Umsatzsteuerliche Nichtanerkennung eines Mietverhältnisses mit dem Sohn
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0051 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
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RV/0394-F/09-RS1 | Einem Mietverhältnis mit dem Sohn kann umsatzsteuerlich die Anerkennung wegen Fremdunüblichkeit versagt werden, wenn das vereinbarte Entgelt nur ca. 60 % vom marktüblichen Mietzins beträgt, wenn kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen und keine Valorisierung vereinbart worden ist. Dass die vermietende Mutter - ungeachtet des Umstandes, dass der erzielbare Mietzins bei kleineren Mietobjekten relativ gesehen höher ist - zwei selbständige kleinere Wohnungseinheiten eigens zwecks Überlassung an den Sohn zu einer unüblich großen Wohnungseinheit zusammengefasst hat, bestätigt schließlich auch ihre fremdunübliche Überlassung. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch WTx, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Umsatzsteuer 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Kaufverträgen vom und erwarb die Berufungswerberin, nachfolgend Bw abgekürzt, zwei (unmittelbar benachbarte) neuwertige Eigentumswohnungen mit 91,59 bzw 52,67 m2 Nutzfläche (laut Plan) um 229.000,-- bzw 129.000,-- €. Mit Datum vom wurden ihr von der Verkäuferin über die beiden Wohnungskäufe Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis gelegt. Seit überlässt die Bw die gekauften Objekte als Wohnungseinheit ihrem Sohn. Ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen. In dem nicht datierten und nicht unterfertigten "Aktenvermerk über einen Mietvertrag" sind die zwischen der Bw als Vermieterin und ihrem Sohn als Mieter getroffenen Vereinbarungen betreffend Mietgegenstand, Nutzung des Mietgegenstandes, Vertragsdauer und Mietentgelt festgehalten. Danach beträgt der monatliche Mietzins für insgesamt 137m2 Nutzfläche gleichbleibend 600 € netto. Zusätzlich hat der Mieter die Betriebskosten zu tragen
Nachdem die Bw mit Schriftsätzen vom eine Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG abgegeben und den Beginn einer Vermietungstätigkeit angezeigt hat, reichte ihr steuerlicher Vertreter am die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein. In ihr wurden Vorsteuern in Höhe von 64.430,51 € geltend gemacht.
Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom abweichend von der Steuererklärung mit Null fest. Begründend verwies das Finanzamt auf die Niederschrift über die zwischenzeitlich erfolgte Nachschau. In dem Bericht über die Nachschau führte das Finanzamt aus, für die beiden Eigentumswohnungen seien - technisch und ökologisch betrachtet - Spitzenpreise erzielbar. Die für die Mietzinsberechnung maßgebenden Kriterien seien nahezu idealtypisch umgesetzt worden. Nach dem Immobilien-Preisspiegel einer Bank betrage der Mietzins für eine Wohnfläche von mehr als 55 m2 in dieser Gegend 7,20 € netto. Dies stelle die absolute Untergrenze dar, erzielten doch in unmittelbarer Umgebung vermietete Wohnungen einen Mietzins von 8 € pro m2. Selbst wenn man die einschränkenden Bestimmungen der Wohnbauförderung berücksichtige (6 €/m2 wegen Inanspruchnahme entsprechender Fördermittel für die größere Wohnung) und auch bei der kleineren, nicht geförderten Wohnung einen unter dem nachweislich in nächster Umgebung erzielbaren Mietzins (8 €) von 7,50 € ansetze, gelange man zu einem objektiv erzielbaren Mietzins von 952,50 €. Da nun aber die Bw von ihrem Sohn lediglich 600 € verlange und erhalte, liege kein fremd- bzw marktübliches Mietverhältnis vor. Dies habe zur Folge, dass ihm die steuerliche Anerkennung zu versagen sei.
