterhalt der Enkel aufzukommen hätten, soweit die Eltern dazu nicht imstande seien. Der Bw. habe sich daher der Hingabe des Geldbetrages auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung (gegenüber den Enkeln) und einer sittlichen Verpflichtung (gegenüber dem Sohn) nicht entziehen können. Somit sei die Zwangsläufigkeit der Belastung zu bejahen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Auszugehen ist von folgendem als erwiesen anzunehmenden Sachverhalt:

a.) Der Bw. schenkte seinem Sohn im Jahr 1987 ein Grundstück in der Größe von 732 m2 (668 m2 + 64 m2). Auf diesem Grundstück wurde ein Wohnhaus mit drei Ferienwohnungen errichtet. Das Erdgeschoß wurde privat genutzt, die drei Ferienwohnungen wurden vermietet. Im Jahr 1992 schenkte der Bw seinem Sohn (zum Teil im Austauschweg) weitere 729 m2 Grund (846 m2 - 117 m2), die mit dem bisherigen Grundstück vereinigt wurden. Auf dem Grundstück wurde - nach der Aktenlage - noch im selben Jahr ein Fremdenheim mit sechs Ferienwohnungen (max. 30 Betten) im 1. Obergeschoß sowie im Dachgeschoß errichtet, das zur Gänze vermietet wird (im Kellergeschoß sind Versorgungsräume, Personalzimmer und Fitnessräume untergebracht, im Erdgeschoß Frühstücks- und Aufenthaltsraum, Küche und Rezeption etc.). Allein die Baukosten des Jahres 1992 haben laut Anlagenverzeichnis rund 4,2 Mio. S betragen. Auf Grund des Neubaus kam es zu einer erheblichen Belastung des einheitlichen Gewerbebetriebes mit weiteren Verbindlichkeiten und daraus erwachsendem Finanzierungsaufwand (der Aufwand an Zinsen betrug im Jahr 1993 - bei einem Umsatz von 1.161.000 S - rund 922.000 S, in den Folgejahren zwischen 630.000 S und 765.000 S). Die Verbindlichkeiten des Betriebes gegenüber den Kreditinstituten beliefen sich zum - bei einem Jahresumsatz von rund 1 Mio. S - schließlich auf rund 13,5 Mio. S.

b.) Durch die im Jahr 1998 erfolgte Umschuldung des Sohnes auf einen Neukredit von 10 Mio. S (mit fixem "Sanierungszinssatz" von 4 % p.a. auf die Dauer von fünf Jahren, Tilgungsfreiheit in Höhe von 30 % des Betrages, jährliche Tilgung von 350.000 S), kam es zu einer beträchtlichen Reduktion der jährlichen Zinsenbelastung. Voraussetzung dafür war die Zuführung von Eigenmitteln. Diese erfolgte zum Teil dadurch, dass der Bw. den Betrag von 1.190.400 S (Kreditsumme abzgl. Kreditgebühr) seinem Sohn unentgeltlich überließ. Die Finanzierung dieses Betrages erfolgte durch einen im Jahr 1998 aufgenommenen Hypothekarkredit. Kreditnehmer waren der Bw. und seine Ehegattin.

2.) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein (§ 34 Abs. 1 EStG 1988). Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (§ 34 Abs. 2 EStG 1988). Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

Handelt es sich um Zahlungen aus Anlass eingegangener Bürgschaften, muss nach ständiger Rechtsprechung des VwGH Zwangsläufigkeit schon für das Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung gegeben gewesen sein (vgl. etwa ). Der VwGH hat dazu in ständiger Rechtsprechung ausgeführt:

a.) Es ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige glaubt, durch die Übernahme von Bürgschaften eine existenzbedrohende Notlage eines nahen Angehörigen mit Aussicht auf Erfolg abwenden zu können. b.) Eine existenzbedrohende Notlage liegt nicht schon vor, wenn nur die Fortführung einer selbständigen Betätigung ohne die Übernahme von Bürgschaften nicht mehr möglich scheint, sondern wenn die wirtschaftliche Existenz des nahen Angehörigen überhaupt verloren zu gehen droht, dieser also seine berufliche Existenz nicht auch auf andere ihm zumutbare Weise hätte erhalten können. c.) Die besicherten Kredite dürfen nicht dazu dienen, den Betrieb des Schuldners zu erweitern oder ihm sonst bessere Ertragschancen zu vermitteln. d.) Es besteht keine sittliche Verpflichtung eines Steuerpflichtigen zur Übernahme von Bürgschaften für Schulden, die ein naher Angehöriger ohne besondere Notwendigkeit eingegangen ist. e.) Eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen setzt voraus, dass sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen der Übernahme von Bürgschaften nicht entziehen kann. Nicht das persönliche Pflichtgefühl des Steuerpflichtigen, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden moralischen Anschauungen ist entscheidend. Es reicht daher nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung dieses Handeln gebieten.

3.) Der VwGH hat in diesem Zusammenhang wiederholt ausgesprochen, dass nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen grundsätzlich niemand verpflichtet und damit aus sittlichen Gründen gezwungen sei, einem Angehörigen das von diesem eingegangene Unternehmerwagnis abzunehmen, zu dem auch die Insolvenzgefahr gehöre (). In gleicher Weise bestehe keine sittliche Verpflichtung zur unmittelbaren Hingabe von Geldmitteln zur Abwendung einer solchen Gefahr (). Die Verschuldung aus einer betrieblichen Tätigkeit entstehe im Rahmen des mit dieser verbundenen Wagnisses, das der Unternehmer freiwillig auf sich genommen habe (). Die steuerliche Absetzbarkeit von Bürgschaftszahlungen bzw. Geldhingaben (Schenkungen) sei - schon durch das Gesetz - auf seltene Fälle beschränkt, weil § 34 EStG 1988 nicht zu dem Zweck geschaffen worden sei, wirtschaftliche Misserfolge, die die verschiedensten Ursachen haben könnten, mit der Ermäßigung der Einkommensteuer zu berücksichtigen und auf diese Weise auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des VwGH war die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung - mangels einer sittlichen Verpflichtung zur Hingabe der Geldmittel im Jahr 1998 - auch dann ausgeschlossen, wenn sie zur Abwendung einer aus der unternehmerischen Tätigkeit des Sohnes drohenden Konkursgefahr vorgenommen worden wäre. Selbst bei Annahme einer existenzbedrohenden Notlage kommt es entscheidend darauf an, dass keine Verpflichtung besteht, das Unternehmerrisiko abzunehmen ().

4.) Davon abgesehen wurde eine drohende Konkursgefahr in keiner Weise nachgewiesen: Der Bw. wurde mit Schreiben vom unter anderem darum ersucht, durch dazu geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass sein Sohn im Jahr 1998 tatsächlich mit dem Ansinnen seiner Hausbank konfrontiert gewesen sei, sämtliche Kredite fällig zu stellen und die Zwangsverwertung (Zwangsversteigerung) seines Wohn- und Betriebsgebäudes zu betreiben, sowie, dass die einzige Alternative der Hausbank in dem (im Vorlageantrag näher) dargestellten "Sanierungsvorschlag" bestanden habe. Dazu werden lediglich zwei Schreiben der Sparkasse vorgelegt. Aus diesen ergab sich, dass der Sohn und die Schwiegertochter des Bw. im Hinblick auf eine Kontoüberziehung bzw. Kreditrahmenüberschreitung in der Höhe von 634.165,62 S sowie 1.471,40 Schweizer Franken gebeten wurden, bis zum akzeptable Regelungsvorschläge zu unterbreiten, widrigenfalls sich die Bank gezwungen sähe, die gesamten Kredite zur sofortigen Rückzahlung fällig zu stellen (Schr. v. ); andererseits ein "Sanierungskonzept" laut Gespräch mit dem steuerlichen Vertreter des Sohnes, in dem die Bank den bereits dargestellten Sanierungsvorschlag unterbreitet hat (Schreiben vom ).

