Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 25.02.2010, RV/0938-G/09

Keine Annahme einer gemischten Schenkung bei land- und forstwirtschaftlichen Übergaben

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/16/0070 eingebracht (Amtsbeschwerde). Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Klaglosstellung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt, 1100 Wien, Buchengasse 47/19, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der Bescheid betreffend Schenkungssteuer wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom übergaben dieEltern ihrer Tochter, PHW (Berufungswerberin) die ihnen jeweils zur Hälfte gehörigen Liegenschaften der EZ x mit einem Gesamtausmaß von 12 ha 31 ar 28 m², die EZ y im Ausmaß von 11 ha 30 ar 96 m² sowie die EZ z. Mit Ausnahme eines Mähdreschers und einiger Einrichtungsgegenstände übernahm die Berufungswerberin die Liegenschaften mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör (sämtlichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten). Die Übergabe und Übernahme galt mit Unterfertigung als erfolgt.

Für die gegenständliche Übergabe räumte die Übernehmerin den Übergebern das lebenslängliche, unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht bei freier Beheizung und Stromkostenübernahme ein. Weiters wurden die Übergeber berechtigt, Keller, Dachboden und Stiegenhaus mitzubenützen. Im Alter und bei Krankheit der Übergeber verpflichtete sich die Übernehmerin diese zu pflegen. Neben freiem Zutritt zu den Lebensmittel- und Getränkevorräten wurden die Übergeber berechtigt, Gäste zu empfangen und in Haus und Hof mitzuarbeiten.

Mit Schenkungssteuerbescheid vom wurde für den Erwerb von A.W. Schenkungssteuer in Höhe von € 1.459,40 vom Einheitswert der sonstigen Grundstücke abzüglich der anteiligen Gegenleistung vorgeschrieben.

In der dagegen eingebrachten Berufung wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung eingebracht. Der Einheitswert der mit Übergabsvertrag vom von der Übergeberin an die Berufungswerberin übergebenen Liegenschaftshälften betrage zusammen € 11.096,40. Der dreifache Einheitswert betrage daher € 33.289,20. Wegen der von der Berufungswerberin laut Punkt 9 des Vertrages zu erbringenden Gegenleistungen liege keine Schenkung vor. Für die Räumlichkeiten, in welchen das Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt worden wäre, sei bei der Größe von 85 m² ein angemessener Mietzins von € 340 monatlich zu entrichten. Samt den Betriebskosten sei dieses Recht daher mit € 440 monatlich zu bewerten. Unter Berücksichtigung des Lebensalters der Übergeber sei das Wohnungsgebrauchsrecht für beide mit € 52.878,60 zu bewerten. Bei Abzug der Hälfte des Wertes für das Wohnrecht und des Freibetrages vom anteiligen dreifachen Einheitswert der Liegenschaftsanteile würde nach Berechnung des steuerlichen Vertreters ein steuerpflichtiger Erwerb von € 4.649,90 verbleiben, wovon Schenkungssteuer im Betrag von € 186 zu entrichten wäre. Die Grunderwerbsteuer wäre schließlich von € 4.649,90 mit € 93 festzusetzen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung mit dem Hinweis auf § 19 Abs. 1 ErbStG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG sei in Fällen, in denen der Einheitswert der übergeben Liegenschaften die ausbedungene Gegenleistung übersteigt, neben Grunderwerbsteuer auch Schenkungssteuer vorzuschreiben. Offenbar sei der auf das Wohnhaus entfallende Einheitswert zum in Höhe von € 28.560,42 bei der Berechnung der Steuer übersehen worden.

Dagegen wurde rechtzeitig der Vorlageantrag eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG lautet: Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers zur weiteren Bewirtschaftung gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers überlassen wird.

Mit Erkenntnis vom , 2002/16/0246 vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die Beschränkung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG auf "vollkommen entgeltliche Verträge" (wenn die Gegenleistung den dreifachen Einheitswert übersteigt) sei im Gesetz nicht gedeckt. Ebenso wenig hielt er die vom Finanzamt vertretene Ansicht, wonach dann, wenn der dreifache Einheitswert der übergebenen Liegenschaft die vereinbarte Gegenleistung übersteige, bei Vorliegen eines entsprechenden Bereicherungswillens auch Schenkungssteuer zu erheben sei, weil dann ein teilweise unentgeltlicher Erwerb vorliege, für aus dem Gesetz ableitbar.

