Investitionszuwachsprämie, Rechtzeitigkeit der Geltendmachung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des N.K. und der J.K., gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 nach der am durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungsführer betreiben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine im Jahr 2002 errichtete Photovoltaikanlage zur Erzeugung und Lieferung elektrischer Energie. Am wurden die Umsatzsteuer- und die Feststellungserklärung für das Jahr 2002 beim Finanzamt eingereicht. Mit Bescheid vom wurden die im Jahr 2002 erzielten Einkünfte gemäß § 188 BAO vorläufig festgestellt.
Am langte beim Finanzamt mit einer gegen den Feststellungsbescheid 2002 erhobenen Berufung ein mit datiertes Verzeichnis (Formblatt E 108e) zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 in Höhe von 4.070,70 € ein.
Das Finanzamt wies die ausschließlich mit der Nichtgewährung der Investitionszuwachsprämie begründete Berufung gegen den Feststellungsbescheid als unzulässig zurück und versagte mit Bescheid vom die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie mit der Begründung, dass die Geltendmachung der Prämie nach Ergehen des Feststellungsbescheides ausgeschlossen sei.
Dagegen wandten sich die Berufungsführer mit Berufung und nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung mit Vorlageantrag. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die unklare Formulierung im § 108e Abs. 4 EStG 1988 werde von den Verwaltungsbehörden überschießend ausgelegt und führe für nicht bilanzierende Kleinunternehmer zu einer Schlechterstellung. Zudem habe seitens der Verwaltungsbehörden Unklarheit über die grundsätzliche Anerkennung einer Investitionszuwachsprämie für Photovoltaikanlagen bestanden, was zu erheblichen Unsicherheiten und unter Umständen zu Ungerechtigkeiten gegenüber den Antragstellern geführt habe. Dies habe auch das BMF, indem es die Geltendmachung der Prämie bis zur Zustellung des Abgabenbescheides für zulässig erklärt habe, und in weiterer Folge der Gesetzgeber erkannt. Mit dem Steuerreformgesetz 2005 sei die Unklarheit in § 108e Abs. 4 EStG 1988 beseitigt und die Geltendmachung bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Jahresbescheides ermöglicht worden. Überdies sei anlässlich der wiederholten Vorsprachen beim Finanzamt die Auskunft erteilt worden, dass es für Photovoltaikanlagen keine Investitionszuwachsprämie gebe, da eine solche Teil des Gebäudes sei. Aus diesem Grund sei die Beilage E 108e nicht gemeinsam mit der Feststellungserklärung vorgelegt worden.
Im Rahmen der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung wurde das Berufungsvorbringen von N.K. dahingehend konkretisiert, dass die Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 als solche nicht unklar sei, unklar sei zum Zeitpunkt der Einreichung der Abgabenerklärungen vielmehr gewesen, ob es für eine Photovoltaikanlage überhaupt eine Investitionszuwachsprämie gebe. Anlässlich der persönlichen Vorsprachen beim Finanzamt seien grundsätzliche steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen besprochen worden, wobei er davon ausgegangen sei, dass er vom Finanzamt über alle Möglichkeiten, die ihm offen stünden, informiert würde. Über die Möglichkeit einer Investitionszuwachsprämie sei ihm aber nichts gesagt worden. Im Zuge der Einreichung der Umsatzsteuer- und der Gewinnfeststellungserklärung habe ihm die zuständige Sachbearbeiterin vielmehr gesagt, die Unterlagen seien vollständig. Daraus sei zu schließen, dass ein weiteres Formular (zB das Formular E 108e) nicht erforderlich war. Erstmals habe er aus dem vorgelegten Schreiben vom von der Möglichkeit der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie erfahren. Dass das Finanzamt im ersten Quartal 2003 die Auffassung vertreten habe, eine Photovoltaikanlage sei Teil des Gebäudes und daher nicht prämienbegünstigt, sei ihm zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen nicht bekannt gewesen; dies habe er erst später erfahren. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Erklärungen sei der Wissensstand, sowohl des Finanzamts wie auch sein eigener, noch nicht so weit gewesen wie ein halbes Jahr später, weshalb er damals auch nicht entsprechend informiert habe werden können. Die Intention des Gesetzgebers sei aber von Anfang an die Begünstigung derartiger Anlagen gewesen.
