Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 24.01.2011, RV/0476-L/04

Rückstellung für Rekultivierungsmaßnahmen - Schotterunternehmen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Dr. Alois Rumesberger, Steuerberater, 4451 Garsten, St. Berthold Allee 56, gegen den Bescheid des Finanzamtes Steyr vom betreffend Einkommensteuer 1997 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
1997
Einkommen
2.052.708,00 S
Einkommensteuer
919.350,00 S
Abgabenschuld
919.350,00 S 66.811,77 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bilden.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) betreibt ein Schotterunternehmen in der Rechtsform eines Einzelunternehmens und erklärte im berufungsgegenständlichen Jahr 1997 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 290.543,00 S, die zunächst vom Finanzamt erklärungsgemäß veranlagt wurden (Bescheid vom ).

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum 1997 bis 2001 traf der Betriebsprüfer im Wesentlichen folgende Feststellungen (es handelt sich jeweils um Schillingbeträge):

Tz 32 - Rückstellung für Humusierung (Hinweis auf Tz 11 des Besprechungsprogrammes):

Bisher wurde für die Berechnung der Rückstellung ein Betrag von 15,00 S bzw. 10,00 S pro Tonne abgebauten Schotters als Aufwand für künftige Rekultivierungen rückgestellt.

Berechnungsgrundlagen oder dgl. für diesen Ansatz je Tonne konnten nicht vorgelegt werden, weshalb seitens der BP eine Neuberechnung der Rückstellung für Rekultivierung vorgenommen wird.

Die Neuberechnung ist in der Beilage ersichtlich. Es ergibt sich dabei ein Rückstellungswert je Tonne von 1,15 S.

Im Jahr 2001 wurde lt. Konto 4700 "Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen" ein Betrag von 3.059.609,21 S aufgelöst. Ab 1998 erfolgte keine Neubildung.

Berechnung der Rückstellung für 1997:


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Abbau in Tonnen
260.760
Rückstellung je Tonne
1,15
Zuweisung 1997 lt. BP
299.874
Zuweisung bisher
2.607.600
Kürzung lt. BP
2.307.726

Darstellung der Rückstellung Rekultivierung:


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1996
1997
1998
1999
2000
2001
GB
10.028.529
12.447.395
12.313.445
10.028.529
12.247.018
9.178.830
BP
10.028.529
10.139.669
10.005.719
7.720.803
9.939.292
6.871.104
0
2.307.726
2.307.726
2.307.726
2.307.726
2.307.726
VÄ Vorjahr
0
0
-2.307.726
-2.307.726
-2.307.726
-2.307.726
GA
0
2.307.726
0
0
0
0

Auf die Beilage "Neuberechnung der Rückstellung für Humusierung lt. BP" wird verwiesen.

Das Finanzamt nahm das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ entsprechend den Feststellungen des Betriebsprüfers den Einkommensteuerbescheid 1997 vom .

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom Berufung und ersuchte, die Rückstellung für Rekultivierungsaufwendungen im beantragten Ausmaß anzuerkennen.

Auf die näheren Ausführungen in der Berufung und der Berufungsergänzung vom sowie auf die Beilagen (Kostenvoranschläge vom , ) wird verwiesen.

In der Stellungnahme der Betriebsprüfung wird die Ansicht vertreten, dass 1997 eine Rückstellung für Rekultivierung nicht zu bilden sei.

Auf die näheren Ausführungen und die Beilagen wird verwiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 können Rückstellungen nur für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden.

Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 dürfen nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist (Abs. 3).

Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste zu bilden, die "am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind" (); mit einer Verbindlichkeit muss ernsthaft zu rechnen sein (§ 9 Abs. 3 EStG) (Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar Band I, § 9 Tz 7).

Rückstellungen dienen dazu, Ausgaben die erst in späteren Perioden konkret anfallen, der Periode ihres wirtschaftlichen Entstehens als Aufwand zuzuordnen. § 198 Abs. 8 HGB unterscheidet in Verbindung mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung

- Verbindlichkeitsrückstellungen (§ 198 Abs. 8 Z 1 HGB),

- Rückstellungen für drohende Verluste (§ 198 Abs. 8 Z 1 HGB) und

- Aufwandsrückstellungen (§ 198 Abs. 8 Z 2 HGB) (EStR Rz 3301).

Rückstellungen erfassen Aufwendungen, die ihre Ursache in einem abgelaufenen Wirtschaftsjahr haben und werden in den Folgebilanzen fortgeführt, solange die Gründe für die Bildung der Rückstellung nicht weggefallen sind (Doralt, a.a.O., § 9 Tz 7/1). Nach der grundsätzlich auch hier maßgeblichen dynamischen Bilanztheorie ist von einer Ansammlung auszugehen; die Rückstellung ist daher sukzessive jahresanteilig zu bilden (Zorn in Hofstätter/Reichel, § 9 Tz 75 ff; Doralt/Perl, RdW 2008, 226).