Nun trifft es zwar zu, dass sich der Sohn des Bw. Ende September 1998 in einer finanziellen Bedrängnis befunden hat. Dass der Sohn des Bw. von der Gefahr der Eröffnung eines Konkursverfahrens aber unmittelbar bedroht gewesen wäre, ist aus diesen Schreiben nicht zu entnehmen. Eine unmittelbar drohende Insolvenzgefahr ergibt sich auch nicht aus dem ergänzenden Vorbringen (im Schreiben vom ), wonach der steuerliche Vertreter des Bw. in die Verhandlungen mit der Sparkasse und die Ausarbeitung des "Sanierungskonzeptes" eingebunden gewesen sei und ergänzend bestätigen könne, dass - im Falle einer Nichteinigung mit der Sparkasse - die Fälligstellung sämtlicher Kredite und damit die Zwangsverwertung der Liegenschaften unausweichlich gewesen sei. Der Bw. hat weder dargelegt, welche Regelungsvorschläge von seinem Sohn unterbreitet wurden und welche Verwertungsmaßnahmen gedroht hätten, wenn er das Konzept der Bank nicht angenommen hätte (verfügte sein Sohn doch einerseits über das im Jahr 1987 errichtete Wohnhaus mit Appartements und andererseits über das im Jahr 1992 errichtete Fremdenheim), noch hat er aufgezeigt, dass es sich dabei um die einzig mögliche Sanierungsmaßnahme gehandelt hat. Sein Vorbringen erschöpft sich in der bloßen Behauptung, dass ein Insolvenzverfahren unausweichlich gewesen wäre und eine existenzbedrohende Notlage des Sohnes und seiner Familie vorgelegen sei, ohne darzulegen, worin diese - abgesehen von der möglichen Konkurseröffnung - tatsächlich bestanden hätte. Die bloße Androhung einer Fälligstellung der gesamten Verbindlichkeiten, die bei einer Bank bestehen, genügt noch nicht, um davon ausgehen zu können, dass die wirtschaftliche Existenz des nahen Angehörigen damit "verloren zu gehen droht". Selbst wenn der Sohn des Bw. von der Gefahr der Insolvenz bedroht gewesen wäre, könnte darin noch keine existenzbedrohende Notlage erblickt werden (; ; ; anders freilich noch ).

5.) Der Sohn des Bw. bezog im Jahr 1998 (wie in den Vorjahren und zB im Nachjahr) neben Einkünften aus der Vermietung seiner Appartements noch Einkünfte als Gesellschafter der D. Des Weiteren ging er diversen Beschäftigungen nichtselbständiger Art nach. Der Bw. wurde mit Schreiben vom darum ersucht, nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, dass der Verlust jeder dieser Einkunftsquellen ernsthaft gedroht habe. Er hat dazu aber lediglich vorgebracht, dass als unbestreitbar hingestellt werden müsse, dass eine Insolvenz massivste Auswirkungen auf die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen habe, im Konkreten im Hinblick auf § 1210 ABGB mit dem Ausschluss aus der D "ernsthaft gerechnet" werden musste, und der Neuabschluss von Dienstverhältnissen (im fraglichen Zeitraum war kein Dienstverhältnis aufrecht) "erschwert wenn nicht gar verunmöglicht gewesen wäre". Damit wurde aber in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Sohn des Bw. zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in einer existenzbedrohenden Notlage in dem Sinn befunden hätte, dass ihm die Aufrechterhaltung einer beruflichen Existenz - selbst bei einem teilweisen oder gänzlichen Verlust seiner bisherigen Einkunftsquelle Appartementvermietung - nicht auch auf andere zumutbare Weise möglich gewesen wäre. Es wäre also nicht nur konkret darzulegen gewesen, weshalb die ohne finanzielle Hilfestellung durch den Bw. ggf. erforderliche Beendigung der gewerblichen Betätigung des Sohnes zu einer existenzbedrohenden Notlage geführt hätte (vgl. ); es wäre auch darzustellen gewesen, worin die existenzbedrohende Notlage bestanden hätte. Der Senat vermag der Ansicht nicht zu folgen, dass mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens der Zugang zu jeglicher Erwerbstätigkeit, auch nichtselbständiger Art, verschlossen gewesen wäre. Eine rechtliche Verpflichtung des Bw., seinen Enkelkindern Unterhalt zu gewähren, war dabei solange nicht gegeben, als die Eltern imstande waren, deren Unterhalt aufrecht zu erhalten.