Der Vertreter des Finanzamtes wies darauf hin, dass für das Finanzamt keine Verpflichtung bestehe, die Abgabepflichtigen über sämtliche steuerlichen Möglichkeiten zu belehren; diesbezüglich könne dem Finanzamt daher kein Vorwurf gemacht werden. Betreffend den Wissensstand des Finanzamtes im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen gab er an, seines Wissens nach sei Mitte des Jahres 2003 die Frage aufgetaucht, ob es sich überhaupt um einen Betrieb handle, dabei sei es aber vor allem um die Umsatzsteuer bzw. die Einkommensteuer gegangen. Die Frage, ob eine Photovoltaikanlage Teil des Gebäudes sei, habe sich seiner Erinnerung nach erst im letzten Quartal 2003 gestellt. Im Zuge einer Besprechung am sei diese Frage dahingehend geklärt worden, dass eine solche Anlage nicht generell als (begünstigungsschädlicher) Teil des Gebäudes anzusehen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 in der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 155/2002, lautet:
"Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung."
Der unabhängige Finanzsenat hat, gestützt ua. auf Hofstätter/Reichel (Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e Tz 7) sowie Doralt (EStG7, § 108e Tz 15), wiederholt die Auffassung vertreten, dass nach der oben wiedergegebenen, für die Jahre 2002 und 2003 anzuwendenden Regelung die Einreichung des Verzeichnisses zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuer- bzw. Gewinnfeststellungserklärung des betreffenden Jahres befristet ist und mit der nicht fristgerechten Einreichung des Verzeichnisses der Anspruch auf die Investitionszuwachsprämie verloren geht.
Diese Auffassung hat nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2004/15/0104, bestätigt. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst aus, dass das Gesetz eine Antragstellung in der Form einer Vorlage eines Verzeichnisses vorsehe. Nach dem letzten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 gelte das Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres als Abgabenerklärung, die Fristen der BAO für die Einreichung von Abgabenerklärungen seien diesbezüglich jedoch nicht anzuwenden. Abgabenerklärungen nach § 108e EStG 1988 seien im § 134 Abs. 1 BAO nicht genannt; der Antragsteller sei zur Einreichung einer solchen Abgabenerklärung nicht verpflichtet. Der Gesetzgeber habe nach der Stammfassung des § 108e EStG 1988 eine Antragsfrist für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie nicht ausdrücklich formuliert, nach der Systematik und Teleologie der Regelungen seien sie aber dahin zu verstehen, dass mit der Wortfolge "ist anzuschließen" der zeitliche Rahmen der Antragstellung festgelegt werde. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie - in der Stammfassung des § 108e EStG 1988 - keine Befristung vorgesehen habe. Auch eine zusammenschauende Betrachtung mit den Regelungen betreffend die Prämie für Forschung und Bildung (§ 108c), die befristete Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d) und die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f) lasse erkennen, dass der Gesetzgeber jeweils eine überschaubare Frist für die Einreichung des Antrages auf Prämiengewährung festgelegt habe. Die Stellung des Antrages auf Prämiengewährung sei in allen genannten Fällen zeitlich begrenzt. Dass der in § 108e EStG 1988 verwendeten Wortfolge, wonach der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie anzuschließen ist, gleichfalls ein zeitlicher Aspekt beizumessen sei, erscheine auch nicht unsachlich: Dem Finanzamt sei es dadurch möglich, in einem Arbeitsgang einerseits die Veranlagung zur Jahressteuer (bzw. die Gewinnfeststellung) vorzunehmen und andererseits zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die beantragte Prämie gegeben seien. Zudem sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt der Erstellung der Jahressteuererklärung bereits alle Informationen vorlägen, die er in Bezug auf die Geltendmachung von Prämien benötige. Dazu komme, dass bei Begünstigungsvorschriften, wie der Gewährung staatlicher Prämien, dem Antragsteller die Beachtung bestimmter Antragsmodalitäten oder -fristen durchaus zugemutet werden könne, um nach Ablauf einer bestimmten Frist den finanziellen Bedeckungsbedarf des Staates feststellen zu können. Daraus ergebe sich, dass ein Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie, der nach Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres gestellt wird, verspätet sei.
Gegenständlich wurde die Beilage zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie ohne Zweifel erst nach der Feststellungserklärung für das Jahr 2002 und damit verspätet im Sinne der Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG in der anzuwendenden Fassung eingereicht. Daran vermögen auch die Ausführungen der Berufungsführer nichts zu ändern.
