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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 31.05.2005, RV/0088-S/05

Bei einem Erwerb nach § 2 Abs 1 Z 3 ErbStG ist zu prüfen, ob beim Erblasser eine Bereicherungswille bestanden hat.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, Adr., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , StNr. 047/7577, ErfNr. 101.694/01, betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Erbschaftssteuer wird von € 7.986,74 auf € 2.178,59 herabgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die Bw hat im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem am verstorbenen Ehegatten zunächst eine bedingte Erbserklärung abgegeben.

Am hat die Bw diese Erbserklärung zurückgezogen und ausdrücklich erklärt, sich der Erbschaft zu entschlagen. Gleichzeitig wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über die Verlassenschaft beantragt.

Aufgrund der Mitteilung vom über die Auszahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von ATS 1,600.000,00 infolge des Ablebens der versicherten Person an die Bw als festgesetzte Bezugsberechtigte, wurde mit Bescheid vom die Erbschaftssteuer in Höhe von € 7.986,74 festgesetzt.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen.

Aufgrund des Vorlageantrages vom wurde die Berufung an den unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.

Strittig ist, ob Kosten vom Erwerb eines Lebensversicherungsbetrages durch die Bw abgezogen werden können, obwohl die Bw nicht Erbin und somit nicht Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers ist.

Im Berufungsvorbringen ist ausgeführt, dass die Lebensversicherung zugunsten der Ehegattin deswegen abgeschlossen wurde, damit diese einer Bürgschaft und der Pfandrechtsbegründung an ihrer Liegenschaftshälfte zustimmt.

Im Zuge der Sachverhaltermittlungen legte die Bw, vertreten durch den Sohn, die Pfandbestellungsurkunde vor und führte zur zeitlichen Differenz (1997 Pfandbestellung und Lebensversicherungsvertrag) aus, dass damals ein kompletter Wechsel aller Versicherungen von der Austria Versicherung zur Allianz Elementar Versicherungs AG durchgeführt worden ist.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Im Erkenntnis vom , 2000/16/0606 führt der VwGH wörtlich aus:

"§ 2 ErbStG umschreibt den Begriff "Erwerb von Todes wegen" (des § 1 Abs 1 Z 1 ErbStG) und nimmt über die in § 2 Abs 1 Z 1 ErbStG genannten bürgerlich-rechtlichen Fälle eines Erwerbes von Todes wegen hinaus wesentliche Erweiterungen vor, so insbesondere durch die Einbeziehung des Erwerbes von Vermögensvorteilen auf Grund von Verträgen zugunsten Dritter, die der spätere Erblasser schon zu Lebzeiten geschlossen hat (Hinweis Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 1 und 49 zu § 2 ErbStG; Dorazil/Taucher, ErbStG, Anm 1.4. zu § 2 ErbStG). Insbesondere Lebensversicherungsverträge zugunsten eines Dritten begründen diesen Steuertatbestand (Hinweis Fellner, aaO Rz 49 und 55a zu § 2 ErbStG; Dorazil/Taucher aaO Anm 6.24ff zu § 2 ErbStG). Der Tatbestand nach § 2 Abs 1 Z 3 ErbStG ist (ebenso wie der nach Z 2 der zitierten Gesetzesstelle) ein Ersatztatbestand, der wesensgleich den echten Zuwendungen von Todes wegen Vermögensübertragungen erfasst, die keine echten Zuwendungen von Todes wegen sind (Hinweis Dorazil/Taucher aaO Anm 6.1.1 zu § 2 ErbStG). Die Versicherungssumme einer Lebensversicherung zugunsten eines im Versicherungsvertrag benannten Bezugsberechtigten gewährt der berechtigten Person einen unmittelbaren Anspruch gegen den Versicherer und fällt nicht in den Nachlass (Hinweis Kapp/Ebeling, ErbStG-Kommentar Rz 265 zu § 3 dErbStG; Welser in Rummel, ABGB I3 Rz 10 zu § 531 ABGB)."

Aufgrund des § 166 Abs. 2 VersVG erwirbt ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles.

Daraus ergibt sich, dass der Versicherungsfall und damit eine Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG erst eintritt, wenn der Versicherungsnehmer stirbt.

Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz knüpft an Rechtsvorgänge an. Für die Erhebung der Steuer nach diesem Gesetz ist daher nur der Rechtsgrund der Zuwendung von Bedeutung. Obwohl Versicherungsleistung nicht in die Verlassenschaft fällt, unterliegt sie der Erbschaftssteuer ().

Bei Erwerben im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG ist jedoch zu prüfen, ob beim Erblasser ein Bereicherungswille bestanden hat (, 0130). Hiebei ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages abzustellen ().

Ein solcher Bereicherungswille braucht allerdings kein unbedingter zu sein; es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt (, und , 91/16/0012). Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden ().