Nach § 9 Abs. 3 müssen "konkrete Umstände nachgewiesen werden können", dass "im Einzelfall mit einer Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist". - Nach dieser Einschränkung sind für Rückstellungen in der Steuerbilanz folgende Fälle zu unterscheiden:

- Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach sicher sind (sie sind nur dem Zeitpunkt oder der Höhe nach unsicher; zB Entsorgungsverpflichtungen, Todfallsbeihilfen) und

- Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach unsicher sind.

Im gegenständlichen Fall - es liegen Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach sicher und nur dem Zeitpunkt oder der Höhe nach unsicher sind, vor - ist eine Rückstellung jedenfalls zu bilden; hier handelt es sich auch nie um eine Pauschalrückstellung iSd Abs. 3, die "konkreten Umstände" liegen zwingend vor (Doralt, a.a.O., § 9, Tz 10/2; 23/1).

Für Rekultivierungsaufwendungen auf Grund privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen ist eine Rückstellung zu bilden (EStR Rz 3508). Die gesetzliche Verpflichtung zur Rekultivierung entsteht mit Errichtung der Schottergrube. Die tatsächliche Erfüllung am Ende der Nutzung berührt nicht die Entstehung der Verpflichtung, sondern die Fälligkeit. Die wirtschaftliche Verursachung beginnt somit bereits ab der Nutzung (sh. dazu Bertl/Hirschler, RWZ 2006, 42; zur Passivierung von Rekultivierungsaufwendungen als Rechnungsabgrenzungsposten Prodinger, ecolex 2001, 299; kritisch dazu Barborka/Sterl, SWK 2001, 1369). Die Rückstellung ist vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Verpflichtung anzusammeln (Doralt, a.a.O., § 9 Tz 35).

Aufwendungen für die (privat- oder öffentlich-rechtliche) Verpflichtung der Rekultivierung (zB Wiederauffüllung, Planierung) des eigenen oder eines fremden Grundstückes nach Abbau von Bodenschätzen (zB Schottergrube) sind rückstellungsfähig (EStR Rz 3508).

Aufgrund obiger Ausführungen ist - nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates und entsprechend der ursprünglichen Auffassung des Betriebsprüfers - eine Rückstellung für Rekultivierungsmaßnahmen zu bilden.

Zu den von der Betriebsprüfung nach Prüfungsabschluss im Zuge ihrer Stellungnahme zur Berufung noch getätigten Ermittlungen und daraus resultierenden Vorlage von Schriftstücken, wird bemerkt, dass sich diese Unterlagen auf Pläne der Bw frühestens ab dem Jahr 2000 beziehen. Der Antrag um naturschutzrechtliche Bewilligung um die Erweiterung eines bestehenden Abbaufeldes (sowohl in der Fläche als auch in der Tiefe) bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wurde am gestellt.

Die neue Argumentationslinie der Betriebsprüfung in ihrer Stellungnahme zur Berufung stützt sich auf Ende des Jahres 1999 vorliegende Gegebenheiten

Gegenständlich ist die Rückstellung für Rekultivierung im Jahr 1997.

Die Verhältnisse am Bilanzstichtag sind für die Bildung und die Höhe der Rückstellung maßgeblich (; ; , VwGH 97/14/0084).

Die Bewertung in der Bilanz hat sich nach den Verhältnissen zu richten, wie sie sich am Bilanzstichtag dem Unternehmer darstellen (). Wertänderungen nach dem Bilanzstichtag, die dem Steuerpflichtigen vor dem Bilanzerstellungszeitpunkt bekannt werden, sind nicht zu berücksichtigen (EStR Rz 2130).

Für die Bewertung von Rückstellungen gelten grundsätzlich die bei Verbindlichkeiten zu beachtenden Bewertungsprinzipien (Ansatz mit jenem Betrag, der nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich zur Erfüllung notwendig ist). Einzelrückstellungen können auch pauschal auf Grund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit bewertet werden (EStR Rz 3309).

Rückstellungen sind in der Höhe anzusetzen, "die nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung notwendig ist". Eine eigene Bewertungsvorschrift für Rückstellungen enthält das EStG nicht ausdrücklich, doch ergibt sich aus § 9 Abs. 5 der Teilwert als grundsätzlich maßgeblicher Wert; es sind die für die Bewertung von Verbindlichkeiten geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (Doralt, a.a.O., § 9 Tz 7/2).

Aus den von der Bw im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Kostenvoranschlägen - selbst, wenn man berücksichtigt, dass zwischenzeitlich Preissteigerungen erfolgt sind - kann geschlossen werden, dass die ausgewiesene Rückstellung für 1997 nicht zu hoch gebildet wurde.

Es ergeben sich daher folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb:


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Gewinn aus Gw lt. Betriebsprüfung
4.508.495,00
Rückstellung für Rekultivierung
-2.307.726,00
Gewinn aus Gw lt. Berufungsentscheidung
2.200.769,00

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at