Die Bw erhob Berufung. In ihr wandte sie sich gegen die Nichtanerkennung der geltend gemachten Vorsteuern mit folgender Begründung: Ihr Ehemann vermiete gemeinsam mit seinem Bruder ein Einfamilienhaus in X mit ca. 115 m2 Wohnnutzfläche an einen fremden Mieter um 609,09 € pro Monat. Dieses Objekt sei hinsichtlich der vom Finanzamt ins Treffen geführten Kriterien vergleichbar mit den von ihr an den Sohn vermieteten Wohnungen. Zu bedenken sei auch, dass der erzielbare Mietzins pro Quadratmeter sinke, je größer die Wohnung sei. Ihr sei wichtig, auf Dauer einen verlässlichen Mieter zu haben. Auf längere Sicht gesehen sei es wirtschaftlich sinnvoller, günstige Mieten zu verlangen, um häufige Mieterwechsel zu vermeiden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob das zwischen der Bw und ihrem Sohn abgeschlossene Mietverhältnis umsatzsteuerrechtlich anzuerkennen ist.
Während in der Regel zwischen fremden Vertragspartnern ein Interessensgegensatz besteht, ist dieser bei nahen Angehörigen gewöhnlich auszuschließen. Um hintan zu halten, dass durch fragwürdige Gestaltungen abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten steuerliche Folgen entsprechend beeinflusst (manipuliert) werden, hat die Rechtssprechung Kriterien für die ertrag- und umsatzsteuerliche Beurteilung von sog. "Familienverträgen" bzw. "Angehörigenvereinbarungen" aufgestellt. Danach sind Verträge zwischen Angehörigen, auch wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechts entsprechen, steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Vgl. ; ; ; ; ; -F/04; -G/04).
Auch die Lehre vertritt übereinstimmend die Rechtsmeinung, an einem umsatzsteuerlich relevanten Leistungsaustausch fehle es, wenn Leistungen zwischen Angehörigen aus familiären Motiven erbracht werden, mögen hiefür auch gewisse Gegenleistungen gewährt werden. Ebenso steht die Lehre auf dem Standpunkt, dass eine fremdunübliche Gestaltung von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen zur steuerlichen Nichtanerkennung führt (Ruppe, UStG3, § 1 Tz 179, 180; Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 160 - 163; Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON, Anm. 280).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die erstinstanzliche Vorgangsweise als im Gesetz gedeckt. Das Finanzamt hat ausführlich und (insbesondere in der Berufungsvorentscheidung vom ) überzeugend dargetan, dass das vorgefundene Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhält. Insbesondere entspricht das vereinbarte Entgelt nur einem Bruchteil (63 %) dessen, was als fremd- und ortübliche Untergrenze festgestellt wurde. Das Argument der Bw, es sei zu berücksichtigen, dass für kleinere Einheiten relativ gesehen höhere Mieten erzielbar sind, ist an sich zutreffend, wurde aber von der Bw selbst insofern konterkariert, da sie zwei selbständige kleinere Einheiten zu einer unüblich großen zusammengefasst hat, um den Vorstellungen des Sohnes zu entsprechen. Das Bild einer fremdunüblichen Überlassung von Wohnraum wird noch durch den Umstand abgerundet, dass kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden ist und dass offensichtlich keine Valorisierung der "Miete" vorgesehen ist. Schließlich ist auch das von der Bw angeführte Beispiel eines von ihrem Mann und dessen Bruder vermieteten Einfamilienhauses in der Nachbargemeinde nicht geeignet, ihren Standpunkt zu stützen. Denn wenn für ein Haus, das bereits ca. 40 Jahre alt ist, was einerseits eine entsprechende Abnutzung und andererseits erheblich schlechtere Isolierwerte bzw. beträchtlich höhere Betriebskosten zur Folge hat, und 22 m2 (= 16 %) weniger Nutzfläche aufweist, in etwa die selbe Miete verlangt wird wie für die größeren, moderneren und auf neuestem Qualitätsstand befindlichen Eigentumseinheiten, dann wird auch hierin die Fremdunüblichkeit evident.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | -F/04 -G/04 |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2011/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at