Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr.
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0112 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
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RV/0254-W/06-RS1 | Betriebskosten sind in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen. Versicherungsprämien betreffend das Bestandobjekt gehören nach allgemeinem Verständnis zu den Betriebskosten. Die Betriebshaftpflichtversicherung und Betriebsunterbrechungsversicherung dienen zwar der Abwendung wirtschaftlichen Schadens vom Unternehmer, haben aber mit der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung ihres bestimmungsmäßigen Gebrauches nicht unmittelbar zu tun. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , St.Nr. x, betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:
Die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 wird festgesetzt mit Euro 5.765,01.
(1% der Bemessungsgrundlage von Euro 576.501,09)
Entscheidungsgründe
Am 16. 5./ hat die Berufungswerberin (Bw), G., vertreten durch I., mit der Firma N. einen Mietvertrag abgeschlossen.
Der Mietvertrag enthält unter Anderem folgende Bestimmung:
"§ 11 VERSICHERUNGEN
"Soweit aus der Art des Geschäftsbetriebes des Mieters eine über dem Durchschnitt liegende Feuergefährdung ableitbar ist, ist dies dem Vermieter mitzuteilen. Die daraus resultierende Prämienerhöhung der vom Vermieter für die Gebäudesubstanz samt technischen Einrichtungen abgeschlossenen Feuerversicherung trifft ausschließlich den Mieter. Der Mieter verpflichtet sich zum Abschluß einer ausreichenden Betriebshaftpflicht- und Betriebsunterbrechungsversicherung."
Im Zuge einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO erfolgten vom Finanzamt A Beanstandungen und wurde die Gebühr mit dem spruchgegenständlichen Bescheid gemäß § 201 BAO festgesetzt, wobei die vertragliche Verpflichtung, eine Betriebshaftpflichtversicherung und Betriebsunterbrechungsversicherung abzuschließen mit 5% des Gesamtmietzinses bewertet und der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet wurde.
Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Die Bw. bringt im Wesentlichen vor, die vom Mieter übernommene Verpflichtung zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung und Betriebsunterbrechungsversicherung stelle keinen gebührenrechtlich relevanten Tatbestand dar.
Im gegenständlichen Fall sei dem Mieter der Abschluss des Versicherungsvertrages völlig freigestellt. Dem Vermieter würden durch den Abschluss des Vertrages keinerlei Kosten erwachsen die auf den Mieter überwälzt werden könnten. Der Abschluss der Versicherung stelle keine Verpflichtung des Mieters dar, um in den Genuss der Bestandsache zu kommen, sondern allenfalls eine vertragliche Nebenvereinbarung.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Der Vorlageantrag enthält keine ergänzende Berufungsbegründung.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 (GebG) beträgt die Gebühr für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gerbrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im Allgemeinen 1 v.H..
Der Begriff des "Wertes" ist im Gesetz selbst nicht definiert, jedoch hat der VwGH in ständiger Judikatur die Auffassung vertreten, dass zum "Wert" alle jene Leistungen zählen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. VwGH, , 86/15/0138, Wolf-Dieter Arnold, Rechtsgebühren, 7. Auflage, zu §33 TP5).
Immer aber ist zu fragen, wie weit eine Leistung "für" die Überlassung des Gebrauches vorliegt. Eine dem Vermieter gegenüber eingegangene Verpflichtung (zusätzlich) in einen (anderen) gegenseitigen Vertrag einzutreten oder einen Vertrag mit einem Dritten abzuschließen, zählt nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zum "Wert". (Arnold s.o. unter Hinweis auf §26 Rz 16a).
Arnold schreibt zu §26 GebG: "Insbesondere muss aus der Bemessungsgrundlage das ausscheiden, was nicht (in zivilrechtlicher Sicht) Entgelt für das konkrete gebührenpflichtige Rechtsgeschäft ist, sondern Entgelt (Gegenleistung) für ein anderes (fallweise gar nicht gebührenpflichtiges) Rechtsgeschäft.
Zur Bemessungsgrundlage zählt auch die Übernahme von Verpflichtungen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen (vgl. etwa ).
Betriebskosten sind in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, 10. Auflage, zu §33 TP5, Rz 98f samt Judikaturhinweisen).
Versicherungsprämien betreffend das Bestandobjekt gehören nach allgemeinem Verständnis - zB nach §21 Abs.1 Z4 bis 6 MRG - zu den Betriebskosten. So gehören die Prämien für eine Glas- oder Feuerversicherung bei Übernahme durch den Bestandnehmer zur Bemessungsgrundlage (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, 10. Auflage, zu §33 TP5, Rz 101f samt Judikaturhinweisen).
Strittig ist in vorliegendem Fall, ob die Verpflichtung zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung bzw. einer Betriebsunterbrechungsversicherung Teil der Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr sind.
Eine Betriebshaftpflichtversicherung deckt die Erfüllung von Schadenersatzansprüchen Dritter und die Abwehr von unberechtigten Schadenersatzansprüchen infolge fahrlässiger oder grob fahrlässiger Handlungen des Unternehmers oder der Unternehmerin, der gesetzlichen Vertreter oder Vertreterinnen und im Betrieb tätigen Familienangehörigen, sämtlicher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und auch der Subunternehmer und Subunternehmerinnen (Gehilfenhaftung).
Ist es durch einen Sachschaden oder durch Krankheit bzw. Unfall eines Geschäftsleiters oder einer Geschäftsleiterin zu einer Betriebsunterbrechung gekommen, sollten z.B. Gehälter, Mieten, Steuern und Zinsen (laufende Fixkosten) und die entgangenen wirtschaftlichen Erträge abgedeckt sein, so kann dies durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung gewährleistet werden.
Beides dient wohl der Abwendung wirtschaftlichen Schadens vom Unternehmer, hat aber mit der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache nicht unmittelbar zu tun.
Nach dem oben Gesagten war dem Berufungsbegehren zu entsprechen.
Es ergibt sich folgende Bemessungsgrundlage lt. Niederschrift über die Schlussbesprechung vom unter Außerachtlassung des 5%-igen Zuschlages für die Betriebshaftpflicht- und Betriebsunterbrechungsversicherung:
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Gesamtmietzins pro Monat | Euro 9.544,72 |
x 60 | Euro 572.683,2 |
+ 3.817,89 (für 12 Tage) zusammen | Euro 576.501,09 |
x 1% = | Euro
5.765,01 |
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Betriebshaftpflichtversicherung Betriebsunterbrechungsversicherung |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2006, 273 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at