6.) Der Umstand, dass sich in dem im Jahr 1987 errichteten Wohnhaus auch die (private) Wohnung des Sohnes und seiner Familie befunden hat, vermag daran nichts zu ändern. Der Verlust eines Wohnhauses ist (noch) nicht mit einer existenzbedrohenden Notlage, dem Verlust des notwendigen Unterhalts, gleichzusetzen (). Der Bw. hat auch in keiner Weise ausgeführt, dass sich die behaupteten Verwertungshandlungen der Bank auf den betroffenen, abgrenzbaren und ggf. parzellierbaren Teil des Gebäudes auf eine Art und Weise erstreckt hätten, dass es dem Sohn des Bw. und seiner Familie nicht mehr möglich gewesen wäre, Unterkunft zu finden. Um einer allfälligen sittlichen Verpflichtung zur Befreiung von Angehörigen aus einer finanziellen Bedrängnis zu entsprechen, hätte es auch keineswegs der endgültigen Hingabe finanzieller Mittel bedurft. In den verhältnismäßig häufig vorkommenden Fällen, in denen finanzielle Engpässe auftreten, ist es durchaus üblich, dass von den nächsten Angehörigen Darlehen, auch unverzinslich, gewährt werden. Die Hingabe solcher Darlehen stellt noch keine außergewöhnliche Belastung dar, sie führt bloß zu einer Vermögensumschichtung. Wenn sich der Bw. ungeachtet der Möglichkeit zur Gewährung eines Überbrückungsdarlehens dazu entschlossen hat, nicht rückzahlbare Geldbeträge zu gewähren, weist ein solches Verhalten noch keineswegs das Merkmal der Zwangsläufigkeit auf (; ; ). Entspringen die Schulden, die die finanzielle Bedrängnis eines Angehörigen zur Folge haben, der privaten Lebensführung und befindet sich der Angehörige in durchschnittlichen Einkommensverhältnissen, muss der Steuerpflichtige, der aus ihnen eine sittliche Pflicht zur Unterstützung ableiten will, aus eigener Initiative darlegen und nachweisen bzw. glaubhaft machen, dass die Verschuldung nicht durch das freiwillige Eingehen unangemessener Verpflichtungen (durch im Verhältnis zur Einkommens- und Vermögenslage unangemessene Ausgaben) herbeigeführt, sondern durch einen schicksalshaften Verlauf verursacht wurde (). Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Verbindlichkeiten sind aber darauf zurückzuführen, dass der Sohn des Bw. binnen sechs Jahren zwei Gebäude mit einer erheblichen Anzahl von Wohnungen und Nebenräumen errichtet hat und zu deren Finanzierung größtenteils auf die Inanspruchnahme von Fremdmitteln angewiesen war. Dabei soll nicht unbemerkt bleiben, dass der Bw. seinem Sohn in den Jahren 1987 und 1992 ohnedies den gesamten dafür erforderlichen Grund und Boden unentgeltlich zugewendet hat und sich im Übrigen im Jahr 1998 nicht dazu veranlasst gesehen hat, dem Finanzamt eine weitere Schenkung (vgl. § 11 ErbStG) anzuzeigen, obwohl in diesem Jahr "auf eine Rückzahlung endgültig verzichtet" worden ist (Schreiben vom ). Anzeigepflichtig ist jeder der Steuer nach dem ErbStG unterliegende Erwerb (§ 22 ErbStG). Die Beurteilung der Frage, ob tatsächlich Steuerpflicht besteht, obliegt der Behörde (zum Einwand mangelnder Freigebigkeit vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Bd. III, § 3 Rz 6, 11b und 12 mit umfangreichen Nachweisen). Dass der Bw. seinem Sohn im Jahr 1998 einen Betrag von 1,2 Mio. S zugewendet hätte, ist zudem nach außen hin in keiner Weise in Erscheinung getreten (auf die Rechtsprechung des VwGH zu den Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, insbesondere die erforderliche Publizität, sei verwiesen). Eine solche Zuwendung ergibt sich erstmals aus der Berufung.

