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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 09.01.2012, RV/0184-I/11

Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer, gegen deren Festsetzung berufen und hinsichtlich derer nach bereits eingetretener Fälligkeit ein Aussetzungsantrag gestellt wurde.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Berufungswerberin (kurz: Bw.) einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von 140 € von der Umsatzsteuer 2009 mit der Begründung fest, dass diese Abgabe nicht bis zum entrichtet worden sei.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wurde ausgeführt, die Berufung sei rechtzeitig, weil der Säumniszuschlagsbescheid erst am zugestellt worden sei. Laut Umsatzsteuererklärung 2009 habe die Bw. keine Umsätze erzielt, weshalb auch keine Umsatzsteuer angefallen sei. Gegen die Vorschreibung der Umsatzsteuer 2009 (mit Bescheid vom ) habe die Bw. Berufung erhoben, über die noch nicht entschieden worden sei. Weiters sei ein Antrag auf Aussetzung der "Zahlungspflicht" (gemeint: Einhebung) bis zur rechtkräftigen Entscheidung über die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 gestellt worden. Da somit der Säumniszuschlag mangels Säumnis nicht berechtigt sei, werde die Aufhebung des Bescheides und die Aussetzung des Säumniszuschlages beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sei ein Säumniszuschlag zu entrichten, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sei und kein gesetzlicher Ausnahmetatbestand vorliege. Da gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 für die Umsatzsteuernachforderung aufgrund der Veranlagung keine von Abs. 1 leg. cit. abweichende Fälligkeit begründet werde, sei für diese Nachforderung die Fälligkeit für Vorauszahlungen maßgebend. Dies bedeute, dass die mit dem Säumniszuschlag belastete Umsatzsteuer 2009 am fällig gewesen sei. Die Regelung des § 217 Abs. 1 BAO mache den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages allein davon abhängig, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde; die Gründe für den Zahlungsverzug seien unmaßgeblich. Für das Entstehen der Säumniszuschlagspflicht genüge das Bestehen einer formellen Abgabenzahlungsschuld, und zwar unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der Abgabenfestsetzung oder des Ergebnisses einer Selbstbemessung. Der Säumniszuschlag weise nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Verpflichtung zu seiner Entrichtung eine abgabenrechtliche Selbständigkeit auf, soweit nicht ausdrückliche gesetzliche Regelungen eine Abhängigkeit von der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabe vorsehen würden. Die Abgabenbehörde sei bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages unter Ausschaltung jedweden Ermessens verpflichtet. Der Säumniszuschlag sei eine objektive Säumnisfolge. § 217 Abs. 1 BAO stelle keine Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus einer verspäteten Abgabenentrichtung dar. Die Regelung bezwecke vielmehr die im Interesse einer ordnungsgemäßen Finanzgebarung unabdingbare Sicherstellung der pünktlichen Tilgung von Abgabenschulden. Im Fall des Erfolges der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 könne ein Antrag gemäß § 217 Abs. 8 BAO auf Anpassung des Säumniszuschlages gestellt werden.

