Bei Lebensgemeinschaften war auch bis 2010 ein Kind iSd § 106 Abs 1 EStG 1988 für den Alleinverdienerabsetzbetrag notwendig
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Miterledigte GZ: |
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RV/3091-W/11 |
RV/3104-W/11 |
RV/3105-W/11 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10, vertreten durch ADir. Angelika Höbling, vom betreffend Einkommensteuer 2010 und vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2009 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2009 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Bei der Einkommensteuerveranlagungen der Berufungswerberin (Bw) E B für die Jahre 2007, 2008 und 2009 wurde auf Grund der entsprechenden Angaben in den elektronisch eingereichten Steuererklärungen jeweils der Alleinverdienerabsetzbetrag von € 364,00 berücksichtigt. Die Einkommensteuerbescheide vom (2007), (2008) und (2009) erwuchsen in Rechtskraft.
In der Einkommensteuererklärung 2010 beantragte die Bw. keinen Alleinverdienerabsetzbetrag. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom erging erklärungsgemäß.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 erhob die Bw. mit Schreiben vom rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und machte den Alleinverdienerabsetzbetrag geltend.
Das Finanzamt nahm Abfragen im Zentralen Melderegister vor. Aus diesen ergibt sich, dass Unterkunftgeber der Wohnung in Wien 4 A B ist. Dieser wiederum wohnt an einer anderen Adresse. An der Adresse der Bw. wohnte im Zeitraum bis C D.
Offenbar - ein Aktenvermerk (§ 89 BAO) hierüber fehlt - telefonierte das Finanzamt mit der Bw. und gab diese dabei an, weder verheiratet zu sein noch ein Kind zu haben.
Das Finanzamt wies hierauf mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung betreffend Einkommensteuer 2010 als unbegründet ab:
"Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht bei nicht verheirateten Partnern nur dann zu, wenn für mindestens 6 Monate im Kalenderjahr ein Kind im Sinne des § 106 EStG 1988 vorhanden ist.
Laut Telefonat am sind Sie weder verheiratet noch haben Sie ein Kind.
Daher war Ihre Berufung abzuweisen."
Mit Bescheiden vom selben Tag nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007, 2008 und 2009 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ neue Einkommensteuerbescheide für diese Jahre, in welchem der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt wurde.
Begründend führte das Finanzamt aus:
"Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht bei nicht verheirateten Partnern nur dann zu, wenn für mindestens 6 Monate im Kalenderjahr ein Kind im Sinne des § 106 EStG 1988 vorhanden ist.
Laut Telefonat am sind Sie weder verheiratet noch haben Sie ein Kind.
Daher war der Alleinverdienerabsetzbetrag zu streichen."
Mit Schreiben vom erhob die Bw. gegen die Wiederaufnahmebescheide und gegen die Einkommensteuerbescheide 2007, 2008 und 2009 vom rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 rechtzeitig das Rechtsmittel des Vorlageantrags.
"Gemäß § 33 Absatz 4 sind Alleinverdiener jene Steuerpflichtigen, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihrem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder Partner nicht dauernd getrennt leben. Demnach treffen sämtliche Voraussetzungen für mich und meinen Lebenspartner für die Jahre 2007 bis 2010 zu. Für diesen Zeitraum ist es nicht erforderlich gewesen, ein Kind im Sinne des § 106 EStG zu haben, um in den Genuss des Alleinverdienerabsetzbetrages zu kommen.
Erst ab dem Jahr 2011 ist für den Fall, dass keine Kinder vorhanden sind, der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zu gewähren bzw. zu streichen.
Ich darf nochmals festhalten, dass die Voraussetzungen für den Absetzbetrag (Lebensgemeinschaft, nicht dauernd getrennt lebend, Einkünfte des Partners nicht mehr als EUR 6.000,00) für die Jahre 2007 bis 2010 vorgelegen sind.
