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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.05.2007, RV/1432-W/07

Zuwendung durch Hingabe eines zinsenlosen Darlehens - Verfassungswidrigkeit der Schenkungssteuer

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 939/07 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/2993-W/07 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, Adr, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Schenkungssteuer zu ErfNr.xxx entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber Herrn BW (dem nunmehrigen Berufungswerber, kurz Bw.) Schenkungssteuer in Höhe von € 8.29,77 (7 % einer Bemessungsgrundlage von € 114.711,00) für "Zinsschenkung aus Darlehen 2000 - 2003 laut Niederschrift vom " fest.

In dieser Niederschrift hatte der Bw. gegenüber dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz bestätigt, dass er von seiner Mutter X in den Jahren 2000 - 2003 auf unbestimmte Zeit unverzinsliche Darlehen im Gesamtbetrag von € 236.184,90 (= Betrag der dem Bw. später als Sparbuch geschenkt wurde) erhalten hat. Von diesen Angaben ausgehend ermittelte das Finanzamt den Wert der Zinsenschenkung unter Ansatz eines Zinssatzes von 5,5 % (gemäß § 14 BewG) und dem neunfachen Jahresbetrag (gemäß § 15 BewG) mit € 116.911,00, sodass sich nach Abzug des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbstG von € 2.200,00 eine Bemessungsgrundlage von € 114.711,00 ergab.

In der gegen den Bescheid vom eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass er von seiner Mutter ein Sparbuch geschenkt erhalten habe und Sparbuchschenkungen zum Zeitpunkt der Schenkung von der Schenkungssteuer befreit gewesen seien. Weiters sei das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz verfassungswidrig und beziehe sich daher der vorliegende Bescheid auf ein verfassungswidriges Gesetz und sei somit ebenfalls verfassungswidrig.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 Z. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer.

Als Schenkung im Sinn des Gesetzes gelten nach § 3 Abs. 1 ErbStG unter anderem: 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes; 2. jede andre freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. ) dann vor, wenn a) die Zuwendung unter Lebenden erfolgt, b) der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und sich der Bereicherung nicht bewusst ist (andernfalls aber würde eine gleichfalls nach § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG steuerpflichtige Schenkung im bürgerlichrechtlichen Sinn vorliegen) und c) der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, d.h. diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden.

Voraussetzung für das Vorliegen einer Schenkung im Sinn des § 3 Abs. 1 ErbStG ist daher einerseits eine objektive Bereicherung des Bedachten und in subjektiver Hinsicht, dass der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern.

Dabei genügt es für den Bereicherungswillen, dass die zuwendende Partei die Bereicherung des Empfängers in Kauf nimmt, wobei der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde auch aus dem Sachverhalt erschlossen werden kann. Ein Bereicherungswille ist insbesondere bei Zuwendungen unter Angehörigen zu vermuten, weil Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht (vgl. ua. ). Im vorliegenden Fall wurde dem Bw. das zinsenlose Darlehen von seiner Mutter gewährt, weshalb aus der Nahebeziehung auf einen (zumindest bedingten) Bereicherungswillen der Darlehensgeberin geschlossen werden kann. Es sind daher hier in subjektiver Hinsicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer freigebigen Zuwendung erfüllt.

Gegenstand einer Schenkung oder einer freigebigen Zuwendung kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist (). Auch die Gewährung von Vermögensgebrauch ist ein der Steuer unterliegender Vorteil (Hinweis Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 3 ErbStG, Rz 14).

Auch die Hingabe eines zinsfreien Darlehens kann grundsätzlich eine freigebige Zuwendung darstellen (vgl. ; vom , 98/16/0358, 0359), weil eine entsprechende Verzinsung von jedem Bankinstitut gewährt würde und auch der Darlehensnehmer im Regelfall mit der Entrichtung von Zinsen rechnen muss. Das Ausmaß des Verzichtes auf Zinsen, somit eines Verzichtes auf Kosten des Darlehensgebers, bzw. das Ausmaß der Einsparung des Darlehensnehmers an Zinsen (objektive Bereicherung) stellt regelmäßig das Ausmaß der freigebigen Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG dar (vgl. ). Nach den am vom Bw. gegenüber dem Finanzamt getätigten Angaben, hat ihm seine Mutter die unverzinste Darlehen im Gesamtbetrag von € 236.184,90 auf unbestimmte Zeit gewährt und stellt daher die auf die gesamte - unbestimmte - Laufzeit des Darlehens gegebene Zinsersparnis die objektive Bereicherung des Bw. dar.

Es wurde daher im vorliegenden Fall durch die Hingabe von zinsenlosen Darlehen im Gesamtbetrag von € 236.184,90 der Tatbestand der freigebige Zuwendung iSd § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG verwirklicht.

Zum Hinweis auf die Steuerbefreiung des § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbstG ist zu bemerken, dass mit dem angefochtenen Bescheid nicht die Schenkung des Sparbuches von Frau X an den Bw. besteuert wurde, sondern ausdrücklich die ersparten Zinsen der Schenkungssteuer unterzogen wurden. Der Vermögensvorteil aus der unentgeltlichen Nutzung der Darlehensvaluta stellt keine "Geldeinlage bei einem inländischen Kreditinstitut" iSd § 1 des Bankwesengesetzes dar, weshalb hierfür die Befreiung nach § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbStG nicht zur Anwendung kommen kann.

Zum Einwand der Verfassungswidrigkeit ist Folgendes zu sagen.

Gemäß Art. 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Der unabhängige Finanzsenat hat somit bei der Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles die zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung (Entstehung der Steuerschuld) in Rechtsbestand stehende Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG anzuwenden.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1983/06 bereits ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG eingeleitet hat. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem unabhängigen Finanzsenat zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens vorbehalten. Über eine etwaige Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes entscheidet der Verfassungsgerichtshof dadurch, dass er eine als verfassungswidrig erkannte gesetzliche Bestimmung ab einem bestimmten Zeitpunkt aufhebt. Im Falle einer solchen Aufhebung ist aber diese gesetzliche Bestimmung (von den sogenannten "Anlassfällen" oder von einer abweichend vom Regelfall ausgesprochenen Aufhebungsfestlegung durch den VfGH einmal abgesehen) auf jene Steuerfälle, für die die Steuerschuld (der Abgabenanspruch) schon vor dem Zeitpunkt der Aufhebung bereits entstanden war, weiterhin noch anzuwenden.

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Zinsenschenkung
Verfassungswidrigkeit
Legalitätsprinzip

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at