Im Vorlageantrag vom wurde vorgebracht, dass der dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Umsatzsteuerbescheid nicht rechtskräftig sei. Das Finanzamt sei selbst säumig, "den bereits seit mehr als 5 Monaten zurückliegenden Antrag zu bearbeiten". Entgegen der Ansicht des Finanzamtes habe die Bw. keine Umsätze getätigt, weshalb es zu keiner Steuerpflicht und damit auch zu keiner Umsatzsteuerzahllast zum gekommen sei. Obwohl es dem Finanzamt obliege, die für die Bemessung des Säumniszuschlages relevanten Grundlagen zu ermitteln, stütze sich der bekämpfte Bescheid auf unrichtige "Angaben". Deshalb sei auch "eine Berufung diese falschen Umstände betreffend" zulässig, weil sonst willkürlich Säumniszuschläge festgesetzt werden könnten, ohne dass die Bemessungsgrundlage einer Beschwerde zugänglich wäre. Somit werde weiterhin die Aufhebung des Säumniszuschlagsbescheides, gegebenenfalls eine Anpassung an den rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheid sowie die Aussetzung der Einhebung des Säumniszuschlages beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Die Nichtentrichtung der mit dem Säumniszuschlag belasteten Umsatzsteuer 2009 zu dem sich aus § 21 Abs. 1 und 5 UStG 1994 ergebenden Fälligkeitstermin () ist unstrittig. Die Bw. meint bloß, dass kein Säumniszuschlag anzulasten sei, weil ihr jene Umsatzsteuer, deren Nichtentrichtung zur Verwirkung des Säumniszuschlages führte, zu Unrecht vorgeschrieben worden sei. Dieser Standpunkt der Bw. lässt jedoch außer Acht, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung nicht eine tatsächliche, sondern lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt ().

Somit ist es für die Verwirkung eines Säumniszuschlages unbeachtlich,

ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist (; ),

ob die Festsetzung rechtskräftig ist () oder

ob die Festsetzung mit Berufung angefochten ist (, 0146).

Vielmehr wäre dem Standpunkt der Bw. gegebenenfalls durch die im § 217 Abs. 8 BAO für den Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld getroffene Regelung Rechnung zu tragen (vgl. Ritz, BAO4, § 217, Tz 50 ff). Mit anderen Worten: Im Fall eines (teilweisen) Erfolges der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wäre der Säumniszuschlag entsprechend anzupassen.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage besteht die Vorschreibung des Säumniszuschlages zu Recht, weil der Umsatzsteuerbescheid 2009 wirksam ergangen ist, die sich aus § 21 Abs. 1 und 5 UStG 1994 ergebende Fälligkeit ungenutzt verstrichen ist und kein Ausnahmetatbestand gemäß § 217 Abs. 4 BAO vorliegt.

Zum sinngemäßen Berufungseinwand, die Bw. habe einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Umsatzsteuer 2009 (§ 212a BAO) gestellt, ist anzumerken, dass dieser Antrag erst in der Berufung gegen den Stammabgabenbescheid vom und somit geraume Zeit nach Eintritt der Fälligkeit der Umsatzsteuer 2009 () gestellt wurde. Zwar hat ein Aussetzungsantrag, soweit ihm einbringungshemmende Wirkung nach § 230 Abs. 6 BAO zukommt, auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung (§ 217 Abs. 4 lit. b BAO). Die Einbringung eines Aussetzungsantrages berührt aber bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Wird ein Aussetzungsantrag erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfährt dadurch der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung (vgl. Ritz, SWK 2001, S 312 ff, V 2. 2. 1; Stoll, BAO, 2275; ; ; -I/07).

Die Bw. hat mit Eingabe vom auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat verzichtet. Die Bw. gab jedoch zu bedenken, dass sie weder Finanzierungskosten noch Zinsen für eine "(nachträglich) unzulässig erhobene" Abgabe beanspruchen könne. Somit habe es die Behörde in der Hand, "durch willkürliche Festlegung einer Abgabe und...Festsetzung eines Säumniszuschlages Steuerpflichtige in beliebig hohem Ausmaß zu schädigen bis hin zur Zahlungsunfähigkeit". Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht berechtigt, weil auf Antrag die Einhebung des Säumniszuschlages bis zur Entscheidung über die Berufung in der Hauptsache ausgesetzt bleiben kann, weil zwischen der Höhe des Säumniszuschlages und der Erledigung der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 eine mittelbare Abhängigkeit im Sinn des § 212a BAO besteht (vgl. Ritz, BAO4, § 212a, Tz 7). Ein solcher Antrag wäre allerdings bei der Abgabenbehörde erster Instanz einzubringen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Stammabgabenbescheid
Aussetzungsantrag
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at