7.) Der Bw. unterhält eine Land- und Forstwirtschaft mit einer ertragbringenden Beteiligung an einer Agrargemeinschaft. Den von ihm unterhaltenen Gewerbebetrieb hat er mit seiner Gattin übergeben. Seit diesem Zeitpunkt bezieht er Pensionseinkünfte sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Da der Kredit von 1.200.000 S nicht nur vom Bw., sondern auch von seiner Gattin aufgenommen wurde, traf ihn die Rückzahlungsverpflichtung zumindest des Jahres 2000 nicht mehr zur Gänze. Eine Zwangsläufigkeit der Rückzahlung dieses Jahres war daher auch in jenem Umfang zu verneinen, in dem die Gattin des Bw. auf Grund ausreichender eigener Einkünfte (vgl. ESt-Bescheid 2000 der Gattin) zur Rückzahlung des Kredites beizutragen imstande war.

8.) Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH muss die Zwangsläufigkeit der Belastung nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach, sondern auch in zeitlicher Hinsicht gegeben sein. Eine Anerkennung von Darlehens- bzw. Kreditrückzahlungen setzt voraus, dass der Aufwand, den der Abgabepflichtige mit den Fremdmitteln abgedeckt hat, zwangsläufig entstanden ist; weiters, dass auch die Rückzahlung im Jahr der Leistung zwangsläufig erwachsen ist (; ).

Der vom Bw und seiner Gattin aufgenommene Kredit war vorerst in neun jährlichen Raten von je 100.000 S, jeweils per 31.5. jeden Jahres, erstmals am , zurückzuzahlen. Die vierteljährlich (zu den Terminen 31.3., 30.6., 30.9. und 31.12.) anfallenden Zinsen waren separat einzuzahlen. Eine vorzeitige Rückführung des Kredits durch Einzahlungen des Kunden war jederzeit ohne Verrechnung eines Pönales möglich (Pkt. 1. des Vertrages v. 21./). Soweit daher in den Berufungsjahren Rückzahlungen in einem Ausmaß von mehr als rd. 155.000 S (d.s. 100.000 S + Zinsen) vorgenommen wurden, hatte dazu keine rechtliche Verpflichtung der Kreditnehmer bestanden. In dieser Höhe wären die Rückzahlungen selbst dann nicht im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 zwangsläufig geleistet worden, wenn man davon ausgehen wollte, dass dies für die Aufnahme der Fremdmittel zugetroffen hätte (siehe Doralt, RdW 1999, 441).

9.) Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass der deutsche Bundesfinanzhof - bei vergleichbarer Rechtslage - von der Auffassung abgerückt ist, dass erst die Rückzahlung der Fremdmittel eine "echte" Einkommensbelastung bewirke. Das Belastungsprinzip stellt danach nur ein Korrektiv für den Fall dar, dass der Steuerpflichtige in Zusammenhang mit dem belastenden Ereignis Zuwendungen bzw. Ersätze erhält, die den Aufwand mindern. Durch das Erfordernis der "Belastung" mit Aufwendungen wird danach nur die Höhe des Abzugsbetrags bestimmt, auf den Abzugszeitpunkt ist das Belastungsprinzip hingegen ohne Einfluss (BFH , III R 248/83, BStBl II 1988, 814; BFH , III R 60/88, BStBl II 1990, 958; vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 34 allgemein Tz 1, Einzelfälle "Darlehen - Kredite"). Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann dahin gestellt bleiben, ob dieser Ansicht nicht auch für das EStG 1988 gefolgt werden könnte (vgl. , zu § 34 EStG 1972; Taucher, RdW 1989, 173).

10.) Die Berufung war daher in diesem Punkt (außergewöhnliche Belastung) abzuweisen. Da dem weiteren Berufungsbegehren - wie schon in den Berufungsvorentscheidungen vom - Folge zu geben war (auf die Ausführungen des Finanzamts in der Begründung dieser Bescheide wird verwiesen), war spruchgemäß zu entscheiden. Die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzten Abgaben bleiben daher gegenüber diesen Bescheiden unverändert.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Insolvenzgefahr
Überbrückungsdarlehen
sittliche Verpflichtung

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