Zutreffend ist, dass - wohl in Reaktion auf die Kritik an dieser Bestimmung - vorerst das BMfF den Erklärungsvordruck ergänzte und den Finanzämtern mitteilte, dass keine Bedenken bestünden, wenn die Prämien jeweils bis zum Ergehen (Zustellung) des das jeweilige Jahr betreffenden Einkommensteuerbescheides geltend gemacht würden (vgl. SWK 22/2003, S 545) und in weiterer Folge der Gesetzgeber die Bestimmung des § 108e EStG 1988 mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, dahingehend abgeändert hat, dass die Geltendmachung der Prämien bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des jeweiligen Jahresbescheides zulässig ist. Nachdem die Prämie gegenständlich aber unbestritten erst nach Zustellung des Feststellungsbescheides beantragt wurde und die (für den unabhängigen Finanzsenat ohnedies nicht bindende) Kulanzregelung des BMF vom Finanzamt folglich nicht berücksichtigt werden konnte und die Neuregelung in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2005 nach der maßgeblichen Inkrafttretensbestimmung (§ 124b Z 105 EStG 1988) erstmals für Prämien anzuwenden ist, die das Kalenderjahr 2004 betreffen, war damit für die Berufungsführer nichts zu gewinnen. Wenngleich dadurch zwar die Frist für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie verlängert wurde, ist nicht erkennbar, inwieweit daraus bezüglich der Auslegung der Bestimmung in ihrer Stammfassung Schlüsse im Sinne der Ausführungen der Berufungsführer zu ziehen sein sollten. Selbst wenn die Intention des Gesetzgebers eine Begünstigung (auch) derartiger Anlagen gewesen sein sollte, enthebt dies jedenfalls nicht von der Verpflichtung einer fristgerechten Geltendmachung der Prämie.
Ebenso vermag der Umstand, dass die zuständige Sachbearbeiterin beim Finanzamt zum Zeitpunkt der Einreichung der Abgabenerklärungen (ebenso wie die Berufungsführer) keine Kenntnis von der Möglichkeit der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie hatte und erklärt hat, die im Zuge der Einreichung der Umsatz- und der Gewinnfeststellungserklärung vorgelegten Unterlagen seien vollständig, der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar normiert § 113 BAO, dass die Abgabenbehörden den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren haben, eine Verpflichtung, Rechtsauskünfte über alle nur möglichen abgabenrechtlichen und allfälligen anderen Konsequenzen aus dem Verhalten von Abgabepflichtigen zu erteilen, kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden (vgl. mwN). Folglich konnte aber durch die seitens der Sachbearbeiterin des Finanzamtes nicht erfolgte Information betreffend die Investitionszuwachsprämie bzw. die diesbezüglich erforderliche fristgerechte Antragstellung auch kein wie immer gearteter Vertrauensschutz begründet worden sein, der es allenfalls rechtfertigen könnte, die durch die Fristversäumnis bedingten Folgen gegenständlich nicht eintreten zu lassen, zumal unter dem Aspekt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch zu berücksichtigen ist, dass die Investitionszuwachsprämie in zahlreichen anderen Fällen aufgrund der nicht fristgerechten Geltendmachung versagt wurde.
Dass das Finanzamt zumindest anfänglich die Auffassung vertreten hat, dass für eine Photovoltaikanlage eine Investitionszuwachsprämie nicht geltend gemacht werden könne, weil eine solche Teil des Gebäudes sei, war den Berufungsführern den Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung zufolge zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2002 nicht bekannt und konnte folglich auch nicht ursächlich für die verspätete Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sein. Zudem wäre im Falle einer damit begründeten Nichtanerkennung der Investitionszuwachsprämie die Möglichkeit der Beschreitung des Rechtsmittelweges offen gestanden. Voraussetzung hierfür wäre aber wiederum die fristgerechte Antragstellung und ein entsprechender Bescheid des Finanzamtes gewesen.
Der Berufung konnte somit gesamthaft gesehen kein Erfolg beschieden sein.
Feldkirch, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 108e Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 113 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Investitionszuwachsprämie fristgerechte Antragstellung Belehrungspflicht Auskunftserteilung Vertrauensschutz |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at