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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 04.01.2012, RV/0413-F/11

Verletzung der Meldepflicht bei Nichtmehrbestehen des Anspruches auf Familienbeihilfe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0413-F/11-RS1
Wurde die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen, verfängt das Argument des gutgläubigen Verbrauches nicht. Die Verpflichtung zur Rückerstattung ist nämlich von subjektiven Momenten unabhängig und knüpft allein an das Fehlen der Voraussetzungen für den Leistungsbezug an.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Plankel, Mayerhofer & Partner, Rechtsanwälte, 6850 Dornbirn, Am Rathauspark, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum April 2009 bis April 2011 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin wandte sich gegen den Bescheid, der die Rückforderung der Familienleistungen für den Zeitraum April 2009 bis April 2011 zum Inhalt hatte, mit dem Argument, es liege inhaltliche Rechtswidrigkeit gemäß § 42 VwGG vor. Die Familienleistungen seien "offenbar irrtümlich angewiesen" worden, die Berufungswerberin habe sie gutgläubig verbraucht. Die Rückführung des Gesamtbetrages von 5.495,70 € wäre unbillig und stelle eine soziale Härte dar. Der angefochtene Bescheid möge daher ersatzlos aufgehoben werden.

In der daraufhin ergehenden abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde seitens des Finanzamtes ausgeführt: Die Berufungswerberin habe das Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen nicht bestritten. Sie halte lediglich die Rückforderung für unbillig.

Mit Überprüfungsformularen vom und vom habe die Berufungswerberin angegeben, dass ihre Tochter J (Anm.: geboren am XYZZZZ) in einem Lehrverhältnis stehe und sie daher die Weitergewährung der Familienbeihilfe beantrage. Ein Lehrvertrag, der eine Lehrzeit für die Ausbildung zur Hotel- und Gastgewerbeassistentin von bis auswies, war beigelegt. Spätere Ermittlungen des Finanzamtes hätten ergeben, dass J lediglich von bis der entsprechenden Lehre nachgegangen war. Von bis habe sie Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bezogen, die unter der jeweiligen monatlichen Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG lagen. Ab sei J weder in Berufsausbildung gestanden, noch als Arbeit suchend vorgemerkt gewesen. Seit übe sie unstrittig eine Berufstätigkeit in der Kanzlei stV aus und beziehe eigene Einkünfte.

Im Streitzeitraum bis sei daher keine der im § 2 Abs. 1 lit. b bis h FLAG 1967 genannten Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge vorgelegen. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiere, dass - wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe - die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen habe. Die Erstattungspflicht sei eine objektive, das heißt, eine allfällige Verschuldensfrage oder ein gutgläubiger Verbrauch entheben nicht von der Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßig bezogener Beträge. Dies gehe auch aus der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hervor.

Seitens des Finanzamtes wurde weiters auf die Verpflichtung von Familienbeihilfenbeziehern gemäß § 25 FLAG 1967 hingewiesen, Tatsachen, die ein Erlöschen des Anspruches auf Familienbeihilfe nach sich ziehen, binnen eines Monats ab Bekanntwerden beim zuständigen Finanzamt zu melden. Dieser Verpflichtung sei die Berufungswerberin nicht nachgekommen.

Die Berufungswerberin brachte durch ihre steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ein. Zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung nahm sie nicht Stellung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Vorab ist auf die unwidersprochen gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen in der Berufungsvorentscheidung und deren Subsumtion unter die Bestimmungen des FLAG 1967, hier insbesondere zu nennen § 2 Abs. 1 lit. b bis i, hinzuweisen. Aus ihnen ist zweifelsfrei abzuleiten, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe - in weiterer Folge auch auf den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 - für J im Streitzeitraum nicht bestand. Zumal diesen erstbehördlichen Feststellungen und Rechtsausführungen seitens der Berufungswerberin und ihrer steuerlichen Vertreter weder in der Berufung noch im Vorlageantrag entgegengetreten wurde, werden sie außer Streit gestellt.

Strittig ist einzig: Ist in der Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen iS der §§ 26 FLAG 1967 und 33 Abs. 3, 3. Satz EStG 1988 ein rechtswidriger behördlicher Akt zu erblicken, der zu einer ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen muss?