Zusätzlich zu dieser Begründung darf ich festhalten, dass auch kein Wiederaufnahmegrund gemäß § 303 Absatz 4 BAO vorliegt, da meine persönlichen Umstände dem Finanzamt vollinhaltlich bekannt gewesen sind. Es ist daher keinerlei neue Tatsache oder Beweismittel hervorgekommen, die das Finanzamt nicht bereits gekannt hätte. Die Neuausstellung von Bescheiden ist demnach aus formeller Hinsicht nicht gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Jahres 2010 darf ich bei positiver Erledigung meiner Berufung zur Erstellung einer zweiten Berufungsvorentscheidung meine ausdrückliche Zustimmung geben..."
Beigeschlossen waren Ausdrucke aus www.geldmarie.at und www.help.gv.at betreffend Alleinverdienerabsetzbetrag:
Auf www.geldmarie.at ist diesbezüglich zu lesen:
"Steuerliches Zuckerl für Alleinverdiener
Die "Frau am Herd" hat in den meisten heimischen Haushalten schon längst ausgedient. Und doch kann es immer wieder zu Situationen kommen, wo nur ein Familienmitglied einer Berufstätigkeit nachgeht. Um die Steuerlast für diese Person etwas zu reduzieren, gibt es einen Absetzbetrag namens "Alleinverdienerabsetzbetrag".
Wem steht der Alleinverdienerabsetzbetrag zu?
Der Alleinverdienerabsetzbetrag kann nur von einer Person geltend gemacht werden. Erfüllen beide Partner die unten genannten Voraussetzungen, steht der Absetzbetrag der besser verdienenden Person zu. Bei gleich hohen Einkommen bzw. (bzw. gar keinen Einkommen) steht der Alleinverdienerabsetzbetrag der Frau zu. Die (seltene) Ausnahme: Der Mann führt zu überwiegenden Teilen den Haushalt.
Voraussetzungen für den Absetzbetrag
Der oder die AnspruchstellerIn ist mehr als 6 Monate pro Kalenderjahr:
o verheiratet bzw. lebt in einer eingetragenen Partnerschaft in einer Lebensgemeinschaft und
o lebt vom Partner (Ehepartner, Partner, Lebensgefährten) nicht dauerhaft getrennt und
o die Einkünfte des Partners übersteigen nicht 6.000 Euro pro Jahr.
Gleicher Wohnort (Meldezettel) ist also Grundvoraussetzung. Wochengeld bzw. Einkünfte aus Kapitalvermögen werden übrigens auch für die Berechnung der Einkunftsobergrenze des Partners herangezogen. Steuerfreie Einkünfte und Unterstützungen werden hier nicht herangezogen.
Höhe des Alleinverdienerabsetzbetrages
o Ohne Kind: 364 Euro (nur bis 2010!)
o 1 Kind: 494 Euro
o 2 Kinder: 669 Euro
o +220 Euro für jedes weitere Kind
Stand 2011
Per entfällt der Alleinverdienerabsetzbetrag für Ehepaare, die keine Kinder (mehr) zu betreuen haben. Liegen jedoch Bezüge unter 1155 Euro vor, entstehen für Pensionisten jedoch keine Einbußen - im Gegenzug wurde nämlich der Pensionistenabsetzbetrag entsprechend angehoben.
Änderung 2012: Der Alleinverdienerabsetzbetrag für Personen, die keine Kinder betreuen, kann ab 2012 wieder (bis zu einer Pension von 1.750 Euro) geltend gemacht werden.
Geltendmachung des Alleinverdienerabsetzbetrages
Der Arbeitgeber sollte diesen Absetzbetrag (nach Ausfüllen des entsprechenden Formulars) schon in der Lohnverrechnung berücksichtigen. Selbständige bzw. Bezieher eines steuerfreien Einkommens können diesen Betrag im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend machen. Klären Sie individuell ab, ob dieser Betrag bei Ihnen bereits berücksichtigt wird.
