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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.04.2008, RV/0821-L/07

Säumniszuschlag bei missbräuchlicher Verwendung der Respirofrist als Zahlungsfrist

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der F-GmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu 000/0000 über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Da die am fällig gewesenen Selbstbemessungsabgaben erst mit einer am am empfangsberechtigten Konto des Finanzamtes eingelangten Überweisung entrichtet worden waren, wurden mit Bescheid vom folgende erste Säumniszuschläge festgesetzt:


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Abgabe
Frist
Betrag
Säumniszuschlag
Umsatzsteuer
03/2007
480.362,35
9.607,25
Lohnsteuer
04/2007
23.992,31
479,85
Dienstgeberbeitrag (DB)
04/2007
31.495,65
629,91
Zuschlag zum DB
04/2007
2.519,65
50,39

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet worden seien.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Zahlung sei termingerecht an die Bank weitergeleitet worden. Außerdem sei die Zahlung auch mit dem richtigen Valutadatum verbucht worden, sodass aus Sicht der Berufungswerberin kein Versäumnis ihrerseits festzustellen sei. Sollte sich trotzdem ein Versäumen ergeben haben, könne das lediglich durch ein technisches Problem bei der Weiterleitung bzw. der Verbuchung der Zahlung entstanden sein. Außerdem sei die Berufungswerberin ihren Zahlungsverpflichtungen stets termingerecht nachgekommen. Aus den angeführten Gründen werde ersucht, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Einbringung bis zur Berufungserledigung auszusetzen.

Als Beilage wurde der Überweisungsauftrag zu der mittels Internetbanking veranlassten Zahlung beigeschlossen. Demnach wurde die Überweisung am mit Durchführungsdatum veranlasst.

In einem Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde der Berufungswerberin zur Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, zu nachstehenden Feststellungen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes Stellung zu nehmen:

"1) Die Überweisung des Betrages von 538.369,96 € zur Abdeckung der am fällig gewesenen Umsatzsteuer 03/2007 und der Lohnabgaben 04/2007 wurde laut Beilage zu Ihrer Berufung am mit Durchführungsdatum veranlasst.

Diese von Ihrem Konto (Kto-Nr. 000) veranlasste Überweisung langte am am empfangsberechtigten PSK-Konto des Finanzamtes ein (siehe die angeschlossenen Beilagen). Ein technisches Problem bei der Weiterleitung bzw. der Verbuchung der Zahlung ist im gegenständlichen Fall nicht erkennbar, vielmehr wird eine an einem bestimmten Werktag von der Auftraggeberbank veranlasste Überweisung regelmäßig erst am nächsten Werktag auf dem Bankkonto des Empfängers gutgeschrieben.

2) Im gegenständlichen Fall kann die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO über die ausnahmsweise Säumnis nicht zur Anwendung gelangen, da auch die am fällig gewesenen Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer 02/2007 und Lohnabgaben 03/2007) in Höhe von 406.934,78 € erst mit Wirksamkeit , und damit nach Ablauf der dreitägigen Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO, entrichtet worden waren (siehe Beilagen)."

Dem Vorhalt waren als Beilagen EDV-Auszüge zu den angesprochenen Überweisungen von 538.369,96 € und 406.934,78 € angeschlossen, denenzufolge der erstgenannte Betrag mit Wirksamkeit und der zweitgenannte Betrag mit Wirksamkeit entrichtet wurde.

Die Berufungswerberin gab zu dem nachweislich am zugestellten Vorhalt keine Stellungnahme ab.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und ist diesfalls in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen. Für die Beurteilung von Anbringen kommt es dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 85 Tz 1) nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteienschrittes. Ist aus dem Vorbringen des Berufungswerbers zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist in der Berufungsentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen (z.B. mwN).

Die Berufungswerberin brachte in der gegenständlichen Berufung hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass sie aus den dort angeführten Gründen ihrer Ansicht nach kein (grobes) Verschulden an der eingetretenen Säumnis treffe. Es ist daher das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem grobem Verschulden an der Säumnis eine Begünstigung darstellt. Bei derartigen Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ; vgl. auch zu § 212 BAO).

Bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse gelten die Abgaben am Tag der Gutschrift als entrichtet (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO). Da Banküberweisungen regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, und die Abgabe erst als entrichtet gilt, wenn die Zahlung am Bankkonto des empfangsberechtigten Finanzamtes gutgeschrieben wird, würde eine Einzahlung von Abgabenschulden erst am Fälligkeitstag regelmäßig zu einer verspäteten Abgabenentrichtung führen. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund in § 211 Abs. 2 BAO eine dreitägige Respirofrist eingeführt. Erfolgt demnach die Gutschrift im Sinne des § 211 Abs. 1 lit. d BAO zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen.

Die Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO dient keineswegs der Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung, sondern soll allein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen kann (; ; ebenso ). Wird diese Respirofrist als weitere Frist zur Abgabenentrichtung verwendet, und lässt der Abgabenschuldner die Überweisung erst am letzten Tag der Respirofrist durchführen, so stellt dies einen Missbrauch der Respirofrist und damit ein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO dar ().

Im gegenständlichen Fall waren die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben am fällig. Die Überweisung zur Abdeckung dieser Abgaben wurde erst am mit Durchführungsdatum , somit unter voller Ausnutzung der dreitägigen Respirofrist, die am endete, veranlasst. Durch diese missbräuchliche Verwendung der Respirofrist als zusätzliche Zahlungsfrist trifft die Berufungswerberin ein grobes Verschulden an der eingetretenen Säumnis, sodass eine auf § 217 Abs. 7 BAO gestützte Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung der gegenständlichen Säumniszuschläge im vorliegenden Fall nicht möglich ist.

Wie bereits im Vorhalt vom festgestellt, ist auch ein technisches Problem bei der Weiterleitung bzw. der Verbuchung der Zahlung im gegenständlichen Fall nicht erkennbar, da eine an einem bestimmten Werktag von der Auftraggeberbank veranlasste Überweisung regelmäßig erst am nächsten Werktag auf dem Bankkonto des Empfängers gutgeschrieben wird. Dass die am durchgeführte Überweisung erst am am Konto des Finanzamtes gutgeschrieben wurde, entspricht daher dem gängigen Verlauf einer Entrichtung mittels Banküberweisung.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist (§ 217 Abs. 5 BAO).

Wie bereits im Vorhalt vom festgestellt, kann im gegenständlichen Fall diese Bestimmung über die ausnahmsweise Säumnis nicht zur Anwendung gelangen, da auch die am , und damit innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 217 Abs. 5 BAO fällig gewesenen Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuer 02/2007 und Lohnabgaben 03/2007) in Höhe von 406.934,78 € verspätet, nämlich erst mit Wirksamkeit , und damit nach Ablauf der dreitägigen Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO, entrichtet worden waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 211 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Respirofrist
Verschulden
ausnahmsweise Säumnis
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at