Die Berufungswerberin gründet ihr entsprechendes Begehren im Wesentlichen auf den gutgläubigen Verbrauch der "offensichtlich irrtümlich angewiesenen" Familienleistungen und weist auf die Unbilligkeit und soziale Härte einer Rückforderung hin.

Es kann der Abgabenbehörde I. Instanz nicht entgegengetreten werden, wenn sie hiezu ausführt, § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiere eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe. Dies bedeutet aber auch, dass das Argument des gutgläubigen Verbrauches der bezogenen Leistungen nicht verfängt, weil die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft ist. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stünde es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung der Familienbeihilfe durch das Finanzamt verursacht worden wäre (vgl. Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 26, Rz 4 mit Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung, etwa , und ).

Auf den Streitfall bezogen ist aber - ungeachtet der im Sinne obenstehender Ausführungen fehlenden Relevanz - klarzustellen: Auf Grundlage des zum Eintritt der Volljährigkeit J´s übermittelten und von der Berufungswerberin beantworteten Überprüfungsformulars vom sowie des im gleichen Zuge eingereichten Lehrvertrages, durfte das Finanzamt davon ausgehen, dass sich J bis zum (Ende der Lehrzeit laut Vertrag) in einer Berufsausbildung iS des FLAG befinden würde. Es hat insofern die Familienleistungen durchaus nicht "offenbar irrtümlich" angewiesen. Erst als es - folgerichtig - im Mai 2011 wieder ein Formular zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe an die Berufungswerberin übermittelte und um Vorlage eines Lehrabschlusszeugnisses bzw. eines Schreibens der Kammer betreffend Bekanntgabe des Prüfungstermins ersuchte , stellte sich heraus, dass J ihre Lehre längst abgebrochen hatte und seit als Angestellte der Kanzlei stV berufstätig ist.

Die Berufungswerberin hat daher ihre Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967 verletzt. Laut außer Streit stehendem Sachverhalt bestand schon ab April 2009 kein Anspruch mehr auf den Bezug der Familienbeihilfe. Spätestens aber binnen eines Monats ab , als J ein bis heute aufrechtes Arbeitsverhältnis mir der Kanzlei stV begründete, hätte die Berufungswerberin Meldung von dieser, den Anspruch auf Familienbeihilfe nicht länger indizierenden Tatsache an das Finanzamt erstatten müssen (die hiezu von Gesetzes wegen bestehende und im letzten Absatz des Überprüfungsformularvordruckes standardmäßig wiedergegebene Verpflichtung hat die Berufungswerberin übrigens mit eigenhändiger Unterschrift bestätigend zur Kenntnis genommen; Originalformulare datiert und im Akt).

Auch die jeweils an einen Bezieher von Familienbeihilfe gerichtete Mitteilung des Finanzamtes, dass ein Anspruch auf den Familienbeihilfenbezug besteht, enthält die Aufforderung, Tatsachen oder Änderungen, die Einfluss auf den Anspruch und damit auf die Auszahlung haben, ohne zeitliche Verzögerung dem Wohnsitzfinanzamt mitzuteilen (vgl. Hebenstreit a.a.O., § 25, Rz 3, 4 und 5; § 12, Rz 6, 7 und 8).

Die Berufungswerberin hat somit in voller Kenntnis ihrer entsprechenden Verpflichtungen zwei Jahre lang die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen bezogen, ohne Meldung über die geänderten, ihre Tochter betreffenden Umstände an das Finanzamt zu machen - weshalb übrigens auch der durch sie getätigte Verbrauch durchaus nicht als "gutgläubig" bezeichnet werden kann.

Die Verletzung der Meldepflicht führt, wenn kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr besteht, zu einer Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG 1967.

Nach allem Ausgeführten ist somit der angefochtene Bescheid zu Recht erlassen worden und war die Berufung spruchgemäß abzuweisen.

Es verbleibt darauf hinzuweisen, dass die Berufungswerberin darüber hinaus den Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 29 Abs. 1 lit. a und b FLAG 1967, allenfalls - angesichts der Höhe des Nachforderungsbetrages von 5.495,70 € - den des Betruges gemäß §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB verwirklicht hat. Es wird Sache des Finanzamtes sein, Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft (Verwaltungsübertretung) bzw. an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft (Betrug) zu erstatten (vgl. hiezu Hebenstreit a.a.O., § 29, Rz 2 bis 8).

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at