Der Alleinverdienerabsetzbetrag kann auch zu einer Negativsteuer werden: Zahlt man z.b. keine bzw. sehr wenig Lohnsteuer, sollte man sich diesen Absetzbetrag unbedingt im Rahmen des eigenen Jahresausgleichs (EST-Erklärung, Arbeitnehmerveranlagung) holen!
Auch hier lassen sich abertausende Steuerzahler einiges durch die Lappen gehen - ganz einfach aufgrund der Tatsache, dass sie Scheu vor dem Finanzamt haben und ihre Steuerrechte nicht ausreichend kennen..."
Www.help.gv.at schreibt:
"Absetz- und Freibeträge für Familien
o Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag
o Kinderabsetzbetrag
o Unterhaltsabsetzbetrag
o Kinderfreibetrag
Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag
Alleinverdienerinnen/Alleinverdiener und Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher haben einen Anspruch auf den Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag.
Alleinverdienerinnen/Alleinverdiener sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind,
o die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partnerin/Partner sind oder in Lebensgemeinschaft leben und
o von ihrer Ehepartnerin/ihrem Ehepartner oder eingetragenen Partnerin/Partner oder Lebensgefährtin/Lebensgefährten nicht dauerhaft getrennt leben und
o deren Ehepartnerin/Ehepartner oder eingetragenen Partnerin/Partner oder Lebensgefährtin/Lebensgefährte,
o nicht mehr als 6.000 Euro jährlich verdient
Bei der Berechnung des Einkommens werden alle Einkünfte berücksichtigt. Bei Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit sind die Bruttoeinkünfte abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge, Pendlerpauschale, Werbungskosten, steuerfreien Zuschläge (z.B. Überstundenzuschlag, Gefahrenzuschlag) etc. maßgeblich. Steuerfreie Einkünfte wie beispielsweise Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Unterhaltszahlungen werden nicht berücksichtigt. Dieses gilt allerdings nicht für das Wochengeld, welches angerechnet wird. Auch mit der Kapitalertragsteuer endbesteuerte Kapitalerträge (Sparzinsen, Wertpapiererträge) werden für den Grenzbetrag berücksichtigt.
TIPP
Ab dem Jahr 2011 entfällt der Alleinverdienerabsetzbetrag für Ehepaare, eingetragene Partnerinnen/Partner und Lebensgefährten, die keine Kinder zu betreuen haben. Für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume kann der Alleinverdienerabsetzbetrag jedoch auch ohne Kind noch geltend gemacht werden. Für den Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung haben Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer fünf Jahre Zeit (z.B. kann der Antrag für 2010 bis Ende Dezember 2015 gestellt werden).
Alleinerziehende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind,
o die nicht mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einer Gemeinschaft mit einer (Ehe-)Partnerin/einem (Ehe-)Partner leben und
o die für ihr Kind bzw. ihre Kinder mehr als sechs Monate im Kalenderjahr den Kinderabsetzbetrag erhalten.
Der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag beträgt pro Jahr:
o Mit einem Kind: 494 Euro
o Mit zwei Kindern: 669 Euro
o Mit drei Kindern: 889 Euro
o Für jedes weitere Kind erhöht sich dieser Betrag um 220 Euro
Der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag kann während des Kalenderjahres bei derArbeitgeberin/beim Arbeitgeber geltend gemacht werden. Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber muss auch den Kinderzuschlag zum Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigen, wenn dies die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer beantragt (Formular E 30).
Der Steuerpflichtige oder die Steuerpflichtige, der oder die den Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag in Anspruch nimmt, muss Änderungen seiner oder ihrer persönlichen Verhältnisse innerhalb eines Monats mitteilen.
Nach Ablauf des Kalenderjahres kann der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung bzw. der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.
Auch wenn der Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag bereits während des Jahres von der Arbeitgeberin/vom Arbeitgeber berücksichtigt wurde, sind im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung beim zuständigen Finanzamt trotzdem die entsprechenden Angaben zu den Absetzbeträgen zu machen.