Seit dem Erkenntnis des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 607/64, Slg. Nr. 3219/F, wird die Auffassung vertreten, es sei bei einem Erwerb im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG zu prüfen, ob der Bereicherungswille des Erblassers durch seine Absicht, mit der entsprechenden Zuwendung dem Begünstigten den gesetzlichen Unterhalt zu sichern, ausgeschlossen wurde ( u. , 94/16/0034).

Im zuletzt zit. Erkenntnis vom , 94/16/0034, führt der VwGH aus:

"Da es sich bei einer Zuwendung iSd § 2 Abs 1 Z 3 ErbStG um einen Erwerb von Todes wegen handelt, der auf einem Rechtsgeschäft beruht, das vom Erblasser zu seinen Lebzeiten mit einem Dritten geschlossen wurde, ist nicht nur zu prüfen, ob eine Bereicherung des Begünstigten gegeben ist, sondern auch, ob der Bereicherungswille beim Erblasser VORLAG oder durch seine Absicht, mit der entsprechenden Zuwendung dem Begünstigten den GESETZLICHEN Unterhalt zu sichern, ganz (oder teilweise) ausgeschlossen war (Hinweis E VS , 607/64, VwSlg 3219 F/1964; E , 1593/67, ÖStZB 6/1969, S 40; E , 1183/69, ÖStZB 1/2/1971, S 19; E , 81/15/0128, 0130, ÖStZB 4/1983, S 80)."

Ebenso im Erkenntnis vom , 89/16/0149, wo es wörtlich heißt:

"Unbestritten ist, dass es sich bei einer Zuwendung nach § 2 Abs 1 Z 3 ErbStG - um eine solche handelt es sich bei der in Rede stehenden Lebensversicherungssumme - um einen Erwerb von Todes wegen handelt, der auf einem Rechtsgeschäft beruht, das vom Erblasser zu seinen Lebzeiten mit einem Dritten geschlossen worden ist. Hiebei ist nicht nur zu prüfen, ob eine Bereicherung des Begünstigten gegeben ist, sondern auch, ob der Bereicherungswille beim Erblasser vorgelegen oder durch seine Absicht, mit der entsprechenden Zuwendung dem Begünstigten den gesetzlichen Unterhalt zu sichern, ganz (oder teilweise) ausgeschlossen gewesen ist. Die Frage, ob der Bereicherungswille bzw die -absicht des Erblassers bei Abschluß der Lebensversicherung gefehlt hat, ist keine Rechts-, sondern eine TATfrage (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/16/0103, mwA)."

Hinsichtlich der Bereicherung der Begünstigten ist festzuhalten:

Der Erwerb aus einem Versicherungsvertrag tritt unmittelbar und ohne den Willen des Begünstigten ein. Nur wenn der Bezugsberechtigte das Recht zurückweist, gilt das Recht als nicht erworben und dieser Anteil würde gemäß § 167 Abs 2 VersVG den übrigen Bezugsberechtigten zufallen.

Die Bw hat zwar im Abgabenverfahren das Fehlen dieses Bereicherungswillens bzw. dieser Bereicherungsabsicht nicht direkt behauptet. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der Ausführungen in der Berufung und im Vorlageantrag ist jedoch die Frage des Bereicherungswillens näher zu prüfen.

Allerdings ist weder aus der von der Bw vorgelegten Ablichtung des Versicherungsvertrages noch aus der Mitteilung der VersAG gemäß § 26 ErbStG zu dieser Frage entsprechendes zu entnehmen.

Aufgrund des Parteienvorbringens und der weiteren erforderlichen und durchgeführten Ermittlungen am ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Bw hat als Ersatz für die Aufhebung der Vinkulierung der ursprünglichen Lebensversicherung einer Pfandbestellung und Bürgschaft zustimmen müssen. Sie hat dieser Vorgangsweise nur zugestimmt unter der Voraussetzung, dass der Ehegatte zu ihren Gunsten eine neue Lebensversicherung zur Absicherung ihres Unterhaltes, zu dem auch der Erhalt der Rechte an der Ehewohnung gehört, abschließt.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde - abgesehen von offenkundigen Tatsachen nach Abs. 1 dieser Bestimmung - unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens, ohne an formale Regeln gebunden zu sein, nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Der hierin postulierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. ).

Der Unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde II. Instanz gelangt nunmehr aufgrund der durchgeführten Ermittlungen zu der Überzeugung, dass im Ausmaß der für den Ehegatten eingegangenen Bürgschaft eine Bereicherungsabsicht des Ehegatten im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Versicherungsvertrages nicht gegeben war.

Daher ist aus der Bemessungsgrundlage ein Betrag von ATS 750.000,00 auszuscheiden.