Bereits aus der Wortfolge "gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers" ergebe sich, dass der Gesetzgeber in allen Fällen des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG vom Vorliegen einer Gegenleistung ausgegangen sei. Obwohl daher bei land- und forstwirtschaftlichen Übergabsverträgen immer eine Gegenleistung vorhanden und auch zu ermitteln sei, sei die Grunderwerbsteuer als Ausnahme vom Grundsatz des § 4 Abs. 1 GrEStG nicht nach dem Wert der Gegenleistung, sondern nach dem Wert des Grundstückes zu ermitteln. Eine weitere Differenzierung - etwa nach dem Umfang der Gegenleistung bzw. ihrem Verhältnis zum Wert des Grundstückes - sei im Gesetz nicht enthalten. Nach weiteren Ausführungen in dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes übersehe das Finanzamt bei der Folgerung, es liege eine gemischte Schenkung vor, dass die dafür erforderliche Feststellung, ob und in welchem Ausmaß ein offenbares Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf Grund der steuerlichen Vorschriften des Bewertungsgesetzes, also der Einheitswerte nach diesem Gesetz, sondern auf Grund eines Vergleichs der Verkehrswerte zu treffen sei, weil die Steuer von Schenkungen auf dem Grundsatz der objektiven Bereicherung einer Person beruhe und weil sich eine solche Bereicherung grundsätzlich nicht aus steuerlichen Bewertungsvorschriften, die nur der Ermittlung einheitlicher Durchschnittsätze dienen sollen, ergeben könne ().

Nur dann, wenn Leistung und Gegenleistung im Übergabsvertrag in einem offenen Missverhältnis stünden, könne hinsichtlich der Wertdifferenz eine von den Parteien beabsichtigte Unentgeltlichkeit und damit eine gemischte Schenkung angenommen werden.

Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers sei die Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Liegenschaften zu erleichtern, wenn die im Gesetz genannten Voraussetzungen zutreffen.

Erforderlich ist somit, dass Gegenstand der Übergabe ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, dass es sich beim Erwerber um eine der im § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG angeführten Personen handelt, dass die Überlassung zur weiteren Bewirtschaftung des Grundstückes erfolgt und durch den Übergabsvertrag der Lebensunterhalt des Übergebers gesichert wird.

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Gegenleistung nicht dem ortsüblichen Ausmaß entspricht, sodass nicht von einem offenen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen ist.

Ob ein überlassenes Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG ist, hängt davon ab, ob es in dem dem Erwerbsvorgang vorangegangenen Bewertungsverfahren seiner Art nach als land- und forstwirtschaftliches Grundstück qualifiziert wurde. Unbestritten ist, dass diese Voraussetzung im gegenständlichen Berufungsfall erfüllt ist.

Zur "Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers" wird die Ansicht vertreten, dass das Gesetz keinen Maßstab dahin gehend aufstelle, dass die Gegenleistung des Übernehmers geeignet sein müsse, den "notdürftigen" oder "anständigen" Unterhalt des Übergebers sicher zu stellen, den er mangels anderer Einkunftsquellen ansonsten nicht bestreiten könnte. Jede Gegenleistung des Übernehmers eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes, sofern sie sich auch nur als Beitrag zur Sicherstellung des Unterhaltes darstelle, führe zur Besteuerung des Erwerbsvorganges nach dem Wert des Grundstückes (das ist nach § 6 Abs. 1 lit. a GrEStG der einfache Einheitswert; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, § 4 Rz. 30).

Die im gegenständlichen Fall von der Übernehmerin zu erbringenden Übergabsleistungen - wie die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechtes bei freier Heizung, Wäschereinigung, Speiseentnahme etc. sind zweifellos als Beitrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Übergeber anzusehen.

Hinsichtlich der "weiteren Bewirtschaftung des Grundstückes" ist wesentlich, dass der Übernehmer das Grundstück nicht anderen Zwecken zuführt (vgl. Arnold/Arnold, GrEStG 1987, Band I, § 4 Tz. 29). Die Berufungswerberin bewirtschaftet die übergebenen Liegenschaften als Landwirtin selbst.

Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates sind im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG erfüllt. Folglich fällt für die Übergabe der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke lediglich Grunderwerbsteuer, nicht jedoch Schenkungssteuer an. Der angefochtene Schenkungssteuerbescheid war daher aufzuheben.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
gemischte Schenkung - landwirtschaftliche Übergabe
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2010, 200

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at