Wenn Sie keine Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder aus selbstständiger Tätigkeit veranlagen können, haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Erstattung des Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag mit dem Formular E 5, ab dem Jahr 2009 mit dem Formular L 1 zu stellen.
Kinderabsetzbetrag
Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag hat jeder Steuerpflichtige oder jede Steuerpflichtige, der oder die Familienbeihilfe bezieht. Der Kinderabsetzbetrag beträgt 58,40 Euro (ab 2009) pro Kind und Monat.
Der Absetzbetrag wird gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausgezahlt und ist nicht gesondert zu beantragen.
Die Auszahlung erfolgt auch bei keiner oder nur geringer Steuerleistung.
Unterhaltsabsetzbetrag
Wer für ein Kind, welches nicht im selben Haushalt wohnt, nachweislich gesetzlichen Unterhalt zahlt, hat Anspruch auf einen monatlichen Unterhaltsabsetzbetrag in folgender Höhe (Werte ab 2009):
o Für das erste Kind: 29,20 Euro,
o Für das zweite Kind: 43,80 Euro und
o Für das dritte und weitere Kinder: 58,40 Euro.
ACHTUNG
Die/der Steuerpflichtige und deren (Ehe-)Partner/dessen (Ehe-)Partnerin darf für dieses Kind oder diese Kinder keine Familienbeihilfe beziehen.
HINWEIS
Dieser Absetzbetrag muss nach Ablauf des Kalenderjahres im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung bzw. der Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt geltend gemacht werden.
Kinderfreibetrag
Für Kinder, für die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag oder ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, besteht ab der Veranlagung 2009 ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag. Der Kinderfreibetrag vermindert das steuerpflichtige Einkommen und wirkt sich daher nur in Höhe des jeweiligen Steuersatzes aus.
Der Kinderfreibetrag beträgt
o wenn er nur von einer Steuerpflichtigen/einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird: 220 Euro jährlich
o wenn er von zwei Steuerpflichtigen für dasselbe Kind geltend gemacht wird: 132 Euro jährlich pro Person
Der Kinderfreibetrag wird bei der Arbeitnehmerveranlagung oder Einkommensteuererklärung mit dem Formular L1k berücksichtigt. Dafür müssen Sie bei der Steuererklärung die Versicherungsnummer oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte jedes Kindes anführen, für das Sie einen Kinderfreibetrag geltend machen wollen."
Das Finanzamt Wien 4/5/10 legte die Berufungen am dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Über Ersuchen des UFS gab das Finanzamt am bekannt, die Erklärungen 2007 für bis 2009 seien elektronisch eingebracht und die Bescheide ohne Überprüfung durch das Finanzamt erlassen worden.
"Das Finanzamt hat am auf Grund eines Telefonats die Gewissheit erlangt, dass Fr. B in einer Lebensgemeinschaft ohne Kind gelebt hat. Auf Grund dessen wurden am die Wiederaufnahmebescheide 2007-2009 erlassen und die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages veranlasst."
Aus den beigeschlossenen Erklärungsdaten in Finanzonline lässt sich entnehmen, dass jeweils das Feld "Ich beanspruche den Alleinverdienerabsetzbetrag" angekreuzt war, die Erklärungen jedoch keine Angaben über den Familienstand, einen (Ehe)Partner oder Kinder enthalten.
Über ergänzendes Ersuchen des UFS erläuterte das Finanzamt am selben Tag, dass diese in den Steuererklärungen in Papierform enthaltenen Felder betreffend Familienstand, Partner, Kinder auch in Finanzonlinie bestehen. Der Steuerpflichtige habe zwar die Möglichkeit, diese Felder auszufüllen, wenn dies nicht geschehe, sei dies aber kein Veranlagungshindernis. Die Bw. habe vor Erlassung der wiederaufgenommenen Bescheide keine Angaben zu Familienstand, Partner, Kinder gemacht.