Zur Frage der Absetzbarkeit der von der Bw getragenen Kosten des Begräbnisses u.a.:

Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. Unter Vermögensanfall ist die gesamte durch den maßgeblichen Erwerb eingetretene Bereicherung zu verstehen. Insbesondere ist aus Abs. 1 in Verbindung mit den Abs. 4 - 6 und Abs. 8 des § 20 ErbStG ersichtlich, dass nur die tatsächliche Bereicherung bzw. der tatsächlich verbleibende Vermögenszugang der Steuer unterliegt (vgl. , 0173).

§ 20 Abs. 4 ErbStG enthält eine demonstrative Aufzählung bestimmter vom Erwerb abzuziehender Kosten. Dabei handelt es sich um den Abzug der sogenannten Erbgangsschulden (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 17 Abs. 1 zu § 20 ErbStG), worunter man diejenigen Verbindlichkeiten versteht, die durch die gerichtliche Abhandlungspflege entstehen.

Diese Abzugsregelung ist (wie auch die anderen der Absätze 5, 6 und 8 des § 20 ErbStG) vom sog. Bereicherungsprinzip beherrscht, wonach nur der dem Erwerber letzten Endes verbleibende Reinerwerb der Steuer unterliegt (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 16 Abs. 1 zu § 20 ErbStG und die dort angeführte Judikatur).

Das Gesetz regelt die Haftung für die Begräbniskosten im Zusammenhang mit den Nachlassverbindlichkeiten: Nach § 549 ABGB gehören zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten auch die Kosten für das dem Gebrauch des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis. Für die Begräbniskosten haftet demnach in erster Linie der Nachlass.

Wer sie zu tragen hat, wenn der Nachlass nicht ausreicht, ist keine erbrechtliche Frage. Eine Bestimmung darüber findet sich nur im EheG.

Nach § 77 Abs 2 EheG hat der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte die Bestattungskosten zu tragen, soweit dies der Billigkeit entspricht und die Kosten nicht von den Erben zu erlangen sind. Den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten trifft damit eine subsidiäre Haftung (siehe Schwimann - Zankl, ABGB, 2. Auflage, § 77 EheG Rz 4).

Umso mehr trifft daher den in aufrechter Ehe überlebenden Ehegatten die Verpflichtung, diese Kosten zu tragen. Die Kosten soweit sie für die Bw. zwangsläufig erwachsen sind und im Konkurs auch geltend gemacht und nicht befriedigt worden sind, können vom Erwerb abgezogen werden.

Hinsichtlich der Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung im Verlassenschaftsverfahren ist folgendes anzumerken:

Die Bw hat sich anfangs am Verlassenschaftsverfahren durch die Abgabe einer bedingten Erbserklärung beteiligt, diese aber zurückgezogen und durch eine Erbsentschlagung ersetzt. Die Bw ist somit nicht Gesamtrechtsnachfolgerin.

Der Vermögenserwerb aufgrund der Lebensversicherung steht grundsätzlich in keinem Zusammenhang mit der Beteiligung am Verlassenschaftsverfahren, da die Versicherungssumme nicht in den Nachlass fällt.

Die Kosten der Rechtsvertretung für die anfängliche Beteiligung am Verlassenschaftsverfahren stehen jedoch insoferne im Zusammenhang mit dem erworbenen Vermögen, als diese Beteiligung gerade aufgrund der Bürgschaft und Pfandbestellung auf der eigenen Liegenschaftshälfte geboten war.

Die weitere Beteiligung der Bw am Konkursverfahren der Verlassenschaft nach der Erklärung der Erbsentschlagung ist bedingt durch ihre eigenen Interessen am Erwerb der Haushälfte des Verstorbenen. Es besteht daher keinerlei Zusammenhang mit dem gegenständlichen Erwerb.

Von den angefallenen Kosten des Rechtsvertreters in Höhe von 75.240,00 können daher nur ATS 30.000,00 anerkannt werden.

Die Erbschaftsseuer ist daher zu berechnen:


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Lebensversicherung
ATS
1.600.000
abzüglich:
Bürgschaft
ATS
750.000
Erwerb
ATS
850.000,00
abzüglich folgender Kosten:
Bestattung Amtmann
ATS
30.625,80
Blumen
ATS
4.129,00
Marktgemeinde Werfen
ATS
4.300,00
ATS
1.500,00
Anwaltskosten anteilig
ATS
30.000,00
Summe der Kosten:
ATS
70.554,80
70.554,80
Bemessungsgrundlage:
ATS
779.445,20
abzüglich Freibetrag:
ATS
30.000,00
abzüglich Rundung
ATS
5,2
Steuerpflichtiger Erwerb
ATS
749.440,00
Euro
54463,93
Steuer 4 %
ATS
29978
Euro
2178,59

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bereicherungswille
Lebensversicherung
Begräbniskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at