Über die Berufungen wurde erwogen:
§ 303 BAO lautet:
"§ 303. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
(3) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.
(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."
§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 lautete in den für den Berufungszeitraum maßgebenden Fassungen BGBl. I Nr. 34/2005, BGBl. I Nr. 24/2007, BGBl. I Nr. 99/2007, BGBl. I Nr. 44/2008, BGBl. I Nr. 26/2009, BGBl. I Nr. 52/2009 und BGBl. I Nr. 61/2009 (Hervorhebungen durch den UFS):
"1. Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- ohne Kind 364 Euro,
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des (Ehe-)Partners nicht erforderlich. Alleinverdiener ist auch ein Steuerpflichtiger mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt. Voraussetzung ist, daß der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10 und 11 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen miteinzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe) Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem weiblichen (Ehe)Partner zu, ausgenommen der Haushalt wird überwiegend vom männlichen (Ehe)Partner geführt."
§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 lautete in der für den Berufungszeitraum ebenfalls maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 zuletzt (Hervorhebungen durch den UFS):
"1. Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- ohne Kind 364 Euro,
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinverdienende sind Steuerpflichtige, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Alleinverdienende sind auch Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-) Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 2 200 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu."
Als Kinder im Sinne des Einkommensteuergesetzes gelten nach § 106 Abs. 1 EStG 1988 Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 bzw. § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht.
Der Kinderabsetzbetrag steht nach der genannten Bestimmung Steuerpflichtigen zu, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird.
Unstrittig ist, dass die Bw. mit ihrem Lebensgefährten in den Jahren 2007 bis 2010 zusammen lebte, die Einkünfte des Lebensgefährten jeweils € 6.000,00 nicht überstiegen haben und weder die Bw. noch ihr Lebensgefährte Familienbeihilfe für ein Kind bezogen haben.
Auch nach der für die Jahre 2007 bis 2010 anzuwendenden Rechtslage war bei nichtverheirateten Paaren - anders als bei verheirateten Paaren - Voraussetzung für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages, dass mindestens ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988, für das Familienbeihilfe bezogen wird, vorhanden ist (vgl. etwa Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 33 Anm. 40, 64).
Die von der Bw. zitieren Angaben auf www.geldmarie.at sind in Bezug auf Lebensgefährten unrichtig, da die Voraussetzung des Familienbeihilfenbezugs für ein Kind nicht erwähnt werden.
Die Änderung der Rechtslage ab 2011 betrifft Ehepaare, bei denen bis 2010 das Vorhandensein eines Kindes im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988 nicht Voraussetzung für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages war (vgl. etwa Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 33 Anm. 39).
Die Berufung ist daher in Bezug auf den Einkommensteuerbescheid 2010 als unbegründet abzuweisen.
Was die Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2009 anlangt ist festzuhalten, dass die Bw. in ihren elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärungen keine Angaben über ihren Familienstand, einen (Ehe)Partner oder ein Kind i.S.d. § 106 EStG 1988 gemacht hat, obwohl die entsprechenden Eingabefelder vorhanden gewesen wären.
Dem Finanzamt war daher im Einkommensteuerverfahren der Jahre 2007 bis 2009 nicht bekannt, dass im Haushalt der Bw. und ihres Lebensgefährten kein Kind i.S.d. § 106 Abs. 1 EStG 1988 lebte.
Das Finanzamt erlangte von dieser rechtserheblichen Tatsache erstmals nach Erlassung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide Kenntnis.
Da diese Tatsache geeignet ist, im Spruch anders lautende Einkommensteuerbescheide zu erlassen, erfolgte die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren zu Recht.
Die Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide ist daher als unbegründet abzuweisen.
Hinsichtlich der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2009 ist auf die Ausführungen zur Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 zu verweisen.
Es sind daher auch diese Berufungen als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at